Merseburger Dom

Merseburger Dom
Dom zu Merseburg am Tag der Wiedereröffnung des Kapitelhauses im Jahre 2006

Der Merseburger Dom St. Johannes der Täufer und Laurentius repräsentiert das Hochstift Merseburg. Der Dom ist eine Station an der Straße der Romanik.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Kirche des Merseburger Domkapitels geht auf die von Heinrich I. gestiftete Johanniskirche zurück. Der Grundstein für den Bau einer repräsentativen Kathedrale des Bistums Merseburg wurde am 8. Mai 1015 durch den Bischof Thietmar von Merseburg (Thietmar von Walbeck) gelegt, der sich in seiner umfangreichen Chronik nicht ausführlich zum Bau und den dahinter stehenden kirchlichen und künstlerischen Absichten äußert. Die erste Weihe des viertürmigen Kirchbaus auf das Laurentiuspatrozinium fand am 1. Oktober 1021 in Anwesenheit Heinrichs II. statt. Nach zwei Einsturzunglücken und nach dem Wiederaufbau erfolgte 1042 eine zweite Weihe. Neben der nach 1036 begonnenen Krypta sind vom ursprünglichen romanischen Baukörper nur noch Teile erhalten, und zwar die runden Chorbegleittürme aus der Mitte des 11. Jahrhunderts, die Untergeschosse der Westtürme und die unteren Wandteile des Querschiffs mit den beiden östliche Apsiden.

Durch den Merseburger Bischof Werner von Wolkenburg wurde, wohl in Vollendung des ursprünglichen Baukonzeptes, der Bau eines fünften Turmes über der Vierung eingeleitet, der allerdings 1230 einstürzte. Besagtem Bischof ist auch geschuldet, dass Rudolf von Rheinfelden, der 1080 einer in der Schlacht bei Hohenmölsen erlittenen Verwundung erlegen war, seine Grablege im Merseburger Dom fand, obwohl der Tod des gebannten Gegenkönigs (1077-1080 gegen Heinrich IV.) von nicht wenigen Zeitgenossen als Gottesurteil angesehen wurde.

Durch spätere Umbauten, vor allem in der Zeit zwischen 1510 und 1517 unter Thilo von Trotha, ist der Dom im Stil der Renaissance überformt. Aus der basilikalen Anlage des Langhauses wurde dabei eine Hallenkirche.

Für die weitgehend verlorene Glasmalerei von 1280 hat Charles Crodel von 1947 bis 1960 in moderner Fortschreibung der mittelalterlichen Bildsprache ähnlich wie im Erfurter Dom und im Dom zu Halberstadt Ersatz geschaffen. Crodel führte die Glasmalerei eigenhändig bei Ferdinand Müller in Quedlinburg aus.

Am 17. August 2006 wurde das renovierte Kapitelhaus in einem Festakt in Anwesenheit des Kultusministers Jan-Hendrik Olbertz und des Bischofs Axel Noack eingeweiht. Gemeinsam mit dem Schloss und Schlossgarten in Merseburg gehört der Dom zum Netzwerk Gartenträume Sachsen-Anhalt

Bronzegrabplatte des Gegenkönigs Rudolfs von Rheinfelden mit den Reichsinsignien. Sie war einst vergoldet und mit Edelsteinen ausgelegt.

Ausstattung

Ein Holzkruzifix aus dem Jahr 1240 steht direkt vor der Vierung.

Das bedeutendste Kunstwerk ist die Grabplatte Rudolfs von Schwaben, der am 15. Oktober 1080 starb. Es gilt als ältestes Bildnisgrabmal des deutschen Mittelalters. Hervorzuheben ist hier besonders die technische Perfektion des Bronzegusses.

Der Merseburger Taufstein stammt aus der Zeit um 1180.

Grabplatte eines Ritters (Hermann) von Hagen (Hayn/Hahn) aus der Mitte des 13. Jh., dessen Erschaffung dem "Naumburger Meister" bzw. dessen Werkstatt zugerechnet wird.

Das Bronzegrabmal des Bischofs Thilo von Trotha, gestorben 1514, wurde vermutlich von Hermann Vischer d.Ä. um 1470/80, also noch vor seinem Tod angefertigt.

Grabmal für den Magdeburger Erzbischof Friedrich II. von Hoym.

Orgel

Ladegast-Orgel hinter barockem Prospekt (um 1700)

Der Dom enthält hinter einem barocken Prospekt von ca. 1700 eine der größten romantischen Orgeln in Deutschland, geschaffen in zwei Etappen 1855 und 1866 von dem Orgelbauer Friedrich Ladegast. Von 2003-2006 wurde sie durch die Orgelbauer Eule, Scheffler und Wegscheider umfassend restauriert. Auf dieser Orgel wurde 1856 Präludium und Fuge über den Namen B-A-C-H von Franz Liszt uraufgeführt. Sie hat folgende Disposition:[1]

I Rückpositiv C–g3
Bordun 16′
Principal 8′
Flautotraverso 8′
Fugara 8′
Bordun 16′
Quintatön 8′ A
Octave 4′ A
Gedeckt 4′
Octave 2′
Bordun 16′ A
Mixtur IV 11/3
Cornett II–IV
Oboe 8′ [Anm. 1]


