Mord am Zollikerberg

Mord am Zollikerberg

Der Mord am Zollikerberg ist ein Tötungsverbrechen, das im Jahr 1993 bei Zürich verübt wurde und in der Schweiz erhebliche Auswirkungen auf den Umgang mit gefährlichen Sexualstraftätern und auf die rechtlichen Bestimmungen für sie hatte.

Inhaltsverzeichnis

Das Opfer

Am Nachmittag des 30. Oktober 1993 wurde nach einer eintägigen Suchaktion auf dem Zollikerberg bei Zürich die Leiche der als vermisst gemeldeten 20-jährigen Pfadfinderführerin Pasquale Brumann aufgefunden. Sie war mit Stichen in den Hals getötet und nackt im Waldboden verscharrt worden.[1]

Der Täter

Bereits am 1. November 1993 konnte der wegen elf Vergewaltigungen und zwei Sexualmorden zu lebenslanger Zuchthausstrafe verurteilte Erich Hauert (* 1959) festgenommen und später nach einem Geständnis und anhand von DNA-Spuren als Täter überführt werden. Der in der Strafanstalt Regensdorf Inhaftierte hatte das Verbrechen während eines Hafturlaubs begangen.[2]

Hauert hatte 1982 eine 26-jährige Joggerin in Thalwil am Zürichsee vergewaltigt und ermordet. 1983 vergewaltigte und ermordete er eine 72-jährige Frau in Kaiseraugst. Nachdem er im Juni 1983 nach einem versuchten Postüberfall verhaftet wurde, konnten ihm neben den beiden Morden auch noch elf Vergewaltigungen nachgewiesen werden. Als «extrem gefährlich» eingestuft wurde er zu lebenslanger Haft verurteilt. In all den Jahren, in denen der Vollzug bei Hauert sukzessive gelockert worden war, hatte sich Hauert absolut klaglos verhalten und in über 100 Urlauben zu keinen Beanstandungen Anlass gegeben.[3] Am 29. Oktober 1993 bewilligte das Zürcher Justizdepartment einen weiteren unbegleiteten Urlaub von Hauert. Nur einen Tag später überfiel er Pasquale Brumann.

Nachwirkungen

Prozesse

Im September 1996 wurde Hauert erneut zu lebenslangem Zuchthaus verurteilt und die Verwahrung auf unbestimmte Zeit ausgesprochen.[4]

Die Mutter der Getöteten, Jeannette Brumann, führte gegen den Kanton einen Staatshaftungsprozess bis vor das Bundesgericht. Der Kanton erkannte im April 1997 eine Rechtspflicht zur Haftung jedoch nur aus «moralischen Gründen» an. Im Jahr 1998 kam es dann zu einem umfassenden Vergleich. Der Kanton Zürich zahlte gegen den Verzicht auf weitere zivilrechtliche Ansprüche der Familie der Getöteten rund eine Million Franken.[5]

Der gegen die an der Hafturlaubsbewilligung beteiligten vier Justizbediensteten angestrengte Strafprozess endete mit Freisprüchen.[6] Die Justizangehörigen erhielten fünfstellige Prozessentschädigungen.

Auswirkungen auf den Strafvollzug

Nach dem Mord wurden die Urlaubs- und Entlassungsrichtlinien verschärft und die Verwahrungen nahmen massiv zu. Damit nahm auch die Zahl der Rückfälle ab.[7]

Gesetzgebung

Als Reaktion auf den Mord am Zollikerberg und eine weitere Sexualstraftat im gleichen Jahr durch einen anderen Wiederholungstäter wurde eine Volksinitiative «Lebenslange Verwahrung für nicht therapierbare, extrem gefährliche Sexual- und Gewaltstraftäter» ins Leben gerufen. Diese wurde am 3. Mai 2000 mit 194'390 gültigen Unterschriften eingereicht. Am 8. Februar 2004 wurde die Initiative mit einem Volksmehr von 56.2 % angenommen und Art. 123a in die Schweizerische Bundesverfassung eingefügt. [8]

Nach dem Willen der Initiative sollen Sexual- und Gewaltstraftäter, die in den für das Gerichtsurteil nötigen psychiatrischen Gutachten als extrem gefährlich und nicht therapierbar eingestuft wurden, bis an ihr Lebensende verwahrt bleiben. Alle Gutachten sollen von mindestens zwei von einander unabhängigen und erfahrenen Fachleuten erstellt werden. Für verwahrte Täter soll eine frühzeitige Entlassung und auch Hafturlaub ausgeschlossen sein. Neue Gutachten sollen erst erstellt werden können, wenn durch neue, wissenschaftliche Erkenntnisse erwiesen ist, dass der verwahrte Täter geheilt werden kann. Sollte aber aufgrund dieser neuen Gutachten ein Täter aus der Haft entlassen werden, soll die zuständige Behörde die Verantwortung dafür übernehmen, falls der Entlassene rückfällig wird.

Kritik an den Justizbehörden

Der damalige Zürcher Regierungsrat und spätere Schweizer Bundesrat Moritz Leuenberger wurde politisch für den Tod von Pasquale Brumann mitverantwortlich gemacht. Er war mehrfach vom zuständigen Staatsanwalt Pius Schmid über die Gefährlichkeit Hauerts informiert worden, ohne Massnahmen zu ergreifen. In den Unterlagen zur Beurteilung des Hafturlaubes von Erich Hauert hatte es über diesen unter anderem geheissen, er leide an «psychopathisch zu nennenden Störungen der Charakterstruktur».[9]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Neue Zürcher Zeitung, 1. November 1993, S. 22.
  2. Neue Zürcher Zeitung, 10. November 1993, S. 53.
  3. Neue Zürcher Zeitung, 26. März 1999, S. 45
  4. Neue Zürcher Zeitung, 20. September 1996, S. 53.
  5. Neue Zürcher Zeitung, 20. März 1998, S. 53.
  6. Neue Zürcher Zeitung, 3. März 1999, S. 46.
  7. Neue Zürcher Zeitung, 22. Februar 2001, S. 45.
  8. Wortlaut des Artikels 123a
  9. WOZ-Online, 8. Januar 2004

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