Meßproblem

Meßproblem
Eine Konsequenz der Quantenmechanik: Dichten der Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Elektrons im Wasserstoffatom in verschiedenen Zuständen.

Die Quantenmechanik, auch unscharf (neue) Quantentheorie oder „Quantenphysik“ genannt, ist eine physikalische Theorie, welche das Verhalten der Materie im atomaren und subatomaren Bereich beschreibt. Ihre grundlegenden Konzepte wurden im Zeitraum von 1925 bis 1935 von Werner Heisenberg, Erwin Schrödinger, Max Born, Pascual Jordan, Wolfgang Pauli, Niels Bohr, Paul Dirac, John von Neumann und weiteren Physikern erarbeitet.

Die Quantenmechanik ist eine der Hauptsäulen der modernen Physik und bildet die Grundlage für viele ihrer Teilgebiete, so z. B. für die Atomphysik, die Festkörperphysik und die Kern- und Elementarteilchenphysik, aber auch für verwandte Wissenschaften wie die Quantenchemie. Während sich die klassische Physik als ungeeignet zur Beschreibung der Eigenschaften sehr kleiner Systeme erwiesen hat, erlaubt die Quantenmechanik die sehr präzise Berechnung der physikalischen Eigenschaften von Atomen, Molekülen, Festkörpern und einfachen biologischen Systemen.[1] Ihre praktische Anwendbarkeit ist dabei nur durch die zu den erforderlichen Rechnungen verfügbare Rechnerleistung begrenzt.

Die Quantenmechanik unterscheidet sich nicht nur in ihrer mathematischen Struktur grundlegend von der klassischen Physik. Sie scheint auch einigen Prinzipien zu widersprechen, die in der klassischen Physik als fundamental und aus Sicht des Alltagsverstandes als selbstverständlich angesehen werden. Zur Deutung der Theorie wurde eine Reihe verschiedener Interpretationen entwickelt.

Dieser Artikel verzichtet weitgehend auf Formeln. Genauere Informationen zum mathematischen Formalismus finden sich im Artikel Mathematische Struktur der Quantenmechanik.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Hauptartikel: Quantenphysik

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts begann die Entwicklung der Quantenphysik zunächst mit den sogenannten alten Quantentheorien.[2] Diese erklärten allerdings immer nur einzelne Phänomene, konnten jedoch keinen Zusammenhang zwischen verschiedenen Experimenten herstellen. Sie beschrieben Phänomene in mikroskopischen Größenordnungen, bei denen bestimmte Größen wie Energie oder Drehimpuls nur bestimmte Werte annehmen konnten. Diese Beobachtung wurde als „Quantisierung“ der Größenwerte bezeichnet. Außerdem ließ sich das Verhalten einzelner Teilchen nicht eindeutig festlegen, sondern es konnten nur Wahrscheinlichkeiten für das Auftreten bestimmter Messwerte angegeben werden. Diese beiden Eigenschaften waren zentral bei der Entwicklung der Quantenmechanik.

Im Jahr 1924 veröffentlichte Louis de Broglie seine Theorie der Materiewellen, wonach jegliche Materie einen Wellencharakter aufweisen kann, und umgekehrt Wellen auch einen Teilchencharakter aufweisen können.[3] Diese Arbeit führte die Quantenphänomene auf eine gemeinsame Erklärung zurück, die jedoch wieder heuristischer Natur war und keine genauen Vorhersagen ermöglichte. Daher wird sie als letzte den alten Quantentheorien zugeordnet, war jedoch richtungsweisend für die Entwicklung der Quantenmechanik. De Broglies Theorie wurde drei Jahre später in zwei unabhängigen Experimenten bestätigt, welche die Beugung von Elektronen nachwiesen. Der britische Physiker George Paget Thomson leitete einen Elektronenstrahl durch einen dünnen Metallfilm und beobachtete die von de Broglie vorhergesagten Interferenzmuster.[4] In einem ähnlichen, bereits 1919 in den Bell Labs durchgeführten Experiment beobachteten Clinton Davisson und sein Assistent Lester Germer die Beugungsmuster eines an einem Nickel-Kristall reflektierten Elektronenstrahls. Die Erklärung gelang ihnen jedoch erst 1927 mit Hilfe der Wellentheorie De Broglies.[5]

Die moderne Quantenmechanik fand ihren Beginn im Jahr 1925 mit der Formulierung der Matrizenmechanik durch Werner Heisenberg, Max Born und Pascual Jordan.[6][7][8] Wenige Monate später stellte Erwin Schrödinger über einen völlig anderen Ansatz - ausgehend von De Broglies Theorie der Materiewellen - die Wellenmechanik bzw. die Schrödingergleichung auf.[9] Kurz darauf konnte Schrödinger nachweisen, dass sein Ansatz mit der Matrizenmechanik äquivalent ist.[10]

Heisenberg beschrieb seine Unschärferelation im Jahr 1927; im gleichen Jahr wurde auch die Kopenhagener Interpretation formuliert. In den Jahren ab etwa 1927 vereinigte Paul Dirac die Quantenmechanik mit der speziellen Relativitätstheorie. Er führte auch erstmals die Verwendung der Operator-Theorie inklusive der Bra-Ket-Notation ein und beschrieb diesen mathematischen Kalkül 1930 in seinem Buch Principles of Quantum Mechanics.[11] Zur gleichen Zeit formulierte John von Neumann die strenge mathematische Basis für die Quantenmechanik, wie z. B. die Theorie linearer Operatoren auf Hilberträumen, die er 1932 in seinem Buch Mathematische Grundlagen der Quantenmechanik beschrieb.[12] Der Ausdruck „Quantenphysik“ wurde erstmals 1931 in Max Plancks Buch The Universe in the Light of Modern Physics verwendet.[13] Die in dieser Aufbauphase formulierten Ergebnisse haben bis heute Bestand und werden allgemein zur Beschreibung quantenmechanischer Aufgabenstellungen verwendet.

Grundlegende Eigenschaften

Observable und Zustände

Im Rahmen der klassischen Mechanik ist der Zustand eines Teilchens durch seinen Ort und seine Geschwindigkeit eindeutig bestimmt. Der Zustand lässt sich also durch Größenwerte beschreiben, die wiederum mit eindeutigem Ergebnis gemessen werden können. Eine getrennte Behandlung des Zustandes und der Messgrößen (oder Observablen) ist damit in der klassischen Mechanik unnötig, weil der Zustand die Messwerte festlegt und umgekehrt.

In der Quantenmechanik ist jedoch im Allgemeinen nicht mehr eindeutig vorhersagbar, welchen genauen Ort und welche Geschwindigkeit eines Teilchens man messen wird. In mehreren Systemen, die exakte Kopien voneinander sind, ist es möglich, verschiedene Werte für Ort und Geschwindigkeit eines Teilchens zu messen. Es lassen sich also jedem Zustand für jede Observable nur noch Wahrscheinlichkeiten für alle Messwerte zuordnen. Daher werden in der Quantenmechanik Observablen und Zustände getrennt behandelt und es wird ein anderer Observablenbegriff verwendet als in der klassischen Mechanik.

Die Observablen beschreiben die messbaren Eigenschaften eines quantenmechanischen Systems. Beispiele für solche Observable sind der Ort eines Teilchens, sein Impuls oder sein Drehimpuls. Hierbei ist zu beachten, dass die Observable nicht ein mögliches Messergebnis beschreibt, sondern das Konzept der Messgröße als solches. Die Observable „Ort“ sagt also nicht, wo das Teilchen zum Messzeitpunkt ist (eine solche Angabe ist in der Regel gar nicht möglich), sondern beschreibt abstrakt die Eigenschaft des Teilchens, an verschiedenen Orten gefunden werden zu können.

Die möglichen Messergebnisse einer solchen Observablen werden als Eigenwerte dieser Observablen bezeichnet. Zu jedem dieser Eigenwerte gibt es bestimmte Systeme, die bei einer Messung immer diesen Eigenwert als Messwert liefern. In diesen Systemen ist der Messwert also wie in der klassischen Mechanik stets eindeutig durch einen zeitlich vorausliegenden Systemzustand bestimmt. Im Gegensatz zur klassischen Mechanik bezieht sich dies jedoch nur auf eine bestimmte Observable, während für andere Observablen das Messergebnis immer noch unbestimmt sein kann. Solche Zustände mit festen Messwerten bezüglich einer Observablen heißen Eigenzustände zum entsprechenden Eigenwert der Observablen.

Die Eigenzustände ermöglichen eine mathematische Beschreibung eines beliebigen Zustands, indem man diesen Zustand aus Eigenzuständen zusammensetzt. Man ordnet dabei jedem Eigenzustand eine Zahl zu, deren Betragsquadrat die Wahrscheinlichkeit angibt, den entsprechenden Eigenwert als Messwert für den Zustand zu erhalten (sogenannte Bornsche Regel, vgl. Bornsche Wahrscheinlichkeitsinterpretation).

