Moers Festival

Moers Festival
1978 fand das Internationale New Jazz Festival Moers noch unter freiem Himmel statt. David Friedman am Vibraphon.

Das Moers Festival ist ein internationales Musikfestival in Moers am Niederrhein (Nordrhein-Westfalen). Es fand von 1972 bis 2010 an vier Tagen zu Pfingsten statt und wurde wegen städtischer Sparmaßnahmen ab 2011 auf drei Tage gekürzt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Internationales New Jazz Festival Moers (1972–2005)

Festivalzelt, 2004
Ned Rothenberg Sextett, 2004
mœrs festival, 2010

Burkhard Hennen organisierte 1972 als künstlerischer Leiter das Internationale New Jazz Festival Moers mit Unterstützung von Kulturvertretern der Stadt Moers. Das Free-Jazz-Festival etablierte sich schnell in der nationalen und internationalen Szene der freien Jazzmusik.

In den ersten Jahren war der Schlosshof des Moerser Schlosses der Spielort für die Künstler. Dann verlagerte man 1975 das Festival in den nahe gelegenen Freizeitpark, da die Konzerte immer mehr Besucher anzogen. Nach einigen Jahren unter freiem Himmel mit vielen Regengüssen wurde das Jazzfestival von 1983 bis 1986 in die Moerser Eissporthalle verlegt, seit 1987 findet das Festival im größten Zirkuszelt Europas wieder im Moerser Freizeitpark statt. Hennen erweiterte 1979 das Festival an den Vormittagen mit „Projekten“, bei denen Musiker verschiedener Gruppen zusammen improvisierten.

Ab 1979 zeichnete das WDR-Fernsehen das Festival regelmäßig auf und erweiterte später die Zusammenarbeit mit Radioübertragungen und -aufzeichnungen in den Sendern WDR 3 und WDR 5. Im Jahr 2002 drängte die Programmdirektion des WDR auf ein Mitspracherecht bei der Programmgestaltung. Da der WDR sich schon zuvor zunehmend aus der Fernsehaufzeichnung zurückgezogen hatte und die morgendlichen Improvisations-Projekte für „nicht sendefähig“ hielt, war für Hennen das Maß voll und er kündigte den Vertrag mit dem Sender auf.[1] Der öffentlich-rechtliche Radiosender NPS der nahe gelegenen Niederlande überträgt seit 2001 Live-Konzerte.[2]

1985 führte Hennen eine weitere Reihe in das Festival ein, die African Dance Night, die sich nicht nur einem neuen Musikspektrum öffnete, sondern auch zu einem attraktiven Angebot für Nicht-Jazzfans aus der Region wurde. Afrikanische Superstars wie Mori Kante, Salif Keïta, Cheb Mami oder Youssou N’Dour traten auf und brachten das Publikum zum Tanzen. Diese Veranstaltung wurde in der Moerser Eissporthalle durchgeführt, zuletzt im Jahre 2005.[3]

Im Laufe der Zeit erweiterte sich der Musikcharakter des Festivals vom reinen, freien Jazz über Weltmusik bis hin zu den Grenzgängern populärer Musik heute wie Soul, Funk, Hiphop. Das Verständnis der Festivalmacher von Freier Musik entwickelte und differenzierte sich beständig, experimentelle und improvisierte Musik entdeckten und präsentierten sie zunehmend auch in den Musikstilen anderer Ethnien: „das jazz-typische Phänomen der Improvisation [wird] seit Jahrhunderten auch in anderen Musik-Kulturen ... gepflegt“.[4] Einige Musikkritiker sahen darin eine Auflösung des Jazz, andere begrüßten diese Entwicklung. Die Liste der hochkarätigen Musiker, die im Laufe der Jahre auf dem Festival aufgetreten sind, ist lang. Unter anderem spielten Cecil Taylor, Lester Bowie, Anthony Braxton, Peter Brötzmann, John Carter, Archie Shepp, Sun Ra, Art Ensemble of Chicago, Mars Williams, Shibusa Shirazu, Jamaaladeen Tacuma, Ornette Coleman, um nur einige Musiker zu nennen.

