Monogam

Monogam

Der Begriff Monogamie entstammt der Biologie und bezeichnet im Ursprung die lebenslange exklusive Fortpflanzungsgemeinschaft zwischen zwei Individuen einer Art. Die Monogamie steht somit im Gegensatz zu polygamen Verhaltensmustern wie Polyandrie, Polygynie und Promiskuität, kann aber nicht als deren genaues Gegenteil aufgefasst werden. So kann zum Beispiel bei der Polyandrie oder der Polygynie der eine Partner wechselnde Sexualpartner haben, während der andere Partner sich diesem gegenüber monogam verhält.

Inhaltsverzeichnis

Monogamie und Ehe

Der Begriff Monogamie wurde traditionell häufig auch auf das System der Einehe angewandt, bei der das Rechtsinstitut der Ehe nur für eine Paarbeziehung offensteht, Bigamie, Mehrehe oder Harembildung jedoch ausgeschlossen wird. Manche Rechtssysteme sanktionieren nicht nur das Eingehen einer Mehrehe, sondern auch den Ehebruch. Die Erwartung der ehelichen Treue besteht in einigen Kulturen sogar über den Tod eines Ehepartners hinaus. Diese Koppelung der Begriffe Monogamie und Ehe ist aber zumindest in der westlichen Welt heute eher unüblich. Monogamie wird hier heute regelmäßig auf die Art des Zusammenlebens mit einem einzigen Sexualpartner angewandt, also unabhängig von der Rechtsform.

Schätzungen von Anthropologen über die Häufigkeit monogamer menschlicher Gesellschaften bewegen sich zwischen zirka 20 und 50 Prozent und leiden zudem unter dem Mangel, dass sie nur die gleichsam offiziellen Verhältnisse widerspiegeln, nicht aber die tatsächlich gelebte Praxis. Gleichwohl lassen sich diese Schätzungen dahingehend interpretieren, dass streng eingehaltene Monogamie eine eher seltene Verhaltensweise in menschlichen Gesellschaften ist [1]. Manche neuere anthropologische Untersuchungen, wie beispielsweise von Helen Fisher, zeigen Verhaltensmuster wie Fremdgehen und den Wechsel von Partnern als in allen Epochen bis zur Frühgeschichte wiederkehrende Merkmale des menschlichem Paarungsverhaltens auf[2]. Neben traditionell polygamen Kulturen, beispielsweise in Afrika, treten heute polyamore Beziehungsformen zum Beispiel in Nordamerika, Westeuropa und Australien auf.

Biologische Wurzeln der Monogamie

In der Biologie wird zwischen sozialer und sexueller Monogamie unterschieden. Bei sozialer Monogamie ziehen die Individuen Junge als Paar auf, können aber zusätzliche Sexualkontakte haben. Nur wenige Säugerarten leben zumindest in Phasen der Jungenaufzucht sozial monogam, aber mehr als 90 Prozent aller Vögel. Von Verhaltensbiologen wird dies dahingehend gedeutet, dass es eine Korrelation zwischen der Intensität der Partnerbindung und dem Aufwand an elterlicher Fürsorge für den Nachwuchs gibt: Je aufwendiger die Jungenaufzucht ist, als desto nötiger gilt eine gemeinsame Versorgung der Jungen durch beide Elternteile und als desto wahrscheinlicher wird monogames Verhalten angesehen. Unter Nestflüchtern sollte daher Monogamie weniger verbreitet sein als unter Nesthockern. Aber auch hier ist zu beachten, dass Monogamie und gemeinsame Jungenaufzucht nicht bedeutet, dass ein Paar ausschließlich miteinander Sexualkontakte hat. Neuere genetische Studien unter sozial monogam lebenden Vögeln haben gezeigt, dass ein erheblicher Teil der Jungtiere nicht vom Männchen gezeugt wurde, das sich in scheinbar fester Paarbindung um "seinen" Nachwuchs kümmert.

Auch für den Menschen liegen diesbezüglich erste Zahlen vor. Aus Untersuchungen von rezessiven Erbanlagen - z. B. Blutgruppen - von Eltern und Kindern wird, je nach Land und Region, ein Anteil von nicht innerhalb der Ehe gezeugten Kindern zwischen 2 % und 30 % gefunden (siehe Literatur).

