Mesbah Yazdi

Mesbah Yazdi

Mohammad-Taghi Mesbah Yazdi (meist nur Mesbah Yazdi, aber auch Muhammad Taqi Mesbah Yazdi) (* 1934 in Yazd) ist ein schiitischer Ayatollah im Iran. Yazdi gilt als fundamentalistischer Chefideologe des iranischen Regimes sowie geistiger Mentor des iranischen Staatspräsidenten Mahmud Ahmadineschad.

Inhaltsverzeichnis

Ausbildung

Yazdi begann 1952 mit dem Studium der islamischen Theologie in Qom und trat 1975 die Leitung der extremistischen Haghani-Schule in Qom an.[1] Die Haghani-Schule vertritt eine bestimmte, traditionalistische Version der Scharia. Zahlreiche Absolventen der Haqqani-Schule haben Eingang in höchste Kreise der iranischen Justiz, Geheimdienst und Verfassungsorgane erhalten,[2] der sogenannte „Haqqani-Zirkel“.[3]

Weiterhin ist Mesbah Yazdi Leiter des ebenfalls in Qom befindlichen Imam-Khomeini-Instituts, Zentrum für islamische Bildung und wissenschaftliche Studien, abgekürzt Qabas.

Religiöse Ansichten

Als Leiter der Haqqani-Schule in Qom vertritt Mesbah Yazdi die Überzeugung, „dass die iranische Gesellschaft keine islamische Gesellschaft sei. Die Frauen spielten nicht die Rolle, die ihnen im Islam zugedacht sei. An den Schulen, Hochschulen, in den Fabriken und in den Behörden herrsche eine unislamische, schmutzige Moral. In den Bussen, in den Parks, in den Lehreinrichtungen, in den Behörden und an anderen Arbeitsplätzen müsse für eine strikte Trennung der Geschlechter gesorgt werden“.[4] Demokratie, Freiheit und Menschenrechte hätten keinen Platz in der islamischen Theologie.[5]

Yazdi ist bekannt für seine fundamentalistischen Ansichten, z. B. verkündete er im Jahr 2000, dass „jeder, der den Islam beleidigt, getötet werden muss“.[6] Mesbah Yazdi befürwortet nicht nur generell die Todesstrafe, sondern stellt diese als islamischen Grundsatz dar. „Jeder der islamische Grundsätze wie diese infrage stelle, müsse auf der Stelle getötet werden.“[7]

Er unterstützt ausdrücklich Märtyreroperationen und der Iran soll zu diesem Zweck Märtyrereinheiten aufstellen, die im Falle eines Angriffs auf den Iran ausgeschickt werden sollen, um den Islam „zu verteidigen“.[8][9] Wegen dieser radikalen Ansichten ist Yazdi auch im religiösen Establishment des Iran umstritten,[10] selbst innerhalb des konservativen Lagers.[11]

Mesbah Yazdi ist Mitglied, möglicherweise „de facto Kopf“ der Geheimgesellschaft Hojjatieh[12] und wird als Chefideologe des Systems[13] bezeichnet. Die "Hojjatieh" hat ihre Zielrichtung in den Jahrzehnten ihres Bestehens mehrfach geändert, und in den 2000er Jahren den Thesen Yazdis angenähert.[14] Die "Hojjatieh" ist eine Organisation, deren Zielsetzung häufig so beschrieben wird, dass sie dazu aufruft, durch das Stiften von Chaos, die Rückkehr des verborgenen Imams Mahdi zu beschleunigen. Nach einer unter einem Teil des schiitischen Klerus verbreiteten Vorstellung soll der Mahdi aus einem trockenen Brunnen in Jamkaran bei Qom entsteigen um seine Herrschaft anzutreten. Dafür wurde mit großem baulichem Aufwand eine Allee angelegt. Jamkaran soll als Pilgerstätte mittlerweile bedeutender sein als Mashhad.

