Mächtigkeitsprinzip

Mächtigkeitsprinzip

Das Mächtigkeitsprinzip ist ein vom Bundesarbeitsgericht entwickelter Grundsatz, wonach als „Gewerkschaft“ nur eine Koalition zu verstehen sei, die so „mächtig“ ist, den sozialen Gegenspieler (Arbeitgeberverband) zwingen zu können, sich auf ernsthafte Verhandlungen über Gewerkschaftsforderungen einzulassen.[1] Es muss nach dieser Rechtsprechung eine hinreichende Durchsetzungskraft der Arbeitnehmervereinigung bestehen, um als tariffähige Gewerkschaft anerkannt zu werden.

Das Zusammenwirken von Druck und Gegendruck sei notwendig um Tarifeinigungen zu ermöglichen und die Tarifhoheit der Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände sinnvoll zu gewährleisten. Bestandteil des Mächtigkeitsprinzips ist u.a. auch der Streik, die Streikwilligkeit und die Streikfähigkeit der Gewerkschaft, was aber in der Rechtsprechung in den Einzelheiten weitgehend ungeklärt ist.

So ist dem Verband katholischer Dienstmädchen vom Bundesarbeitsgericht die Tariffähigkeit mangels Arbeitskampfbereitschaft abgesprochen worden; das Bundesverfassungsgericht[2] wiederum sah die Tariffähigkeit – auch aus branchenbezogenen Gesichtspunkten – für gegeben an; aktuell ist die Tariffähigkeit christlicher Gewerkschaften umstritten.

Kritiker des Mächtigkeitsprinzips sehen einen Widerspruch zwischen dem Mächtigkeitsprinzip und dem Art. 9 Abs. 3 GG und machen geltend, dass dieses einseitig die etablierten Großgewerkschaften begünstige und die Bildung und die Arbeit alternativer Gewerkschaften verhindere.

Auch sei der Begriff der Mächtigkeit weder inhaltlich noch räumlich definierbar und die Verengung der Tarifpolitik auf Druck und Gegendruck führe zu einer intellektuellen Auszehrung derselben.

Im Art. 9 Abs. 3 GG gibt es nach Auffassung der Kritiker für die Auslegung des Bundesarbeitsgerichtes keine Anhaltspunkte.

Nach Auffassung der Befürworter gewährleistet diese Bestimmung auch die Betätigung der Organisation, die auch nicht dadurch zu unterlaufen sein soll, dass zwischen Arbeitgebern und ohnmächtigen Kleingewerkschaften einseitig diktierte Tarifverträge entstehen und Gültigkeit haben sollen.

Die Entwicklung ist hier im Hinblick auf die Tarifverträge der christlichen Gewerkschaften und auch im Hinblick auf das neuerdings ebenfalls in Frage gestellte Prinzip der Tarifeinheit (nur ein Tarifvertrag pro Betrieb) durchaus im Fluss.

Einzelnachweise

  1. Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 28. März 2006, Az. 1 ABR 58/04, AP Nr. 4 zu § 2 TVG Tariffähigkeit.
  2. http://www.oefre.unibe.ch/law/dfr/bv018018.html
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