Mons Claudianus

Mons Claudianus
Mons Claudianus (Ägypten)
Mons Claudianus
Mons Claudianus
Lage des Mons Claudianus in Ägypten

Mons Claudianus ist ein antiker Steinbruch in der östlichen Wüste von Ägypten. Er liegt zwischen Qena (Kainopolis) am Nil (nördlich von Luxor, 100 km Luftlinie) und Safaga am Roten Meer (45 km), in der Nähe des Wadi Fatiri el-Bayda in einer völlig unbesiedelten Gegend im Gouvernement Rotes Meer. Hurghada liegt 55 km nordöstlich des Steinbruchs. Hier wurde zwischen dem späten 1. und der Mitte des 3. Jahrhunderts n. Chr. Granit (Granodiorit) abgebaut.

Blick von Nordosten auf das Lager

Inhaltsverzeichnis

Stein und Verwendung

Gespaltene Brunnenschale

Der Stein ist ein hellgrauer Gneis mit grünlich-schwarzen Einsprengseln. Die Römer nannten das Material marmor Claudianum. Der italienische Name „granito del foro“ besagt, wo das Material Verwendung fand. Das Material wurde aber auch in vielen anderen römischen Prachtbauten verbaut, zum Beispiel im Pantheon in Rom. Im Steinbruch blieben einige unfertige oder zerbrochene Gegenstände zurück, beispielsweise eine etwa 200 Tonnen wiegende Säule.[1] In mittelalterlichen Gebäuden in Kairo findet sich der Granit als Fußbodenbelag und als Wandverkleidung, wohl meist in sekundärer Verwendung.

Arbeitsorganisation

Der Steinbruch gehörte vermutlich dem Kaiser selbst, die Verwaltung unterlag der Armee. Wie Ausgrabungen ergaben, arbeiteten in dem Steinbruch keine Sklaven, sondern spezialisierte Arbeiter. Deren Verpflegung zeigt, dass sie unter recht komfortablen Bedingungen lebten.

Infrastruktur

Der Steinbruch war durch eine Straße mit dem Niltal verbunden. Der Transport der halbfertigen Steine auf vier- bis zwölfachsigen Wagen ins Niltal dauerte mindestens fünf Tage. In Tagesabständen lagen an der Straße kleine Lager (Hydreumata), die als Nachtunterkünfte dienten. Sie enthielten Schlafräume, Ställe und Zisternen.

Der Verlauf der Straße ist heute noch gut im Gelände zu erkennen. Etwa 125 Lesesteinhaufen und Türme markierten ihren Verlauf, vielleicht dienten sie auch als Signalstationen. Das Gebiet wurde außerdem durch ungefähr sechzig kleinere Armeestützpunkte überwacht und versorgt. Sie sicherten auch die Versorgung der Küstenstationen am Roten Meer im Süden und des Steinbruchs Mons Porphyrites.

Die Straße zwischen Abu Sha'ar mit seinem Militärlager und Kainopolis wurde zwischen den 1. und 7. Jahrhundert n. Chr. genutzt; bis zum Ende des 3. Jahrhunderts zum Steintransport, nach der Reform der Grenzverteidigung durch Diokletian und Konstantin war sie Teil des Limes. Danach reisten hier vielleicht auch Pilger zu den Heiligtümern am nördlichen Roten Meer, auf dem Sinai und im Heiligen Land. Darauf deutet auch die Existenz einer Kirche in Mons Porphyrites hin.

Siedlung

Die Siedlung der Steinbrucharbeiter war mit Mauern und Türmen befestigt. Es ist anzunehemen, dass hier tausend Menschen lebten. Die Unterkünfte sind oft noch bis zum Dach erhalten, da in dieser entlegenen Gegend kein späterer Steinraub stattfand.

Grabungen

Der Steinbruch wurde im 19. Jahrhundert durch Reisende entdeckt. Grabungen fanden 1987-1993 unter der Leitung von Jean Bingen (Université Libre de Bruxelles) und durch ein ägyptisch-britisches Projekt unter David Peacock (Universität von Southampton) und Valerie Maxfield (Exeter) statt.

