Miguel Serrano

Miguel Serrano

Miguel Serrano (Miguel Joaquín Diego del Carmen Serrano Fernández; * 10. September 1917 in Santiago de Chile; † 28. Februar 2009 ebenda) war ein chilenischer Diplomat, der als Propagandeur eines „esoterischen Hitlerismus“ sowie als Antisemit und Holocaustleugner bekannt wurde.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Miguel Serrano stammt mütterlicherseits aus dem gräflichen Geschlecht de la Sierra Bella; aus der Familie seines Vaters gingen bekannte Dichter, politische Idealisten und Diplomaten. Seine Mutter starb, als er fünf Jahre alt war; drei Jahre später verlor er auch seinen Vater. Er lebte dann bei der Mutter seines Vaters in Santiago sowie einem Landherrenhaus im Clarotal am Fuß der Anden. 1929 bis 1934 besuchte er das Internado Nacional Barros Arana, das gute Beziehungen zu Deutschland unterhielt.[1]

Nachdem ein Freund bei einer Schlägerei mit chilenischen Nacistas getötet worden war, begann er, für linksgerichtete Zeitschriften zu schreiben, lehnte jedoch bald marxistische Lehren und kommunistische Realpolitik ab. Nach dem gescheiterten Staatsstreich der Nacistas am 5. September 1938 überwog für ihn deren Aura eines „heroischen Märtyrertums“. Er sympathisierte mit dem Movimento National Socialista de Chile, schrieb Artikel für die Parteizeitung und begleitete den „Führer“ des Movimento auf Propagandareisen.[2]

Nach dem Krieg gehörte er zunächst dem chilenischen diplomatischen Corps in Indien an. Von 1962 bis 1964 war er Botschafter Chiles in Jugoslawien, von 1964 bis 1970 in Österreich, wo er als Botschafter bei der Internationalen Atomenergiebehörde und bei der UNIDO (United Nations Industrial Development Organization) arbeitete, bis er von der Regierung unter Salvador Allende abgelöst wurde.

Esoterischer Hitlerismus

1941 war Serrano in den Esoterikorden Hugo Gallos eingetreten, der rituelle Magie sowie tantrisches und Kundalini-Yoga praktizierte. Die yogische Erfahrung des Aufsteigens setzte Gallo in Beziehung zu Nietzsches Willen zur Macht; er sah Adolf Hitler als ein Wesen höchster Willenskraft und Eingeweihten vedisch-arischer Lehren.

Nach Kriegsende ging Serrano davon aus, dass Hitler nicht tot, sondern im Kälteschlaf sei und unternahm 1947 und 1948 zwei Expeditionen in die Antarktis, um ihn zu finden.[3]

Später trat Serrano wenig mit rechtsesoterischen Gedanken hervor, wandte sich aber nach seiner Entlassung aus dem diplomatischen Dienst erneut dem Nazismus zu, begründete seinen „esoterischen Hitlerismus“ und war lange Vorsitzender der Nationalsozialistischen Partei Chiles. Er nahm C. G. Jung „wörtlicher, als dieser sich selbst nimmt“ und sah in den Archetypen Götter, die über ihre Rassen regierten. Er interpretierte das kollektive Unbewusste biologistisch-rassistisch als „Gedächtnis des arischen Blutes“. Der arische Archetyp habe Hitler als Medium der Einwirkung auf die Welt erkannt. Serrano bezeichnete Adolf Hitler als „Messias“ und übernahm Savitri Devis Phantasie von Hitler als Avatar Vishnus, Shivas oder Wotans; sein Ziel sei gewesen, die verlorene Göttlichkeit der Arier wiederherzustellen.[4]

In Adolf Hitler, Der letzte Avatar (1984) erzählt Serrano außerdem eine Kosmologie von Göttern, die am Rand der Galaxie, außerhalb unter der Schwarzen Sonne, oder jenseits von Zeit und Raum im Grünen Strahl leben, über die Macht des Vril und das Dritte Auge verfügen. Der Gnosis der Katharer entnahm er unter anderem die manichäisch-dualistische Vorstellung eines rebellischen Demiurgen, der eine mindere Art von Schöpfung aus Materie formte. Wie diese identifizierte er ihn mit Jehova, dem Gott des Alten Testaments. Einige der Götter stiegen darauf hin in die materielle Welt herab und siedelten auf Hyperborea, einem ringförmigen Kontinent um den Nordpol. Um Erde und Natur zu vergeistigen, ordneten sie die vom Demiurgen erschaffenen, farbigen Rassen in ein festes Kastensystem ein. Mit der Vermischung einiger Gott-Menschen mit „Tier-Menschen“ begann jedoch ein Kreislauf zunächst des Verfalls des hyperboreischen Goldenen Zeitalters, bis hin zum Kaliyuga der Moderne. Serrano lehnte Christentum, Aufklärung und Rationalismus ab. Er sah die Moderne durch einen abstrakten, mechanistischen „jüdischen Geist“ geprägt, der zur Zersprengung eines „einheitliche[n] arischen Universum[s]“ (Julius Evola) führe, besonders durch eine Reduktion aller Existenz auf subatomare Teilchen und Mathematik. Treibende Kraft diese Zyklus der Zeitalter seien Verschwörung und Krieg: mythologische Kriege wie auch der Zweite Weltkrieg seien Strafaktionen gegen diejenigen, die ihr göttliches Blut verunreinigt hätten. Hitlers Ziel als Avatar sei es gewesen, ein neues Goldenes Zeitalter herbeizuführen.[5]