Aufgrund letzterer Eigenschaft heißen diese Zahlen in der schrödingerschen Wellendarstellung Wahrscheinlichkeitsamplituden. Für den Ort als Observable liefert dies dann eine Beschreibung des Zustands als Funktion des Ortes, die als Wellenfunktion bezeichnet wird. Das Betragsquadrat des entsprechenden Funktionswerts dieser Wellenfunktion gibt nun die Aufenthaltswahrscheinlichkeit für ein Teilchen an einem bestimmten Ort an.

Deterministische Zeitentwicklung

Interferenzmuster von Elektronen nach Beugung am Doppelspalt.

Hauptartikel: Schrödingergleichung

Die Beschreibung der zeitlichen Entwicklung eines unbeobachteten Systems erfolgt in der Quantenmechanik analog zur klassischen Mechanik durch eine Bewegungsgleichung, die Schrödingergleichung. Durch Lösung dieser Differentialgleichung lässt sich berechnen, wie sich die Wellenfunktion eines unbeobachteten quantenmechanischen Systems entwickelt:

\mathrm{i}\hbar\frac{\partial}{\partial t}\psi = \hat H \psi

mit dem Hamilton-Operator \hat H(t), der die Gesamtenergie des quantenmechanischen Systems beschreibt. Der Hamilton-Operator setzt sich zusammen aus einem Term für die kinetische Energie der Teilchen des Systems und einem zweiten Term für die potentielle Energie, die den Einfluss eines externen Feldes sowie die Wechselwirkungen zwischen den Teilchen beschreibt.

Die Zeitentwicklung des unbeobachteten quantenmechanischen Zustands ist also vollständig deterministisch. Eine weitere wesentliche Eigenschaft der Wellenfunktion ist ihre Beschreibung der quantenmechanischen Interferenz. Aus der Linearität der Schrödingergleichung folgt das Superpositionsprinzip. Demnach ist, wenn ψ1 und ψ2 Lösungen derselben Schrödingergleichung sind, auch ihre Summe ψ1 + ψ2 eine Lösung dieser Schrödingergleichung. Die entsprechende Wahrscheinlichkeit ist proportional zum Betragsquadrat | ψ1 + ψ2 | 2. Diese Eigenschaft weist auch Licht auf, das z.B. hinter einem Doppelspalt (siehe nächster Abschnitt) ein Interferenzmuster entstehen lässt. Die Quantenmechanik sagt dementsprechend für Teilchen ähnliche Interferenzerscheinungen wie für Licht voraus.

Das Doppelspaltexperiment zeigt sowohl die statistische Natur der Wellenfunktion als auch den Interferenzeffekt. Dabei werden mikroskopische „Teilchen“, z. B. Elektronen, auf ein Hindernis mit zwei eng beieinander liegenden Spalten gesendet. Unter Annahme des klassischen Teilchenmodells würde man hinter den Spalten zwei klar voneinander abgetrennte „Peaks“ (Häufungen) in der Verteilung der nachgewiesenen Elektronen erwarten, wie sie schematisch im oberen Teilbild der nebenstehenden Abbildung dargestellt sind. Das kann man sich so vorstellen, als ob man Kugeln durch zwei Schlitze fallen ließe; diese werden zwei Haufen unter den Schlitzen bilden. Die tatsächlich beobachteten Messergebnisse stimmen insofern mit dem Teilchenmodell überein, als jedes Elektron auf dem Schirm zu einem einzelnen Leuchtpunkt führt (siehe Abbildung rechts).[14] Die wiederholte Ausführung des Experimentes macht die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Ortsmesswerte sichtbar. Sie weist ausgeprägte Interferenzmuster auf, die mit einem Teilchenmodell der Elektronen bei Beibehaltung der Grundlagen der klassischen Partikelmechanik unverträglich scheinen.

Messprozess

Die von der Quantenmechanik postulierte Gesetzmäßigkeit der Zeitentwicklung des Systemzustands und die faktischen Messergebnisse scheinen nach den voranstehend gegebenen Erläuterungen in direktem Widerspruch zu stehen: Einerseits erfolgt die Zeitentwicklung des Systemzustands strikt deterministisch, andererseits sind die Messergebnisse nur statistisch vorhersagbar. Einerseits sollen den Systemzuständen im Allgemeinen überlagerte Linearkombinationen von Eigenzuständen entsprechen, andererseits wird kein verwaschenes Bild mehrerer Werte gemessen, sondern stets eindeutige Werte. Diesen scheinbaren Widerspruch, das so genannte Messproblem, zu erklären ist eine der hauptsächlichen Herausforderungen für Interpretationen der Quantenmechanik.

Eine Klasse von Interpretationen, die sogenannten Kollaps-Theorien, zu welcher auch die sogenannte Kopenhagener Interpretation zählt, erklärt diese Sachverhalte mit einem Kollaps der Wellenfunktion, also einem Übergang des überlagerten Systemzustands in einen Eigenzustand der gemessenen Observablen. In den klassischen Formulierungen der Quantenmechanik erfolgt dieser Kollaps beim Vorgang des Messens. Dies ist nur eine Beschreibung in der Alltagssprache. Viele Physiker und Interpreten halten es dagegen für notwendig, in physikalischen Begriffen anzugeben, was genau eine „Messung“ ausmacht. Wenn nämlich die Quantenmechanik die zutreffende grundlegende Theorie über die Welt ist, müsste sie alle physikalischen Systeme - inklusive der Messvorrichtung selbst - beschreiben. Dann wird aber auch deren Zeitentwicklung strikt deterministisch beschrieben - bis zum Zeitpunkt einer Messung, womit sich das Problem wiederholt. Das Problem, wo die Grenze zwischen beschreibenden Quantensystemen und der „Messapparatur“ liegt, wird als Demarkationsproblem bezeichnet.

Die Kopenhagener Interpretation selbst erklärt die Kollapsverursachung und Demarkationsfragen nicht weiter: Eine Messung wird schlicht beschrieben als Interaktion eines Quantensystems mit einem Messgerät, das als klassisches physikalisches System aufgefasst wird.

Das Unschärfeprinzip

Hauptartikel: Heisenbergsche Unschärferelation

Aus dem Kollaps der Wellenfunktion folgt, dass die Reihenfolge, in der Messungen durchgeführt werden, die Messergebnisse beeinflussen kann. Die Reihenfolge der Messungen zweier Observablen ist genau dann entscheidend, wenn sie verschiedene Eigenzustände haben. Der Endzustand einer exakten Messung ist immer ein Eigenzustand der Observablen, die zuletzt gemessen wurde. Für Observablen mit verschiedenen Eigenzuständen ergeben sich also je nach Reihenfolge der Messungen verschiedene Endzustände. Wenn die Eigenzustände zweier Observablen nicht einmal teilweise übereinstimmen, ist der Endzustand immer von der Reihenfolge der Messung abhängig. Solche Observablen werden komplementäre Observablen genannt. Ein Beispiel für komplementäre Observablen sind Ort und Impuls.

Die oben erklärte Komplementarität von Observablen ist eng verknüpft mit dem Unschärfeprinzip, das in Form der heisenbergschen Unschärferelation sehr bekannt ist. Nach der exakten Messung einer Observablen A ist das System in einem Eigenzustand von A, der kein Eigenzustand der komplementären Observablen B ist. Das Ergebnis einer folgenden Messung von B ist daher völlig unvorhersagbar und hängt nicht mehr vom Anfangszustand ab.

Eine reale Messung kann jedoch nicht völlig exakt sein. Der Endzustand der Messung ist daher kein reiner Eigenzustand der Observablen A. Das bedeutet, dass auch der Messwert von B nicht völlig unbestimmt ist und noch vom Anfangszustand abhängt. Wenn jedoch die Genauigkeit der ersten Messung immer weiter verbessert wird, ist die erreichbare Genauigkeit der Messung der komplementären Observablen immer kleiner. Für das Produkt der Unschärfen ΔA und ΔB gilt

\Delta A \cdot \Delta B \geq \frac{h}{4\pi}

wobei h das Plancksche Wirkungsquantum ist. Selbst wenn beide Messgeräte sehr genau messen können, wird die Genauigkeit der zweiten Messung durch die erste Messung beschränkt. Für das Beispiel von Ort und Impuls bedeutet das, dass in der Quantenmechanik die Beschreibung eines Teilchens durch eine Bahnkurve nur mit begrenzter Genauigkeit möglich ist. Einen Sonderstatus nimmt in der Quantenmechanik die Unschärfe zwischen Energie und Zeit ein, da die Zeit in der Quantenmechanik keine Observable ist.

