Mittelpunkt Europas

Mittelpunkt Europas

Mehrere Landstriche beziehungsweise Ortschaften betrachten sich als geografischen Mittelpunkt Europas. Da es verschiedene Verfahren zur Berechnung des Mittelpunktes gibt, beanspruchen mehrere Orte den Titel für sich; außerdem sind die Grenzen Europas zu Asien hin nicht eindeutig festgelegt. Es handelt sich hierbei eher um Kuriositäten von touristischer und ggf. politischer Relevanz als um ernsthafte Wissenschaft.

Inhaltsverzeichnis

Historische Berechnungen

Bereits 1775 berechnete der polnische Kartograf und Astronom Szymon Antoni Sobiekrajski das Städtchen Suchowola in Polen als den geographischen Mittelpunkt Europas.

Neualbenreuth mit dem Tillen (Dyleň) im Hintergrund, der einst als Mittelpunkt Europas errechnet wurde

Österreichische Geographen zur Zeit der k.u.k. Monarchie haben den 939 Meter hohen Tillenberg (Dyleň) in der Nähe der böhmischen Stadt Eger (Cheb) in Tschechien als den geographischen Mittelpunkt Europas errechnet. Sie dokumentierten dies damals auf einer Kupferplatte, die sie auf dem Gipfel anbrachten. Die nahegelegene deutsche Ortschaft Neualbenreuth nutzt diese Gegebenheit noch heute für ihre Fremdenverkehrswerbung.

Da es auch noch andere Ortschaften gab, die sich diese Eigenschaft zusprachen, ließen Redakteure der Sendung „Bayern, wo’s kaum einer kennt“ des Bayerischen Rundfunks den Mittelpunkt Europas vor Jahren neu vermessen. Das Institut für Geographie der Universität München, das den Auftrag ausführte, kam zu dem Ergebnis, dass der Mittelpunkt etwas südlicher, und zwar in Hildweinsreuth bei Flossenbürg in Deutschland in der Nördlichen Oberpfalz zu suchen ist.

Geographischer Mittelpunkt Europas bei Rachiw, Ukraine.

Eine Stelle nahe Rachiw in der Ukraine mit den Koordinaten 47° 57′ 46″ N, 24° 11′ 14″ O47.96290833333324.187333333333 wurde 1887, als die Region ein Teil der k.u.k.-Monarchie war, als geographisches Zentrum Europas berechnet. Wegen des Baues der Eisenbahnlinie Rachiw–Sighetu Marmației (ungarisch: Máramarossziget) wurden damals Vermessungsarbeiten durchgeführt. Im Verlauf dieser Arbeiten stellten die Ingenieure fest, den geografischen Mittelpunkt Europas eingemessen zu haben. Nach gründlicher Überprüfung bestätigten Wiener Wissenschaftler diese These. 1887 wurde ein 2 m hohes geodätisches Denkmal aus Beton errichtet, welches im Original bis heute erhalten ist. Die Stelle ist mit einer Gedenktafel mit lateinischer Inschrift gekennzeichnet:

Locus Perennis Dilicentissime cum libella librationis quae est in Austria et Hungaria confectacum mensura gradum meridionalium et paralleloumierum Europeum. MD CCC LXXXVII.

Der Ort wird touristisch genutzt.

Weitere Kandidaten für den Mittelpunkt Europas sind die Orte Kremnické Bane oder Krahule bei der Stadt Kremnica in der Mittelslowakei, sowie ein Denkmal nordöstlich von České Budějovice in Tschechien.

Aktuelle Berechnungen

Mittelpunkt Europas in Litauen nördlich von Vilnius

Geografen des Institut Géographique National, des nationalen Geografieinstituts Frankreichs, errechneten 1989 den geografischen Mittelpunkt Europas als Masseschwerpunkt und ermittelten eine Stelle im Dorf Purnuškės etwas nördlich von Vilnius in Litauen mit den Koordinaten 54° 54′ 0″ N, 25° 19′ 0″ O54.925.316666666667.

Mitte der Europäischen Union

Seit der zweiten EU-Osterweiterung 2007 liegt der Mittelpunkt der Europäischen Union in der hessischen Stadt Gelnhausen in Deutschland, im Stadtteil Meerholz. Das Institut Géographique National hat die genauen Koordinaten 50° 10′ 21″ N, 9° 9′ 0″ O50.17259.15 berechnet.[1][2]

Eine drei Tonnen schwere Skulptur aus rotem Sandstein markiert den geographischen Mittelpunkt der Europäischen Union in Gelnhausen-Meerholz. Sieben Künstler aus der Region haben das Objekt gemeinsam entworfen. Herzstück der Skulptur auf einem Kornfeld am Rande von Meerholz ist ein Hohlkörper aus rotem Sandstein. Dort wurden nach und nach Sand und Erde aus den 27 Mitgliedstaaten der EU eingefüllt. Zur rund einstündigen Eröffnungsfeier mit 300 Gästen brachte der hessische Europaminister Volker Hoff (CDU) Erde aus dem Mitgliedstaat Ungarn mit. Ein Messingdeckel mit einer eingravierten Friedenstaube verschließt die Skulptur. 26 in den Stein gehauene Linien zeigen den Besuchern, in welchen Himmelsrichtungen die anderen EU-Länder liegen. Auf einem Metallreifen, der seitlich am Stein befestigt ist, sind die Länderkennzeichen der EU-Mitgliedsstaaten zu lesen.[3] [4]

Historische Mittelpunkte der Europäischen Union

Zwischen 1995 und 2004 lag der Mittelpunkt der Union nach Berechnungen desselben Instituts in der Nähe der belgischen Ortschaft Viroinval (50° 0′ 33″ N, 4° 39′ 59″ O50.0091666666674.6663888888889);nach der ersten EU-Erweiterung 2004 bei den Koordinaten 50° 31′ 31″ N, 7° 35′ 50″ O50.5252777777787.5972222222222 nahe Kleinmaischeid bei Neuwied[5] in Deutschland.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Le nouveau centre de l’Europe. In: IGN. 4. Januar 2007, abgerufen am 2. März 2007.
  2. Neuer Mittelpunkt der EU liegt in Südosthessen. In: Rhein-Zeitung. 3. Januar 2007, abgerufen am 4. Januar 2007.
  3. [1] Manager-Magazin, Artikel vom 9. Juli 2007
  4. [2] Main-Kinzig-Kreis, Artikel vom 27. November 2007
  5. Le centre géographique de l’Europe des 25 calculé par l’Institut Géographique National. Abgerufen am 3. Januar 2007.

Weblinks

 Commons: Geographical centre of Europe – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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