Funde

Römische Inschrift

Durch die extreme Trockenheit haben sich hier organische Materialien gut erhalten. So wurden etwa 50.000 Textilfragmente gefunden – eines der größten Korpora römischer Textilien überhaupt. Außerdem wurden Körbe, Schuhe, Seile und Papyrusfetzen sowie Tierknochen und Pflanzenreste gefunden, die es ermöglichen, die Ernährung der Arbeiter zu rekonstruieren. Zu den wichtigsten Funden gehören fast 10.000 beschriebene Scherben (Ostraka), die Informationen über die Verwaltung und die Lebensbedingungen der Arbeiter liefern. So ist auf diesen Scherben beispielsweise der Lohn der Arbeiter überliefert, der deutlich höher war als im Niltal. Die meisten Scherben betreffen Materialanforderungen, zum Beispiel von Wagenachsen. Nach erfolgter Lieferung wurden die Scherben weggeworfen. Die meisten der beschriebenen Scherben wurden jedoch nicht mehr in Primärkontext gefunden, sondern auf den Straßen, in verlassenen Gebäuden oder als Verfüllung von Geländevertiefungen oder Baustellen. Die Keramik stammt hauptsächlich aus ägyptischen Werkstätten, es kommen jedoch auch Importe aus dem östlichen Mittelmeerraum, der Kyrenaika, Nordafrika, Spanien und Gallien vor.

Ernährung

Die Grundlage der Ernährung bildeten Weizen, Gerste, Linsen, Datteln, Oliven, Zwiebeln und Eselsfleisch sowie Fisch aus dem Roten Meer. Diese wurden durch Zitronen, Artischocken, Walnüsse, Pinienkerne, Mandeln, Haselnüsse, Granatäpfel, Wassermelonen Gurken und sogar Austern ergänzt. Pfeffer, ein Import aus Indien, diente als Gewürz. Im begrenzten Umfang wurde auch gejagt.

Die Samen von Kohl, Kohlrübe, Kresse, Chicoree, Minze und Basilikum wurden ebenfalls gefunden, vielleicht wurden diese Pflanzen vor Ort angebaut. Angekeimte Gerste verweist darauf, dass vor Ort auch Bier gebraut wurde. Funde importierter Amphoren belegen, dass die Arbeiter oder die Garnison auch mit Olivenöl, defrutum (eingedickter Traubensaft), garum (Fischsoße) und Wein versorgt wurden.

Gerste und Druschreste dienten auch als Viehfutter. Als Brennmaterial wurde Dung und Holzkohle verwendet.

weitere römische Steinbrüche in der östlichen Wüste

Literatur

  • Lise Bender Jørgensen, Textiles from Mons Claudianus. A Preliminary Report. Acta Hyperborea 3, Kopenhagen, 1991, 83-95.
  • Jean Bingen et al., Mons Claudianus: Ostraca Graeca et Latina I & II (Kairo, Institut Français d'Archéologie Orientale du Caire 1992, 1997).
  • Adam Bülow-Jacobsen (med et bidrag af Hélène Cuvigny), Mons Claudianus. Organisation, administration og teknik i et romersk stenbrud fra kejsertiden. Studier fra Sprogog Oldtidsforskningen (Kopenhagen 1996).
  • Adam Bülow-Jacobsen, Mons Claudianus: Roman granite-quarry and station on the road to the Red Sea. Danish Studies in Classical Archaeology. Acta Hyperborea I. East and West. Cultural Relations in the Ancient World (Kopenhagen, Museum Tusculanum 1988) 159-165.
  • Hélène Cuvigny, Mons Claudianus. Ostraca Graeca et Latina III. Les reçus pour avances à la familia (O. Claud. 417 à 631), Institut français d'archéologie orientale (Caire 2000).
  • James A. Harrell, Decorative stones in the Preottoman Islamic buildings of Cairo, Egypt, Part I: Description of stone varieties (2001).
  • Ulla Mannering, Roman Garments from Mons Claudianus'. Archéologie des textiles des origines au Ve siècle. In: Dominque Cardon/Michel Feugère (Hrsg.), Actes du colloque de Lattes, Octobre 1999 (Montagnac, Éditions Monique Mergoil 2000) 283-290.
  • D. P. S. Peacock/V. A. Maxfield, Survey and Excavations at Mons Claudianus 1987-1993, Band 1, Topography and Quarries (1997).
  • Steven E. Sidebotham, Newly discovered sites in the Eastern Desert," JEA 82, 1996, 181-192.
  • Steven E. Sidebotham/Ronald E. Zitterkopf/John A. Riley, Survey of the 'Abu Sha'ar-Nile Road. American Journal of Archaeology 95/4, 1991.
  • Roberta Tomber, Early Roman Pottery from Mons Claudianus. Cahiers de la Céramique Égyptienne, 3, 1992, 137-142.
  • Marijke van der Veen, The plant remains from Mons Claudianus, a Roman quarry settlement in the Eastern Desert of Egypt - an interim report. Vegetation History and Archaeobotany 5/5, 1996, 137-141.
  • Marijke van der Veen/Sheila Hamilton-Dyer, A life of luxury in the desert? The food and fodder supply to Mons Claudianus. Journal of Roman Archaeology 11, 1998, 101-116.
  • Marijke van der Veen, The food and fodder supply to the Roman quarry settlements in the Eastern desert of Egypt. In: Marijke van der Veen (Hrsg.), The exploitation of plant resources in Ancient Africa (New York, Kluwer Academic/Plenum Publishers 1999).