Weiterführende Aspekte

Verschränkung, EPR-Experiment

Hauptartikel: Quantenverschränkung

Wenn zwei Quantensysteme miteinander in Wechselwirkung treten, müssen diese fortan als ein Gesamtsystem betrachtet werden. Die entsprechende Zusammensetzung des quantenmechanischen Zustandes des Gesamtsystems aus den Zuständen der beiden Teilsysteme wird als Verschränkung bezeichnet. Dies führt zu Korrelationen der physikalischen Eigenschaften der Teilsysteme. Die Verschränkung bleibt auch dann erhalten, wenn der Zeitpunkt der Wechselwirkung weit in der Vergangenheit liegt und die zwei Teilsysteme inzwischen weit voneinander entfernt sind. Es ist z.B. möglich, ein Paar von Elektronen so zu präparieren, dass, wenn das eine Elektron mit dem Spin „up“ beobachtet wird, das andere Elektron am entfernten Standort den Spin „down“ aufweist, und umgekehrt. Diese Korrelationen sind auch beobachtbar, wenn erst nach der Wechselwirkung entschieden wird, welche Richtung als up/down-Achse definiert wird.

Das mit der Verschränkung verbundene Phänomen, dass die Durchführung von Messungen an einem Ort die Messergebnisse an einem (im Prinzip beliebig weit entfernten) anderen Ort beeinflusst, war einer der Gründe, weshalb Einstein die Quantenmechanik ablehnte. Er betrachtete die Separierbarkeit physikalischer Systeme als ein fundamentales Prinzip und versuchte gemeinsam mit Podolski und Rosen anhand des EPR-Gedankenexperimentes nachzuweisen, dass die Quantenmechanik entweder mit der Separierbarkeit als einem Grundprinzip der Relativitätstheorie kollidiert, oder dass sie unvollständig ist.[15] Dieses Gedankenexperiment erwies sich in seiner ursprünglichen Formulierung als nicht praktisch durchführbar, jedoch gelang es J.S. Bell im Jahr 1964, die zentrale EPR-Prämisse der Existenz lokaler physikalischer Eigenschaften in der experimentell überprüfbaren Form der Bellschen Ungleichung zu formulieren. Alle bislang vorliegenden experimentellen Untersuchungen haben die Verletzung der Bellschen Ungleichung und damit die Voraussagen der Quantenmechanik bestätigt.[16]

Weiterhin zeigt die genaue theoretische Analyse des EPR-Effektes, dass dieser nicht im Widerspruch zur speziellen Relativitätstheorie steht, da auf diese Weise keine Information übertragen werden kann: Die einzelne Messung ergibt – unabhängig davon, ob das andere Teilchen bereits gemessen wurde – stets ein für sich genommen unvorhersagbares Ergebnis. Erst, wenn das Ergebnis der anderen Messung – durch klassische, unterlichtschnelle Kommunikation – bekannt ist, kann man die Korrelation feststellen oder ausnutzen.

Dekohärenz

Hauptartikel: Dekohärenz

Die Dekohärenz ist ein modernes Konzept der Quantenmechanik, das eine äußerst effiziente Unterdrückung der Kohärenzeigenschaften makroskopischer Quantenzustände erklärt. Damit kann das „klassische“ Verhalten makroskopischer Systeme, die keine Superpositionseffekte zeigen, im Rahmen der Quantenmechanik erklärt werden. Sie ist damit heute ein wichtiger Bestandteil des Korrespondenzprinzips der Quantenmechanik.

Zur Veranschaulichung dieses Effektes sei das Beispiel eines Zeiger-Messinstrumentes betrachtet, welches das Ergebnis einer Messung an einem Zweizustandssystem (z. B. den Zerfallszustand eines radioaktiven Atoms) über seine Zeigerposition anzeigt. Weiterhin gehen in die vollständige Beschreibung des Zeigerzustandes auch die mikroskopischen Freiheitsgrade (zum Beispiel die elektronischen Zustände oder die Positionen) der einzelnen Atome ein. Diese Freiheitsgrade werden als „Umgebung“ bezeichnet. Da die Umgebung so viele Teilchen umfasst, ist die Dimension des Phasenraums der Umgebung, und damit auch deren Zustandsdichte enorm, sodass der Energieunterschied zwischen zwei benachbarten Zuständen äußerst gering ist.[17]

Bei Änderungen der Zeigerposition passt sich die Umgebung an die aufgezwungene Änderung an, wobei aufgrund der hohen Zustandsdichte und dem daher verfügbaren extrem niederenergetischen Anregungsspektrum bereits minimale Änderungen der Zeigerposition zu drastischen Änderungen der mikroskopischen Zustände führen. Eine genauere mathematische Analyse zeigt, dass dadurch nach einer kurzen, als Dekohärenzzeit bezeichneten Einschwingphase τd die Interferenzterme der Zeigerzustände verschwinden und nur die „klassischen“ Zustände mit eindeutiger Zeigerstellung übrig bleiben. Die Dekohärenzzeit τd ist bei makroskopischen Körpern im Allgemeinen unter Normalbedingungen äußerst kurz, die Dekohärenz gilt daher als der effizienteste bekannte physikalische Effekt.[18]

Die Dekohärenz ist für einige Interpretationen der Quantenmechanik, wie z. B. die Viele-Welten-Interpretation oder die Consistent Histories Interpretation (vertreten u. a. von Murray Gell-Mann, Robert Griffiths, Roland Omnès)[19], von grundlegender Bedeutung, um den Messprozess als dynamischen Effekt zu deuten, der durch die Schrödingergleichung beschreibbar ist. Sie liefert in diesen Interpretationen eine Erklärung für das klassische Verhalten von makroskopischen Systemen und insbesondere Messgeräten.

Identische Teilchen, Pauli-Prinzip

Durch die prinzipielle Unmöglichkeit, den Zustand eines quantenphysikalischen Systems vollständig zu bestimmen, verliert eine Unterscheidung zwischen mehreren Teilchen mit gänzlich identischen intrinsischen Eigenschaften (wie beispielsweise Masse oder Ladung, nicht aber Energie oder Impuls) in der Quantenmechanik ihren Sinn. Im Rahmen der klassischen Mechanik können an mehreren identischen Teilchen simultan genaue Orts- und Impulsmessungen durchgeführt werden, womit – zumindest prinzipiell – deren zukünftiger Verlauf vorhersagbar ist und man durch eine erneute Messung von Ort und Impuls zu einem späteren Zeitpunkt jedes Teilchen eindeutig wieder zuordnen kann. Eine quantenmechanische Betrachtung lässt eine solche „Durchnummerierung“ einzelner identischer Teilchen nicht zu. Es ist also beispielsweise nicht möglich festzustellen, ob bei einem System mehrerer Elektronen zwei Messungen an einzelnen Teilchen (wie beispielsweise ihres Impulses oder ihrer Ladung) zu unterschiedlichen Zeitpunkten jeweils an denselben oder an unterschiedlichen Teilchen erfolgten.

Es kann gezeigt werden, dass der Zustand eines Vielteilchensystems identischer Partikel beim Vertauschen zweier Teilchen entweder genau gleich bleiben oder sein Vorzeichen wechseln muss. Teilchen bei deren Vertauschung der Zustand gleich bleibt bezeichnet man als Bosonen, Teilchen bei denen der Zustand das Vorzeichen wechselt als Fermionen. Das Spin-Statistik-Theorem besagt, dass alle Teilchen mit ganzzahligem Spin Bosonen sind und Teilchen mit halbzahligem Spin Fermionen. Es lässt sich im Rahmen der Quantenfeldtheorie aus grundlegenden Eigenschaften der Theorie folgern.

Eine wichtige Konsequenz aus dem Vorzeichenwechsel beim Vertauschen von Fermionen ist die als „Pauliprinzip“ bekannte Regel, dass zwei identische Fermionen nicht die gleichen Einteilchenzustände einnehmen können. Dies ist von großer praktischer Bedeutung, da es bei der aus Atomen aufgebauten Materie die Mehrfachbesetzung elektronischer Zustände ausschließt und eine „Auffüllung“ der elektronischen Zustände bis zur Fermienergie erzwingt, wodurch komplexe chemische Verbindungen ermöglicht werden. Das Pauliprinzip bewirkt außerdem, dass sich die thermodynamischen Eigenschaften von Bosonen und Fermionen erheblich unterscheiden: Bosonen gehorchen der Bose-Einstein-Statistik, während die statistischen Eigenschaften von Fermionen durch die Fermi-Dirac-Statistik beschrieben werden.

