Moshe Dajan

Moshe Dajan
Mosche Dajan (1978)

Mosche Dajan (hebräisch ‏משה דיין‎; * 20. Mai 1915 im Kibbuz Degania; † 16. Oktober 1981 in Tel Aviv) war ein israelischer General und Politiker. Als Außenminister Israels führte er die Verhandlungen in Camp David.

Inhaltsverzeichnis

Anfangsjahre

Mosche Dajan wurde im Kibbuz Degania „Alef“ (Deganja „A“) in der Nähe des Sees Genezareth in Palästina geboren, das damals noch zum Osmanischen Reich gehörte. Sein Vater war der Schriftsteller und Politiker Schmuel Dajan, seine Mutter hieß Devorah. Das hebräische Wort Dajan bedeutet Richter. Mosche Dajan trat bereits im Alter von 14 Jahren der Hagana (hebr. „Verteidigung“) bei. 1939-1941 war er wegen illegaler Tätigkeit gegen die Briten in Akko inhaftiert.

Militärische und politische Karriere

Zweiter Weltkrieg

Im Juni 1941 kommandierte Dajan eine Palmach-Einheit unter dem Befehl der 7. Australischen Infanterie-Division. Die Alliierten rückten zusammen mit von General Charles de Gaulle aufgestellten freifranzösischen Streitkräften von Palästina aus in den vom Vichy-Regime besetzten Libanon ein, der dadurch quasi befreit wurde und 1945 noch vor Israel der erste unabhängige demokratische Staat im Nahen Osten und Gründungsmitglied der Vereinten Nationen werden sollte. Während dieser Operation verlor Dajan sein linkes Auge. Eine französische Kugel traf das Fernglas, das er gerade benutzte; Glas- und Metallsplitter verwundeten dabei sein Auge, welches aufgrund der verspäteten Behandlung nicht gerettet werden konnte. Auch das Tragen eines Glasauges konnte nicht ermöglicht werden. Die leere Augenhöhle bedeckte er später stets mit einer schwarzen Augenklappe, die zu seinem bekanntesten Merkmal wurde. Auf die Empfehlung eines australischen Offiziers erhielt er den Orden „Distinguished Service Order”, eine der höchsten Auszeichnungen des Britischen Empires.

Israelischer Unabhängigkeitskrieg und Sinai-Feldzug

Nach der Gründung des Staates Israel kämpfte Dajan auf verschiedenen wichtigen Positionen im Israelischen Unabhängigkeitskrieg. Zuerst war er der Kommandeur über die Verteidigungsbemühungen im Jordantal, später wurde ihm das Kommando über verschiedene Militäreinheiten an der zentralen Front übergeben. Später übernahm er die Leitung der israelischen Delegation bei den Friedensverhandlungen auf Rhodos. Im Jahr 1954 wurde Dajan, nachdem er in England einen Generalstabslehrgang absolviert hatte, Generalstabschef und Oberkommandierender der israelischen Streitkräfte (bis 1958). In dieser Funktion befehligte er den Sinai-Feldzug.

Karriere als Politiker und im Sechstagekrieg

Im Jahre 1959, ein Jahr nachdem Dajan aus der israelischen Armee ausgeschieden war, wurde er Mitglied der sozialdemokratischen Mapai, die zu dieser Zeit von David Ben Gurion geführt wurde. Von 1959 bis 1964 war er Landwirtschaftsminister im Kabinett Levi Eschkols, eines politischen Gegners innerhalb der eigenen Partei. Bei einem von der israelischen Regierung nicht unterstützten Besuch in Vietnam äußerte er sich nach seiner Rückkehr 1967 wie folgt : „Die Amerikaner gewinnen hier alles - außer den Krieg.“[1]

Dajan stand in enger Verbindung mit dem ersten Ministerpräsidenten Israels Ben Gurion und wurde zusammen mit Schimon Peres und anderen der „Jungen“ einer seiner wichtigsten Unterstützer. Dies gilt insbesondere für die Periode, als Ben Gurion die Partei Rafi gründete. Im Zuge der Spannungen im Mai und Juni des Jahres 1967 zwischen Israel und der arabischen Welt wurde Dajan auf massiven Druck der Bevölkerung hin von Eschkol zum Verteidigungsministers ernannt. Eschkol, obwohl er niemals in der Armee gedient hatte, hatte diesen Posten vorher selbst innegehabt.

Als Verteidigungsminister erwarb Dajan vor allem durch seine Verdienste während des Sechstagekrieges ein hohes Ansehen in Israel und einen großen Bekanntheitsgrad in der Welt. Obwohl er nicht an den militärischen Verteidigungsmaßnahmen vor dem Sechstagekrieg beteiligt war (dies fiel in den Verantwortungsbereich Ezer Weizmanns und Jitzhak Rabins), wurde ihm wegen seines charismatischen Auftretens, das die Soldaten an der Front motivierte, und wegen seiner kurzfristigen Veränderungen an dem Plan eine wichtige Rolle zugeschrieben.

