Musa Anter

Musa Anter

Musa Anter (* 1920 in Eskimağara, Provinz Mardin; † 20. September 1992 in Diyarbakir), auch Apê Mûsa (Onkel Musa) genannt, war ein kurdischer Schriftsteller und Intellektueller.

Leben

Er kam 1920 in dem Dorf Eskimağara (ehemals Zivingê) bei Nusaybin in der türkischen Provinz Mardin in ärmlichen Verhältnissen zur Welt. Sein Vater starb, als er noch ein Kind war. Der Name seines Vaters Anter wurde zum späteren Familiennamen. Er wuchs bei seiner Mutter auf. Die Grundschule besuchte er in Mardin in einem Internat. Diese neuen Internate waren eine neue Maßnahme, um die kurdischen Kinder zu türkisieren. Die mittlere Schule und das Gymnasium besuchte er in Adana, wo er bis 1941 blieb. Musa Anter wurde danach mit einigen wenigen ausgewählten Schülern vom Staat auf ein Internat in Istanbul geschickt. Während seines Philosophiestudiums lernte er viele kurdische Studenten kennen. Darunter waren der spätere Generalsekretär der Arbeiterpartei der Türkei Tarık Ziya Ekinci, der Gründer der Türkiye Milli Parti (Türkische nationale Partei) Yusuf Azizoğlu und der Gründer der Demokratischen Partei Kurdistans-Türkei Faik Bucak. Später wechselte er von Philosophie zu Jura. Am 11. Dezember 1944 heiratete er die Tochter des Großunternehmers Abdurahim Zapsu und bekam zwei Söhne namens Anter (* 18. August 1945) und Dicle (* 30. März 1950) und eine Tochter namens Rewşen (tr: Rahşan) (* 18. Oktober 1948).

An der Universität begannen seine politischen Aktivitäten. Angeregt wurde er durch Ereignisse aus dem Ausland. In den 50er Jahren gab es kurdischsprachige Radiosendungen aus Jerewan und Kairo. Aber prägender für Musa Anter war die Revolution 1958 im Irak und die Rückkehr Mustafa Barzanis aus dem sowjetischen Exil.

Er wurde zum Herausgeber mehrere Zeitschriften, die sich mit der kurdischen Problematik beschäftigten, unter anderem Ileri Yurt in Diyarbakır. Ileri Yurt war seit Jahrzehnten wieder die erste Zeitschrift, die sich mit den Kurden beschäftigte. 1959 wurde er zusammen mit 48 anderen verhaftet. Anfangs drohte allen 49 Gefangen die Todesstrafe durch Erhängen. Aber da eventuelle Proteste aus dem Ausland drohten, blieben sie 6 Monate inhaftiert. Dieser Prozess der 49 trug dazu bei, die kurdische Frage öffentlich bewusst zu machen.

In Haft schrieb Musa Anter sein erstes Buch Birîna Reş (dt: Die Schwarze Wunde). Von 1961/62 veröffentlichte er die kurdisch- und türkischsprachige Zeitschrift Dicle-Firat in Istanbul. In den 60er Jahren trat er der Arbeiterpartei der Türkei bei. Er sollte bei den Wahlen 1965 kandidieren, aufgrund finanzieller Schwierigkeiten konnte sich Musa Anter aber eine Kandidatur nicht leisten.

1971 wurde er erneut verhaftet. 1976 kehrte er in sein Dorf zurück und blieb dort bis 1989. 1979 wurde Anter ein weiteres Mal verhaftet. Schließlich kehrte er nach Istanbul zurück und schrieb weiterhin für kurdische Zeitschriften wie z.B. für Welat (Heimat), Ülke (Land), Özgur Gündem (Freie Tagesordnung) und Özgur Ülke (Freies Land). In Istanbul war er Mitbegründer der prokurdischen HEP, der Vorgängerin der DTP und des Kurdischen Instituts Istanbul. Insgesamt verbrachte er 11,5 Jahre seines Lebens in Gefängnissen: Angefangen als Jugendlicher 1938, während des Dersim-Aufstandes, bis 1990, wo er das letzte Mal im Gefängnis war.