Interpretationen und philosophische Aspekte

Hauptartikel: Interpretationen der Quantenmechanik

Hinsichtlich ihres empirischen Erfolges gilt die Quantenmechanik als eine der am besten gesicherten physikalischen Theorien überhaupt, seit ihrer Formulierung vor inzwischen mehr als 80 Jahren konnte die Quantenmechanik bis heute experimentell nicht falsifiziert werden. Die meisten Physiker gehen davon aus, dass sie unter „fast“ allen Umständen eine korrekte Beschreibung der physikalischen Eigenschaften von Energie und Materie ermöglicht. Dennoch weist die Quantenmechanik verschiedene konzeptionelle Schwachpunkte und Lücken auf, darunter insbesondere die fehlende Quantentheorie der Gravitation sowie die bis heute nicht abgeschlossene Diskussion[20] bzgl. der Interpretation der Quantenmechanik:

Interpretation

Akzeptiert man das mathematische Modell der Quantenmechanik als vollständige Beschreibung der physikalischen Phänomene in ihrem Anwendungsbereich, stellt man fest, dass beim quantenmechanischen Messprozess der zufällige Ausgang eines Einzelexperiments eine andere Bedeutung erhält, als dies in klassischen statistischen Theorien der Fall ist. Selbst bei bestmöglicher Präparation eines quantenmechanischen Zustands verteilen sich die Messergebnisse bestimmter Beobachtungsgrößen zufällig über eine Anzahl möglicher Messergebnisse. Im Gegensatz z. B. zur statistischen Mechanik liegt dies allerdings nicht an der Unfähigkeit des Experimentators, den Zustand exakt zu präparieren, und auch nicht an der Unzulänglichkeit der Messgeräte, sondern stellt im Rahmen der Standardinterpretation der Quantenmechanik eine prinzipielle Beschränkung der Messung dieser Beobachtungsgröße in diesem Zustand dar. (Der Standpunkt, dass die klassische Mechanik wirklich deterministisch ist und Ungenauigkeiten auf die Unfähigkeit des Experimentators zurückzuführen sind, ist jedoch nicht unumstritten; entgegengesetzter Ansicht war z.B. Karl Popper.[21]) Die Sichtweise, dass die Quantenmechanik trotz ihrer Unfähigkeit, Messergebnisse in Einzelexperimenten definit zu beschreiben, die vollständige Naturbeschreibung liefert, drückt sich daher auch in der Meinung aus, dass es gar keine objektiv existierenden Eigenschaften des Einzelsystems gibt, die mit einem einzelnen Messergebnis korrespondieren. Eine objektive Eigenschaft eines quantenmechanischen Zustands im Kontext einer Messung ist vielmehr nur die statistische Verteilung der Messergebnisse bei Messung eines ganzen Ensembles. Man spricht in diesem Zusammenhang daher auch vom objektiven Zufall in der Quantenmechanik.

Die Debatte zu den obigen Fragen eröffneten Albert Einstein: „Die Quantenmechanik ist unvollständig“ und „Gott würfelt nicht“ und Niels Bohr, der die Komplementarität betonte und Heisenbergs Unbestimmtheitsrelation verteidigte. Im Lauf der mehrjährigen heftigen Diskussion musste Einstein die Unbestimmtheitsrelation akzeptieren, während Bohr seine Idee der Komplementarität deutlich abschwächte, was zur heute vorherrschenden Kopenhagener Interpretation führte.

Heute gehen Physiker mehrheitlich davon aus, dass die Quantentheorie alles beschreibt, was es über ein System zu wissen gibt, und dass die Messvorgänge irreduzibel sind und nicht nur unser beschränktes Wissen reflektieren. Diese Interpretation hat im Weiteren zur Folge, dass der Akt des Beobachtens die Schrödingergleichung umgeht und das System instantan in einen Eigenzustand fällt (der so genannte Kollaps der Wellenfunktion). Neben der Kopenhagener Interpretation sind aber auch verschiedene andere nennenswerte Deutungen vorgeschlagen worden.

  • David Bohm hat eine nichtlokale Theorie mit verborgenen Variablen entwickelt (Bohmsche Mechanik), wobei die Wellenfunktion als Führungswelle des Teilchens interpretiert wird. Diese Theorie liefert exakt die gleichen empirischen Voraussagen wie die Kopenhagener Interpretation der nichtrelativistischen Quantenmechanik, so dass experimentell nicht zwischen beiden unterschieden werden kann. Obwohl diese Theorie deterministisch ist, verhindert die Heisenbergsche Unschärferelation, dass der Zustand der verborgenen Variablen jemals genau bekannt sein kann. Zusammen mit der in der Bohmschen Theorie postulierten Quantengleichverteilungs-Hypothese hat das zur Folge, dass Messresultate wie bei der Kopenhagener Deutung entsprechend dem Quadrat der Wellenfunktion statistisch verteilt erscheinen. Bisher ist noch nicht abschließend gesichert, dass diese Theorie auch auf die relativistische Quantenmechanik erweitert werden kann. Ähnliche Theorien mit verborgenen Variablen stammen von Louis de Broglie und anderen.
  • Hugh Everetts Viele-Welten-Interpretation behauptet, dass alle von der Quantentheorie nicht ausgeschlossenen Möglichkeiten tatsächlich gleichzeitig geschehen, und zwar in einem Viel-Welt-Universum von meist unabhängigen Paralleluniversen. Diese Interpretation kommt ohne „Zusammenbruch“ der globalen Wellenfunktion beim Messprozess aus; vielmehr entwickelt sich die globale „Viele-Welten-Wellenfunktion“ deterministisch. Die Tatsache, dass wir Zufälligkeit und scheinbar einen Zusammenbruch der Wellenfunktion beobachten, ist dann darauf zurückzuführen, dass wir subjektiv nur ein Universum beobachten können, während andere Kopien von uns in anderen Universen anderes beobachten. In Everetts Interpretation ist die Messung ein Vorgang, welcher von einer regulären Schrödingergleichung beschrieben werden kann und keine spezielle Behandlung verlangt.
  • Eine andere Richtung versucht, durch eine Abänderung der klassischen Logik in eine Quantenlogik die Interpretationsprobleme zu beseitigen.
  • Die von John G. Cramer entwickelte sogenannte Transaktionsinterpretation basiert auf Emitter-Absorber-Wechselwirkungen, die sowohl in die Zukunft als auch in die Vergangenheit gerichtet sind. Diese Interpretation ist ebenso wie die bohmsche nichtlokal und kausal und sie vermeidet einen beobachterabhängigen Kollaps des Quantenzustands durch den Messprozess.[22]
  • Die Propensitätsinterpretation der Quantenmechanik[23] baut auf der Interpretation von Wahrscheinlichkeit als Verwirklichungstendenz auf und versucht, Realismus, Objektivität, Indeterminismus sowie Beobachterunabhängigkeit zu vereinen und ohne Welle-Teilchen-Dualismus auszukommen.

Philosophische Fragen

Viele Interpretationen der Quantenmechanik werfen allgemeinere philosophische Fragen auf, die Grundbegriffe und Ansätze der Ontologie, Epistemologie und Wissenschaftstheorie betreffen. Dies betrifft etwa die folgenden Probleme:

  • Determinismus: Gibt es in der Natur Zufall oder sind die Naturgesetze streng deterministisch?
  • Lokalität / Separabilität: Sind alle Wechselwirkungen lokal beschränkt, oder gibt es Fernwirkungen (bzw. Fernkorrelationen)?
  • Kausalität: Welche Theorie der Verursachung kann den eben genannten Problemen Rechnung tragen?
  • Realität: Gibt es physikalische Objekte, die physikalische Eigenschaften objektiv besitzen?
  • Komplementarität: Wie ist es zu verstehen, dass (wie in der sogenannten „Kopenhagener Deutung“ formuliert wird) Aspekte komplementär sind? Kann die Welt inklusive aller beobachtbarer Phänomene mit einer einzigen widerspruchfreien Theorie erklärt werden (Theory of Everything (TOE) genannt)? Oder sind bestimmte Aspekte nur von bestimmten (sich jeweils ausschließenden) Theorien erfassbar?
  • Rolle des Beobachters: Welche Rolle spielt der Beobachter, und insbesondere das Bewusstsein, in der Physik?
  • Verifizierbarkeit: Lässt sich die Theorie vollständig auf direkt beobachtbare Phänomene reduzieren?

Determinismus

Die offensichtlichste Frage, die die Quantenmechanik aufwirft, ist die des Determinismus. Die Gesetze der klassischen Physik sind streng deterministisch: Kennt man den aktuellen Zustand eines abgeschlossenen Systems vollständig, dann kann man theoretisch sein Verhalten, also alle zukünftig möglichen Beobachtungen an diesem System, bis in alle Ewigkeit exakt vorhersagen. Jegliches anscheinend zufällige Verhalten und jegliche Wahrscheinlichkeiten resultieren im Rahmen der klassischen Physik ausschließlich auf unserer Unkenntnis.

In der Quantenmechanik ist dies anders: Selbst bei vollständiger Kenntnis des aktuellen Zustands eines quantenmechanischen Systems ist es im Allgemeinen nicht möglich, das Ergebnis einer Messung eindeutig vorherzusagen. Es lassen sich für die möglichen Meßergebnisse nur Wahrscheinlichkeiten angeben. Damit stellt sich die Frage: Ist dieser Wahrscheinlichkeitscharakter fundamental, oder ist er ein Hinweis darauf, dass die quantenmechanische Beschreibung unvollständig ist und durch zusätzliche, prinzipiell unbeobachtbare Parameter, so genannte verborgene Variablen, ergänzt werden muss?

Der Formalismus der Quantenmechanik erlaubt es nicht, diese Frage eindeutig zu beantworten. Die verschiedenen Interpretationen der Quantenmechanik geben daher unterschiedliche Antworten.

Die Kopenhagener Interpretation erklärt den Wahrscheinlichkeitscharakter für objektiv: Das Ergebnis einer Messung ist objektiv zufällig, es gibt keinerlei Grund, warum eine Messung ein bestimmtes von mehreren möglichen Ergebnissen hat.