Monogamie bei Primaten

Monogamie ist unter Säugerarten mit zirka drei Prozent nicht weit verbreitet, aber sie wird mindestens vierzehn der rund 200 heute lebenden Primatenarten zugeschrieben. Bei den ausgeprägt monogamen Arten wie den Krallenaffen wurde ein wesentlich größeres Engagement der Männchen bei der Aufzucht der Jungen beschrieben als bei nicht monogamen Arten. Die Gibbons leben weitgehend monogam auf einem von beiden Partnern verteidigten Territorium, während die dem Menschen näher verwandten Bonobos und Schimpansen sich polygam verhalten. Auch weil die stammesgeschichtlich nächsten Verwandten des Menschen einschließlich des Gorillas und des Orang-Utans im Unterschied zu den entfernter verwandten Gibbons polygam leben und zudem keinerlei Kenntnisse über das Verhalten der letzten gemeinsamen Vorfahren von Menschenaffen und Menschen existieren, ist es unmöglich zu entscheiden, welche Form des Sozial- und Sexualverhaltens bei Menschenaffen und Menschen die stammesgeschichtlich "ursprüngliche" sein könnte. Diverse Studien deuten jedoch darauf hin, dass monogames Verhalten beim Menschen ein stark kulturell beeinflusstes Phänomen ist.

Kann monogames Verhalten vererbt werden?

Den genetischen Grundlagen von monogamem Verhalten war eine Gruppe von US-amerikanischen Neurobiologen auf der Spur, deren Ergebnisse im Juni 2004 in der angesehenen Fachzeitschrift Nature publiziert wurden.[3] Die Forscher hatten zwei nahe verwandte Arten der Wühlmaus untersucht: Wiesenwühlmäuse (Microtus pennsylvanicus) und Präriewühlmäuse (Microtus ochrogaster). Wiesenwühlmaus-Männchen leben einzelgängerisch und polygam, Präriewühlmaus-Männchen hingegen leben in der Natur in einer lebenslangen Brutpflegegemeinschaft, die jedoch nicht immer sexuell exklusiv ist. Im Gehirn der Tiere konnten die Forscher einen neurophysiologischen Unterschied ausmachen: Die monogam lebenden Präriewühlmaus-Männchen hatten deutlich mehr Rezeptoren für Vasopressin als die männlichen Wiesenwühlmäuse. Bei der Paarbindung wirkt zudem das Hormon Oxytocin mit, das beim Menschen wichtige Funktionen bei der Geburt hat und einigen Studien zufolge nach Verabreichung in die Nase einen kurzfristigen Vertrauenanstieg bewirkt.[4]

Die Forscher isolierten das Gen, das für die Herstellung des Vasopressin-Rezeptors verantwortlich ist und schleusten dieses Gen ins Vorderhirn von Männchen der polygamen Art ein. Das Ergebnis beschrieben die Autoren zurückhaltend so: „Wir erhöhen wesentlich die Ausbildung einer Paarbildungsverhaltens“ („we substantially increase partner preference formation“). Bereits ein einziges Gen könne also komplexes Sozialverhalten beeinflussen, und dies wiederum könne eine Erklärung dafür sein, dass sich das Sozialverhalten im Verlauf der Stammesgeschichte gelegentlich relativ rasch zu ändern scheint.

Einer der Autoren der Studie, Larry Young, äußerte die Hoffnung, dass man, aufbauend auf diesen Erkenntnissen, neue Ansätze zur Therapie von Bindungsstörungen wie Autismus entwickeln könne. Er wies zugleich darauf hin, dass eine Übertragung der Befunde auf menschliches Verhalten nicht möglich sei, weil die Anordnung der Vasopressin-Rezeptoren im Gehirn von Menschen nicht mit jener bei Wühlmäusen vergleichbar sei.[5]

Der Populationsgenetiker Dr. Gerald Heckel vom Zoologischen Institut der Universität Bern wies im Juli 2006 allerdings nach, dass keineswegs allein das von den US-Forschern identifizierte Gen für das monogame Verhalten der Mäuse verantwortlich sein kann.[6] Der Berner Forscher analysierte die DNA von 25 Mausarten und entdeckte die monogame Variante des so genannten Treue-Gens in allen untersuchten Tierarten - außer in der erwähnten polygamen Mausart sowie in einer weiteren, gleichfalls polygamen Mausart. Gleichwohl leben fast alle der untersuchten Arten trotz vorhandenem „Treue-Gen“ polygam. Demnach kann kein allgemeiner Zusammenhang zwischen genetischen und sozialen Verhaltensmustern und dem Fehlen oder Vorhandensein bestimmter, natürlicher Varianten des "Treue-Gens" existieren. In einer Pressemitteilung der Universität Bern[7] erläuterte Gerald Heckel, die Ergebnisse seiner Studie zeigten, „dass Monogamie bei Säugetieren unabhängig von der geringfügigen Veränderung nur dieses einzigen Gens entstand: Die simple genetische Programmierung eines so komplexen und wichtigen Verhaltens wie des Paarungsverhaltens ist sehr unwahrscheinlich.“ Ein genetisch starr programmiertes Paarungsverhalten wäre zudem „sicherlich von Nachteil für Organismen wie Nagetiere, die stark variierende Populationsdichten aufweisen und ihre Fortpflanzungsstrategie ständig an wechselnde Bedingungen anpassen müssen."