Weblinks

26.80916666666733.486944444444

Einzelnachweise

  1. Maxfield, Valerie A. (2001): "Stone Quarrying in the Eastern Desert with Particular Reference to Mons Claudianus and Mons Porphyrites", in: Mattingly, David J.; Salmon, John (Hrsg.): Economies Beyond Agriculture in the Classical World, Leicester-Nottingham Studies in Ancient Society, Bd. 9, Routledge, London, S. 143–170, ISBN 0-415-21253-7, S. 158

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Mons Claudianus — Article de la série Lieux égyptiens Lieux Nomes / Villes Monuments / Temples Région Basse Égypte / Moyenne Égypte Haute Égypte / Nubie …   Wikipédia en Français

  • Mons Claudianus — View of Mons Claudianus from the North East Roman inscription “Marm …   Wikipedia

  • Mons Claudianus —    Roman name for the site of the Roman granodiorite quarry and associated settlement in the Eastern Desert 500 kilometers south of Cairo in the mountains bordering the Red Sea. The area was in use from the time of Trajan (98–117 AD). The… …   Ancient Egypt

  • Mons Porphyrites — ist ein römischer Steinbruch in der östlichen Wüste Ägyptens. Er liegt etwa 45 Kilometer vom Meer entfernt an der Straße zwischen Maximianopolis/Kainopolis im Niltal und Myos Hormos (Abu Sha ar Al Qibli am Roten Meer), 55 Kilometer… …   Deutsch Wikipedia

  • Mons Porphyrites —    Roman name for the site of the Roman porphyry quarry and associated settlement in the mountains of the Eastern Desert 30 kilometers from the Red Sea coast. The site was discovered around 18 AD by Caius Cominius Leugas and was worked throughout …   Ancient Egypt

  • Jean Bingen — Papyrologue Naissance 26 mars 1920 Anvers (Belgique) Nationalité belge …   Wikipédia en Français

  • List of Dacian names — Contents 1 Anthroponyms 2 Toponyms 2.1 Hydronyms 3 See also 4 Notes …   Wikipedia

  • Marbres Antiques — Marbres colorés du pavement d’un temple grec à Cyrène (Libye) Liste des variétés (lithotypes) de marbres colorés antiques (pierre polie), de différentes couleurs, utilisée dans l Antiquité et surtout pendant l Empire romain; tels les granits et… …   Wikipédia en Français

  • Marbres antiques — Marbres colorés du pavement d’une ancienne maison à Cyrène (Libye) Liste des variétés (lithotypes) de marbres colorés antiques (pierre polie), de différentes couleurs, utilisée dans l Antiquité et surtout pendant l Empire romain; tels les granits …   Wikipédia en Français

  • Marbres colorés antiques — Marbres antiques Marbres colorés du pavement d’un temple grec à Cyrène (Libye) Liste des variétés (lithotypes) de marbres colorés antiques (pierre polie), de différentes couleurs, utilisée dans l Antiquité et surtout pendant l Empire romain; tels …   Wikipédia en Français

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”