Mühlhiasl

Mühlhiasl
Hunderdorf, Ortseingang

Der Mühlhiasl hieß vermutlich Matthäus Lang (* 16. September 1753; † 1805 in Zwiesel) und war angeblicher Weissager und Prophet, weswegen man ihn auch den Waldpropheten (in Bezug auf den Bayerischen Wald) nannte. Ob er wirklich lebte, ist umstritten, gilt aber als wahrscheinlich.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Mühlhiaslweg, zur Mühle in Apoig
Mühle in Apoig
Kloster Windberg über Hunderdorf-Apoig
Mühlhiasl-Gedenktafel in Apoig beim Wirtshaus Sandbiller

Der Mühlhiasl soll in Apoig (heute zur Gemeinde Hunderdorf bei Straubing gehörend) gelebt haben und Sohn eines Müllers gewesen sein (daher könnte der Name stammen). Er soll mit den Chorherren des nahen Klosters Windberg zerstritten gewesen sein, weshalb es später auch zum Bruch mit seinem Bruder kam, den er umbringen wollte. Seine Augen waren angeblich erstaunlich weiß und klar, was als Bestätigung seiner vermuteten seherischen Fähigkeiten gedeutet wurde. Er reiste in das Gebiet von Zwiesel und soll in Rabenstein den Großteil seines Lebens verbracht haben. Das lässt allerdings den Verdacht aufkommen, dass es sich um zwei Personen mit angeblichen Seherfähigkeiten gehandelt haben könnte, die ungefähr um die gleiche Zeit lebten, nämlich einerseits Mathias Lang aus Hunderdorf und andererseits der Waldhirte Matthias Stormberger aus Rabenstein.

Zu anderen Menschen soll er wenig und keinen besonders intensiven Kontakt gehabt haben. Er war eher ein Einzelgänger, der im Urwald gehaust haben soll und Berge bestieg, um seine Visionen zu erweitern. Man sagt, er habe regelrechte Anfälle gehabt, in denen er prophezeite und wie im Delirium zu seiner Zuschauerschar sprach. Wegen seiner lebenslangen Zwistigkeiten mit der kirchlichen Obrigkeit soll er außerhalb der Friedhofsmauer begraben sein.

Prophezeiungen

Wie bei vielen anderen Visionären steckten die Prophezeiungen des Mühlhiasls voller Symbolik, die weitreichende Deutungen offen ließen. Seine bekanntesten Voraussagen sind wohl die eines kommenden letzten Krieges, die er als Zeit des „Bänkeabräumens“ bezeichnete. Die Zeit vor diesem Krieg sollte an verschiedenen Zeichen erkennbar sein, welche im Nachhinein aufgrund ihrer unklaren Formulierungen mit Fantasie leicht mit historischen Tatsachen in Verbindung gebracht werden können.

  • "wenn der eiserne Hund durch den Vorderwald bellt(, fängt der große Krieg an)“ (Dampf-Lokomotive; s. aber auch Vorwaldbahn: Mittelstück eingeweiht am 1. August 1914)
  • "wenn man Sommer und Winter nicht mehr unterscheiden kann“ (Klimawandel)
  • "wenn es nur noch rote Hausdächer gibt" (es gibt hauptsächlich nur noch naturrote Dachziegel ohne Engobe)
  • "wenn man Mandl und Weibl (Männer und Frauen) nimmer auseinanderkennt (äußerlich unterscheiden kann)“ (Frauen tragen keine Röcke mehr, sondern vor allem Hosen und haben Kurzhaarschnitt)
  • "wenn die Rabenköpf (Kopfform wie Krähenvögel) aufkommen und dann wieder langsam verschwinden" (Frisurmode: vorne kurz, hinten lang, Haare über die Ohren)
  • "wenn einmal Tanzmusik in die Kirchen kommt und der Pfarrer auch noch mitsingt, dann ist es soweit" (amerikanische Gospel-Musik in kath. Kirchen zur Erhöhung der Besucherzahlen bei hl. Messe)
  • "wenn ein großer Fisch über den Wald fliegt" (AWACS-Aufklärungsflugzeug zur Überwachung des osteuropäischen Luftraums)

