Moldauische ASSR

Moldauische ASSR

Die Moldawische bzw. Moldauische Autonome Sozialistische Sowjetrepublik war eine autonome Teilrepublik (ASSR) innerhalb der Ukrainischen SSR zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg. Sie erstreckte sich auf einer Fläche von 8.100 km², auf der etwa 545.000 Menschen lebten.

Regierungssitz war 1924-1929 Balta, 1929-1940 Tiraspol, formale Hauptstadt allerdings das aus sowjetischer Sicht „vorübergehend rumänisch besetzte“ Kischnjow. Die autonome Republik war in 11 Rajons (Kreise) gegliedert.

Inhaltsverzeichnis

Territorialentwicklung

Die Moldauische ASSR gegenüber dem Bessarabien einschließenden Großrumänien 1918-1940
Großrumänien und die MASSR

Die ASSR wurde am 12. Oktober 1924 am Ostufer des Dnister gegründet, um die sowjetischen Ansprüche auf das frühere russische Gouvernement Bessarabien (1812-1918 russisch, mit einer Unterbrechung zwischen 1856 und 1878 für den südwestlichen Teil) auf dem Westufer des Flusses zu untermauern. Bessarabien hatte sich bei den Revolutionswirren von 1917/18 und den Auflösungserscheinungen des Zarenreichs Rumänien angeschlossen. Bereits am 7. März 1924 war das Gebiet der ASSR zur Autonomen Oblast erhoben worden.

Das Kerngebiet der ASSR war deshalb nicht identisch mit dem Territorium der späteren Moldauischen SSR, sondern mit dem Gebiet der heutigen Moldauischen Dnestr-Republik (Transnistrien) zuzüglich der heute ukrainischen Bezirke Balta und Kotowsk (bis 1935 Birsula).

Bevölkerung

Die ASSR Moldau umfasste ausschließlich transnistrische bzw. ukrainische Gebiete, die zwar niemals zum früheren rumänischen Fürstentum Moldau gehört hatten, in denen es aber aus historischen Gründen Ausläufer des Siedlungsgebietes der Moldauer (Rumänen) gab und bis heute gibt. Dennoch waren etwa 46 Prozent der Bevölkerung Ukrainer und nur 32 Prozent bildeten die Titularnation der Moldauer.

Um die Bindungen zu Rumänien zu kappen und eine Irredenta-Bewegungen nach einer künftigen Annexion Bessarabiens zu verhindern, begannen sowjetische Historiker, Ethnologen und Philologen, die Eigenständigkeit einer von der rumänischen Nation verschiedenen moldauischen Nation zu begründen. Die Rumänische Sprache wurde in „Moldauische Sprache“ umbenannt und später mit kyrillischen Buchstaben kodifiziert.

Laut der sowjetischen Volkszählung von 1926 betrug die Bevölkerungszahl 572.339 Personen, darunter 172.419 Moldauer (30,1 Prozent), 277.515 Ukrainer (48,5 Prozent), 48.868 Russen (8,54 Prozent), 48.564 Juden (8,49 Prozent), 10.739 Deutsche (1,87 Prozent).

Rayon Gesamtbevölkerung Moldauer / in Prozent Ukrainer Russen Juden Polen Deutsche Bulgaren Andere Heutige Lokalisierung des Rajons
Dubăsari 42.609 28.559 .... 67,03 6.077 2.867 4.612 27 246 16 205 Republik Moldau - Transnistrien
Slobozia 37.617 24.341 .... 64,71 6.537 5.714 571 22 72 25 335 Republik Moldau - Transnistrien
Grigoriopol 30.094 13.744 .... 45,67 4.629 3.851 1.114 33 6.315 21 387 Republik Moldau - Transnistrien
Camenca 39.169 15.038 .... 38,39 18.263 424 4.172 952 215 4 86 Republik Moldau - Transnistrien
Rîbniţa 47.731 17.023 .... 35,66 23.064 1.809 4.422 1.138 28 15 232 Republik Moldau - Transnistrien
Ananiev 62.289 21.005 .... 33,72 32.224 2.136 6.406 164 122 8 227 Ukraine - Oblast Odessa
Birzula 57.823 18.521 .... 32,03 30.717 3.804 2.978 710 446 19 628 Ukraine - Oblast Odessa
Tiraspol 64.750 16.845 .... 26,02 12.627 21.205 6.608 147 1.020 5.862 436 Republik Moldau - Transnistrien
Cruteni 50.913 8.592 ...... 16,88 36.518 402 4.601 481 118 5 196 Ukraine - Oblast Odessa
Ocna Roşie 41.249 6.472 ...... 15,69 27.203 2.161 2.718 341 2.118 19 217 Ukraine - Oblast Odessa
Balta 75.061 1.895 ........ 2,52 70.830 316 1.246 485 17 4 268 Ukraine - Oblast Odessa
Balta (Stadt) 23.034 369 ........... 1,60 8.826 4.182 9.116 353 22 28 138 Ukraine - Oblast Odessa

Die 172.400 Moldauer, die in der MASSR lebten, waren 66,87 Prozent der insgesamt 257.800 Moldauer, die damals in der Ukraine lebten. In den Rajonen, mit denen 1940 die Moldauische Sowjetrepublik gegründet wurde (heute Transnistrien), betrug der Anteil der Moldauer 44,1 Prozent, während die Rajone, die 1940 dem Oblast Odessa angegliedert wurden, einen Anteil von nur 18,3 Prozent Moldauer hatten.

Politische Führung

Erster Vorsitzender des Revolutionskomitees bzw. Zentralen Exekutivkomitees der ASSR (1924-1926) sowie Vorsitzender des regionalen Rates der Volkskommissare (1926-1928 und 1932-1937) wurde Grigori Borissow (1880-1937).

Nach Borisows Tod blieb die ASSR faktisch führungslos, bis 1938 Tichon Konstantinow (1898-1957) Vorsitzender des Zentralen Exektivkomitees und Fjodor Browko (1904-1960) Vorsitzender des Rates der Volkskomissare bzw. Vorsitzender des Revolutionskomitees wurde.[1]

Umwandlung

Nachdem die Sowjetunion 1940 Bessarabien durch militärische Besetzung in Übereinstimmung mit dem Hitler-Stalin-Pakt eingenommen hatte, wurde die ASSR am 2. August 1940 geteilt und aufgelöst. Transnistrien wurde mit Bessarabien zusammengeschlossen und zur eigenständigen Moldauischen SSR erhoben. Balta und Kotowsk fielen direkt an die Ukraine, die damit 60 Prozent des Gebietes der ehemaligen ASSR erhielt. Browko wurde Vorsitzender des Präsidiums des Obersten Sowjets der neu entstandenen Sowjetrepublik, Konstantinow rückte als Vorsitzender des Rates der Volkskommissare nach.

1941 besetzten rumänische Truppen erneut Bessarabien sowie das Territorium der einstigen ASSR einschließlich des gesamten übrigen Transnistria-Gebietes im Rahmen des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion. Doch bei der sowjetischen Sommeroffensive von 1944 gelangte das Gebiet wieder unter sowjetische Herrschaft.

Literatur

  • Erhard Stölting: Eine Weltmacht zerbricht, Nationalitäten und Religionen der UdSSR., Frankfurt 1990.
  • A.M. Samsonow: Geschichte der UdSSR, Band 1., Berlin 1977.

Weblinks

  1. http://www.worldstatesmen.org/Moldova.htm#Moldavian%20Soviet%20Socialist%20Republic

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