Morde von Mechterstädt

Morde von Mechterstädt
Der Gedenkstein in Thal
Der Gedenkstein bei Mechterstädt

Als „Morde von Mechterstädt“ bezeichnet man die Erschießung von 15 thüringischen Arbeitern auf der Straße von Mechterstädt nach Gotha durch Verbindungsstudenten aus Marburg am 25. März 1920.

Inhaltsverzeichnis

Die Ereignisse

Die Opfer wurden durch Nahschüsse in den Kopf getötet, nachdem sie von Angehörigen des Studentenkorps Marburg (StuKoMa), darunter Mitglieder des Corps Hasso-Nassovia Marburg, unter dem Vorwurf verhaftet worden waren, sie seien „rote“ Aufständische gegen die nach dem Kapp-Putsch sukzessiv wiederhergestellte staatliche Ordnung. Das Korps war unter der Führung von Bogislav von Selchow und seines Adjutanten Otmar Freiherr von Verschuer als Zeitfreiwilligen-Verband der Reichswehr entsandt worden und bestand aus 1.800 Studenten.

Prozess

Für Empörung sorgte insbesondere der Umstand, dass die 14 Täter noch 1920 in zwei Gerichtsprozessen von der Anklage des „Totschlags unter rechtswidrigem Waffengebrauch“ freigesprochen wurden, da sie geltend machten, die Erschossenen seien bei einem Fluchtversuch getötet worden. Bogislav von Selchow erklärte nach der Besichtigung des Tatorts im Zuge eines Lokaltermins: „Der Gebrauch der Waffe hinterher ist ganz in meinem Sinne geschehen“.[1]

Nachwirkungen

Universitätsleitung, Hochschullehrer und Studenten solidarisierten sich nach den gerichtlichen Freisprüchen mit den Tätern. Dadurch bekam das vorherrschende Bild Marburgs als studentisches Idyll tiefe Risse. Friedrich Facius sah in den Urteilen einen der größten Skandale der Justiz in der Weimarer Zeit, Wilhelm Röpke, damals Student in Marburg, sprach von der „Tragödie von Mechterstädt“. Carl von Ossietzky nahm die Morde zum Anlass, um vor einer „Balkanisierung“ Deutschlands zu warnen.

Zur Erinnerung an das Ereignis wurden in Thal und an der B 7 zwischen Mechterstädt und Teutleben Gedenksteine errichtet.

Literatur

  • Helmut Poppelbaum [ua]: Die Ereignisse von Mechterstädt in ihrem zeitgeschichtlichen Zusammenhang, in: Einst und Jetzt 38 (1993), S. 155-200
  • Peter Krüger, Anne C. Nagel (Hrsg.): Mechterstädt – 25.3.1920. Skandal und Krise in der Frühphase der Weimarer Republik, Lit Verlag, Münster 1997, ISBN 3-8258-3061-6, (Studien zur Geschichte der Weimarer Republik 3).
  • Bruno W. Reimann: Die Morde bei Mechterstädt. 25. März 1920. In: Thüringen. Blätter zur Landeskunde. ZDB-ID 1316491-0, unpag..
  • Bruno W. Reimann: Kein Ende des Traumas in Sicht. Mechterstädt und die Universität Marburg. In: Gothaer Museumsheft 1999, ISSN 0863-2421, S. 86–97.

Filme

Einzelnachweise

  1. Joachim Bergmann, Dietrich Grille, Herbert Hömig, Die innenpolitische Entwicklung Thüringens von 1918 bis 1932, Europaforum-Verlag 2001, S. 125

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Mechterstädt — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Denkmal für die Märzgefallenen (Mechterstädt) — Das Denkmal an der B7 bei Mechterstädt Das Mahnmal auf dem Friedhof in Thal …   Deutsch Wikipedia

  • Otmar von Verschuer — Otmar Freiherr von Verschuer (* 16. Juli 1896 in Richelsdorfer Hütte; † 8. August 1969 in Münster (Westfalen)) war Mediziner, Humangenetiker, Rassentheoretiker und Zwillingsforscher. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Wirken 3 …   Deutsch Wikipedia

  • Otmar Freiherr von Verschuer — (* 16. Juli 1896 in Richelsdorfer Hütte; † 8. August 1969 im westfälischen Münster) war ein deutscher Mediziner, Humangenetiker und Zwillingsforscher. Laut Karl Brandt war Verschuer führender Rassenhygieniker der NS Zeit.[1] Inhaltsverzeichnis 1… …   Deutsch Wikipedia

  • Kapp-Putsch in Thüringen — Unter der Bezeichnung Kapp Putsch in Thüringen werden hier Ereignisse zusammengefasst, die sich während und unmittelbar nach dem am 13. März 1920 in Berlin von konservativen und rechtsradikalen Gruppen unternommenen Staatsstreichversuch als… …   Deutsch Wikipedia

  • Verschuer — Otmar Freiherr von Verschuer (* 16. Juli 1896 in Richelsdorfer Hütte; † 8. August 1969 in Münster (Westfalen)) war Mediziner, Humangenetiker, Rassentheoretiker und Zwillingsforscher. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Wirken 3 …   Deutsch Wikipedia

  • Marburger Burschenschaft Rheinfranken — Dieser Artikel wurde im Portal Rechtsextremismus zur Verbesserung eingetragen. Hilf mit, ihn zu bearbeiten und beteilige dich an der Diskussion! Vorlage:Portalhinweis/Wartung/Rechtsextremismus Theoriefindung Hao Xi (对话页 贡献) 21:59, 23. Mai 2011… …   Deutsch Wikipedia

  • DE-TH — Freistaat Thüringen …   Deutsch Wikipedia

  • Freistaat Gotha — Freistaat Sachsen Gotha 1920 Landeshauptstadt: Gotha Fläche: 1415 km² Einwohner: 189.200 Bevölkerungsdichte: 134 Einwohner/km² …   Deutsch Wikipedia

  • Freistaat Thüringen — Freistaat Thüringen …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”