Jom-Kippur-Krieg

Nachdem Golda Meïr im Jahre 1969 zur Ministerpräsidentin gewählt worden war, wurde Dajan abermals Verteidigungsminister in ihrem Kabinett. Sein Amt musste er allerdings 1974 wegen des beinahe verlorenen Jom-Kippur-Krieges des Jahres 1973 aufgeben. Er war als ranghöchster Militär für die militärischen Planungen verantwortlich und dabei besonders für die Kontrolle der Aufklärung zuständig. Es bestehen geringe Zweifel daran, dass der „Held des Sechstagekrieges“ zum Teil die Verantwortung dafür trägt, dass die israelische Führung die Zeichen des aufziehenden Krieges nicht erkannt hat. Dajan stimmte dafür, nicht komplett zu mobilisieren oder einen Präventiv-Schlag gegen die ägyptische und syrische Armee zu führen, denn er nahm an, Israel würde den Krieg auch dann mit Leichtigkeit gewinnen, wenn die Araber bereits angegriffen hätten. Er wollte damit zudem verhindern, dass Israel als Aggressor vor der Weltöffentlichkeit dastünde. Nach den schweren Niederlagen in den ersten zwei Tagen änderte Dajan seine Meinung radikal und war nahe daran, bei einer Pressekonferenz den „Untergang des dritten Tempels” zu erklären, doch er wurde zu seinem Glück von Meir daran gehindert. Im Laufe der Kampfhandlungen konnte er seine Selbstkontrolle und auch die Weisungsgewalt über die israelischen Truppen zurückgewinnen. Obwohl der Bericht der Agranat-Kommission die Verantwortung nicht bei den politischen Führern suchte (zu denen Dajan zu rechnen ist), führten die öffentlichen Proteste zu seinem und Meirs Rücktritt.

Minister im Likud-Kabinett Begins

Dajan verließ die Mapai (Arbeitspartei), die für 15 Jahre seine politische Heimat gewesen war und wurde Mitglied des konservativen Likuds. Von 1977 bis 1979 war Dajan Außenminister unter Menachem Begin und spielte in diesem Amt eine wichtige Rolle bei der Ausarbeitung des Friedensabkommens mit Ägypten von 1979 (Camp David I). Von diesem Amt trat er, aus Protest u. a. gegen die Siedlungspolitik der Regierung zurück. Im Jahre 1981 gründete Dajan die Partei Telem, die eine unilaterale Trennung vom Westjordanland und dem Gazastreifen befürwortete. Die Partei eroberte zwei Sitze in der zehnten Knesset (Wahlen vom 30. Juni 1981), aber Dajan starb kurz danach an den Folgen eines Krebsleidens. Er wurde im Moschaw Nahalal beerdigt.

Dajans Grab auf dem Friedhof Nahalal

Persönlichkeit

Dajan war zweifellos eine komplizierte und widersprüchliche Persönlichkeit, die auch heute noch umstritten ist. Dajan hatte wenige enge Freunde, seine geistige Brillanz und sein Charisma waren oft mit Zynismus und einem Mangel an Taktgefühl gepaart. Ariel Scharon, der ihm oft Wankelmut und Apathie unterstellte, schrieb über Dajan:

„Er wachte [jeden Morgen] mit hundert Ideen auf. 95 von ihnen waren gefährlich, 3 weitere waren schlecht, die letzten beiden jedoch waren brillant.“

Dajan vereinte die säkulare Identität eines Kibbuzniks mit viel Pragmatismus. Er war es, der dem Waqf (der muslimischen Treuhand) den Tempelberg anvertraute, obwohl er in seinen Schriften immer das jüdische Erbe in Eretz Israel betonte. Er verfasste einige Bücher und war als Amateur-Archäologe bekannt. Er geriet mehrmals mit dem Gesetz in Konflikt, weil er mit der Unterstützung seiner Soldaten illegale Grabungen ausführte. Seine archäologische Sammlung wurde nach seinem Tod dem Staat verkauft.

Seine Tochter Jael Dajan ist eine Schriftstellerin und folgte ihm, als Mitglied verschiedener linker Parteien, in die Politik nach. Sie war Parlamentarierin in der Knesset und im Stadtrat von Tel Aviv.

Sein Sohn Assi Dajan ist Filmregisseur.

Zitate

  • Während der letzten 100 Jahre befand sich unser Volk in einem Prozess das Land aufzubauen, die Nation aufzubauen, zu expandieren und weitere Juden herzuholen und weitere Siedlungen zu bauen, um die Grenzen hier auszuweiten. Kein Jude soll sagen, dass dieser Prozess abgeschlossen sei. Kein Jude soll sagen, dass wir am Ende der Straße angelangt sind (During the last 100 years our people have been in a process of building up the country and the nation, of expansion, of getting additional Jews and additional settlements in order to expand the borders here. Let no Jew say that the process has ended. Let no Jew say that we are near the end of the road).

(Quelle: Interview in Ma'ariv 7. Juli 1968).

  • Es gibt kein Palästina mehr. Erledigt... There is no more Palestine. Finished . . .

(Quelle: Interview im TIME Magazine,30. Juli 1973).

Einzelnachweise

  1. Tom Segev : 1967 - Israels zweite Geburt, München, 2007 S.29

Werke

  • Mosche Dajan: Die Mission meines Lebens. Bericht über die ägyptisch-israelischen Friedensverhandlungen 1977-1979. München 1981, ISBN 3-570-01373-1
  • Mosche Dajan: Leben mit der Bibel. Archäologie im Heiligen Land. 1984, ISBN 3-217-01218-6
  • Shabtai Tevet: Moshe Dayan, Politiker, Soldat, Legende, Verlag Hoffmann und Campe, Hamburg 1973, ISBN 3-455-07705-6

Weblinks




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