Am 20. September 1992 wurde er in Diyarbakır entführt und später erschossen. Sein Grab befindet sich im Landkreis Nusaybin der Provinz Mardin. Abdülkadir Aygan, der einer der Entführer war, berichtete, dass der JİTEM hinter der Ermordung Musa Anters stecke.

Werke

  • Birîna Reş, 1959, dt. Die schwarze Wunde, Ararat-Publikationen. St. Gallen 1994, ISBN 3-9520545-1-8.
  • Ferhenga Kurdî (Kurdisches Wörterbuch)- Istanbul, 1967
  • Hatıralarım (Meine Memoiren), Band 1 - Istanbul, 1991
  • Hatıralarım (Meine Memoiren), Band 2 - Istanbul, 1992
  • Çinara Min - Istanbul

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Musa Anter — Musa Anter, also known by nickname Ape Musa (Kurdish: Apê Musa, literally Uncle Musa ), (1920, Nusaybin September 20, 1992, Diyarbakır), was a dissident Kurdish Turkish writer and activist.[1] He was a nationalist intellectual and murdered in… …   Wikipedia

  • Musa Anter — (Eskimagara, Provincia de Mardin, 1920 Diyarbakir, 20 de septiembre de 1992), también llamado Apê Mûsa (tío Musa), fue un escritor e intelectual kurdo, de nacionalidad turca. Contenido 1 Vida 2 Obra 3 Referencias …   Wikipedia Español

  • Anter — ist der Familienname folgender Personen: Andreas Anter (Politikwissenschaftler) (* 1960), deutscher Politikwissenschaftler Andreas Anter (Fußballspieler) (* 1961), deutscher Fußballspieler Musa Anter (1920–1992), kurdischer Schriftsteller und… …   Deutsch Wikipedia

  • Anter, Musa — (1922 1992)    Musa Anter was a famous Kurdish intellectual and writer in Turkey who was murdered in September 1992, almost certainly by a member of the Hizbullah (Turkey), probably instigated by JITEM, clandestine government sponsored groups… …   Historical Dictionary of the Kurds

  • Liste der Biografien/Ant–Anz — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Prozess der 49 — Der Prozess der 49 (türkisch 49 lar Olayı oder auch 49’lar Davası) fand 1959 in der Türkei statt und wurde gegen anfänglich 51 Männer geführt, die wegen kurdischer Propaganda und Separatismus angeklagt worden waren. Viele dieser Männer… …   Deutsch Wikipedia

  • List of assassinated people — This is a list of persons who were assassinated; that is, important people who were murdered, usually for ideological or political reasons. This list does not include executed persons. TOCright Assassinations in Africa Algeria *Hiempsal, (117 BC) …   Wikipedia

  • JITEM — ist die Bezeichnung für den Nachrichtendienst der türkischen Gendarmerie, dessen Existenz umstritten ist. Die Bezeichnung JİTEM fällt im Zusammenhang mit Verbrechen, die in der Türkei dem tiefen Staat zugerechnet werden. Die Abkürzung steht für… …   Deutsch Wikipedia

  • Jandarma Istihbarat ve Terorle Mucadele — JİTEM ist die Bezeichnung für den Nachrichtendienst der türkischen Gendarmerie, dessen Existenz umstritten ist. Die Bezeichnung JİTEM fällt im Zusammenhang mit Verbrechen, die in der Türkei dem tiefen Staat zugerechnet werden. Die Abkürzung steht …   Deutsch Wikipedia

  • Jandarma İstihbarat ve Terörle Mücadele — JİTEM ist die Bezeichnung für den Nachrichtendienst der türkischen Gendarmerie, dessen Existenz umstritten ist. Die Bezeichnung JİTEM fällt im Zusammenhang mit Verbrechen, die in der Türkei dem tiefen Staat zugerechnet werden. Die Abkürzung steht …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”