Meister von Meßkirch

Meister von Meßkirch
Dreikönigsbild, Meßkirch

Als Meister von Meßkirch (tätig zwischen 1515 und 1540) wird ein anonymer deutscher Maler der Renaissance bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Fakten und Vermutungen zum Lebenslauf

Der namentlich nicht bekannte Künstler erhielt seinen Notnamen nach den zwischen 1536 und 1540 für die Stiftskirche St. Martin in Meßkirch gemalten Altären (ein Hochaltar und zehn Nebenaltäre). Seine Herkunft und Ausbildung ist ungeklärt, doch nimmt man heute mehrheitlich an, dass er im Dürer-Umkreis gebildet wurde. Namentlich denkt man dabei vor allem an Hans von Kulmbach und Hans Schäufelein. Da sich in seinen Werken auch Anklänge an die Ulmer Malerschule erkennen lassen, liegt es nahe, dass er eine erste Ausbildung in einer der dortigen Werkstätten erhalten hat. Ebenfalls scheint er, wie seine Werke aus dem Beginn der 1530er Jahre zeigen, mit Beispielen der oberitalienischen Malerei vertraut gewesen zu sein.

Schon früh war er für den Grafen Eitel Friedrich III. von Hohenzollern in Veringenstadt tätig. Danach arbeitete er für den Freiherrn und später zum Grafen erhobenen Gottfried Werner von Zimmern und dessen Frau Apolonia von Henneberg an deren Residenz in Meßkirch. Der Graf erteilte den Auftrag, die Kirche mit acht bis zwölf Flügelaltären auszustatten. Die Darstellung von so vielen Heiligen, die Schutzpatrone für sämtliche Anliegen und Berufsgruppen waren, machte in einer Zeit, in der die lutherischen Kirchen ohne Bilder auskamen und eine eher vergeistigte Religion anboten, sicher Eindruck und hatte eine starke Ausstrahlung auf die Bevölkerung.[1]

Als seine wichtigsten Werke gelten der um 1525 gemalte „Falkensteiner Altar“, die zwischen 1532 und 1535 entstandenen Fresken und Wandgemälde im Chor der Zisterzienserinnen-Klosterkirche zu Heiligkreuztal, zum Teil lebendige Arbeiten aus dem Marienleben und der Kindheit Jesu, und die Altäre für die Stiftskirche von St. Martin. Insgesamt werden dem Meister von Meßkirch zwölf Flügelaltäre mit je sieben Einzelbilder zugeschrieben. Acht Mittelbilder und 58 dieser Tafeln haben sich in zahlreichen Sammlungen in Europa und Amerika erhalten, unter anderem im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg, in der Staatsgalerie Stuttgart, der Johanniterkirche sowie der Kunsthalle Würth in Schwäbisch-Hall, dem Fürstlichen Museum im Schloss Sigmaringen, einer Privatsammlung auf Schloss Bodman[2], Städten wie Augsburg oder Maastrich[1]. Die Bilder des Inzigkofer Altars kamen im 19. Jahrhundert in den Besitz der Fürstenberger. Ein kostbares Detail zeigt die Stifterin des Altars, nämlich Magdalena Weinschenk, als Augustinerin. Die Gemälde sind von hoher künstlerischer Qualität und kunsthistorischer Relevanz.[1]

Der Meister von Meßkirch hat auf 80 Darstellungen Heilige gemalt. Albrecht Dürer war zwar Vorbild, der Meßkircher Meister hat ihn interpretiert, aber nicht kopiert. Die Darstellungen haben oft noch den klassischen gotischen goldenen Hintergrund, manchmal sind es aber schon Landschaften oder Gebäude. Typischerweise haben die Gestalten und Gesichter eine kraftvolle Individualität, ausdrucksvolle Gesichtszüge, Zottelbärte, schöne Haarpracht, luxuriöse Renaissancekleidung, interessante Hüte und weite Mäntel sind charakteristisch.[1]

Berühmt ist er durch den Farbreichtum, sein zeichnerisches Können sowie durch eine ausgewogene Komposition. Da es bei den Arbeiten, die dem Meister zugeschrieben werden, große Qualitätsunterschiede gibt, stellt sich nach wie vor die Frage, ob manche Bilder das Produkt von Gesellen oder Mitarbeitern seiner Malerwerkstatt sind.[2]

