Museum für Kunst und Gewerbe

Museum für Kunst und Gewerbe
Logo Museum für Kunst und Gewerbe.png
Museum für Kunst und Gewerbe
Gesamtsicht (2010)

Das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg gilt als eines der führenden Museen für angewandte Kunst in Europa und ist eines der großen Museen in Hamburg.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Das Museum für Kunst und Gewerbe wurde 1874 gegründet. Im Wesentlichen ist die Gründung dem Juristen und Kunstkritiker Justus Brinckmann zu verdanken. Vorbilder waren das South Kensington Museum (gegr. 1852, heute Victoria and Albert Museum, London), das Österreichische Museum für Kunst und Industrie (gegr.1863, heute Museum für angewandte Kunst Wien) und das Deutsche Gewerbemuseum (gegr. 1867, heute Kunstgewerbemuseum Berlin). Brinckmann wollte den „Geschmack bilden und das künstlerische Niveau des Handwerks steigern”. Er wurde der erste Direktor des Hauses, das 1877 am Steintorplatz als Staatliches Technikum und Museum für Kunst und Gewerbe“ eröffnet wurde. Das Gebäude wurde 1873–1875 nach den Plänen von Carl Johann Christian Zimmermann erbaut. Das Museum nutzte zunächst nur Teile des Erdgeschosses. Bereits 1876 war die "Allgemeine Gewerbeschule" in Teilen der Obergeschosse eingezogen, zu der auch die "Staatliche Baugewerkschule" gehörte.[1]

Nach dem Tod Brinckmanns 1915 wurde Max Sauerlandt 1919 neuer Direktor. Unter seiner Leitung wurde ein namhafter Bestand an Werken des Expressionismus aufgebaut. Im April 1933 wurde Sauerlandt auf Grund der Nürnberger Gesetze wegen seines Eintretens für die „Entartete Kunst“ als Museumsleiter entlassen. Durch die Aktion Entartete Kunst der Nationalsozialisten gingen dem Museum zahlreiche zeitgenössische Werke verloren. 1943 wurde das Gebäude von Bomben teilweise zerstört. Der Wiederaufbau war 1959 beendet. Es verfügt über etwa 700.000 Objekte und gehört zu den großen europäischen Museen für Kunst, Kunsthandwerk und Design. Das Museum liegt in der Hamburger Innenstadt direkt am Hauptbahnhof.

Sammlungen

Erdgeschoss

  • Historische Tasteninstrumente: In der Ausstellung von Cembali, Spinetten, Virginalen und Clavichorden sowie von Hammerflügeln und Tafelklavieren werden die Größenverhältnisse der Instrumente, die Anordnung der Klaviatur und die Klangtechnik (Zupfen, Schlagen) deutlich. An einigen Montagabenden werden Konzerte auf historischen Instrumenten gegeben.
  • Barock: Diese Sammlung umfasst Darstellungen und Figuren aus dem Barock, die nur aus Barockkirchen und -palästen stammen können.
  • Europäische Sammlung Byzanz bis Historismus
  • Fayence und Porzellan: Im erhöhten Zwischengeschoss befindet sich eine umfangreiche Fayence- und Porzellansammlung der meisten großen Manufakturen des 17. und 18. Jahrhunderts, die nach Herstellungsorten gruppiert sind.

1. Etage

  • Ostasien
  • Japanisches Teehaus
  • Islam: Das Prunkstück der Sammlung sind 71 Fliesenfragmente mit Ornamenten im magischen blau aus der usbekischen Stadt Buchara. Sie stammen vom Mausoleum des Buyan Kuli Chans (1348-1368), das beim schweren Erdbeben von 1894 stark beschädigt wurde. Die herunter gefallenen Fliesen wurden zur Finanzierung der Instandsetzung des Grabmals zur Hälfte an das Victoria and Albert Museum in London und an das Museum für Kunst und Gewerbe verkauft. Weiter fällt auf eine Standartenbekrönung, die geometrische Muster und eventuell Schriftzeichen in filigraner Arbeit aus Kupfer und Messing zeigt und aus dem Iran um 1700 stammt. Weiter gibt es Gefäße, Teppiche und Bücher.
  • Antike: Die Errungenschaften der Antike werden durch Vasen, Rüstungen und Statuen dokumentiert.
  • Art Nouveau/Jugendstil/Sezession: Im Westflügel sind aus der Jugendstilzeit viele Möbel und Exponate zu dem Gesamtkunstwerk "Pariser Zimmer" kombiniert worden, die auf der Weltausstellung 1900 in Paris erworben wurden. [2] Zu den Wohnzimmereinrichtungen gehören zwei überlebensgroße weiße Skulpturen von 1907, die Mädchendarstellungen in Fayence von Richard Luksch und der Schwanenteppich (1897) von Otto Eckmann.
  • Moderne 1914-1945: Bestandteil der Ausstellung im Nordflügel sind Werke expressionistischer Künstler, u. a. Tierplastiken von Richard Haizmann, die Frauen-Skulptur aus Ahornholz von Ernst Heckel (Stehende mit aufgestütztem Kinn von 1912), Werke von Karl Schmidt-Rottluff und Ewald Mataré sowie Gebrauchsgegenstände im Bauhausstil.
  • Mode