Die Bohmsche Mechanik hingegen vertritt den entgegengesetzten Standpunkt: Ihr zufolge gibt es verborgene Variablen, deren Bewegung vollständig deterministisch ist und die Ergebnisse einer Messung bestimmen. Das Phänomen der Zufälligkeit im Zusammenhang mit dem quantenmechanischen Messprozess wird in der Bohmschen Mechanik durch die Unkenntnis dieser verborgenen Parameter begründet.

Eine interessante Zwischenposition nimmt die Viele-Welten-Interpretation ein: Auch in ihr entwickelt sich der Zustand des Universums streng deterministisch, die beobachtete Zufälligkeit ist jedoch nicht Folge von zusätzlichen verborgenen Variablen, sondern Folge der Aufspaltung in verschiedene Welten: Bei jeder Messung werden grundsätzlich alle möglichen Ergebnisse realisiert, jedoch erhalten wir nur eines der Ergebnisse, weil sich unsere Welt durch die Messung in verschiedene Welten aufgespalten hat, in denen jeweils eines der Ergebnisse realisiert ist. Wir nehmen aber jeweils nur eine dieser Welten wahr (in den anderen Welten leben aber „Parallel-Ichs“, die die jeweils anderen Messwerte wahrnehmen). Daher ist es für uns objektiv unmöglich, das beobachtete Ergebnis der Messung vorherzusagen. Insofern ist in dieser Interpretation der beobachtete Zufall objektiv (es ist nicht möglich, das erhaltene Ergebnis der Messung aus dem Zustand vor der Messung abzuleiten), für das Universum an sich gibt es jedoch keinen Zufall (alle Möglichkeiten werden, streng deterministisch, realisiert).

Realität

Eine weitere Frage, die durch die Quantenmechanik aufgeworfen wurde, ist die nach der Realität. In der klassischen Physik ging man allgemein davon aus, dass die messbaren physikalischen Größen Teil der Realität sind, und jede Messung letztlich etwas über die Realität in Erfahrung bringt. Zwar stört auch in der klassischen Mechanik jede Messung unweigerlich das gemessene System, jedoch lässt sich die Störung beliebig klein machen, so dass es sinnvoll ist, idealisierend von störungsfreien Messungen auszugehen. Solche physikalischen Größen sind dabei strikt zu trennen von solchen Größen, die nur unser Wissen über ein System beschreiben, etwa den Wahrscheinlichkeitsverteilungen. Nach der klassischen Physik befindet sich ein Teilchen stets an einem bestimmten Ort; jede Wahrscheinlichkeitsverteilung für seinen Aufenthaltsort beschreibt nur unsere Unkenntnis und ist daher kein Teil der Realität.

In der Quantenmechanik ist jedoch eine störungsfreie Messung prinzipiell nicht möglich (es sei denn, man kennt bereits das Messergebnis). Viel wesentlicher ist jedoch, dass man beim EPR-Experiment mittels der Bellschen Ungleichung nachweisen kann, dass zumindest unter der Voraussetzung der Lokalität der Messwert vor der Messung noch gar nicht festgestanden haben kann. Da unsere gesamte Kenntnis über die Welt auf Beobachtungen, also auf Messungen im weiteren Sinne beruht, stellt sich die Frage, ob es überhaupt sinnvoll ist, einem unbeobachteten System Eigenschaften zuzuschreiben, oder ob nicht vielmehr die beobachteten Eigenschaften überhaupt erst durch die Beobachtung entstehen.

Die Kopenhagener Deutung vertritt die letztere Ansicht. Ihr zufolge hat es gar keinen Sinn, davon zu sprechen, welchen Zustand beispielsweise ein Elektron hat, solange man es nicht beobachtet; beim Doppelspaltexperiment darf man also nach dieser Interpretation streng genommen nicht sagen, das Elektron sei durch die Spalte hindurchgeflogen, sondern nur, dass es auf der einen Seite emittiert und dann später an einer bestimmten Stelle auf der anderen Seite gemessen wurde. Aussagen darüber, was dazwischen passiert ist, sind sinnlos. Die quantenmechanische Wellenfunktion bzw. der quantenmechanische Zustand beschreibt in der Kopenhagener Deutung nur unsere Kenntnis über zukünftige Messergebnisse und ist daher ähnlich wie klassische Wahrscheinlichkeitsverteilungen nicht Teil der Realität. Im Gegensatz zur klassischen Wahrscheinlichkeitsverteilung steckt jedoch hinter dem quantenmechanischen Zustand keine tieferliegende Realität, auf deren Unkenntnis die Wellenfunktion zurückgeführt werden könnte.

Diese Deutung ist jedoch nicht allgemein akzeptiert. Der bekannteste Gegner dieser Anschauung war Albert Einstein, der das Problem mit der Frage verdeutlichte: „Ist der Mond da, wenn keiner hinschaut?“ Da auch der Mond letztlich durch die Quantenmechanik beschrieben wird, sollte nach der Kopenhagener Deutung auch jegliche Aussage über den Mond sinnlos sein, solange er nicht beobachtet wird. Jedoch gehen wir von klassischen Objekten wie dem Mond intuitiv davon aus, dass sie auch unbeobachtet weiterexistieren. In der Tat wollten Einstein, Podolski und Rosen mit ihrem EPR-Experiment (damals noch ein reines Gedankenexperiment) nachweisen, dass die Quantenmechanik unvollständig sei.

Die Bohmsche Mechanik ist ein Versuch, die Quantenmechanik zu vervollständigen. In ihr wird die Wellenfunktion nicht nur als Beschreibung unserer Kenntnis, sondern als Teil der Realität begriffen. Zusätzlich zur Wellenfunktion gibt es auch noch unbeobachtbare Teilchenkoordinaten, deren Bewegung durch die Wellenfunktion gesteuert wird; letztere wirkt dadurch als „Führungswelle“ für die Teilchen. Die realen Teilchen und die reale Wellenfunktion bestimmen zusammen die beobachteten Messwerte. Der Mond ist also in der bohmschen Mechanik da, auch wenn wir nicht hinschauen. Allerdings können wir nicht alle seine Eigenschaften beobachten.

Wiederum nimmt die Viele-Welten-Interpretation eine Mittelstellung ein. Auch in ihr ist der quantenmechanische Zustand, wie in der bohmschen Mechanik, real, jedoch beschreibt er allein die Welt bereits vollständig. Allerdings sehen wir nicht die wahre Wellenfunktion, sondern nur einen „Zweig“ der Realität, eine einzelne von vielen Welten. Die Frage, ob der Mond da ist, lässt sich in dieser Interpretation also nur in Bezug auf eine bestimmte Welt beantworten; in dieser ist er also entweder da, oder nicht.

Rolle des Beobachters

Eng mit den vorhergehenden Fragen verknüpft ist die Frage, welche Rolle der Beobachter in der Physik spielt. Diese Frage wird dadurch aufgeworfen, dass die Quantenmechanik zwei völlig unterschiedliche Zeitentwicklungen aufweist: Die eine Zeitentwicklung, die Schrödingergleichung, beschreibt ein unbeobachtetes System. Es handelt sich hierbei um eine deterministische, stetige Änderung in der Zeit, ganz analog zur Zeitentwicklung klassischer Felder. Die andere Zeitentwicklung beschreibt die Beobachtung. Hier wird nur zwischen „vorher“ und „nachher“ unterschieden, die Änderung erfolgt also sprunghaft, zudem ist sie prinzipiell nichtdeterministisch. Offenbar gelten also in der Quantenmechanik andere Regeln, sobald ein Beobachter ins Spiel kommt. Die Frage ist nun, ob dieser Unterschied real ist, und wenn ja, worauf er beruht.

In der Kopenhagener Deutung ist der Unterschied fundamental, da ihr zufolge die Quantenmechanik nur die Sicht des Beobachters beschreibt: Natürlich macht es für den Beobachter einen Unterschied, ob er gerade eine Beobachtung vornimmt, oder einfach Zeit verstreicht, ohne dass er etwas beobachtet. In ersterem Fall erhält er zusätzliche, nicht vollständig vorhersagbare Information, die natürlich auch seine Beschreibung des Systems, also seine Erwartungen an zukünftige Messwerte, beeinflusst, während er in letzterem Fall keinerlei neue Information bekommt, seine weiteren Vorhersagen also nicht von vorher unbekannter Information abhängen.

Anders sieht es bei realistischen Interpretationen aus: Wenn die Wellenfunktion real ist, dann muss man sich entscheiden, ob der Kollaps der Wellenfunktion bei Beobachtung ebenfalls real ist. Die Position des realen Kollapses wird zum Beispiel durch Wigners Bewusstseinswellen vertreten: Hier wird ein explizit dualistisches Weltbild angenommen, in dem das Bewusstsein etwas von der Materie verschiedenes ist, das die Fähigkeit hat, quantenmechanische Wellenfunktionen zum Kollabieren zu bringen.

