Metallischer Wasserstoff

Metallischer Wasserstoff
Skizze der vier Gasplaneten des Sonnensystens. Um den Kern befindet sich metallischer Wasserstoff.

Metallischer Wasserstoff wird eine Hochdruckmodifikation des Wasserstoffs genannt. Seine Existenz wurde theoretisch vorhergesagt und ist bislang nur bei sehr hohen Temperaturen nachgewiesen worden. Es wird vermutet, dass metallischer Wasserstoff im Inneren von Gasplaneten wie Jupiter vorkommt.

Inhaltsverzeichnis

Grundlagen

Der metallische Zustand zeichnet sich dadurch aus, dass die jeweils äußersten Elektronen eines Elementes – das sind genau diejenigen, die auch für die chemischen Bindungen zuständig sind – sich im elementaren Zustand im „Leitungsband“ befinden. Da es beim Wasserstoff – im Gegensatz zu allen anderen Elementen – nur ein einziges Elektron je Atom gibt, müsste der Einbau dieses Elektrons in das Leitungsband dazu führen, dass ein Gitter aus Atomkernen (Protonen) resultiert, mit einem Abstand voneinander, der aufgrund nicht vorhandener innerer Elektronen eventuell wesentlich kleiner ist als der Bohrsche Radius, vergleichbar mit einer Elektronen-Wellenlänge (siehe auch Materiewelle).

Vorhersage

Obgleich das Periodensystem der Elemente von einer Spalte mit Alkalimetallen angeführt wird, ist Wasserstoff unter gewöhnlichen Bedingungen selbst kein Alkalimetall. Eugene Wigner sagte jedoch 1935 voraus, dass sich unter extremem Druck die Wasserstoff-Atome wie die restlichen Elemente der ersten Hauptgruppe verhalten würden und ihren alleinigen Besitz über ihre Elektronen aufgeben würden. D. h. die Elektronen würden sich im „Leitungsband“ aufhalten und sich somit wie in einem metallischen Leiter verhalten.[1]

Erforschung

Der erforderliche extrem hohe Druck machte eine experimentelle Bestätigung lange Zeit unmöglich. Im März 1996 berichteten S. T. Weir, A. C. Mitchell und W. J. Nellis vom Lawrence Livermore National Laboratory, dass sie für ungefähr eine Mikrosekunde bei mehreren tausend Kelvin und Drücken von mehr als 1011 Pascal (einer Million Bar) den ersten identifizierbaren metallischen Wasserstoff hergestellt haben. Hiermit war eine sechzigjährige Suche erstmals erfolgreich. Sie benutzten dazu Stoßwellen, die flüssigen Wasserstoff und Deuterium für kurze Zeit sehr stark verdichteten und dabei auch aufheizten. Dabei zeigte sich, dass bei Drücken ab 100 GPa der elektrische Widerstand stark abnahm, der Wasserstoff also zunehmend metallischer wurde. Gleichzeitig zeigte sich, dass die Leitfähigkeit stark temperaturabhängig ist. Bei einer Temperatur von 3000 Kelvin beträgt der Übergangsdruck zur metallischen Phase etwa 140 GPa.[2]

Da Wasserstoff bei niedrigeren Temperaturen nicht dissoziiert vorliegt, ist es schwerer, bei diesen eine Phasenumwandlung in eine metallische Modifikation zu erreichen und es bedarf deutlich höherer Drücke. Daher konnte bislang auch kein metallischer Wasserstoff bei tiefen Temperaturen experimentell hergestellt werden. Bei Drücken bis zu 342 GPa konnten keine Hinweise auf metallischen Wasserstoff gefunden werden.[3] Es werden Umwandlungsdrücke von etwa 450 GPa vermutet.[4]

Liegt Wasserstoff dagegen in einem Rydberg-Zustand vor, so wird auf Grund der gemessenen Bindungslänge von 150 pm vermutet, dass es sich um eine metallische 3D-Struktur und keine Moleküle handelt.[4]

Forscher vom Max-Planck-Institut für Chemie berichten[5] bei 25°C und 2,2 Megabar (220 GPa) Druck Wasserstoff in einen Halbleiterzustand und bei weiterer Drucksteigerung auf 2,7 Megabar in einen metallischen zustand gebracht zu haben.

Astrophysik

Es wird vermutet, dass metallischer Wasserstoff im Inneren von Jupiter und anderen Gasplaneten vorkommt. Es bildet dabei – vermischt mit Helium – eine Schicht, die um den Kern unbekannter Zusammensetzung herum angeordnet ist. Weiter außen folgt dann eine weitere Schicht mit molekularem Wasserstoff.[6]

Anwendungen

Eine Methode für die Kernfusion besteht darin, einen Laserstrahl auf Pellets aus Wasserstoff-Isotopen zu richten. Das zunehmende Verständnis für das Verhalten von Wasserstoff unter extremen Bedingungen kann helfen, die Energieausbeute zu steigern.[7]

Einzelnachweise

  1. E. Wigner, H. B. Huntington: On the Possibility of a Metallic Modification of Hydrogen. In: J. Chem. Phys. 1935, 3, S. 764-770, doi:10.1063/1.1749590.
  2. S. T. Weir, A. C. Mitchell, W. J. Nellis: Metallization of Fluid Molecular Hydrogen at 140 GPa (1.4 Mbar). In: Phys. Rev. Lett. 1996, 76, S. 1860-1863, doi:10.1103/PhysRevLett.76.1860.
  3. Chandrabhas Narayana, Huan Luo, Jon Orloff, Arthur L. Ruoff: Solid hydrogen at 342 GPa: no evidence for an alkali metal. In: Nature. 1998, 393, S. 46-49, doi:10.1038/29949.
  4. a b Shahriar Badiei and Leif Holmlid: Experimental observation of an atomic hydrogen material with H–H bond distance of 150 pm suggesting metallic hydrogen. In: J. Phys.: Condens. Matter. 2004, 16, S. 7017–7023, doi:10.1088/0953-8984/16/39/034.
  5. Max-Planck Institut für Chemie: Hoher Druck macht Wasserstoff metallisch, Datum: 17. November 2011, Abgerufen: 18. November 2011
  6. Fran Bagenal, Timothy Edward Dowling, William B. McKinnon: Jupiter: the planet, satellites and magnetosphere. Band 1, Cambridge University Press, 2004,ISBN 978-0-521-81808-7.
  7. GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung: Der andere Weg zur Kernfusion. 11. August 2003, eingesehen am 27. November 2009.

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