Jüdisch-/Christliche Wurzeln

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Die 10 Gebote (Dekalog) gelten seit über 3500 Jahren als die Grundlage der jüdisch/christlichen Religionen. Das 6. Gebot Du sollst nicht ehebrechen wurde seit jeher so interpretiert, dass es vor allem die Rechtmäßigkeit der Nachkommenschaft und damit die Altersversorgung sichern sollte und war ein Verbot der Polyandrie. Das 10. Gebot Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib, Knecht, Magd, Vieh noch alles, was dein Nächster hat verbot weitergehend schon das bloße Begehren nach einer Frau, die einem anderen Mann versprochen bzw. von ihm „in Besitz genommen“ worden war und diente dem inneren Frieden. Keineswegs sind dies aber Verbote der Polygynie: Die Tora gebietet die Leviratsehe, um soziale Not und Auslöschung von Familienstämmen zu verhindern. Jesus wandte sich laut Bibel gegen den Scheidebrief, da eine geschiedene Frau um ihrer Brot willen dem erstschlechtesten Bräutigam das Jawort geben musste - immer in der Angst vor neuer Scheidung (soweit der gesellschaftlich-religiöse Hintergrund im Jahre +30). Daher kam die Kunde gegen den Scheidebrief bei der gläubigen jüdischen Bevölkerung an. Keineswegs angekommen wäre zur damaligen Zeit allerdings ein Verbot der Leviratsehe, da hierdurch viele Witwen verhungert und viele Familienstämme ausgestorben und deren Ländereien verloren gegangen wären. Da Paulus in seinen Briefen an Timotheos (1. T. 3, 12) und Titos (T. 1, 6) anweist, dass Diakone bzw. Älteste nur eine Frau haben sollen, ist davon auszugehen, dass Polygynie auch bei den frühen Christen verbreitet, wenn auch gegenüber der Monogamie geringergeschätzt war.

Die Monogamie dürfte ihre Wurzel eher im römischen Kaisertum haben: Pro Mann – auch dem Kaiser – gibt es nur eine legitime Ehefrau, so dass die Frage nach der Erstgeburt (beim Kaiser die Thronfolge, beim Bürger die Erbfolge) gesichert ist. Dass römisches Recht ins Christentum eingeflossen ist, ist sehr wahrscheinlich, da es nach Konstantin in Ostrom geduldet war.

Siehe auch

Quellen

  1. David McFarland, Biologie des Verhaltens
  2. Helen Fisher, Anatomy of Love. A natural History of Mating, Marriage, and why we stray. Fawcett / Random House, New York 1992, ISBN 0-449-90897-6 Deutsche Übersetzung: Anatomie der Liebe. Droemer Knaur Verlag 1993
  3. (Band 429, S. 754 - 757)
  4. pharmazeutische-zeitung.de „Oxytocin: Das Hormon Ihres Vertrauens.“ (unter Verweis auf Nature 435, 2005, 673–676 und Neuron 58, 2008, 639–650)
  5. High on Fidelity. What can voles teach us about monogamy? American Scientist online und Band 90, Nr. 3, Mai - Juni 2002 (auf Englisch)
  6. Sabine Fink, Laurent Excoffier und Gerald Heckel: Mammalian monogamy is not controlled by a single gene. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States, Early Edition, 10. Juli 2006, doi:10.1073/pnas.0602380103
  7. Monogamie bei Säugetieren beruht nicht nur auf einem Gen. Pressemitteilung der Universität Bern vom 12. Juli 2006

Literatur

  • Larry J. Young & Zuoxin Wang: The neurobiology of pair bonding [1] ,Nature Neuroscience 7, 1048 - 1054 (2004)

Weblinks

  • Lukas, Helmut; Schindler, Vera und Johann Stockinger: Monogamie. In: Interaktives Online-Glossar: Ehe, Heirat und Familie (1993–1997).
  • Das Molekül der Liebe [2]

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