Metropol-Theater (Berlin Nollendorfplatz)

Metropol-Theater (Berlin Nollendorfplatz)
Das Neue Schauspielhaus, später Veranstaltungsort unter den Namen „Metropol“ und „Goya“

Das Neue Schauspielhaus auch als „Theater am Nollendorfplatz“, „Metropol“ und „Goya“ bekannte ehemalige Theater ist neben dem Hochbahnhof der U-Bahn das markanteste Gebäude am Nollendorfplatz in Berlin-Schöneberg. Errichtet wurde es 1905/1906 durch die Architekten Boswau & Knauer als „Neues Schauspielhaus“ mit Theatersaal und Konzertsaal. Der Autor und Theaterdirektor Herman Haller führte das „Theater am Nollendorfplatz“ von 1914 bis 1923. Erwin Piscator eröffnete darin von September 1927 bis September 1928 die Piscator-Bühne. In der Nachkriegszeit beherbergte es lange ein Kino und die bekannte Diskothek „Metropol“, bevor es 2005 in den noblen Speise- und Tanzclub „Goya“ umgewandelt wurde. Aufgrund Besuchermangels meldete der Club im März 2006 jedoch bereits Insolvenz an, und seit dem Juni 2007 wird es von einer Unternehmensberatung weitervermietet.

Inhaltsverzeichnis

Erbauung

Das Theater entstand in den Jahren 1905/1906 zeitgleich mit dem Bahnbau am Nollendorfplatz. Zunächst trug der unter Federführung von Albert Fröhlich im Büro Boswau & Knauer entworfene Theaterneubau den Namen „Neues Schauspielhaus“. Es entstanden ein Theater mit 1108 Plätzen und im gleichen Gebäude der vollständig mit Mahagoniholz verkleidete „Mozartsaal“, der als Konzertsaal gedacht war und in seiner pompösen Ausstattung den kaiserlichen Hof und das reiche Bürgertum ansprechen sollte.

Die Fassade wurde im klaren Stil der beginnenden Moderne gestaltet, noch verbunden mit einigen Anklängen an den zuvor dominierenden Jugendstil. Den Mittelpunkt bildet ein abgerundeter Vorsprung über dem Hauptportal mit Rundbogenfenstern. Überlebensgroße Figuren bringen pathetische Elemente hinein. Wie das Theater das ganze Spektrum des Lebens zeigt, so drücken die tanzenden Figuren Gefühle zwischen Glück und Angst aus. Den unteren Abschnitt schmücken lächelnde und traurige Steinmasken. Zwei Turmanbauten, die über das Haus hinauswachsen, unterstützen die in den Himmel strebende Wirkung der vertikalen Pfosten, Pfeiler und Anbauten. Den Dachabschluss bildet ein zurückweichender Giebel. Einige barocke Elemente, wie abgesetzte Ecken, sind ebenfalls vorhanden.

Das in der Erbauzeit wegen seiner uneinheitlichen und pompösen Fassadendekoration bespöttelte Bauwerk steht seit 1997 unter Denkmalschutz.

Theaterbühne

Mit Shakespeares Sturm eröffnet, widmete sich das Haus bald der leichten Muse. 1914 lief im Theater am Nollendorfplatz die Operette mit Musik von Walter Kollo Der Juxbaron, die bereits am 14. November 1913 im Carl Schultze-Theater in Hamburg mit dem jungen Hans Albers uraufgeführt worden war. Es fanden Uraufführungen mit Musik von Walter Kollo u. a. 1914 Immer feste druff, 1917 die Operette Drei alte Schachteln statt. Nach dem Ersten Weltkrieg versuchte man es als „Neue Scala“ mit Operette. Uraufgeführt wurden unter anderem Werke von Eduard Künneke: Die Vielgeliebte (1919), Wenn die Liebe erwacht (1920) und Der Vetter aus Dingsda (1921). Am 22. April 1927 fand die Uraufführung der Operette Drei arme kleine Mädels mit der Musik von Walter Kollo im „Theater am Nollendorfplatz“ statt

Ab September 1927 bis September 1928 zog Erwin Piscator mit seinem politischen Theater ein und nun hieß es wieder „Theater am Nollendorfplatz“. Die Eröffnung geschah durch Vermittlung der Schauspielerin Tilla Durieux in Berlin mit der Uraufführung von Ernst Tollers Hoppla, wir leben! (3. September 1927). Als Piscator-Bühne erlangte das Haus mit zeitkritischen Inszenierungen und einer neuartigen Bühnentechnik (Simultanbühne, Filmprojektion etc.) überregionale Bedeutung. John Heartfield entwarf Bühnenbilder, George Grosz Programmhefte und Bertolt Brecht arbeitete einige Zeit in der Dramaturgie.

Bühnenzeichnungen von George Grosz für eine Piscator-Inszenierung des Braven Soldaten Schwejk waren 1928/1931 Auslöser eines Gotteslästerungsprozesses gegen Grosz und den Verleger Wieland Herzfelde. Darunter war das berühmte Bild „Christus mit der Gasmaske“. Die Angeklagten wurden freigesprochen.