So konnte Serrano die Niederlage des Dritten Reichs nicht akzeptieren. Er behauptete, Hitler sei im Inneren der hohlen Erde noch am Leben und plane, mit Hilfe von hochentwickelten Flugscheiben das Dritte Reich zu vollenden. Auch ließ er ihn auf seiner Flucht Station in warmen Oasen der Antarktis machen, bevor er wahrscheinlich in seine archetypische Heimat unter der Schwarzen Sonne zurückgekehrt sei. Alternativ spekulierte er über Paralleluniversen und „astrale Wurmlöcher“.[6]

Serrano verehrte die SS als esoterischen Orden, der auf der Suche nach dem Heiligen Gral des hyperboreischen Blutes gewesen sei. Er habe auf der Wewelsburg Yoga und geheime Riten praktiziert, um das Arier-Gedächtnis wiederherzustellen und eine „Große Transmutation“ in Gott-Menschen zu erreichen. Serrano leugnete die SS-Morde und den Holocaust als rein symbolisch. Die Zahl 6 sei ein Archetyp des jüdischen kollektiven Unbewussten und die Opferzahl von 6 Millionen eine Erfindung, deren Wurzeln in einer „kabbalistischen Weltverschwörung Jehovas“ lägen. Bereits 1941 hatte er - nach Lektüre der Protokolle der Weisen von Zion - ähnliche Verschwörungstheorien verfochten und den Zionismus als besonderen Gegner betrachtet.[7]

Er unterhielt weltweite Kontakte zu Alt- und Neofaschisten wie Léon Degrelle, Otto Skorzeny, Hans-Ulrich Rudel, Hanna Reitsch, Matt Koehl und Florentine Rost van Tonningen.[8]

Serranos Ideen und Schlussfolgerungen werden in esoterischen Gruppen nur selten geteilt und wurden auch bei Alt-Nationalsozialisten meist für Phantasterei gehalten. Bei jüngeren Neonazis kommt es jedoch gut an, dass er die Wirklichkeit des Dritten Reichs zugunsten seiner Mythologie ausblendet. Er ist somit im Randbereich rechter Esoterik einflussreich, traf etwa Julius Evola und den greisen Herman Wirth. Auch erschienen Übersetzungen in rechtsextremen Verlagen wie der odinistischen 14 Word Press, und Serrano wird in der Untergrundliteratur des Black Order hervorgehoben.[9]

Veröffentlichungen in deutscher Übersetzung

  • Die Besuche der Königin von Saba. (1960) Aurum-Verlag, Freiburg 1980, ISBN 3-591-08154-X
  • Meine Begegnungen mit C. G. Jung und Hermann Hesse in visionärer Schau. (1965) Rascher, Zürich/Stuttgart 1968; Daimon-Verlag, Einsiedeln 1997, ISBN 3-85630-559-9
  • Auf der Suche nach der verborgenen Blume. Eine südamerikanische Legende. (1969) Sphinx-Verlag, Basel 1984, ISBN 3-85914-323-9
  • El – ella. Das Buch der Magischen Liebe. (1972) Sphinx-Verlag, Basel 1982, ISBN 3-85914-311-5
  • Adolf Hitler - Der letzte Avatar. (1984) - Alfabeta Impresores, Santiago/Chile 2004 - Vergriffen - Digitale Ausgabe: http://fa.hole.ru/MiguelSerrano-Hitler-DerLetzteAvatar.pdf

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Nicholas Goodrick-Clarke: Im Schatten der Schwarzen Sonne. Arische Kulte, Esoterischer Nationalsozialismus und die Politik der Abgrenzung. Marix Verlag, Wiesbaden 2009, ISBN 978-3-86539-185-8, S. 368f. Original Black Sun, 2002.
  2. Nicholas Goodrick-Clarke: Im Schatten der Schwarzen Sonne., a.a.O., S. 367-371.
  3. J. Körber in der Jungle World
  4. Nicholas Goodrick-Clarke: Im Schatten der Schwarzen Sonne., a.a.O., S. 371-378.
  5. Nicholas Goodrick-Clarke: Im Schatten der Schwarzen Sonne., a.a.O., S. 378-392.
  6. Nicholas Goodrick-Clarke: Im Schatten der Schwarzen Sonne., a.a.O., S. 392-393.
  7. Nicholas Goodrick-Clarke: Im Schatten der Schwarzen Sonne., a.a.O., S. 386-392, 394f.
  8. Nicholas Goodrick-Clarke: Im Schatten der Schwarzen Sonne., a.a.O., S. 394-396.
  9. Nicholas Goodrick-Clarke: Im Schatten der Schwarzen Sonne., a.a.O., S. 367, 394-397.

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