Yazdi sprach sich in einem Buch verklausuliert für den Bau von Atomwaffen aus. Der Iran sollte sich nicht der Möglichkeit berauben, „spezielle Waffen“, die bisher das Privileg einiger weniger Staaten seien, zu entwickeln.[15] Bereits im Februar 2006 erklärte Mesbah Yazdi über seinen Sprecher, dass der Einsatz von Atomwaffen als Gegenmaßnahme nicht der Scharia widersprechen würde.[16]

Politische Macht

Yazdi hatte während der iranischen Revolution unter Ruhollah Chomeini keine Führungsposition inne und gehörte nicht zum inneren Machtzirkel. Kritiker halten ihm vor, ein machthungriger Opportunist zu sein, der an keiner Anti-Schah-Demonstration teilnahm.[17] Erst unter Seyyed Ali Chamene'i gelang ihm der Aufstieg und Einzug in den Expertenrat, ebenso verdankt er ihm heute den Vorsitz über die religiöse Stiftung Qabas.[18] Mesbah Yazdi bezeichnet den Iran nicht als Republik, da seiner Meinung nach, nur der Oberste Rechtsgelehrte eine Führungsbefugnis hat und diese absolut sei.[19]

1990 (Wahlbezirk Chuzestan) und 1998 (Wahlbezirk Teheran, 9. Platz)[20] wurde Yazdi in den Expertenrat gewählt. Der Expertenrat, der alle acht Jahre gewählt wird, hat die Aufgabe den geistigen Führer Irans, den Revolutionsführer, einzusetzen und verfügt zumindest über die theoretische Möglichkeit diesen auch wieder abzusetzen. Am 15. Dezember 2006 (4. Wahlperiode) trat Yazdi als erster Kandidat des ultra-konservativen Lagers zu den Wahlen zum Expertenrat an, um den Vorsitz zu erringen. Sein wichtigster Gegenkandidat war Alī Akbar Hāschemī Rafsandschānī, mit dem er sich im Vorfeld der Wahl einen erbitterten Wahlkampf lieferte. Der Wahlausgang war enttäuschend für Yazdi. Er landete auf dem siebten Platz, während Rafsandschānī die Wahl, für viele Beobachter überraschend, für sich entschied.[21]

Auswirkungen

Yazdi ist der ideologische und geistige Mentor des iranischen Staatspräsidenten Mahmud Ahmadineschad. Unter anderem wird berichtet dass er Mahmud Ahmadineschad bei der Präsidentschaftswahl 2005 unterstützt habe, indem er eine Fatwa erließ, die alle Anhänger der Basitschi-Miliz aufforderte, Ahmadineschad zu wählen.[22]

Yazdis eschatologische Ansichten, die grundsätzlich auf schiitischer Lehre basieren, spiegelte sich auch in der Rede, welche Mahmud Ahmadineschad im September 2005 vor der UN-Vollversammlung hielt, als dieser flehentlich darum bat, dass der zwölfte Imam wiedererscheinen möge. Diese Erwartung der Rückkehr des „verborgenen Imam“ ist allerdings ein wesentlicher Bestandteil des schiitischen Islam. Es wird auch berichtet, dass die Versuche der iranischen Regierung, eine „zweite islamische Revolution“ zu starten und der ins Stocken geratenen islamischen Revolution im Iran zum Sieg zu verhelfen, durch Yazdi beeinflusst seien.

Zur umstrittenen Wiederwahl von Mahmud Ahmadinedschad anlässlich der Präsidentschaftswahl 2009 und dessen Bestätigung durch Revolutionsführer Ali Chamene'i bemerkte Mesbah Yazdi: „Wenn der Präsident die Unterstützung des herrschenden Rechtsgelehrten hat, kommt der Gehorsam gegen den Präsidenten dem Gehorsam gegen Gott gleich. [...] Wenn der oberste Führer den Präsidenten einsetzt strahlt das Licht des obersten Führers auch auf den Präsidenten ab.“[23] Yazdi vertritt die Ansicht, dass die Richtlinien der Staatsführung von Gott kämen und durch den Revolutionsführer verkündet würden.[24] Daneben vertritt er die Auffassung, dass Chatami und Rafsandschani die Ideale der islamischen Revolution verraten und das Land auf Abwege geführt zu haben. Der anzustrebende „lupenreine“ Gottesstaat müsse von allen verderblichen westlichen Einflüssen und von republikanischen Tendenzen gereinigt werden.[25]

Gemäßigtere Kräfte im Iran gehen mittlerweile davon aus, dass Teile der Staatsführung inklusive Militär, Polizei und sonstiger Exekutive von Anhängern der Hojjatieh beherrscht werden. In diesem Zusammenhang ist auch die Aussage des ehemaligen Präsidenten Alī Akbar Hāschemī Rafsandschānī zu verstehen, der nach der verlorenen Präsidentschaftswahl 2005 meinte, seine Niederlage sei einer gegen ihn gerichteten Verschwörung geschuldet.