II Hauptwerk C–g3
H Bordun (ab c0) 32′
V Principal 16′
H Bordun 16′
V Principal 8′
H Hohlflöte 8′
H Doppelgedeckt 8′
H Gambe 8′
H Gemshorn 8′
H Quinte 51/3
V Octave 4′
V Gedeckt 4′ A
V Gemshorn 4′ A
V Doublette 4′+2′
V Quinte 22/3 A
V Octave 2′ A
V Mixtur IV 2′ A
V Scharff IV 1′
V Cornett III–V 22/3
H Fagott 16′ [Anm. 1]
V Trompete 8′
III Oberwerk C–g3
Quintatön 16′
Principal 8′
Rohrflöte 8′
Flaute amabile 8′
Gambe 8′
Gedeckt 8′
Octave 4′ A
Spitzflöte 4′ A
Rohrflöte 4′ A
Quinte 22/3 A
Waldflöte 2′ A
Terz 13/5 A
Sifflöte 1′ A
Mixtur IV A
Schalmey 4′ A
Octave 8′ A


IV Brustwerk
(schwellbar)
C–g3
Lieblichgedackt 16′
Geigenprincipal 8′
Flauto dolce 8′
Salicional 8′
Unda maris 8′
Lieblichgedackt 8′
Octave 4′
Zartflöte 8′
Salicional 4′ A
Nassat 22/3 A
Cymbel III 2′ A
Progressivharmonika II–IV
Aeoline 16′ [Anm. 1]
Pedal C–f1
3. Untersatz 32′
1. Principal 16′
3. Violonbaß 16′
1. Salicebaß 16′
1. Subbaß 16′
2. Großnassat 102/3
1. Principal 8′
1. Baßflöte 8′
2. Violoncello 8′
2. Terz 62/5 A
2. Rohrquinte 51/3 A
1. Octave 4′ A
2. Scharfflöte 4′ A
2. Flöte 4′
2. Mixtur IV [Anm. 2]
2. Cornett IV 22/3
3. Posaune 32′
  • Koppeln: I/II, III/II, IV/II, I/P, II/P, III/P.
  • Spielhilfen: 3 Ventile für die Laden des Pedals, Baß-Coppel, mit Registerzug oder zwei Tritten (an-ab) zu bedienen, schaltet die Ventile für die 2. und 3. Lade gemeinsam, Tritt und Zug für das Schwellwerk.
Anmerkungen
  1. a b c Durchschlagend.
  2. 1866 Trompete 4′.
A = Alt, Übernahme vorhandener Register aus dem 17./18. Jahrhundert.
H/V = Hinter- bzw. Vorderlade für Sperrventile.
1./2./3. = 1., 2. bzw. 3. Lade für Sperrventile.

Glocken

Die zehn Glocken des Domes sind auf die beiden Westtürme, den Mittelbau und den Turmhelm verteilt. Mit einer umfassenden Restaurierung bekam jede Glocke einen neuen Klöppel sowie ein neues Holzjoch. Das Geläut wurde nach der ursprünglichen Aufhängung verteilt und in die zum Teil gotischen und barocken Glockenstühle gehängt. Im Dezember 2001 erklang das Domgeläut zum ersten Mal nach der Sanierung.[2] Seit dem Jahre 2002 ist die Clinsa wieder gesprungen. Seit der letzten Schweißung ist ein handgeschmiedeter Klöppel eingehängt worden, der formlich dem historischen Vorbild nahekommt.

Nr.
 
Name
 
Gussjahr
 
Gießer, Gussort
 
Durchmesser
(mm)
Masse
(kg)
Nominal
(HT-1/16)
Glockenstube
 
1 Benedicta ~1280 unbekannt 1568 ~3000 es1 0−5 Südwestturm
2 Clinsa ~1180 1312 1960 f1 00−7 Nordwestturm
3 Nona 1458 unbekannt,
vom gleichen Gießer
957 ~600 b1 00−1 Mittelbau
4 Quarta 851 ~450 c2 00−2
5 1479 unbekannt 825 ~420 d2 00±0
6 Horaglöcklein 1538 460 59 b2 00−4
7 Bienenkorbglocke Anfang
13. Jh.
472 113 des3
8 Zuckerhutglocke 416 58 d3
I Stundenglocke 1474 1060 ~500 ges1 +1 Turmhelm
II Viertelglocke 1722 Peter Becker, Halle 608 ~120  ?

Literatur

  • Peter Ramm: Der Dom zu Merseburg, Bd 464. 3., aktualisierte Auflage, Deutscher Kunstverlag München/Berlin 2008, ISBN 978-3-422-02140-2
  • Peter Ramm: Dom und Schloss zu Merseburg, Deutscher Kunstverlag München/Berlin 2008, ISBN 978-3-422-02155-6
  • Rolf Toman (Hrsg.): Die Kunst der Romanik. Architektur – Skulptur – Malerei, Köln 1996, S. 313
  • Vereinigte Domstifter zu Merseburg und Naumburg und des Kollegiatstifts Zeitz (Hrsg.): Der Merseburger Dom und seine Schätze. Zeugnisse einer tausendjährigen Geschichte. Petersberg 2008, ISBN 978-3-86568-408-0.

Weblinks

 Commons: Merseburger Dom – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. http://www.inw.hs-merseburg.de/~buchanan/orgel/merorgel.htm
  2. Constanze Treuber u. a.: Gegossene Vielfalt. Glocken in Sachsen-Anhalt. Hinstorff, Rostock 2007, S. 105–114.

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