Merengue

Merengue

Merengue [meˈɾeŋɡe] (spanisch  für „Meringe“, „Baiser“) ist eine lateinamerikanische Musikrichtung aus der Dominikanischen Republik und der dazugehörige Tanz.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte und Verbreitung

Ursprünglich sollen die „Baisers“, eine Süßspeise aus Eischnee und Zucker, im Schweizer Ort Meiringen erfunden worden sein. Am französischen Hof unter Ludwig XV. waren sie sehr beliebt und wurden „Meringues“ genannt. Französische Kolonialisten brachten sie in den Westteil der Insel Hispaniola (heute Haiti) mit. Warum die Süßspeise der Musik den Namen gab, ist unbekannt. Allerdings entspricht der Name dem Charakter Hispaniolas: Zucker war einer der Hauptexportartikel der Kolonialinsel. Die Ursprünge bleiben im Dunkeln - lange Zeit blieb er auf der Insel unbeachtet. Mitte des 19. Jahrhunderts war der Merengue nur unter der Landbevölkerung zu Hause, dagegen nahmen ihn die exklusiven Salons der Städte mit ihren Tanzorchestern nicht wahr. Das änderte sich schlagartig unter der Ära Rafael Trujillos. Der Diktator entdeckte in den 1930er-Jahren den Merengue als Propagandamittel und wurde zum großen Förderer der Musik. Allerdings war ihm der Merengue nicht „europäisch“ genug. Er wies daher die Komponisten an, mehr Orchesterinstrumente in die Arrangements aufzunehmen, ließ die Musik in den staatlichen Radioprogrammen spielen, er inszenierte prachtvolle Bälle, die er selbst als Tänzer eröffnete, und initiierte verschiedene Merengue-Festivals, insbesondere in Santo Domingo (welche er in „Ciudad Trujillo“ umbenannte).

Die Entwicklung ließ sich von da an nicht mehr aufhalten: auch nach dem Tod Trujillos 1961 wurde der Merengue geradezu zum nationalen Kulturgut, mit dem sich alle Dominikaner identifizieren. Das berühmte „Festival del Merengue“ im Juli in Santo Domingo ist immer noch der wichtigste Musik-Wettbewerb des Merengue, neben den Weihnachtsfeiern im Dezember, dem Merengue-Festival in Puerto Plata im Oktober oder den Karnevalsfeiern in Santo Domingo, La Vega und Santiago de los Caballeros. Das Datum des „Festival del Merengue“ ist mit dem nationalen Feiertag Puerto Ricos abgestimmt, dem 25. Juli. Abgesehen davon, dass die Puerto Ricaner die Verabschiedung ihrer Konstitution mit vier Feiertagen krönen, in denen sie zum Festival auf die Nachbarinsel reisen können, ist der Merengue in Puerto Rico nicht nur äußerst populär, Puerto Rico hat auch viele sehr bekannte Merengue-Musiker hervorgebracht. Weitere Merengue-Festivals gibt es noch in Miami, wo der Merengue im berühmten „Premio Lo Nuestro“ verschiedene Kategorien einnimmt, sowie in Venezuela. Auf den englischsprachigen Karibikinseln finden sich rhythmische Anklänge im Calypso, der aber aufgrund der kulturellen Verschiedenheiten eine andere Entwicklung nahm.

Musik und Stil

Merengue wird im Zwei-Viertel-Takt gespielt. Jeder Taktschlag wird durch einen Trommelschlag deutlich betont, was den Rhythmus eingängig und simpel macht. Das Tempo der Stücke variiert von 120 bis 180 bpm.

Die Instrumentierung war ursprünglich ländlich geprägt: Tamboras, Güiras und später im 20. Jahrhundert das Akkordeon. Diese traditionellen Merengue-Combos, die aus nur zwei bis vier Musikanten bestanden, wurden auch „perico ripiaos“ genannt. Sie waren mobil und konnten auf Fiestas im Hause oder unter freiem Himmel aufspielen. Mit der zunehmenden Beliebtheit auch in den städtischen Tanzsalons und auf dem internationalen Musikmarkt wurden in Merengue-Gruppen auch Piano, Bass, Blechbläser und Saxophone aufgenommen. Im Techno-Zeitalter der Diskotheken vermischte sich der Merengue sogar mit Hip-Hop- und House-Elementen, gespielt auf Synthesizern. Die traditionelle Dreiteilung eines Merengue-Liedes (früher Einleitung – Hauptteil – Crescendo) ist auch heute noch zum Teil erhalten geblieben: Neben Strophe und Refrain findet sich oft eine Einleitungsphase, die den Tanz vorbereitet und aus einem oft langsam-getragenen Rhythmus besteht. Refrains werden oft mehrmals hintereinander wiederholt. Merengues sind meistens Liebeslieder, die Texte beziehen sich auf Frauen, Sehnsucht, enttäuschte Liebe usw. Grundsätzlich können die Themen aber aus dem gesamten Alltag gewonnen werden, vorgetragen mit viel lateinamerikanischem Witz und manchmal auch mit sozialkritischen Untertönen.