Nationale Aufmerksamkeit erregten mehrere Verhandlungen vor verschiedenen Gerichten gegen sechs Mitglieder der Basidsch-e Mostaz'afin. Ihnen wurde vorgeworfen, im Jahre 2002 als Serienmörder in Kerman (Iran) fünf von 18 Menschen getötet zu haben. Die Angeklagten beriefen sich in ihrer Verteidigung explizit auf eine Fatwa von Mesbah Yazdi, die lautet: „der Mörder eines Abtrünnigen vom Islam, dessen Schuld nachweisbar sei, wird nicht verurteilt“ (Mahdur ul-Dam).[26] 2007 hat der oberste iranische Gerichtshof die vorangegangen drei Verurteilungen aufgehoben.[27]

Triviales

International bekannt wurde eine Karikatur von Nikahang Kosar[28], in der Mesbah Yazdi als „Krokodil“ erscheint. Yazdi, ein entschiedener Gegner der Pressefreiheit, stellt dabei eine mit Tränen überströmte Echse dar, die wehklagend ausruft: „Warum hilft mir denn keiner gegen diesen gedungenen Schreiberling.“ Als Schreiberling hatte sich der Nikahang Kosar selbst gezeichnet, der vom Schwanz der Echse erwürgt wird.[29]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Alessandro Topa: qantara.de vom 16. November 2010 Angriff auf das freie Denken
  2. Ali Schirazi: Iran: Die heimliche Regierung tritt aus dem Schatten, 31. August 2005
  3. droi.wordpress.com, 9. November 2009 The Haghani Circle (Hojjatieh?)
  4. Festschrift zum 25-jährigen Bestehen der Schule für Verfassungsschutz, 2007
  5. Bahram Rafiee: payvand.com vom 9. Juli 2010 Mesbah Yazdi from Ayatollah Khamenei's Office: Democracy and Human Rights Have No Place in Islamic Theology
  6. Birgit Cerha: Präsident bläst zum Kulturkrieg. Bericht im Kölner Stadtanzeiger vom 31. Januar 2006
  7. Katajun Amirpur: Der Unfehlbare. DIE ZEIT, 14. Dezember 2006, Nr. 51
  8. memri.org vom 25. Juli 2005 Spiritual Advisor of Iran's President-Elect Calls on Iranian Volunteers to Carry Out Martyrdom Operations
  9. Heinrich Böll Stiftung: Iran Report 09/2005
  10. A. Savyon und Y. Mansharof: memri.org, Mai 2007 The Doctrine of Mahdism
  11. Semiramis Akbari: HSFK-Report 9/2006 Grenzen politischer Reform- und Handlungsspielräume in Iran
  12. Ilan Berman: Understanding Ahmadinejad, 1. Juni 2006
  13. Asghar Schirazi: linksnet.de vom 12. Oktober 2010
  14. roozonline.com vom 29. Oktober 2010 Hojatieh Society: 57 Years in the Shadow
  15. DiePresse.com vom 15. Juni 2010 Ayatollah für Bau von Atomwaffen
  16. MEMRI.org vom 16. Februar 2006 iranvajahan.net Religious Law Does Not Forbid Use of Nuclear Weapons
  17. Durham University: Centre for iranian Studies Understanding Iran’s Assembly of Experts
  18. Nazila Fathi: nytimes.com vom 25. November 2006 Iranian Clerics’ Angling Stirs Worry on Absolute Rule
  19. Katajun Amirpur: Der Unfehlbare. DIE ZEIT, 14. Dezember 2006, Nr. 51
  20. iranonline.com Members of Assembly of Experts, 1999
  21. Heinrich Böll Stiftung: Iran Report 01/2007
  22. Alfred Hackensberger: heise.de vom 5. Februar 2006 Eine Frage von Gut und Böse, Gott und Teufel
  23. Ahmadinedschad hat göttliche Autorität reuters.de vom 13. August 2009
  24. Heinrich Böll Stiftung: Iran Report 10/2005
  25. Heinrich Böll Stiftung: Iran Report 11/2006
  26. Kasra Naji: Ahmadinejad. The secret history of Iran´s radical Leader. Berkeley: University of California Press, 2008. ISBN 978-0-520-25663-7. Seite 103
  27. Nazila Fathi: nytimes vom 19. April 2007 Iran Exonerates Six Who Killed in Islam’s Name
  28. Karikatur von Nikahang Kosar mit Yazdi als Krokodil
  29. Victor und Victoria Trimondi: Politische Apokalyptik Der gemeingefährliche Messias-Komplex des Mahmoud Ahmadinedschad

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