Morbus Pick

Morbus Pick
Frontotemporale Degeneration
Klassifikation nach ICD-10
G31.0 Umschriebene Hirnatrophie
- Pick-Krankheit
F02.0* Demenz bei Pick-Krankheit
ICD-10 online (WHO-Version 2006)

Bei der Pick-Krankheit (synonym Morbus Pick, früher auch Picksche Krankheit) handelt es sich um eine meist vor dem 60.Lebensjahr auftretende neurodegenerative Erkrankung im Stirn- bzw. Schläfenlappen des Gehirns. Bei dem Krankheitsbild handelt es sich um eine Form der frontotemporalen Demenz (FTD).

Im Gegensatz zur Alzheimerschen Krankheit, welche ebenfalls zur Gruppe der neurodegenerativen Erkrankungen gezählt wird, ist ein familiäres Auftreten bei Morbus Pick häufiger zu beobachten (in etwa 40 % der Fälle, Angaben zur familiären Häufung schwanken). Ein autosomal-dominanter Erbgang lässt sich in weniger als 10 % der Fälle feststellen.

Die Erkrankung darf nicht mit dem Morbus Niemann-Pick, einer Sphingolipidose, verwechselt werden.

Inhaltsverzeichnis

Historisches

Erstmals beschrieben wurde Morbus Pick um 1900 von dem Prager Neurologen Arnold Pick, der bei der Obduktion früh verstorbener Schwachsinniger eine Atrophie (Gewebsschwund) der Stirn- und Schläfengehirnlappen feststellte und dies als besondere Krankheit einstufte.

Ursache der Krankheit

Welche Faktoren genau das Auftreten der Krankheit verursachen, ist noch weitgehend unerforscht. Als Auslöser wird jedoch ein Gendefekt vermutet.

Epidemiologie

Die Krankheit beginnt meist im 50. bis 60. Lebensjahr und zählt somit zu den präsenilen Demenzen. Nur selten ist ein Krankheitsausbruch nach dem 70. Lebensjahr zu beobachten. Frauen sind von der Pickschen Krankheit etwa doppelt so oft betroffen wie Männer. Morbus Pick stellt mit einer Häufigkeit von weniger als 1 bis 3 % (je nach Quelle) unter allen Demenzen einen seltenen Typus dar. Geht man von etwa 800.000 Demenzkranken in Deutschland aus, wären schätzungsweise 16.000 Menschen von der Pickschen Krankheit betroffen.

Symptome und Krankheitsverlauf

Morbus-Pick-Patienten leiden im Allgemeinen an Verhaltensauffälligkeiten, Persönlichkeitsveränderungen, Sprach- und Gedächtnisstörungen und dem Verlust anerzogener Verhaltensregeln. Der Verlauf der Krankheit ist eher langsam fortschreitend. Üblicherweise gehen die beiden zuerst genannten Symptome einer Störung des Gedächtnisses voraus.

Klinisch sind zwei Symptomkomplexe zu beobachten – entweder „passiv“ anmutende Zeichen wie:

  • Apathie
  • Antriebslosigkeit
  • Vernachlässigung der Körperpflege
  • affektive Verflachung
  • Verwahrlosung

oder gegensätzlich wirkende Symptome wie:

Im weiteren Verlauf der Erkrankung kommen Sprach- und Orientierungsstörungen hinzu, bis sich schließlich das Vollbild der frontotemporalen Demenz mit Muskelversteifung (Rigor), Pflegebedürftigkeit sowie Harn- bzw. Stuhlinkontinenz ausbildet hat.

Je nach betroffener Hirnregion ist das Auftreten von Unterformen der frontotemporalen Demenz wie beispielsweise der progredienten (fortschreitenden) Aphasie oder der semantischen Demenz möglich.

Diagnose

Hirn-PET mit vermindertem Glucose-Stoffwechsel im linken Temporallappen.
Zugehörige MRT mit entsprechender Atrophie.

Neben klinischen Verdachtsmustern kann in vivo eine nuklearmedizinische Diagnostik mit Darstellung der Gehirnperfusion (mit 99mTc-HMPAO) (SPECT) oder des Glucose-Stoffwechsels des Gehirns mit 18FDG (PET) weiterhelfen - typischerweise sind in den Gehirnabschnitten, die dem Krankheitsnamen (frontotemporal) entsprechen, die Durchblutung und der Glucose-Stoffwechsel herabgesetzt.

Eine sichere Diagnose dieser seltenen Demenzform ist erst nach dem Tod möglich. Die Krankheit lässt sich jedoch anhand der Symptomkonstellation vermuten und durch Abklärung möglicher Ausschlussdiagnosen eingrenzen.

Unter dem Mikroskop finden sich im Bereich des Schläfenlappens (Temporallappens) und des Stirnlappens (Frontallappens) degenerative Veränderungen („Nervenzelluntergänge“), die durch Ganglienzellenschwund und Gliose unterhalb der Hirnrinde verursacht wurden. Unklar ist die Rolle der so genannten „Picksche Körper“ (kugelförmige Anhäufungen des τ-Proteins) in den Nervenzellen des Frontal- bzw. Temporalhirns. Es lässt sich jedenfalls kein linearer Zusammenhang zwischen der Menge an Pickschen Körpern und dem Auftreten der Demenz herstellen; auch bei nicht an Morbus Pick erkrankten Patienten fanden sich Picksche Körper.

Therapie

Weder eine Heilung noch eine spezifische medikamentöse Therapie sind derzeit möglich oder nur in Aussicht (Stand: 11/2006). Die gegen Morbus Alzheimer wirksamen Acetylcholinesterasehemmer erwiesen sich bei der Behandlung frontotemporaler Demenzen als wirkungslos. Psychotische Begleiterscheinungen der Pickschen Krankheit können allerdings durch die Gabe von Neuroleptika (etwa Pipamperon und Levomepromazin) gelindert werden.

Oftmals ist eine Dauerhospitalisierung von Pick-Patienten mit intensiver Pflege erforderlich. Psychologische/psychotherapeutische Unterstützung der Angehörigen ist angesichts der schwerwiegenden Symptomatik unumgänglich.

Literatur

  • Theo R. Payk: Checkliste Psychiatrie und Psychotherapie. 4. Auflage. Thieme, Stuttgart/New York 2003, ISBN 3-13-710204-9
  • S. Brunnhuber u. a.: Intensivkurs Psychiatrie und Psychotherapie. 5. Auflage. Urban & Fischer, München 2005, ISBN 3-437-42131-X
  • Volker Arolt, Christian Reimer, Horst Dilling: Basiswissen Psychiatrie und Psychotherapie (Springer-Lehrbuch). 6. Auflage. Springer, ISBN 3-540-32672-3
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