Muße

Muße

Mit Muße bezeichnet man die Zeit, welche eine Person nach eigenem Wunsch nutzen kann, um sich zu erquicken und zu erbauen, etwa seiner Muse oder den Musen frönend.

Nicht alle Freizeit ist gleichzeitig auch Muße, da viele Freizeitaktivitäten indirekt von Fremdinteressen bestimmt werden.

Im Sinne von schöpferischer Muße tritt sie bereits – im Gegensatz zur Arbeit – in der Antike auf (griech. σχολή – vgl. Schule – gegenüber άσχολΐα oder πόνος, lat. otium gegenüber negotium). Das Bedeutungsspektrum von σχολή reicht hierbei von Muße, Ruhe über Studium und Schule bis hin zu Verzögerung und Langsamkeit, deren Beraubung eben in der ά-σχολΐα (vgl. Alpha privativum) etwa der Sklavenarbeit zum Ausdruck kommt. So prägte beispielsweise Cicero den Begriff des otium cum dignitate, der mit wissenschaftlicher und philosophischer Betätigung verbrachten „würdevollen Muße“ in Zurückgezogenheit (De Oratore I,1f).

Während die Denker der Antike die Muße also mit ihren charakterbildenden und kreativen Möglichkeiten für wertvoll hielten – der Lebenskünstler als Gegenstück zum Sklaven –, war acedia (zumeist mit „Trägheit“ übersetzt) eines der sieben Hauptlaster im europäischen Mönchtum. Der Protestantismus hat Beruf und Arbeit hoch gehalten und sich gegen jeden Müßiggang gewandt („Müßiggang ist aller Laster Anfang“). Die protestantische Ethik ist so nach Max Weber zu einer wesentlichen Grundlage des Frühkapitalismus geworden. Ihr Einfluss schwand mit der Kommerzialisierung der Freizeit.

Heute wird vorwiegend betont, sich Muße zur Gesundheitsförderung zu gönnen, etwa im Sinne von Erholung (neudeutsch „Chillen“), mittels Meditation, mit zusätzlicher Quality time, im Rahmen der Wellness-Bewegung oder durch Aneignung eines einfacheren Lebensstils.

Literatur

  • Thorstein Veblen: The Theory Of The Leisure Class, 1899
  • Liselotte Welskopf: Probleme der Muße im alten Hellas, Berlin 1962
  • Ursula Lytton: Killing Time. An Intercultural Survey on Concepts of Leisure. In: Journal of Japanese Studies, 1/1990, Universität Yamagata
  • Ulrich Schnabel: Muße. Vom Glück des Nichtstuns. Blessing, München 2010, ISBN 978-3-89667-434-0

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