2. Etage

  • Grafik und Plakate
  • Design
  • Buchkunst
  • Fotografie

Osterteppich aus dem Kloster Lüne

Zur Finanzierung dringender Reparaturarbeiten verkaufte das Kloster Lüne nach der Währungsreform von 1948 seinen Osterteppich, der aus den Jahren 1504/1505 stammt. Diese Handarbeiten werden sowohl im Kloster Lüne wie auch im Museum für Kunst und Gewerbe nur einmal pro Jahr an wenigen Tagen zwischen Ostern und Pfingsten gezeigt. [3]

Spiegelsaal aus dem Budge-Palais

Der Spiegelsaal wurde 1909 in den Budge-Palais (heutige Hochschule für Musik und Theater, kurz Musikhochschule) im Neorokoko-Stil eingebaut. Während des Nationalsozialismus wurde der Budge-Palais den jüdischen Erben entschädigungslos vorenthalten. Ende der 1970er-Jahre wurde der Spiegelsaal anlässlich des Umbaus der Musikhochschule vor dem Abriss gerettet. Er wurde vom Museum für Kunst und Gewerbe in den nördlichen Innenhof übernommen. Das Deckengemälde des Spiegelsaals stammt aus dem Jahr 2005 vom Maler Klaus Fußmann. Im Spiegelsaal finden jetzt Musikaufführungen statt. [4]

Justus Brinckmann Gesellschaft - Freunde des Museums für Kunst und Gewerbe

  • 1886 - Gründung des Kunstgewerbe-Vereins durch Justus Brinckmann (1843-1915)
  • 1921 - Gründung der ersten Justus Brinckmann Gesellschaft durch Max Sauerlandt (1880-1934)
  • 1933 - Auflösung der Justus Brinckmann Gesellschaft und Gleichschaltung des Kunstgewerbe-Vereins unter nationalsozialistischer Herrschaft
  • 1945 - Neuwahl des Vorstandes und Wiederaufnahme der Tätigkeit des Kunstgewerbe-Vereins
  • 1969 - Umbenennung des Kunstgewerbe-Vereins in Justus Brinckmann Gesellschaft
  • 1996 bis heute - Museumserweiterung: Neubau des Schümann-Flügels und Neustrukturierung der JBG

Die Justus Brinckmann Gesellschaft unterstützt die Arbeit des Museums. Sie ist der älteste und mit zur Zeit 5.500 Mitgliedern der größte Förderkreis seiner Art in Deutschland.

"Der Verein unterstützt das Museum sowohl ideell wie substantiell. Erwerbungen, Ausstellungsprojekte, Umbaumaßnahmen, die Herausgabe von Publikationen oder die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses: Der Support der Freunde ist vielfältig – und nachhaltig. Ein besonderes Anliegen der Gesellschaft ist die Förderung zeitgenössischen Kunsthandwerks. Die jährlich organisierte Kunst und Handwerk Messe genießt überregionales Ansehen; der vom Verein vergebene Justus Brinckmann Preis ist eine der renommiertesten Auszeichnungen für das gestaltende Handwerk in Deutschland. Persönliches Engagement als Ausdruck einer lebendigen Verbundenheit mit dem Museum ist kennzeichnend für die Freunde des Hauses. Begegnung, Austausch und aktive Teilnahme – als Impulsgeber, Mitgestalter und Botschafter des Museums für Kunst und Gewerbe begleitet die Justus Brinckmann Gesellschaft auch Sie zur Kunst."[5]

Der Vorstand der Justus Brinckmann Gesellschaft wird alle drei Jahre von der Mitgliederversammlung gewählt. Der Vorstand besteht aus dem Präsidenten, seinem Stellvertreter und drei bis fünf weiteren Vorstandsmitgliedern. Dabei gehören der Vorstand der Stiftung öffentlichen Rechts sowie der Kustos der modernen und Jugendstil Abteilung dem Vorstand der Gesellschaft kraft Amtes an. Der aktuelle Vorstand besteht aus Peter Voss-Andreae (Rechtsanwalt), Präsident der JBG Gert Hinnerk Behlmer (Staatsrat a.D.), stellvertr. Präsident Wolf Mandt-Merck (Direktor a.D. der Bank MM Warburg & Co.), Schatzmeister Antonia Aschendorf (ehem. Vorstandssprecherin der Hamburger Feuerkasse AG), weiteres Vorstandsmitglied Sabine Schulze, Direktorin des MKG Claudia Banz, Leitung der Abt. Jugendstil und Moderne im MKG [6]