Zur Identitätsfrage

Bis heute ist es der Forschung nicht eindeutig gelungen, die Identität des Meisters von Meßkirch zu klären. Die versuchte Zuweisung an die Maler Jörg bzw. Jerg Ziegler, Wilhelm Ziegler und Marx Weiß von Balingen wird heute mehrheitlich abgelehnt. Dagegen findet die Vermutung, es handle sich um Peter Strüb d. J. immer mehr Anhänger. Dieser war nachweislich zwischen 1528 und 1540 in Veringenstadt tätig und wird dort als recht wohlhabender Maler genannt. Dort besaßen schon der Vater Peter Strüb d. Ä., sowie auch dessen ältere Söhne Jakob und Hans, letzterer bekannt als Meister von Sigmaringen, jeweils große Malerwerkstätten, die vom ulmischen Stil, den man auch in den Werken des Meisters von Meßkirch erkennt, beeinflusst waren. Doch hält der Kunsthistoriker Bernd Konrad auch die Annahme, dass der Meister von Meßkirch der jüngste Strüb-Bruder Peter sein müsse, für nicht gesichert.[3] Denn im Vergleich mit den Bildern des Meisters von Sigmaringen zeigt sich, dass diese älter und von nicht so hoher Qualität sind.[1] Neuere Forschungen von Moraht-Fromm/Westhoff rücken Joseph Weiß auch wieder in den Mittelpunkt.