Nach diesem Krieg soll ein zweiter kommen und ein dritter. Danach sollte ein „goldenes Zeitalter“ folgen. Der Mühlhiasl soll auch den ungefähren Beginn der beiden Weltkriege vorhergesagt haben. Das großflächige Absterben der geschwächten Bäume des bayerischen Waldes soll ebenfalls vorhergesagt worden sein:

  • "Der Wald wird so licht werden, wie des Bettelmanns Rock“ (viele Löcher in zusammenhängenden Waldflächen durch Baumkrankheit/Borkenkäfer, was aus der Luft aussieht wie zerrissene Kleidung eines Landstreichers)

Auch äußerte er sich politisch und gesellschaftskritisch:

  • "Es wird sich zeigen, dass der Bettelmann auf dem Ross nicht zu derreiten ist“ (benachteiligte Bevölkerungsschichten kommen zur Macht (auf den Sattel des Pferdes) und nutzen dies aus und geben diese Position nicht mehr ab)

Einmal soll er prophezeit haben: „Ich komm euch als Toter noch aus!“

Als er gestorben war und sein Leichenwagen über die Regenbrücke in Zwiesel fuhr, soll die Deichsel des Fuhrwerks gebrochen sein, weshalb der Sarg des Mühlhiasl herunterfiel, der Deckel sich löste und sein ausgestreckter, steifer Arm herausragte und dabei Richtung Himmel zeigte.

Die Authentizität der Prophezeiungen ist fraglich, zumal wegen der mündlichen Überlieferung und der ohnehin mystisch und abergläubisch angehauchten Lebens- und Glaubensweise der Bayerwaldbewohner vor mehr als zweihundert Jahren.

Erzählt werden die Geschichten des Mühlhiasl aber noch immer, und fast alle Leute dieser Region kennen einige Zitate, die ihm zugeschrieben werden, und unter alten Bauern und Holzfällern wird dem Mühlhiasl – ob es ihn nun gegeben hat oder nicht – heutzutage noch Respekt und Glaube entgegengebracht.

Kritiker vermuten, dass es sich bei vielen eingetroffenen Prophezeiungen um vaticinia ex eventu handelt, die erst nach dem Eintreten des Ereignisses entstanden.

Literatur

Belletristik
Sachbücher
Aufsätze
  • Winfried Baumann: Ängstige Deine Leser wie dich selbst. Vom Sinn und Unsinn der Mühlhiaslsprüche. In: Heimat Ostbayern, Bd. 8 (1993), S. 116–122.
  • Sigurd Gall: Kritische Anmerkungen zum Mühlhiasl-Buch von Wolfgang Odzuck". In: Mitterfelser Magazin, Nr. 9 (2003), S. 132-136.
  • Sigurd Gall: Das Weltabräumen des Mühlhiasl und das Harmagedon der Bibel. Nachdenkliche Anmerkungen über eine erstaunliche Parallelität. In: Mitterfelser Magazin, Nr. 13 (2007), S. 118–120.
  • Franz Krojer: Immerwährender Mühlhiasl. In: Ein Sommer im Gäuboden, München 2006 (Differenz-Verlag). (PDF-Version)
  • Fritz Markmiller: Der Mühlhiasl ist tot – es lebe die Mühlhiasl-Forschung. Anmerkungen zu Reinhard Hallers „Lang“-Buch. In: Heimat Ostbayern, Bd. 8 (1993), S. 122–123.

Siehe auch

Ostbayern, Prophet, Vision, Prophezeiung, Alois Irlmaier, Rudolf Steiner, Bayerischer Wald, Gläserne Scheune in Viechtach

Weblinks


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