Einzelnachweise

  1. Daniel Schreiber: Höger als Erzieher in: Claudia Turtenwald (Hrsg.): Fritz Höger (1877–1949). Moderne Monumente. – Katalog zur Ausstellung „Fritz Höger – Architekt des Chilehauses. Moderne Monumente.“ Dölling und Galitz Verlag, Hamburg 2003, ISBN 3-935549-56-3
  2. Matthias Gretzschel: Als der Senat noch shoppen ging. Das Pariser Zimmer in Hamburg. In: Hamburger Abendblatt vom 31. Oktober 2009, S. 18
  3. Anne Bahrs: Kostbare Textilien erhalten. In: Preußische Allgemeine Zeitung vom 15. Mai 2010, S. 21
  4. Matthias Gretzschel: Die zweite Schuld. In: Hamburger Abendblatt vom 19. Januar 2011, S. 17
  5. http://www.justusbrinckmann.org
  6. http://www.justusbrinckmann.org

Literatur

  • Prestel-Museumsführer Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg. Prestel-Verlag, München 2000, ISBN 3-7913-2206-0
  • David Klemm: Das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg. Bd. 1: Von den Anfängen bis 1945. Wilhelm Hornbostel (Hg.). Hamburg: Museum für Kunst und Gewerbe, 2004, ISBN 3-923859-60-0
  • Museum für Kunst und Gewerbe (Hrsg.): Historische Tasteninstrumente, Hamburg, 2. Auflage, ca. 2007. (Faltblatt mit Abbildungen).
  • Museum für Kunst und Gewerbe (Hrsg.): Information. Hamburg, ca. 2007. (Faltblatt mit Lageplänen der Abteilungen).

Weblinks

 Commons: Museum für Kunst und Gewerbe – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg — Coordinates: 53°33′04″N 10°00′34″E / 53.551111°N 10.009444°E / 53.551111; 10.009444 …   Wikipedia

  • Museum für Verkehr und Technik — Neubau des Deutschen Technikmuseums Berlin Das Deutsche Technikmuseum Berlin (DTMB) wurde 1983 unter dem Namen Museum für Verkehr und Technik eröffnet, den es bis 1996 trug. Das Museum sieht sich als Nachfolgeinstitution der über 100 technischen… …   Deutsch Wikipedia

  • Museum für hamburgische Geschichte — Eingangsbereich des Museums …   Deutsch Wikipedia

  • Museum für Angewandte Kunst — Ein Kunstgewerbemuseum ist ein Museum für Werke der angewandten Kunst, das gelegentlich Teil einer Ausbildungsstätte (siehe: Kunstgewerbeschule) oder mit einer solchen verbunden ist. Das Kunstgewerbemuseum als Institution ist aus den Kunst und… …   Deutsch Wikipedia

  • Kunst- und Kuriositätensammlung — Das Museum Wormianum des Ole Worm, 17. Jh. Die Wunderkammern oder Kunstkammern der Spätrenaissance und des Barock gingen aus den früheren Raritäten oder Kuriositätenkabinetten hervor und bezeichnen ein Sammlungskonzept aus der Frühphase der… …   Deutsch Wikipedia

  • Museum für Hamburgische Geschichte — Logo des Museums Das Museum für Hamburgische Geschichte (auch: hamburgmuseum) ist ein 1908 gegründetes kulturhistorisches Museum in Hamburg. Das Museum bietet einen Überblick über die Geschichte Hamburgs von etwa 800 bis zur Gegenwart, und ist… …   Deutsch Wikipedia

  • Museum für Völkerkunde Hamburg — Hauptfassade zur Rothenbaumchaussee Das Museum für Völkerkunde in Hamburg wurde 1879 gegründet und zählt heute zu den größten Völkerkundemuseen in Europa. Die rund 350.000 Ausstellungsobjekte werden jedes Jahr von etwa 180.000 Besuchern… …   Deutsch Wikipedia

  • Institut für Schifffahrts- und Marinegeschichte — Innenraum des Museums vor der Eröffnung im Mai 2007. Zu diesem Zeitpunkt waren noch keine Ausstellungsstücke vorhanden …   Deutsch Wikipedia

  • Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Hamburg — Vorlage:Infobox Hochschule/Professoren fehlt Hochschule für Musik und Theater Hamburg Gründung 1950 Trägerschaft …   Deutsch Wikipedia

  • Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Hamburg — Vorlage:Infobox Hochschule/Professoren fehlt Hochschule für Musik und Theater Hamburg Gründung 1950 Trägerschaft …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”