Ausgewählte Werke

  • Augsburg, Städtische Kunstsammlung (Leihgabe aus München, Alte Pinakothek)
    • Tafel vom Hauptaltar aus der Stiftskirche St. Martin. 1536–1540
      • Der heilige Christophorus.
  • Berlin, Gemäldegalerie
    • Tafeln der Nebenaltäre aus der Stiftskirche St. Martin. 1536–1540
      • Die heilige Katharina.
      • Die heilige Agnes.
      • Der heilige Paulus.
      • Der heilige Crispinus.
      • Der heilige Crispianus.
      • Christus am Ölberg.
      • Die Beweinung und Grablegung Christi.
  • Coburg, Veste Coburg
    • Tafel der Nebenaltäre aus der Stiftskirche St. Martin. 1536–1540
      • Der heilige Fabian.
  • ehemals Donaueschingen, Fürstlich Fürstenbergische Sammlung
    • Wildensteiner Altar
    • Tafeln des „Falkensteiner Altars“. um 1525
      • Die heilige Anna Selbdritt mit vier weiblichen Heiligen.
      • Der heilige Erasmus.
      • Der heilige Andreas.
      • Der heilige Christophorus.
      • Die Heiligen Sebastian und Rochus.
    • Tafel vom Hauptaltar aus der Stiftskirche St. Martin. 1536–1540
      • Der heilige Martin mit dem Stifter Gottfried Werner Graf von Zimmern.
      • Hl. Johannes der Täufer mit der Stifterin Apollonia von Henneberg
      • Hl. Maria Magdalena
  • Karlsruhe, Staatliche Kunsthalle
    • Tafeln der Nebenaltäre aus der Stiftskirche St. Martin. 1536–1540
      • Die Geißelung Christi.
      • Der Erzengel Michael als Seelenwäger.
      • Der heilige Veit.
      • Die heilige Lucia.
  • Kassel, Gemäldegalerie
    • Hl. Dreieinigkeit mit Engeln, Heiligen und Stifterfiguren von Bubenhofen
  • Kilchberg bei Zürich, Sammlung Haab
    • Tafel der Nebenaltäre aus der Stiftskirche St. Martin. 1536–1540
      • Die Auferstehung Christi.
  • London, Courtauld Institute of Art
    • wahrscheinlich Tafel der Nebenaltäre aus der Stiftskirche St. Martin. 1536–1540
      • Kopf eines Heiligen (Fragment). (zugeschrieben)
  • Maastricht, Bonnefantenmuseum
    • Tafel vom Hauptaltar aus der Stiftskirche St. Martin. 1536–1540
      • Hl. Werner, Bischof von Merseburg
  • Meßkirch, Pfarrkirche St. Martin
    • Tafel vom Hauptaltar aus der Stiftskirche St. Martin. 1536–1540
      • Die Anbetung der Könige.
  • Minneapolis, The Minneapolis Institute of Arts
    • Tafel der Nebenaltäre aus der Stiftskirche St. Martin. 1536–1540
      • Die Erhebung der Maria Magdalena.
  • Moskau, Puschkin-Museum
    • Tafel der Nebenaltäre aus der Stiftskirche St. Martin. 1536–1540
      • Die Kreuzigung Christi mit Stiftern.
  • ehemals München, Sammlung Böhler
    • Tafel der Nebenaltäre aus der Stiftskirche St. Martin. 1536–1540
      • Der heilige Laurentius.
  • New Haven, Yale University Art Gallery
    • Tafel der Nebenaltäre aus der Stiftskirche St. Martin. 1536–1540
      • Der heilige Gangolf.
  • Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum
    • Tafel der Nebenaltäre aus der Stiftskirche St. Martin. 1536–1540
      • Die Kreuztragung Christi.
  • Philadelphia, Museum of Art
    • Tafeln der Nebenaltäre aus der Stiftskirche St. Martin. 1536–1540
      • Die heilige Agatha.
      • Der heilige Ciriacus.
      • Die heilige Walpurgis.
      • Die heilige Eulalia.
      • Der heilige Stephan.
  • Schwäbisch Hall, Kunsthalle Würth
    • Die Kreuzigung Christi. um 1530
    • Tafeln der Nebenaltäre aus der Stiftskirche St. Martin. 1536–1540
      • Der heilige Gerhard.
      • Der heilige Pelagius.
      • Die heilige Märtyrer Sebastian und Vitalis.
      • Die heiligen Märtyrer Johannes und Paulus.
      • Der Apostel Jakobus. d. Ä.
      • Der heilige Paulus Eremita.
      • Die heilige Afra.
      • Der heilige Antonius der Einsiedler.
      • Der heilige Gottfried von Amiens.
      • Ein heiliger Bischof (Severin?).
      • Der heilige Jodokus.
  • St. Gallen, Bistumsverwaltung
    • Tafeln der Nebenaltäre aus der Stiftskirche St. Martin. 1536–1540
      • Die Versuchung Christi.
      • Die Fußwaschung Christi.
  • Stuttgart, Staatsgalerie
    • Tafeln des „Falkensteiner Altars“. um 1525
      • Der heilige Georg.
      • Der heilige Johannes der Täufer.
    • Tafeln der Nebenaltäre aus der Stiftskirche St. Martin. 1536–1540
      • Die heilige Kunigunde.
      • Der heilige Papst Cornelius. (Leihgabe aus Privatbesitz)
      • Der heilige Bischof Cyprianus. (Leihgabe aus Privatbesitz)
      • Der heilige Bischof Dionysius von Paris. (Leihgabe aus Privatbesitz)
    • Der heilige Benedikt als Einsiedler im Gebet. um 1540
  • Warschau, Muzeum Narodowe
    • Tafel der Nebenaltäre aus der Stiftskirche St. Martin. 1536–1540
      • Die Verspottung Christi.

Literatur

  • Kindlers Malereilexikon. Kindler, Zürich 1964–1971.
  • Heinrich Feuerstein: Der Meister von Meßkirch im Lichte der neuesten Funde und Forschungen. Urban, Freiburg i.Br. 1933.
  • Anna Moraht-Fromm, Hans Westhoff: Der Meister von Meßkirch. Forschungen zur südwestdeutschen Malerei des 16. Jahrhunderts. Süddeutsche Verlags-Gesellschaft, Ulm 1997, ISBN 3-88294-248-7.

Weblinks

 Commons: Meister von Meßkirch – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d e Vera Romeu (vr): Der Meister von Meßkirch beeindruckt nach 500 Jahren immer noch. Armin Heim erklärt einem großen Publikum die Stärken und Schönheit der Bilder des Meisters von Meßkirch. In: Schwäbische Zeitung vom 17. März 2011
  2. a b Isabell Michelberger (imi): Auf der Spur des Meisters von Meßkirch. In: Südkurier, 4. Dezember 2010
  3. Ignaz Stösser (ist): Kultur und Unterhaltung. Veringer rücken Strüb-Maler in den Mittelpunkt des Stadtfestes. In: Schwäbische Zeitung, 7. Juni 2008



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