Münchner Neueste Nachrichten

Münchner Neueste Nachrichten

Die Zeitung Münchner Neueste Nachrichten[1] war zeitweise eine der auflagenstärksten Tageszeitungen im Deutschen Reich. Sie erschien von 1848 bis 1945. Die Süddeutsche Zeitung setzte nach 1945 ihre Tradition fort.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Zeitung erschien seit dem 9. April 1848. Damals legte Karl Robert Schurich, ehemaliger Mitarbeiter der Wolff'schen Buchdruckerei, die erste, vier Seiten starke Nummer unter dem Namen Neueste Nachrichten aus dem Gebiete der Politik vor.

Schon bald erreichte sie eine Auflage von 15.000 Exemplaren. Das Einzelexemplar kostete 1 Kreuzer, das Jahresabonnement 2 Gulden. Es wurde lediglich Meldung an Meldung gereiht ohne jeden Kommentar. Trotzdem standen konservative Kreise im Revolutionsjahr 1848 der Zeitung zunächst sehr skeptisch gegenüber.

Sie setzte sich aber durch und machte ihren Verleger wohlhabend. Nach 14 Jahren verkaufte Schurich die Neuesten Nachrichten für 90.000 Gulden an Julius Knorz, der 1881 starb. Sie gehörten nun zum Knorr & Hirth-Verlag, ab 1911 eine GmbH im Besitze von Thomas Knorr (gest. 1911) und Georg (gest. 1916) und Elise Hirth geb. Knorr (gest. 1920). Nach dem Tod dieser Gesellschafter kam es 1920 durch die Erben zu einem Verkauf an neue Gesellschafter aus zumeist schwerindustriellen Kreisen unter Führung der der Industriellenfamilie Haniel (Gutehoffnungshütte-Konzern, heute: MAN AG) befand. Während des Kaiserreichs war sie unter der Leitung von Ernst Francke und Georg Hirth eines der führenden liberalen Blätter der Zeit; nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs nahm sie deutlich konservativere Konturen an.

Ab dem 9. April 1919 war sie für kurze Zeit Organ des Revolutionären Zentralrates der Münchner Räterepublik.[2]

1923 unterstützte sie den diktatorisch regierenden bayerischen Generalstaatskommissar Gustav von Kahr und bekämpfte Reichskanzler Gustav Stresemann.[3] Sie blieb dann bis in die 30er Jahre katholisch-monarchistisch orientiert, obwohl die Bestrebungen der Konzernleitung um Paul Reusch dahin gingen, die Zeitung auf Tolerierungskurs gegenüber der NSDAP zu bringen. Dies scheiterte am harten Widerstand der Redaktion.

Aus diesem Grunde war die Zeitung nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten sogleich massivem Druck ausgesetzt: Schon im März 1928 wurden der Chefredakteur Fritz Büchner sowie der Ressortleiter Innenpolitik, Erwein Freiherr von Aretin kurzzeitig verhaftet. Im Mai 1933 erfolgten die Kündigungen zahlreicher Mitarbeiter sowie der Leitung Anton Betz. Letztere kam in sogenannte Schutzhaft. Reichsführer SS Heinrich Himmler, der seinerzeit Chef der bayerischen Politischen Polizei war, setzte einen im Verlag angestellten SS-Sturmbannführer, Leo Friedrich Hausleiter (*1889), als Geschäftsführer ein, der sogleich etwa 50 „politisch unzuverlässige“ Mitarbeiter entließ, darunter auch Eugen Roth. Weiter wurde auf Hausleitners Intervention Giselher Wirsing zum Ressortleiter für Innenpolitik. 1935 übernahm der von Max Amann geleitete nationalsozialistische Franz-Eher-Verlag den Verlag Knorr & Hirth und damit die Kontrolle über die Zeitung. Zum 1. November 1938 wurde Wirsing Hauptschriftleiter.

Im April 1945 stellte sie ihr Erscheinen ein. Die nach Kriegsende am 6. Oktober 1945 unter Lizenz Nr. 1 der Nachrichtenkontrolle der Militärregierung erschienene Süddeutsche Zeitung (SZ) sieht sich selbst in der Nachfolge der Münchner Neuesten Nachrichten. Der Titel wurde von der SZ für ihren Lokalteil übernommen.

Rubrik Schachzeitung

Geschätzt wird diese Zeitung noch heute von Schachhistorikern wegen ihrer Rubrik Schachzeitung.

Bis Oktober 1905 war Rechtsanwalt Straßl verantwortlich für die Schachrubrik. Ihm folgte E. von Parish, und ab September 1910 übernahm Oberstleutnant Kirschner die Redaktion. Bis 1914 lieferte Spielmann sehr viele Beiträge, der auf diese Weise die Schachrubrik faktisch dominierte. Mitte 1915 übernahm Tarrasch die Leitung. Während des Ersten Weltkrieges wurden die Schachnachrichten eingeschränkt. Von Juli bis November 1914 gab es diese Rubrik überhaupt nicht mehr, danach erschienen bis Mitte 1918 nur regionale Beiträge und Problem- und Studienaufgaben.

Siehe auch

Literatur

  • Münchner Neueste Nachrichten und Handelszeitung, Alpine und Sport-Zeitung, Theater- und Kunst-Chronik. Jg. 72, Nr 92; Dienstag, 25. Februar 1919. Erscheint unter der Zensur des Zentralrats. München: Knorr & Hirth, 1919, 5 S.
  • 75 Jahre Münchner Neueste Nachrichten. Hrsg. von Friedrich Trefz, 1922, 184 S.
  • Walter Kaupert: Die deutsche Tagespresse als Politikum. Freudenstadt: Kaupert (1932).
  • Kurt Koszyk: Paul Reusch und die "Münchner Neuesten Nachrichten". Zum Problem "Industrie und Presse" in der Endphase der Weimarer Republik, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 20 (1972), 75–103.
  • Paul Poser: Die politischen, wirtschaftliche und sozialen Hintergründe der Münchner Tagespresse zwischen 1914 und 1934. Methoden der Pressebeeinflussung. Frankfurt am Main: Lang (1990).

Weblinks

Quellen

  1. In den Anfangsjahren und öfters als Verschreibung "Neuste..."
  2. Münchner Neueste Nachrichten. In: Datenbank des deutschsprachigen Anarchismus
  3. Artikel "Münchner Neueste Nachrichten" im Historischen Lexikon Bayerns

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