Archiv von Simancas

Archiv von Simancas

Das Archivo General de Simancas ist das ehemalige Königliche Spanische Generalarchiv und sammelt Dokumente von der Zeit des Aufstiegs der Katholischen Könige bis zum Niedergang des Ancien Régime. Es ist in einem Kastell im Ort Simancas der Provinz Valladolid in Spanien untergebracht und gilt neben dem Vatikanischen Geheimarchiv als bedeutendstes Archiv Europas überhaupt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Ursprünge des Gebäudes reichen in die Zeit der Katholischen Könige zurück: Um 1465 hatte eine Adelsfamilie, die gegen die kastilischen Könige rebellierte - die Familie Enríquez, Admirale von Kastilien - das Dorf Simancas eingenommen und dort über den Ruinen einer maurischen Festung ein Kastell errichtet. Als Ferdinand und Isabella ihre Macht ausbauen konnten, forderten sie 1490 als Zeichen der Unterwerfung von der Familie die Übergabe dieses Kastells an die kastilische Krone.

Kastell von Simancas

1540 beschloss Karl V., dieses Kastell zu nutzen, um dort die wichtigsten königlichen Dokumente - diese waren bis dahin mit dem reisenden Hofstaat mitgeführt worden - dauerhaft aufzubewahren. Zunächst wurde dazu nur ein Teil des Kastells, nämlich das Erdgeschoss des Nordturms, als Archiv genutzt, das übrige Kastell diente als Schatzkammer, Waffenkammer und Gefängnis weiterhin militärischen Zwecken.

Im Jahre 1574 - wohl vor dem Hintergrund des sich immer weiter ausdehnenden spanischen Kolonialreichs und der zunehmenden Bedeutung schriftlicher Dokumente - begann Phillip II. dann, das Archiv auf das gesamte Kastell auszudehnen. Mit den erforderlichen Um- und Ausbauten beauftragte er den Baumeister Juan de Herrera, Architekt des Escorial und der Casa Lonja de Mercaderes in Sevilla. Dieser gestaltete das Innere des Gebäudes völlig neu, lediglich das Äußere des Gebäudes wahrte den Festungscharakter. Damit zählt das Archiv von Simancas zu den ersten Archiven des christlichen Abendlandes, für die eigens ein Gebäude geschaffen wurde.

Im Jahre 1588 folgte dann ein erstes Regelwerk, in dem der spanische Monarch die Art und Weise, wie die Dokumente archiviert werden sollten, aber auch den Zweck, dem das Archiv dienen sollte, ausformulierte. Es gilt Fachleuten als das erste seiner Art überhaupt.

Bis auf eine kurze Unterbrechung während der Napoleonischen Kriege wurde das Archiv bis 1844 aktiv genutzt. Dann wurde es von dem neu gegründeten Nationalarchiv in Alcalá de Henares abgelöst und in ein historischen Archiv umgewandelt.

Der Bestand

In dem Archiv werden alle Dokumente der verschiedenen zentralen Verwaltungsorgane der spanischen Monarchie gesammelt, für das spanische Kolonialreich also die Dokumente der verschiedenen Räte (Consejos), für das bourbonische Spanien die Dokumente der neu gegründeten Ministerien (Secretarías).

Mehrmals wurden im Laufe der Geschichte Teile der Bestände ausgelagert: So wurden 1785 unter Karl III. die Dokumente der Casa de Contratación geschlossen in das eigens zu diesem Zweck gegründete Archivo General de Indias in Sevilla überführt, Mitte des 18. Jahrhunderts dann alle Dokumente des Consejo de Aragón in das 1738 gegründete Archivo de la Corona de Aragón und im 19. Jahrhundert schließlich alle Dokumente der Consejo de Inquisición in das Archivo Histórico Nacional.

Ein Großteil der im Archiv von Simancas aufbewahrten Dokumente regelten wirtschaftliche Angelegenheiten. Hier findet sich aber auch etwa die Kapitulationsurkunde von Boabdil, dem letzten Sultan von Granada.

Heute

Heute beherbergt das Archiv ca. 75.000 Bestandseinheiten auf 12 Regalkilometern. Eine Digitalisierung der Dokumente wurde in Angriff genommen.

Besonderheiten

Von 1512 - das Jahr, in dem das Archiv gegründet wurde - bis 1811 gehörten alle Archivare ohne Unterbrechung dem Hause Ayala an.

Weblinks

Website des Archivo General de Simancas (spanisch)


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