In der Viele-Welten-Interpretation hingegen ist der Kollaps nur scheinbar durch die Aufspaltung der Welt in Teilwelten; da wir nur eine Teilwelt wahrnehmen, sehen wir nur einen Teil der Wellenfunktion, die uns daher als „kollabiert“ erscheint. Der Beobachter spielt in dieser Interpretation keine besondere Rolle; die Welten spalten durch die Wechselwirkung mit makroskopischen Objekten und die dadurch verursachte Dekohärenz auf.

Eine etwas größere Rolle spielt der Beobachter in der Many-Minds-Interpretation, einer Variante der Viele-Welten-Interpretation. Auch in dieser gibt es keinen realen Kollaps, aber auch keine generelle Aufspaltung der Welten durch Wechselwirkung. Vielmehr ist es der Geist beziehungsweise das Gehirn, das durch seine Selbstwahrnehmung die Aufspaltung in Welten verursacht; anders als in der Viele-Welten-Interpretation ist also die Aufspaltung nicht beobachterunabhängig, sondern existiert nur relativ zu einem (materialistisch verstandenen) Geist. Insofern nimmt diese Interpretation eine Mittelstellung ein: Es ist durchaus der Geist, der für den beobachteten Kollaps der Wellenfunktion verantwortlich ist, aber nicht, indem er als zusätzliche Entität einen physikalischen Kollaps verursacht, sondern indem er als Teil der materiellen Welt die wahrgenommene Realität relativ zum Beobachter in getrennte Welten „zerlegt“.

Zusammenhänge mit anderen physikalischen Theorien

Klassischer Grenzfall

Niels Bohr formulierte 1923 das sogenannte Korrespondenzprinzip, wonach die Eigenschaften von Quantensystemen im Grenzwert großer Quantenzahlen (insbesondere im Grenzwert großer Teilchenzahlen) mit hoher Genauigkeit den Gesetzen der klassischen Physik entsprechen. Dieser Grenzwert bei großen Systemen wird als „klassischer Grenzfall“ oder „Korrespondenz-Limit“ bezeichnet. Hintergrund dieses Prinzips ist die Erfahrungstatsache, dass viele makroskopische Systeme (Federn, Kondensatoren etc.) sehr genau durch klassische Theorien wie die klassische Mechanik oder die klassische Elektrodynamik beschrieben werden können. Daraus resultiert die Erwartung, dass die Quantenmechanik im Falle „großer“ Systeme diese klassischen Eigenschaften reproduziert beziehungsweise ihnen nicht widerspricht.

Ein wichtiges Beispiel für diesen Zusammenhang zwischen der klassischen Mechanik und der Quantenmechanik ist das Ehrenfestsche Theorem. Es besagt, dass sich die Mittelwerte der quantenmechanischen Orts- und Impulsobservablen eines Teilchen in guter Näherung durch die klassischen Bewegungsgleichungen beschreiben lassen, sofern es Kräften unterworfen ist, die nur wenig von der Position abhängen.

Das Korrespondenzprinzip ist daher ein wichtiges Hilfsmittel bei der Konstruktion und Verifikation quantenmechanischer Modellsysteme: Zum Einen liefern „klassische“ Modelle mikroskopischer Systeme wertvolle heuristische Anhaltspunkte zur quantenmechanischen Beschreibung des Systems. Zum Anderen kann die Berechnung des klassischen Grenzfalls zur Plausibilisierung der quantenmechanischer Modellrechnungen herangezogen werden. Sofern sich im klassischen Grenzfall physikalisch unsinnige Resultate ergeben, kann das entsprechende Modell verworfen werden.

Umgekehrt bedeutet diese Korrespondenz aber auch, dass die korrekte quantenmechanische Beschreibung eines Systems, inklusive einiger nicht-klassischer Effekte wie etwa des Tunneleffekts, oft näherungsweise mittels klassischer Begriffe möglich ist; solche Näherungen erlauben oft ein tieferes Verständnis der quantenmechanischen Systeme. Man spricht hier auch von semiklassischer Physik. Beispiele für semiklassische Beschreibungen sind die WKB-Näherung und die Gutzwillersche Spurformel.

Vereinheitlichung mit der speziellen Relativitätstheorie

In den Anfangszeiten der Entwicklung der Quantenmechanik wurde die Theorie noch nicht unter Berücksichtigung der speziellen Relativitätstheorie angewandt. So verwendet zum Beispiel das wohlbekannte Modell des quantenmechanischen harmonischen Oszillators einen explizit nichtrelativistischen Ausdruck für die kinetische Energie des Oszillators; dieses Modell ist daher das quantenmechanische Analogon zum klassischen harmonischen Oszillator.

Frühe Versuche, die Quantenmechanik mit der speziellen Relativitätstheorie zu verbinden, erfolgten durch Ersetzen der Schrödingergleichung durch kovariante Gleichungen wie die Klein-Gordon-Gleichung oder die Dirac-Gleichung. Diese Theorien waren zwar erfolgreich bei der Beschreibung vieler experimenteller Ergebnisse, jedoch waren sie noch insofern lückenhaft, als sie die relativistische Erzeugung und Vernichtung von Teilchen nicht beschreiben konnten. Eine vollständige relativistische Quantentheorie erforderte die Entwicklung einer Quantenfeldtheorie, die nicht nur eine Quantisierung von Observablen wie Energie oder Impuls beschreibt, sondern die die Wechselwirkung vermittelnden Felder selbst quantisiert. Die erste vollständige Quantenfeldtheorie, die Quantenelektrodynamik, erlaubt die durchgängige quantenmechanische Beschreibung der elektromagnetischen Wechselwirkung.

Der umfassende Formalismus der Quantenfeldtheorie ist häufig nicht zur Beschreibung elektrodynamischer Systeme erforderlich. Ein einfacherer Ansatz, der seit den Anfängen der Quantenmechanik verwendet wurde, ist die Behandlung geladener Teilchen als quantenmechanische Objekte, die der Wirkung eines klassischen elektromagnetischen Feldes unterliegen. So können zum Beispiel die elektronischen Zustände des Wasserstoffatoms in sehr guter Näherung durch Verwendung eines klassischen „1/r“-Potentials berechnet werden. Dieser „semiklassische“ Ansatz schlägt allerdings fehl, wenn die Quantenfluktuationen im elektromagnetischen Feld eine wichtige Rolle spielen, wie dies zum Beispiel bei der Emission von Photonen durch geladene Teilchen der Fall ist.

Verhältnis zur Gravitation

Die Quantenmechanik als nichtrelativistische Theorie ist nur im Bereich kleiner Energien anwendbar. In diesen Bereichen sind die Effekte der Gravitation auf mikroskopischen Skalen um so viele Größenordnungen kleiner, als die Effekte aller anderen Kräfte, dass sie weit unterhalb der erreichbaren Meßgenauigkeit liegen. Zwischen der nichtrelativistischen Quantenmechanik und der allgemeinen Relativitätstheorie gibt es keine Berührungspunkte, da relativistische Gravitationseffekte erst bei sehr großen Energien auftreten.

Messbare Gravitationseffekte auf mikroskopischen Skalen fallen damit in den Bereich der Quantenfeldtheorien, die für derart hohe Energien eine angemessene Beschreibung liefern. Die allgemeine Relativitätstheorie konnte jedoch bisher nicht als Quantenfeldtheorie formuliert werden, so dass eine quantentheoretische Beschreibung der Gravitation noch nicht existiert. Eine solche Theorie der Quantengravitation wird für eine konsistente Beschreibung der Physik im Bereich der Planck-Skala, also für sehr kurze Abstände oder sehr hohe Energien, benötigt. Damit ist sie besonders interessant zur Beschreibung des Urknalls.

Anwendungen

Quantenphysikalische Effekte spielen bei zahlreichen Anwendungsfällen der modernen Technologie eine wesentliche Rolle. Beispiele sind der Laser, das Elektronenmikroskop, die Atomuhr oder die bildgebenden Verfahren auf Basis der Kernspinresonanz. Die Untersuchung von Halbleitern führte zur Erfindung der Diode und des Transistors, die aus der modernen Elektronik nicht wegzudenken sind. Auch bei der Entwicklung von Kernwaffen spielen die Konzepte der Quantenmechanik eine wesentliche Rolle.

Bei der Erfindung beziehungsweise Entwicklung dieser und zahlreicher weiterer Anwendungen kommen die Konzepte und der mathematische Formalismus der Quantenmechanik jedoch nur selten direkt zum Einsatz (eine bemerkenswerte Ausnahme sind die aktuellen Arbeiten zur Entwicklung eines Quantencomputers). In der Regel sind hierfür die anwendungsnäheren Konzepte, Begriffe und Regeln der Festkörperphysik, der Chemie, der Materialwissenschaften oder der Kernphysik von größerer praktischer Bedeutung. Die Relevanz der Quantenmechanik ergibt sich hingegen aus der überragenden Bedeutung, die diese Theorie bei der Formulierung des theoretischen Fundamentes vieler wissenschaftlicher Disziplinen hat.

