Multilateral Force

Multilateral Force

Die Multilateral Force (MLF), deutsch: Multilaterale Atomstreitmacht[1], war zur Regierungszeit von John F. Kennedy ein amerikanischer Vorschlag von 1963, neben U-Booten auch eine Flotte von rund 25 Kriegsschiffen der NATO zu produzieren, die jeweils mit SLBMs des Typs Polaris ausgerüstet werden sollten und über eine Reichweite von 4.500 km verfügen. Raketen und Sprengköpfe sollten gemeinsamer Besitz der beteiligten Nato-Länder sein und unter einem gemeinsamen NATO-Kommando stehen.

Damit sollte den nicht-nuklearen Mächten des Bündnisses, zu denen auch Deutschland gehörte, die Möglichkeit geboten werden, sich am Besitz, dem Bedienungspersonal und an der Kontrolle einer Atomstreitmacht zu beteiligen. Der Vorschlag wurde unter den Nato-Ländern lange diskutiert, scheiterte jedoch, weil außer der Bundesrepublik Deutschland und den USA kein Land bereit war, einen substantiellen Teil der Finanzierung zu übernehmen. Allerdings stimmten die Niederlande am 20. Februar 1964 einer Beteiligung an der multilateralen Nuklearflotte zu, während Belgien am 3. März 1964 eine Beteiligung ablehnte. Am 3. März 1964 gab der Führer der britischen Labour Party Harold Wilson bei einem Besuch in den USA bekannt, im Falle eines Wahlsiegs bei den Parlamentswahlen, einer multilateralen Nuklearstreitmacht der NATO nicht zuzustimmen.

Mit dem Wahlsieg Wilsons am 16. Oktober 1964 scheiterte auch von Seiten Großbritanniens dieses Vorhaben. Im Dezember 1964 bot der britische Premier Wilson den USA den Plan einer Atlantic Nuclear Force (ANF) der NATO an, der ebenso nicht realisiert wurde. Frankreich wiederum baute 1964 ihre von Bündnisverpflichtungen unabhängigen Force de frappe auf und verließ 1966 einen Großteil der militärischen Strukturen der NATO. Damit wurde deutlich, dass die Probleme, die aus der nuklearen Hegemonie der USA in der NATO resultierten, mit dem Plan des Aufbaus einer MLF nicht zu lösen waren. Obwohl der Aufbau scheiterte, konnte allerdings auf politisch-militärischer Ebene durch die Nukleare Planungsgruppe (NPG) ab 1967 ein Mitgliedergremium der NATO (ohne Frankreich) für die Rolle der Atomwaffen im Bündnis gegründet werden.

Vorgeschichte

Nach der Kuba-Krise hatten der britische Premier Macmillan und Kennedy bei einem Treffen 1962 in Nassau auf den Bahamas die Vereinbarung von Nassau unterzeichnet, um damit die atomare Verteidigung Großbritanniens an die USA zu binden. London verzichtete damit darauf, eine eigenständige Atomstreitmacht aufzubauen. Die USA ihrerseits integrierte mit Großbritannien einen Teil Westeuropas in die von ihr geführte Atlantische Allianz.

Charles de Gaulle interpretierte diese Vereinbarung als Versuch der USA, eine eigene europäische Weltpolitik zu verhindern. Seine Vision war ein starkes Europa der Nationen unter französischer Führung, das durch eine unabhängige atomare Bewaffnung in der Lage sein sollte, eine Weltmachtrolle zu spielen. Für die Bundesrepublik entstand durch diese Spannungen eine schwierige Lage. In der Ära Adenauers war ein enges Zusammengehen mit Frankreich die Regel gewesen. Nun aber stellte sich die Frage, ob die Bundesrepublik auf Distanz zur Allianz gehen und mit Frankreich eine deutsch-französische Sicherheitspolitik betreiben sollte, oder ob nicht die amerikanischen Sicherheitsgarantien für Deutschland unersetzlich waren. Frankreichs atomare Streitmacht, die Force de frappe, war noch im Aufbau begriffen, sodass die gaullistische Option in Deutschland keine Mehrheit fand.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Spiegel, 4. November 1964

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Multilateral Force — The Multilateral Force (MLF) was an American proposal to produce a fleet of submarines and warships, each manned by international NATO crews, and armed with multiple nuclear armed Polaris ballistic missiles. The proposal was floated by the… …   Wikipedia

  • multilatéral — multilatéral, ale, aux [ myltilateral, o ] adj. • 1948; de multi et latéral ♦ Polit. Qui concerne des rapports entre États; à quoi adhèrent, participent plusieurs États. ⇒ plurilatéral. Un accord multilatéral. ⊗ CONTR. Unilatéral. ● multilatéral …   Encyclopédie Universelle

  • Multilateral foreign policy of the Holy See — The Holy See This article is part of the series: Politics and government of the Holy See …   Wikipedia

  • Multilateral treaty — A multilateral treaty is a treaty to which three or more sovereign states are parties.[1] Each party owes the same obligations to all other parties, except to the extent that they have stated reservations. Some examples of multilateral treaties… …   Wikipedia

  • New Zealand Defence Force — Te Ope Kaatua o Aotearoa Service branches Royal New Zealand Navy New Zealand Army Royal New Zealand Air Force Headquarters Wellington Leadership Com …   Wikipedia

  • United Nations Emergency Force — The first United Nations Emergency Force (UNEF) was established by United Nations General Assembly to secure an end to the 1956 Suez Crisis with resolution 1001 (ES I) on November 7, 1956, and in large measure as a result of efforts by UN… …   Wikipedia

  • Coordinating Committee for Multilateral Export Controls — Pour les articles homonymes, voir COCOM. Le Coordinating Committee for Multilateral Export Controls (ou CoCom, auparavant : Coordinating Committee for East West Trade Policy) a été fondé sous l influence des États Unis le… …   Wikipédia en Français

  • 149 Squadron, Republic of Singapore Air Force — Infobox Military Unit unit name=RSAF 149 Squadron role=Fighter bomber equipment=Sixteen F 5S/T Tiger IIs garrison=Paya Lebar Air Base motto= Steadfast dates=1 June 1985 identification symbol=Shikra battle honours=The 149 Squadron Shikra of the… …   Wikipedia

  • Beitrittskandidaten der NATO — Flagge der NATO Generalsekretär …   Deutsch Wikipedia

  • L’Organisation du Traité de l’Atlantique Nord — Flagge der NATO Generalsekretär …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”