Modifikation (Biologie)

Modifikation (Biologie)

Eine Modifikation ist eine durch Umweltfaktoren hervorgerufene Veränderung des Phänotyps, des Erscheinungsbildes eines Lebewesens.[1] Dabei werden die Gene nicht beeinflusst, das bedeutet, dass eine Modifikation – anders als eine Veränderung durch Mutation – nicht vererbbar ist.

Inhaltsverzeichnis

Modifikabilität

Bei der Vererbung werden die Erbanlagen der Eltern an ihre Nachkommen weiter gegeben. Deshalb könnte man erwarten, dass sich die Lebewesen gleichen Erbgutes in allen Merkmalen gleichen. Dies ist jedoch nicht der Fall.

Die Gründe für diese Modifikabilität kann man zum Beispiel an Kulturpflanzen erkennen. Der Ertrag dieser Pflanzen hängt nicht nur von der Qualität des Saatgutes ab, sondern auch von Faktoren wie der Bodenbeschaffenheit, dem Nährstoffgehalt der Erde und der Besamung. Niederschlag und Temperatur sowie die Behinderung durch andere Pflanzen spielen auch eine große Rolle.

Beispiele

Eine Pflanze, die zwischen Felsspalten auf 1500 m Höhe wächst, wächst weniger hoch, als eine Pflanze derselben Art, die 500 Höhenmeter niedriger auf fruchtbarem Boden wächst.

Löwenzahn

Folgendes Beispiel erläutert die Modifikabilität sehr anschaulich: Wenn man eine junge Löwenzahnpflanze (Taraxacum) im Längsschnitt halbiert und eine Hälfte auf Meereshöhe, die andere im Gebirge anpflanzt, kann man beobachten, wie sich die beiden erbgleichen Pflanzen verschieden entwickeln[2]. Obwohl der Genotyp derselbe ist, hat sich der Phänotyp durch äußere Umwelteinflüsse verändert, beide Pflanzen passen sich an ihre jeweilige Umgebung an. Entdeckt wurde dies von dem französischen Botaniker Gaston Bonnier (1853-1922). Diese Modifikation geschieht durch die Aktivierung verschiedener Gene, die zwar alle in beiden Pflanzen vorhanden sind, die aber – je nach durch Umwelteinflüsse beeinflusstem physiologischen Zustand – aktiviert oder deaktiviert werden.

Generell gilt:

  • Talform: längere Stängel + größere Blätter + normal ausgebildete Pfahlwurzel
  • Bergform: kürzere Stängel + kleinere Blätter + tiefreichende, kräftige Pfahlwurzel

Pantoffeltierchen

Eine Pantoffeltierchenpopulation lebt in einem Aquarium. In dem Versuch, in dem die Population nur aus einem einzigen Pantoffeltierchen (Paramecium) entwickelt wurde, besitzen alle Individuen der Nachkommenschaft das gleiche Erbgut, da Pantoffeltierchen sich durch mitotische Teilungen vermehren. Bestimmt man nun die Länge der einzelnen Individuen dieser Nachkommenschaft, so erhält man trotz des gleichen Genotyps aller Individuen erhebliche Unterschiede. In diesen Aquarium herrschen wachstumshemmende und wachstumsfördernde Umwelteinflüsse. Die auftretenden Extremwerte erklären sich dadurch, dass die besonders großen bzw. kleinen Pantoffeltierchen entweder nur wachstumshemmenden (Größe ca. 136µm) oder nur wachstumsfördernden Umwelteinflüssen (Größe ca. 200µm) ausgesetzt sind. Da jedoch die meisten Individuen sowohl günstigen als auch ungünstigen Faktoren unterliegen, sind die Tiere mittlerer Länge am häufigsten. Wachstumsfördernde Faktoren sind unter anderem gedämpftes Licht, eine gleichbleibende Temperatur und ein pH-Wert von 7-8, wachstumshemmende Faktoren sind u.a. grelles Licht und ein niedriger Sauerstoffgehalt. Dieser Versuch zeigt, dass die Modifikationsbreite genetisch festgelegt ist, d. h., eine Körperlänge von 136 µm bis zu 200 µm. Diesen erblich festgelegten Bereich bezeichnet man auch als Reaktionsnorm. Wählt man nun das kleinste bzw. das größte Individuum als Ausgangstierchen für eine neue Population aus, so erhält man unabhängig von dessen Größe in der Nachkommenschaft wieder dieselbe Verteilung der Zellgrößen.

Mensch

Auch beim Menschen gibt es Modifikationen des Phänotyps. So kann erblich festgelegte Hautfarbe durch UV-Strahlen verändert werden, oder die Muskelkraft eines Körpers kann durch Training verbessert oder durch Trägheit verringert werden.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Harald Gärtner: Handbuch Biologie: Grundwissen und Gesetze. Compact Verlag, 2008, ISBN 978-3817477500, S. 100.
  2. Reiner Kleinert, Wolfgang Ruppert, Franz X. Stratil: Biologie Oberstufe. Genetik. Mentor-Verlag, 2010, ISBN 978-3580656980, S. 12

Weblinks


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