Im Folgenden sind einige Beispiele für Anwendungen der Quantenmechanik beschrieben:

Atomphysik und Chemie

Darstellung von d-Orbitalen

Die chemischen Eigenschaften aller Stoffe sind ein Ergebnis der elektronischen Struktur der Atome und Moleküle, aus denen sie aufgebaut sind. Grundsätzlich lässt sich diese elektronische Struktur durch Lösung der Vielteilchen-Schrödingergleichung für alle involvierten Atomkerne und Elektronen quantitativ berechnen. Es zeigt sich jedoch in der Praxis, dass einerseits die Durchführung der entsprechenden Berechnungen enorm aufwändig ist, andererseits jedoch zur Vorhersage und Beschreibung vieler chemischer Eigenschaften die Verwendung vereinfachter Modelle und Regeln völlig ausreichend ist. Bei der Formulierung dieser vereinfachten Modelle kommt der Quantenmechanik eine wichtige Bedeutung zu.

Ein in der Chemie besonders häufig verwendetes Modell ist das Orbitalmodell. Bei diesem Modell wird der Vielteilchenzustand der Elektronen der betrachteten Atome durch eine Summe der Einteilchenzustände der Elektronen gebildet. Das Modell beinhaltet verschiedene Näherungen (unter anderem: Vernachlässigung der Coulomb-Abstoßung der Elektronen untereinander, Entkopplung der Bewegung der Elektronen von der Kernbewegung), erlaubt jedoch eine näherungsweise korrekte Beschreibung der Energieniveaus des Atoms. Der Vorteil dieses Modells liegt neben der vergleichsweise einfachen Berechenbarkeit insbesondere in der anschaulichen Aussagekraft sowohl der Quantenzahlen als auch der grafischen Darstellung der Orbitale.

Das Orbitalmodell erlaubt die Klassifizierung von Elektronenkonfigurationen nach einfachen Aufbauregeln (Hund'sche Regeln). Auch die Regeln zur chemischen Stabilität (Oktettregel / Edelgasregel / Magische Zahlen) lassen sich durch dieses quantenmechanische Modell rechtfertigen.

Durch Linearkombination mehrerer Atom-Orbitale lässt sich die Methode auf sogenannte Molekülorbitale erweitern, wobei Rechnungen in diesem Fall wesentlich aufwändiger werden, da Moleküle keine Kugelsymmetrie aufweisen. Die Berechnung der Struktur und der chemischen Eigenschaften komplexer Moleküle auf Basis von Näherungslösungen der Schrödingergleichung ist der Gegenstand der Molekularphysik. Dieses Gebiet legte den Grundstein für die Etablierung der Quantenchemie beziehungsweise der Computerchemie als Teildisziplinen der theoretischen Chemie.

Siehe auch:

Kernphysik

Festkörperphysik

Warum ist Diamant hart, spröde und durchsichtig, das ebenfalls aus Kohlenstoff bestehende Graphit jedoch weich und undurchsichtig? Wie lassen sich die elektrische und thermische Leitfähigkeit von Metallen und deren Glanz erklären? Wie funktionieren Leuchtdioden, Dioden und Transistoren? Was ist die Ursache für die magnetischen Eigenschaften von Eisen? Welche Mechanismen ermöglichen die Supraleitung?

Die oben genannten Beispiele lassen die Vielfalt an physikalischen Phänomenen kondensierter Materie nur erahnen. Tatsächlich ist die „Physik kondensierter Materie“ der mit Abstand größte Teilbereich der Physik.

Praktisch allen Phänomenen kondensierter Materie (inklusive den oben genannten Beispielen) ist gemeinsam, dass eine Beschreibung dieser Phänomene im Rahmen der klassischen Physik bestenfalls auf phänomenologischer Ebene möglich ist, während sich ihre mikroskopische Beschreibung im Rahmen der Quantenmechanik als überaus erfolgreich erwiesen hat.

Im folgenden ist eine (unvollständige) Auswahl an Phänomenen zusammengestellt, bei welchen sich die Quanteneffekte besonders deutlich zeigen:

Quanteninformatik

Von aktuellem Interesse ist die Suche nach robusten Methoden zur direkten Manipulation von Quantenzuständen. Es werden zurzeit größere Anstrengungen unternommen, einen Quantencomputer zu entwickeln, welcher durch Ausnutzung der verschiedenen Eigenzustände und der Wahrscheinlichkeitsnatur eines quantenmechanischen Systems hochparallel arbeiten würde. Einsatzgebiet eines solchen Quantenrechners wäre beispielsweise das Knacken moderner Verschlüsselungsmethoden. Im Gegenzug hat man mit der Quantenkryptographie ein System zum theoretisch absolut sicheren Schlüsselaustausch gefunden, in der Praxis ist diese Methode häufig etwas abgewandelt und unsicherer, da es hier auch auf die Übertragungsgeschwindigkeit ankommt. Ein weiteres aktuelles Forschungsgebiet ist die Quantenteleportation, die sich mit Möglichkeiten zur Übertragung von Quantenzuständen über beliebige Entfernungen beschäftigt.

Literatur

Standard-Lehrbücher

  • Claude Cohen-Tannoudji: Quantenmechanik. ISBN 3-11-016458-2
  • A.S. Dawydow: Quantenmechanik. ISBN 3-527-40257-8
  • Richard Feynman: „Feynman Vorlesungen über Physik, Bd. 3, Quantenmechanik“. ISBN 3-486-25134-1
  • Eugen Fick: Einführung in die Grundlagen der Quantentheorie. ISBN 3-89104-472-0
  • Torsten Fließbach: Quantenmechanik. ISBN 3-8274-0996-9
  • Wolfgang Nolting: „Grundkurs Theoretische Physik 5/1 (Quantenmechanik – Grundlagen)“. ISBN 3-540-40071-0
  • Wolfgang Nolting: „Grundkurs Theoretische Physik 5/2 (Quantenmechanik – Methoden und Anwendungen)“. ISBN 3-540-40072-9

Allgemeinverständliche Einführungen

  • Tony Hey und Patrick Walters: Das Quantenuniversum. ISBN 3-8274-0315-4
  • Anton Zeilinger: Einsteins Schleier, Die neue Welt der Quantenphysik. Goldmann, 2003, ISBN 3-442-15302-6
  • Silvia Arroyo Camejo: Skurrile Quantenwelt. Springer, Berlin 2006, ISBN 3-540-29720-0
  • Gert-Ludwig Ingold: Quantentheorie. C.H.Beck, München 2002, ISBN 3-406-47986-3
  • Transnational College of Lex: What is Quantum Mechanics? A Physics Adventure. Language Research Foundation, Boston 1996, ISBN 0-9643504-1-6 (Das Buch mit 566 Seiten ist Teil eines japanischen Projektes, in dem gleichzeitig naturwissenschaftliche und sprachliche Kenntnisse - hier Englisch - vermittelt werden sollen.)

Anwendung in der Theoretischen Chemie

  • A. Szabo, N. S. Ostlund: Modern Quantum Chemistry: Introduction to Advanced Electronic Structure Theory, Dover Publications, 1996, ISBN 0-486-69186-1.
  • P. W. Atkins, R. S. Friedman, Molecular Quantum Mechanics, 4. Aufl., Oxford University Press, Oxford, 2004, ISBN 0-19-927498-3.
  • W. Kutzelnigg, Einführung in die Theoretische Chemie, Wiley-VCH, Weinheim, 2002, ISBN 3-527-30609-9.
  • J. Reinhold, Quantentheorie der Moleküle, 3. Aufl., Teubner, 2006, ISBN 3-8351-0037-8.