Am 22. Dezember 1928 fand wiederum die Uraufführung einer Operette mit Musik von Walter Kollo Jettchen Gebert im Theater am Nollendorfplatz statt.

Während der Nazijahre wurde die Bühne wieder für den Film und fürs Theater genutzt. Zunächst unterstand es dem Verband der Volksbühnen unter der Generalintendanz von Gustav Gründgens. Im März wurde es jedoch wieder abgetrennt und unter die Intendanz des populären Schauspielers Harald Paulsen gestellt, der in der Folge hier hauptsächlich Operetten aufführen ließ.

Nutzung als Kino

Schon 1911 wurde der Mozartsaal umgebaut, um auch Filme zeigen zu können. Große Beliebtheit erlangte das Kino unter der Direktion von Hans Brodnitz (ab 1922). Das Publikum wurde durch dessen Ideenreichtum immer wieder überrascht: So waren beispielsweise die Platzanweiserinnen immer in Kostümen gekleidet, die zum jeweiligen Filmthema passten .

1925 gab es die Premiere des ersten Ufa-Tonfilms Das Mädchen mit den Schwefelhölzern, der aber wegen technischer Mängel ein Misserfolg war. 1926 übernahm die Ufa das Kino und verringerte die Kapazität auf 996 Sitze. 1930 wurde es unter dem Architekt Georg Leschnitzer modernisiert.

Spektakulär war die Uraufführung des Films Im Westen nichts Neues nach dem gleichnamigen Roman von Erich Maria Remarque. Dieser Film passte nicht in das Programm der Nationalsozialisten. So organisierte Gauleiter Joseph Goebbels tagelange Proteste gegen den Anti-Kriegsfilm. Während der Filmpremiere am 6. Dezember 1930 setzten SA-Leute weiße Mäuse aus und legten Stinkbomben, um das Publikum aus dem Haus zu ekeln. Der Film wurde nach 1933 – wie auch Remarques Romanvorlage – verboten.

1942 wurden die „Lichtspiele Mozartsaal“ umbenannt in „Nollendorf-Palast“. Während des Zweiten Weltkriegs wurde das Theater durch Luftangriffe schwer beschädigt. Die Fassade, Foyer und der Mozartsaal blieben jedoch weitestgehend erhalten.

Nachkriegsgeschichte

Nach dem Krieg dient der Mozartsaal unter dem Namen „Neue Scala“ als Allzweckraum, in dem außer Filmvorführungen auch weniger erfolgreiche Varieté- und Revuevorstellungen gegeben wurden. Ab 1951 war er wieder ausschließlich Filmtheater und erlangte seinen bis heute bekannten Namen: „Metropol“. In den 1970er-Jahren kam es zur Spezialisierung auf pornographische Filme.

1977 wurde der Spielbetrieb eingestellt und eine Discothek hielt für lange Zeit Einzug. In den späten 1980er-Jahren war es eine der bekanntesten Diskotheken Berlins mit einer einzigartigen Lasershow – das Metropol. Auch die Prominenz gab sich dort die Ehre: Neil Tennant (Pet Shop Boys), Derek William Dick alias Fish (Marillion), Einstürzende Neubauten und Bela B. (Die Ärzte) wurden dort gesichtet. Unter der Woche fanden oft Konzerte statt: Depeche Mode spielte hier das erste Berlin-Konzert zur Debüt-LP. Ebenfalls Human League, O.M.D. und Front 242 traten hier auf, um nur einige zu nennen. Nach dem Höhepunkt Anfang der 1990er-Jahre verblasste der Ruhm in den folgenden Jahren vollkommen.

2000 zog der tabubrechende „KitKatClub“ ins Metropol ein. Wegen unüberbrückbarer Differenzen zwischen Inhaber (Vermieter) und dem KitKatClub zog dieser Club noch im gleichen Jahr dort wieder aus und suchte sich eine neue Location.

2005 wurde das Metropol unter großem Medieninteresse in den noblen Speise- und Tanzklub „Goya“ umgewandelt. Der Umbau kostete elf Millionen Euro und wurde von Hans Kollhoff entworfen. Das Projekt wurde in Form einer Aktiengesellschaft finanziert, zahlreiche Prominente hatten sich beteiligt. Aufgrund Besuchermangels meldete der Club im März 2006 nach fünf Monaten Betrieb jedoch bereits Insolvenz an. Am 16. Juni 2007 wurde es wiedereröffnet. Der Betreiber (die Unternehmensberatung TREUGAST Solutions Holding GmbH), der auch das Tempodrom führt, hat die Immobilie für zehn Jahre gemietet.

2008 gab Miley Cyrus ihr deutschlandweit erstes Konzert im Goya-Club.

Sonstiges

Ab Ende der 1950er-Jahre traf sich im Metropol regelmäßig die Berliner Jesus-People-Gemeinde, eine interkonfessionelle freikirchliche Gemeinde, die später unter Pastor Volkhard Spitzer populär wurde.

Weblinks

52.49888333333313.3526694444447Koordinaten: 52° 29′ 55,98″ N, 13° 21′ 9,61″ O


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