N-Acetylcystein

N-Acetylcystein
Strukturformel
Strukturformel von (R)-N-Acetylcystein
Allgemeines
Freiname Acetylcystein
Andere Namen
  • L-α-acetamido-ϐ-mercaptoproprionsäure
  • 2-Acetylamino-3-sulfanylpropansäure
  • ACC
  • N-Acetylcystein (NAC)
  • (R)-N-Acetylcystein
Summenformel C5H9NO3S
CAS-Nummer 616-91-1
PubChem 12035
ATC-Code
Kurzbeschreibung Weißer, kristalliner Feststoff [1]
Arzneistoffangaben
Wirkstoffklasse

Expektorans, Sekretolytikum

Wirkmechanismus

Spaltung der Disulfidbrücken des Sekrets in den Bronchien

Fertigpräparate
  • ACC® (D)
  • Acemuc® (D)
  • Acemucol® (CH)
  • Acetabs® (D)
  • Acetyst® (D)
  • Aeromuc® (A)
  • Fluimucil® (D)
  • Mucofluid® (CH)
  • Myxofat® (D)
  • NAC-ratiopharm® (D) u.a. Firmen
Verschreibungspflichtig: Teilweise
Eigenschaften
Molare Masse 163,20 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

106−108 °C [1]

Sicherheitshinweise
Gefahrstoffkennzeichnung [1]
keine Gefahrensymbole
R- und S-Sätze R: keine R-Sätze
S: 22-24/25
Bitte beachten Sie die eingeschränkte Gültigkeit der Gefahrstoffkennzeichnung bei Arzneimitteln
LD50

5050 mg·kg−1 (Ratte p.o.) [1]

WGK 2 [1]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Acetylcystein (abgekürzt ACC, auch NAC für N-Acetyl genannt) ist ein Arzneistoff, der zur Schleimlösung bei Atemwegserkrankungen mit festsitzenden Auswurf, wie etwa bei einer Bronchitis, eingesetzt wird. Der in den Bronchien festsitzende zähe Schleim kann nach einer Verflüssigung (Sekretolyse) besser abgehustet werden.

Neben der medizinischen Verwendung in Arzneimitteln wird Acetylcystein als Bestandteil diätetischer Lebensmittel eingesetzt,[2] die außerhalb von Apotheken auch in Drogerien erhältlich sind.

Inhaltsverzeichnis

Sekretolytische Wirkung

Die schleimverflüssigende Wirkung soll durch Spaltung der Disulfidbrücken der Mucopolysaccharidfasern, aus denen das in den Bronchien gebildete Sekret besteht, zustande kommen. Ein alternativer Wirkungsmechanismus soll auf der Fähigkeit der reaktiven SH-Gruppe von Acetylcystein beruhen, chemische Radikale zu binden und dadurch entzündungshemmend zu wirken.

Die therapeutische Wirksamkeit bei Bronchitis ist umstritten, denn die aus den 1980er Jahren stammenden Studien halten heutigen Ansprüchen an ein Studiendesign nicht stand.[3] Bei cystischer Fibrose scheinen hohe Dosen Acetylcystein jedoch eine Besserung der Verschleimung zu bewirken.[4]

Anwendung als Antidot

Unbestritten ist hingegen der Einsatz von Acetylcystein bei akuten Paracetamol-Überdosierungen, bei denen es Leberschäden abwenden oder abschwächen kann. In diesem Fall wird ACC für 72 Stunden oral oder 21 Stunden intravenös gegeben. Dabei ist die orale Gabe genauso wirksam wie die intravenöse, aber schlechter verträglich (Übelkeit und Erbrechen). Zumindest in Europa wird deshalb die intravenöse Gabe bevorzugt. Am effektivsten ist die Therapie, wenn sie in weniger als acht Stunden nach Paracetamolaufnahme begonnen wird. Acetylcystein stellt dem Körper Cystein zur Verfügung, welches er zur Bildung von Glutathion benötigt. Glutathion spielt eine wichtige Rolle in der Biotransformation schädlicher Substanzen („Entgiftung“).[5]

Anwendung außerhalb zugelassener Anwendungsgebiete

Auch bei der Vorbeugung des akuten Nierenversagens bei Risikopatienten vor Röntgenverfahren mit Kontrastmitteln kommt Acetylcystein zum Einsatz. Hier werden jeweils 2 x 600 mg am Tag vor der Untersuchung und am Untersuchungstag gegeben. Die Wirksamkeit dieser Maßnahme ist umstritten. Während einige wenige Studien eine hohe Wirksamkeit der Acetylcystein-Prophylaxe fanden, zeigte sich in der Mehrzahl der Untersuchungen kein signifikanter Effekt.[6]

Der Einsatz von Acetylcystein bei HIV- und AIDS-Patienten wurde bereits in kleinen Studien untersucht. Bisher wurden keine signifikanten Auswirkungen einer ACC-Behandlung auf die Surrogatmarker des HIV-Krankheitsverlaufes wie Viruslast oder Anzahl der CD4-Zellen nachgewiesen. Eine Stellungnahme der Fachgesellschaften und eine offizielle Therapieempfehlung zu Acetylcystein existiert bisher nicht.

Quellen

  1. a b c d e Sicherheitsdatenblatt für N-Acetyl-L-cysteine – Sigma-Aldrich 31.12.2007
  2. siehe Anlage 2 zu den §§ 7, 7a und 7b der Verordnung über diätetische Lebensmittel (Diätverordnung)
  3. Arzneiverordnung in der Praxis, Bd. 33, 3. Ausgabe, Juli 2006
  4. Tirouvanziam R. und andere: High-dose oral N-acetylcysteine, a glutathione prodrug, modulates inflammation in cystic fibrosis. Proc Natl Acad Sci U S A. 2006 Mar 21;103(12):4628-33. Epub 2006 Mar 13. PMID 16537378
  5. H. Kupferschmidt:Therapie der Paracetamolvergiftung Schweizerisches Toxikologisches Informationszentrum
  6. Fishbane, Steven: „N-Acetylcysteine in the Prevention of Contrast-Induced Nephropathy.“ Clin J Am Soc Nephrol 2008; 3: S. 281-287 Abstract Link frei ab Januar 2009- Artikel

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