Momenterzeugende Funktion

Momenterzeugende Funktion

Mit der Momenterzeugenden Funktion kann das k-te Moment der Wahrscheinlichkeitsverteilung einer Zufallsvariablen ermittelt werden. In der Wahrscheinlichkeitstheorie ist die momenterzeugende Funktion einer Zufallsvariablen X definiert durch

M_X(t)=E\left(e^{tX}\right)=E\left(\sum_{n=0}^{\infty}\frac{(tX)^n}{n!}\right)=\sum_{n=0}^{\infty}\frac{t^n}{n!}E(X^n)=\sum_{n=0}^{\infty}\frac{t^n}{n!}m_X^n,

falls deren Erwartungswerte E(Xn) existieren. Dabei sind m_X^n=E(X^n) die Momente einer Wahrscheinlichkeitsverteilung.

Inhaltsverzeichnis

Für stetige Wahrscheinlichkeitsverteilung

Falls X eine stetige Wahrscheinlichkeitsdichte f(x) hat, dann ist die momenterzeugende Funktion durch

M_X(t) = \int_{-\infty}^\infty e^{tx} f(x)\,\mathrm{d}x
 = \int_{-\infty}^\infty \left( 1+ tx + \frac{t^2}{2!}x^2 + \ldots\right) f(x)\,\mathrm{d}x
 = 1 + t m_X^1 + \frac{t^2}{2!}m_X^2 +\ldots\,,

gegeben, wobei m_X^i das i-te Moment von X ist. Der Ausdruck M_X\left(-t\right) ist also gerade die zweiseitige Laplacetransformation des durch X festgelegten Wahrscheinlichkeitsmaßes.

Bemerkungen

Ursprung des Begriffs der momenterzeugenden Funktion

Die Bezeichnung momenterzeugend bezieht sich darauf, dass die k-te Ableitung von MX im Punkt 0 (Null) gleich dem k-ten Moment der Zufallsvariablen X ist:

\frac{\partial^k}{\partial t^k} M_X(t)\biggr\vert_{t=0} = E(X^k) = m_X^k.

Durch die Angabe aller nicht verschwindenden Momente ist jede Wahrscheinlichkeitsverteilung vollständig festgelegt, falls die momenterzeugende Funktion auf einem offenen Intervall ( − ε,ε) existiert (\varepsilon > 0).

Zusammenhang mit der charakteristischen Funktion

Die momenterzeugende Funktion steht in engem Zusammenhang mit der charakteristischen Funktion \varphi_X(t) = E\left(e^{\mathrm{i}t X}\right), die im Wesentlichen die Inverse der Fourier-Transformierten des Wahrscheinlichkeitsmaßes darstellt.

Weitere erzeugende Funktionen

Zu den weiteren erzeugenden Funktionen zählt man die charakteristische Funktion, die wahrscheinlichkeitserzeugende Funktion und die kumulantenerzeugende Funktion als Logarithmus der momenterzeugenden Funktion.

Eindeutigkeitseigenschaft

Ist die momenterzeugende Funktion einer Zufallsgröße X in einer Umgebung von 0 endlich, so bestimmt sie die Verteilung von X eindeutig.[1] Formal bedeutet das:

Seien X und Y zwei Zufallsgrößen mit momenterzeugenden Funktionen MX und MY derart, dass es ein \varepsilon > 0 gibt mit M_X (s), M_Y (s) < \infty für alle s \in (-\varepsilon,\varepsilon). Dann gilt PX = PY genau dann, wenn MX(s) = MY(s) für alle s \in (-\varepsilon,\varepsilon) gilt.

Beispiele

Normalverteilung

Die Momenterzeugende Funktion einer normalverteilten Zufallsgröße X\sim\mathcal{N}(\mu,\sigma^2) ist M_X(t)=\exp{\left(\mu t+\frac{\sigma^2 t^2}{2}\right)}.