mœrs festival (ab 2006)

Nach 34 Jahren gab Burkhard Hennen im Jahr 2005 die künstlerische Leitung des Festivals auf wegen weiterer Querelen mit der Moerser Stadtverwaltung.[5] Als neuer künstlerischer Leiter wurde Reiner Michalke durch die neu gegründete „Festival Moers Kultur GmbH“ eingesetzt. Seit 2006 trägt es die Wortmarke mœrs festival. Mit dem Wechsel des Veranstalters wurde ab 2006 die eintägige African Dance Night durch nächtliche Projekte rund um das Festivalgelände und in der Innenstadt abgelöst.

Der knappe Finanzetat der Stadt wurde im Mai 2010 zum Anlass genommen, erneut alle Bestandteile des Festivals radikal in Zweifel zu ziehen. So wurde erwogen, ab 2011 alle Camper an der Finanzierung zu beteiligen oder den Pfingstmontag zu streichen.[6] Aufsichtsratsmitglieder der 2005 gegründeten Festival Moers Kultur GmbH wollen auch den neuen künstlerischen Leiter Reiner Michalke ablösen: „Teile der politischen Elite von Moers hoffen auf eine Abschaffung des Festivals".[7] Im Sommer 2010 beschloss der Moerser Stadtrat eine Streichung des Pfingstmontages als Veranstaltungstag.[8] Zusätzlich wird seit 2011 eine Gebühr für die Übernachtung im Zelt von den Besuchern verlangt, die keine gültige Eintrittskarte für das Konzertzelt vorweisen können.[9]

Literatur

Filme

  • Moers Festival 2006. Musikdokumentation, Deutschland, 2006, 90 Min., Produktion: WDR, Reihe: Rockpalast, Erstsendung: 16. Juli 2006, Inhaltsangabe vom WDR.
    Ein Jahr nach dem Rücktritt des Gründers Burkhard Hennen machte der WDR-Rockpalast die erste Dokumentation über das Festival.
  • moers festival 2009. Rau, schnell, bunt – eine Festivalcollage. Festival-Dokumentation, Deutschland, 2009, 30 Min., Produktion: Kunsthochschule für Medien Köln (KHM), Online-Video.
  • moers festival 2010 - a shortcut. Festival-Dokumentation, Deutschland, 2010, 26 Min., Produktion: KHM, Online-Video.
  • moers festival 2011. Festival-Dokumentation, Deutschland, 2011, 29 Min., Produktion: KHM, Online-Video.

Weblinks

 Commons: Moers Festival – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien
Festivalberichte

Einzelnachweise

  1. Stefan Pieper: Moers-Festival ohne WDR. Aufbruch am Niederrhein mit neuen Akzenten. In: JazzZeitung, 2003, Nr. 6, S. 10.
  2. Archiv der NPS.
  3. Plakat der letzten African Dance Night 2005, (archiviert auf archive.org; PDF-Datei).
  4. Burkhard Hennen: Moers 1994, in: Programmheft, Pfingsten, 20.-23. Mai 1994, S. 3
  5. 34. MoersFestival. Eine Ära geht zu Ende. (PDF-Datei), ExtraBlatt, Pfingsten 2005, archiviert.
  6. Michael Passon, Thomas Wittenschlaeger: Offene Fragen und Vorwürfe vor Moers-Festival. In: WAZ Online, 19. Mai 2010.
  7. Wolf Kampmann: 39. Moerser Musikfestival. Alles wieder offen. In: Frankfurter Rundschau, 28. Mai 2010.
  8. Heribert Brinkmann: Rot-gelb-grünes Sparen. In: Rheinische Post, 24. Juni 2010.
  9. http://www.moers-festival.de/besucherinfos/uebernachten.html

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