Merengue als Tanz

Der Ursprung des Tanzes wird oft mit irgendwelchen Piratengeschichten in Verbindung gebracht. Die Insel hatte im 17. Jahrhundert unter Angriffen von Seeräubern und Freibeutern zu leiden, die mit ihren „Klumpfüßen“ den Tanz geprägt haben sollen. Wahrscheinlicher ist, dass 1838–49 ein Tanz aus Havanna, genannt „Urpa“ oder „Upa Habanera“ über Puerto Rico nach Santo Domingo gelangt ist. Dieser Tanz hatte einen Satz, der „Merengue“ genannt wurde. Im Ganzen lässt sich über die Anfänge des Tanzes aber nichts Genaues mehr erfahren.

Merengue wird als Paartanz getanzt. Jeder Taktschlag wird gleichmäßig mit einem Schritt nach vorne, hinten oder zur Seite getanzt. Charakteristisch für den Tanzstil ist bei jedem Schritt eine markante Hüftbewegung. Dadurch erhält der Tanz eine stark sinnliche Komponente. Unterstützt wird dies durch eine sehr körperbetonte Tanzweise – eine offene Tanzhaltung ist eher die Ausnahme. Eine wichtige Rolle spielen bei den Drehungen die Arme, welche einzelne, sehr aufwändige Figuren und Kombinationen erzeugen („Wickelfiguren“). Zu beachten gibt es aber, dass Dominikaner für gewöhnlich kaum oder keine Figuren in ihren Tanz einbauen. Es wird zumeist mit der Begründung erklärt, dass jede Figur bei diesem körperbetonten Tanz die Tanzpartner voneinander wegbringt.

Die International Dance Organisation (IDO) richtet seit einiger Zeit schon Welt- und Europameisterschaft sowie World Cups im Merengue aus.

Stil-Elemente des Merengue-Tanzes finden sich in den Filmen My Blue Heaven und Dirty Dancing.

Musiker und Gruppen

Die meisten Vertreter des Merengue kommen aus der Dominikanischen Republik. Ihr bekanntester Repräsentant ist sicherlich Juan Luis Guerra. Zuvor hatte in den 1980er-Jahren bereits Wilfrido Vargas den Merengue international bekannt gemacht. Der bekannteste puerto-ricanische Sänger ist Elvis Crespo.

Unter den Merengue-Hip-Hop-/Merengue-House-Gruppen haben sich insbesondere Los Ilegales, Proyecto Uno, Sandy y Papo und Fulanito einen Namen gemacht. Sie mischten den traditionellen Stil mit stampfenden Rhythmen und hiphop-artigem Sprechgesang und feierten so Ende der 1990er-Jahre große Erfolge in ganz Lateinamerika, aber auch in den USA und Kanada sowie in den Latin-Clubs in Europa.

Innerhalb der Dominikanischen Republik konnte sich Merengue Hip Hop nicht richtig durchsetzen. Die Dominikaner bevorzugen meist die traditionelle und etwas rauhe und vor allem sehr schnelle Variante der Merengue típico, die sie auch Güiri güiri oder Merengue caliente (heiße Merengue) nennen. Überall im Land, auch in kleinen Ortschaften, finden vor allem an Wochenenden Fiestas statt mit Gruppen und Interpreten wie El Prodigio y su Superbanda, Fefita la Grande, José el Calvo, María Díaz oder La India Canela.

Touristen im Raum Puerto Plata können solche Fiestas in Montellano (an der Hauptstraße), im Nuevo Car Wash in Sosúa (am Ortsausgang nach Cabarete) oder in den Diskotheken in Sabaneta de Yásica, Gaspar Hernández oder Río San Juan erleben, gelegentlich auch in der Diskothek „Surftown“ in der Nähe von Cabarete.

Eines der populärsten und am meisten gecoverten Merengue-Lieder ist El Venao - die Geschichte von einem gehörnten Ehemann.

Im Sommer 2005 gelang dem Dominikaner Papi Sánchez mit dem Merengue-Titel „Enamórame“ der Einzug in europäische, auch die deutschen Charts.

Merengue Festivals

Zweiwöchige Merengue-Festivals finden in u.A. Santo Domingo und Puerto Plata statt. Dazu gehören Märkte, Paraden, Schönheitswettbewerbe und Folklore.

Bekannte Merengue-Vertreter

  • Agapito Pascual
  • Aguakate
  • Antony Santos
  • Alex Bueno
  • Amarfis y la Banda de Atakke
  • Andy Peña
  • Angel Viloria
  • Anthony
  • Charlie Valens
  • Dionneh
  • DL1
  • Eddy Herrera
  • El Jeffrey
  • El Prodigio y su Superbanda
  • Elvis Crespo
  • Fefita la Grande
  • Francisco Ulloa
  • Fulanito
  • Grupo Manía
  • Guandulito

Literatur

Weblinks


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