Mut (Zeitschrift)

Mut (Zeitschrift)

Mut (eigene Schreibweise MUT) ist eine 1965 gegründete deutsche Monatszeitschrift mit dem Untertitel Forum für Kultur, Politik und Geschichte, ehemals Das Nationaleuropäische Magazin.

Die monatlich erscheinende Zeitschrift hat eine Auflage von etwa 10.000 Exemplaren. Der zugehörige MUT Verlag hat seinen Sitz in Asendorf. Beide gehören Bernhard-Christian Wintzek. Der Redaktion gehören an: Sabine Arnold (Moskau), Hermann Bohle (Brüssel u. Straßburg), Karl-Heinz Hense (Gummersbach), Eckhard Jesse (Chemnitz), Karin Kneissl (Wien), Marco Martin (Berlin), Chaim Noll (Jerusalem), Peter Schütt (Autor) (Hamburg), Peter Steinbach (Berlin u. Karlsruhe) und Alfred Zänker (Genf).

Geschichte und politische Entwicklung

Die Zeitschrift MUT wurde im Oktober 1965 von Schülern und Studenten als Zwei-Monatszeitschrift gegründet. Ab Mai 1969 erschien MUT monatlich und geriet ab Ende 1969 in die Turbulenzen des innenpolitischen Reizklimas zunehmender Polarisierung. MUT trat einen „Irrweg in die rechte Ecke an“, wie der Eigentümer und ehemalige NPD-Aktivist Bernhard-Christian Wintzek heute selbst sagt. So stand das Blatt von 1967 bis 1982 den militanten Gruppen Junge Nationaldemokraten, Bund Heimattreuer Jugend und Wiking-Jugend nahe. Herausgeber Wintzek selbst war 1972 NPD-Bundestagskandidat sowie Mitinitiator des Arbeitskreises Volkstreuer Verbände und der gewalttätigen Aktion Widerstand („Brandt an die Wand“).

Von 1971 bis 1983 wurde die Zeitschrift in den Verfassungsschutzberichten als rechtsextrem eingestuft. Aus nationalrevolutionärer Perspektive wurden in MUT die Themen Demokratie und Gesellschaft, Umwelt und Natur, Bildung und Kultur und vor allem die Spaltung Europas, die Friedens- und Wiedervereinigungspolitik Deutschlands behandelt; so z.B. der MUT-Titel vom November 1974: „Wir sind ein Volk“. Diese Titelzeile brachte der Zeitschrift damals erhebliche Angriffe und zugleich verstärkte Vorwürfe ein. Die Indizierung der Nummer 137 (Januar-Heft 1979) – diese Ausgabe durfte als „sozialethisch desorientierend“ und damit politisch jugendgefährdend nur noch an Erwachsene abgegeben werden (Anlass war die Leugnung des Holocausts) – wurde zum „heilsamen Schock“ (Wintzek). Es begann der geistige Auszug aus der ideologiebefrachteten Enge der Rechtsaußenposition.

Zum endgültigen Bruch und Neubeginn kam es auf einer Mitarbeitertagung Ende 1979. Mit dem Hebbel-Wort „Es gehört oft mehr Mut dazu, seine Meinung zu ändern, als ihr treu zu bleiben“ startete Wintzek sein redaktionelles und persönliches Credo „für eine vorbehaltlose Öffnung, für Liberalität, Toleranz und geistige Pluralität“. Dieser grundlegende Wandlungsprozeß der Zeitschrift war Mitte der 80er Jahre unumkehrbar geworden.

Seit 1984 wurde die Zeitschrift nicht mehr im Verfassungsschutzbericht genannt. Sie gewann zunehmend auch international renommierte Autoren, wie Ralf Dahrendorf, Ralph Giordano, Helmut Kohl oder Horst Köhler. Auch gelang es, bekannte Persönlichkeiten, wie etwa Peter Steinbach, den wissenschaftlichen Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, für die Herausgeberschaft zu gewinnen. In den frühen 1990er Jahren publizierte der MUT Verlag allerdings weiterhin Texte von Autoren, die der „Neuen Rechten“ zugerechnet wurden. Beispielhaft kann das 1991 erschienene Buch Deutschfeindlichkeit – Gestern, heute, morgen ...? von Hans-Helmut Knütter genannt werden. Zum 40-jährigen Bestehen im Oktober 2005 hatte MUT bereits eine Gesamtauflage von über 7 Millionen Exemplaren erreicht.

Einen erfolgreichen politischen Wandlungsprozess bestätigte der Extremismusforscher Armin Pfahl-Traughber, damals wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bundesamt für Verfassungsschutz, Abteilung Rechtsextremismus, der Zeitschrift im Jahre 1996 (MUT/351, S. 36–37, Ignoranz gegenüber einem politischen Wandlungsprozeß). Die hin und wieder noch anzutreffende Verortung der Zeitschrift als vermeintliches Organ der Neuen Rechten entbehre jeder Grundlage. Die Zeitschrift habe vielmehr einen Entwicklungsweg zu einem demokratischen Publikationsorgan vollzogen. Kritiker zweifeln an der Wandlungsthese und wollen weiterhin einen neurechten Kern erkennen. Die Zeitschrift erscheine mittlerweile auf ästhetisch höherem Niveau und versuche auch Linken die Idee der Nation näher zu bringen. Als Indiz wird etwa gewertet, dass sich im Buchprogramm eine Reihe von Autoren befinden, die zugleich in der neurechten Wochenzeitung Junge Freiheit publizieren.

Herausgeber Bernhard C. Wintzek geht heute anscheinend offen mit seiner rechtsextremen Vergangenheit um. Zu erwähnen ist, dass der damalige Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland, Heinz Galinski, am 22. Februar 1989 Wintzek versicherte, man begrüße „jede Positionsänderung, die Einsichten und Willen zur aufrichtigen Bewältigung nach sich zieht“.

Literatur

  • Katja Eddel: Die Zeitschrift MUT - ein demokratisches Meinungsforum? Analyse und Einordnung einer politisch gewandelten Zeitschrift. VS-Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2011, 582 S., 9 Abb. und 12 Tab. Broschur.

Weblinks


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