Exponentialverteilung

Die Momenterzeugende Funktion einer exponentialverteilten Zufallsgröße mit Parameter λ ist M_X(t)= \frac{\lambda}{\lambda-t}

Verallgemeinerung auf mehrdimensionale Zufallsvariablen

Für \ell Zufallsvariablen \overline{\mathbf{X}} = (X_1, \ldots , X_\ell) lässt sich die momenterzeugende Funktion wie folgt erweitern:

M_{\overline{\mathbf{X}}}(t)
=E\left(\sum_{n_1\cdots n_\ell=0}^{\infty}\frac{(t_1 X_1)^{n_1}\cdots(t_\ell X_\ell)^{n_\ell} }{n_1!\cdots n_\ell!}\right)
=       \sum_{n_1\cdots n_\ell=0}^{\infty}\frac{t_1^{n_1}      \cdots t_\ell^{n_\ell} }{n_1!\cdots n_\ell!}m_{\overline{\mathbf{X}}}^n
.

Einzelnachweise

  1. The Annals of Mathematical Statistics: J. H. Curtiss: A Note on the Theory of Moment Generating Functions , 16. Oktober 2008

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Momentenerzeugende Funktion — Mit der Momenterzeugenden Funktion kann das k te Moment der Wahrscheinlichkeitsverteilung einer Zufallsvariablen ermittelt werden. In der Wahrscheinlichkeitstheorie ist die momenterzeugende Funktion einer Zufallsvariablen X definiert durch ,… …   Deutsch Wikipedia

  • Gauß-Funktion — Dichten normalverteilter Zufallsgrößen Die Normal oder Gauß Verteilung (nach Carl Friedrich Gauß) ist ein wichtiger Typ kontinuierlicher Wahrscheinlichkeitsverteilungen. Ihre Wahrscheinlichkeitsdichte wird auch Gauß Funktion, Gauß Kurve, Gauß… …   Deutsch Wikipedia

  • Gaußsche Funktion — Dichten normalverteilter Zufallsgrößen Die Normal oder Gauß Verteilung (nach Carl Friedrich Gauß) ist ein wichtiger Typ kontinuierlicher Wahrscheinlichkeitsverteilungen. Ihre Wahrscheinlichkeitsdichte wird auch Gauß Funktion, Gauß Kurve, Gauß… …   Deutsch Wikipedia

  • Generierende Funktion — In verschiedenen Teilgebieten der Mathematik versteht man unter der erzeugenden Funktion einer Folge an die formale Potenzreihe Ein einfaches Beispiel ist die erzeugende Funktion der konstanten Folge die Gleichheit gilt nur für | z | < 1 und… …   Deutsch Wikipedia

  • Charakteristische Funktion (Stochastik) — In der Wahrscheinlichkeitstheorie ist die charakteristische Funktion einer reellwertigen Zufallsvariablen X auf einem Wahrscheinlichkeitsraum (Ω,Σ,P) für folgendermaßen definiert: Dabei bezeichnet den …   Deutsch Wikipedia

  • Wahrscheinlichkeitserzeugende Funktion — In der Wahrscheinlichkeitstheorie ist die wahrscheinlichkeitserzeugende Funktion einer wertigen Zufallsvariable X definiert durch für . Eigenschaften Die wahrscheinlichkeitserzeugende Funktion bestimmt die Verteilung von X eindeutig: Ist …   Deutsch Wikipedia

  • Bernoullikette — Dieser Artikel wurde auf der Qualitätssicherungsseite des Portals Mathematik eingetragen. Dies geschieht, um die Qualität der Artikel aus dem Themengebiet Mathematik auf ein akzeptables Niveau zu bringen. Dabei werden Artikel gelöscht, die nicht… …   Deutsch Wikipedia

  • Binomial-Verteilung — Dieser Artikel wurde auf der Qualitätssicherungsseite des Portals Mathematik eingetragen. Dies geschieht, um die Qualität der Artikel aus dem Themengebiet Mathematik auf ein akzeptables Niveau zu bringen. Dabei werden Artikel gelöscht, die nicht… …   Deutsch Wikipedia

  • Poisson Statistik — Die Poisson Verteilung ist eine diskrete Wahrscheinlichkeitsverteilung, die beim mehrmaligen Durchführen eines Bernoulli Experiments entsteht. Letzteres ist ein Zufallsexperiment, das nur zwei mögliche Ergebnisse besitzt (z. B. „Erfolg“ und… …   Deutsch Wikipedia

  • Poisson Verteilung — Die Poisson Verteilung ist eine diskrete Wahrscheinlichkeitsverteilung, die beim mehrmaligen Durchführen eines Bernoulli Experiments entsteht. Letzteres ist ein Zufallsexperiment, das nur zwei mögliche Ergebnisse besitzt (z. B. „Erfolg“ und… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”