Interpretationen der Quantenmechanik

  • David Albert: Quantum Mechanics and Experience, Cambridge, MA: Harvard University Press 1992 Zugleich eine sehr gut und leicht lesbare Einführung mit sehr einfachen Modellen.
  • Kurt Baumann, Roman U. Sexl: Die Deutungen der Quantentheorie - 3., überarbeitete Aufl. Vieweg, Braunschweig 1987. (Facetten der Physik ; Band 11) Kritische Überlegungen, ergänzt mit berühmten Originalabhandlungen (in deutscher Übersetzung) von Max Born, Werner Heisenberg, Albert Einstein, Niels Bohr, Erwin Schrödinger, Wladimir Fock, David Bohm, John Stewart Bell, Bryce DeWitt - ISBN 3-528-28540-0
  • John Stewart Bell: Speakable and unspeakable in quantum mechanics. Cambridge University Press, Cambridge 1988 bündelt Bells Originalaufsätze; für Interpretationsfragen wichtig u.a. die Texte zur Bohmschen Interpretation, größtenteils physikalisch voraussetzungsreich
  • Jeffrey Bub: Interpreting the Quantum World, Cambridge University Press, Cambridge 1997.
  • Jeffrey Bub: The Interpretation of Quantum Mechanics, Reidel, Dordrecht 1974.
  • Nancy Cartwright: Another Philosopher Looks at Quantum Mechanics, or: What Quantum Theory is NotInstrumentalistische Reaktion auf Putnam 2005: Quantenmechanik kann als „lebende und arbeitende Theorie“ uninterpretiert bleiben.
  • Hong Dingguo: On the Neutral Status of QM in the Dispute of Realism vs. Anti-Realism, in: Cohen, Robert S / Hilpinen, Risto / Renzong, Qiu (Hgg.): Realism and Anti-Realism in the Philosophy of Science. Dordrecht: Kluwer Academic Publishers 1996, 307-316
  • Peter Forrest: Quantum metaphysics. Oxford: Blackwell 1988, ISBN 0-631-16371-9 Diskussion realistischer metaphysischer Interpretationsoptionen
  • Bas van Fraassen: Quantum Mechanics, An Empiricist View, Oxford University Press, Oxford 1991, ISBN 0-19-823980-7 Ausgearbeitete antirealistische Interpretation aus der Position des konstruktiven Empirismus
  • R. I. G. Hughes: The structure and interpretation of quantum mechanics. Cambridge, Mass. : Harvard Univ. Pr. 1989, ISBN 0-674-84391-6 Zugleich eine vollwertige, aber nur Schulmathematik voraussetzende Einführung in die Theorie
  • Tim Maudlin: Quantum Non-Locality and Relativity. Blackwell, Oxford U. K. and Cambridge MA 1994.
  • Hilary Putnam: A Philosopher Looks at Quantum Mechanics (Again), in: The British Journal for the Philosophy of Science 56/4 (2005), 615-634 Ablehnung „kopenhagener“ Interpretationen als bloßen Zurückweisungen eines wissenschaftlichen Realismus und der statistischen Interpretation (Born), Diskussion der wichtigsten verbleibenden realistischen Optionen: spontaner Kollaps (GRW) und Bohm
  • Michael Redhead: Incompleteness, nonlocality and realism: a prolegomenon to the philosophy of quantum mechanics. Oxford: Clarendon Pr. 1987, ISBN 0-19-824937-3 Eines der wichtigsten weiterführenden Werke, inklusive einer knappen Darstellung der Theorie
  • Hans Reichenbach: Philosophic Foundations Of Quantum Mechanics, University Of California Press 1944.
  • John Archibald Wheeler (Hg.): Quantum theory and measurement Princeton, NJ : Princeton Univ. Pr. 1983, ISBN 0-691-08315-0 Standard-Handbuch mit den wichtigsten Texten aus der Interpretationsgeschichte, umfangreicher und aktueller als Sexl / Baumann.

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Weblinks

Einzelnachweise

  1. Beispiele für die Anwendung der Quantenmechanik auf biologische Systeme finden sich z.B. in en:Quantum biology oder [1]
  2. Vgl. Max Planck: The origin and development of the quantum theory. Oxford, The Clarendon press 1922. Armin Hermann: Von Planck bis Bohr – Die ersten fünfzehn Jahre in der Entwicklung der Quantentheorie. In: Angewandte Chemie. Band 82, Nr. 1, 1970, S. 1–7, ISSN 0044-8249. Cathryn Carson: The Origins of the Quantum Theory. In: Beam Line (Stanford Linear Accelerator Center). Band 30, Nr. 2, 2000, S. 6–19.
  3. L. de Broglie: Recherches sur la théorie des Quanta. Doktorarbeit. Engl. Übersetzung (übers. A.F. Kracklauer): Ann. de Phys., 10. Serie, Band III, 1925
  4. G. P. Thomson: The Diffraction of Cathode Rays by Thin Films of Platinum. In: Nature. Band 120, 1927, S. 802
  5. C. Davisson und L. H. Germer: Diffraction of Electrons by a Crystal of Nickel In: Physical Review. Band 30, Nr. 6, 1927 doi:10.1103/PhysRev.30.705
  6. W. Heisenberg: Über quantentheoretische Umdeutung kinematischer und mechanischer Beziehungen. In: Zeitschrift für Physik. Band 33, 1925, S. 879–893.
  7. M. Born und P. Jordan: Zur Quantenmechanik. In: Zeitschrift für Physik. Band 34, 1925, S. 858
  8. M. Born, W. Heisenberg und P. Jordan: Zur Quantenmechanik II. In: Zeitschrift für Physik. Band 35, 1926, S. 557
  9. E. Schrödinger: Quantisierung als Eigenwertproblem I. In: Annalen der Physik. Band 79, 1926, S. 361–376. E. Schrödinger: Quantisierung als Eigenwertproblem II. In: Annalen der Physik. Band 79, 1926, S. 489–527. E. Schrödinger: Quantisierung als Eigenwertproblem III. In: Annalen der Physik. Band 80, 1926, S. 734–756. E. Schrödinger: Quantisierung als Eigenwertproblem IV. In: Annalen der Physik. Band 81, 1926, S. 109–139
  10. E. Schrödinger: Über das Verhältnis der Heisenberg-Born-Jordanschen Quantenmechanik zu der meinen. In: Annalen der Physik. Band 79, 1926, S. 734–756.
  11. P. A. M. Dirac: Principles of Quantum Mechanics. Oxford University Press, 1958, 4th. ed, ISBN 0-19-851208-2
  12. John von Neumann: Mathematische Grundlagen der Quantenmechanik. Springer Berlin, 1996, 2. Auflage. Engl. (autorisierte) Ausg. (übers. R. T. Beyer): Mathematical Foundations of Quantum Mechanics. Princeton Univ. Press, 1955 (dort p. 28 sqq.)
  13. M. Planck: The Universe in the Light of Modern Physics. WW Norton & Company, Inc., New York 1931
  14. A. Tonomura, J. Endo, T. Matsuda, T. Kawasaki und H. Ezawa: Demonstration of single-electron build-up of an interference pattern. In: American Journal of Physics. Band 57, 1989, S. 117–120. doi:10.1119/1.16104
  15. A. Einstein, B. Podolsky und N. Rosen: Can quantum-mechanical description of physical reality be considered complete?, In: Physical Review. Band 47, 1935, S. 777–780. [2]
  16. A. Aspect et al.: Experimental Tests of Realistic Local Theories via Bell's Theorem. In: Physical Review Letters. Band 47, 1981, S. 460. A. Aspect et al.: Experimental Realization of Einstein-Podolsky-Rosen-Bohm Gedankenexperiment: A New Violation of Bell's Inequalities. In: Physical Review Letters. Band 49, 1982, S. 91. A. Aspect et al.: Experimental Test of Bell's Inequalities Using Time-Varying Analyzers. In: Physical Review Letters. Band 49, 1982, S. 1804. M. A. Rowe, D. Kielpinski, V. Meyer, C. A. Sackett, W. M. Itano, C. Monroe und D. J. Wineland: Experimental violation of Bell's inequalities with efficient detection. In: Nature. Band 409, 2001, S. 791–794.
  17. Selbst wenn jedes Atom nur zwei mögliche Zustände einnehmen kann, hat das Gesamtsystem 2N unterschiedliche mögliche Zustande, wobei N bei makroskopischen Systemen die Größenordnung der Avogadrokonstante (~1024) annimmt.
  18. Omnes schätzt die Dekohärenzzeit für ein Pendel mit einer Masse von 10 g auf τd = 1.6 * 10 − 26s. Siehe R. Omnes: Understanding Quantum Mechanics. Princeton University Press, 1999, S. 202 und S. 75.
  19. Vgl. R. Omnès: Understanding Quantum Mechanics. Princeton University Press 1999; R. B. Griffiths: Consistent Quantum Theory. Cambridge University Press 2003; Robert B. Griffiths: Consistent histories and the interpretation of quantum mechanics, Journal of Statistical Physics 36/1-2 (1984), 219-272. Fay Dowker, Adrian Kent: On the Consistent Histories Approach to Quantum Mechanics, in: Journal of Statistical Physics 82 (1996), 1575-1646.
  20. Das Ergebnis einer (nicht repräsentativen) Umfrage zur Popularität verschiedener Interpretationen der Quantenmechanik findet sich in M. Tegmark: The Interpretation of Quantum Mechanics: Many Worlds or Many Words?. In: Fortschritte der Physik. Band 46, 1998, S. 855–862. Onlinedokument
  21. Karl Popper: Indeterminism in Quantum Physics and in Classical Physics I. In: The British Journal for the Philosophy of Science. Band 1, Nr. 2, 1950, S. 117–133; Karl Popper: Indeterminism in Quantum Physics and in Classical Physics II. In: The British Journal for the Philosophy of Science. Band 1, Nr. 3, 1950, S. 173–195.
  22. John G. Cramer: The Transactional Interpretation of Quantum Mechanics
  23. Karl Popper: Quantum Mechanics without “The Observer”. In: M. Bunge (Hrsg.): Quantum Theory and Reality. Springer, Berlin 1967; Karl Popper: Eine Welt der Propensitäten. Mohr Siebeck, 1995; Karl Popper: Die Quantentheorie und das Schisma der Physik. Mohr Siebeck, 2001, ISBN 3-16-147568-2; Nicholas Maxwell: Quantum Propensiton Theory. A Testable Resolution of the Wave/Particle Dilemma. In: The British journal for the philosophy of science. Band 39, 1988, S. 1–50


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