Meinungsforschungsinstitut

Meinungsforschungsinstitut

Die Meinungsforschung (auch: Demoskopie (altgriechisch démos „Volk“, skopeín „spähen“) oder Umfrageforschung) dient der Ermittlung von Meinungen, d. h. von Einsichten, Einstellungen, Stimmungen oder Wünschen der Bevölkerung.

Für die Meinungsforschung werden durch Befragungen auf der Basis eines repräsentativen Querschnitts der zu untersuchenden Grundgesamtheit Primärdaten gesammelt und anschließend interpretiert. Die Befragung kann entweder persönlich, telefonisch, schriftlich oder durch einen Online-Fragebogen erfolgen. In der Meinungsforschung kann es sowohl um einmalige Erhebungen (Querschnittstudien) als auch um Langzeituntersuchungen (Längsschnittstudien) gehen.

Langzeituntersuchungen können entweder in Form wiederholter Befragungen unterschiedlicher Stichproben (Trendstudie) oder in Form von Panel-Untersuchungen (personenidentische Mehrfachbefragung) angelegt sein, bei denen über einen Zeitraum von oft mehreren Jahren dieselben Personen wiederholt befragt werden.

Inhaltsverzeichnis

Probleme in der Meinungsforschung

Meinungsforschung erhebt den Anspruch, Meinungen bestimmter Bevölkerungsgruppierung wiederzugeben; gelegentlich auch die öffentliche Meinung. Allerdings stößt sie dabei auf Probleme:

  • Gerade wenn von einer Meinung auf Verhalten oder Handeln rückgeschlossen werden soll, zeigt sich oft, dass die geäußerte Meinung des Befragten über ein Verhalten oder Handeln vom tatsächlichen abweicht.
    • Insbesondere bei als sozial unerwünscht empfundenen Meinungen/Verhalten neigt ein Teil der Befragten dazu, diese nicht zuzugeben.
  • Sowohl durch das Verhalten des Interviewers als auch durch suggestive Fragestellungen ist es möglich, bestimmte Antworten zu provozieren. Dies soll zwar vermieden werden, kommt aber in der Praxis dennoch regelmäßig vor.
  • Bei Auftraggebern, die eine vorgefasste Meinung tendenziell bestätigt bekommen möchten, kann die Art der Fragestellung wie auch die Auswahl der Probanden dazu dienen, bestimmte Ergebnisse zu begünstigen.
  • Bei direkten, persönlichen Befragungen kann es vorkommen, dass die oft in prekären Arbeitsverhältnissen arbeitenden Interviewer Befragungsergebnisse 'erfinden', um ihr Gehalt aufzubessern. Dies ist möglich, wenn sie pro Fragebogen bezahlt werden.
  • Insbesondere bei Telefonbefragungen sind Zweifel an der Repräsentativität angebracht, da für die Telefoninterviews bei schlecht geplanten Befragungen häufig nur das so genannte "Familienoberhaupt" befragt wurde (dagegen ist eine korrekte Vorgehensweise die Geburtstagsmethode). Darüber hinaus fallen alle diejenigen aus der Stichprobe heraus, die derartigen Telefonumfragen negativ gegenüberstehen und daher gar nicht erst darauf eingehen. Insbesondere aufgrund der zugenommenen Häufigkeit von Telefonmarketing sinkt vermutlich die Bereitschaft zu Telefonbefragungen in Teilen der Bevölkerung. Zudem verschlechtert die Tatsache, dass vor allem junge Leute auf einen Festnetzanschluss verzichten (und als Ersatz ihr Mobiltelefon benutzen), möglicherweise die Chance, repräsentative Aussagen dieser Bevölkerungsgruppe zu erhalten.
  • Der befragte Personenkreis ist oftmals sehr klein gewählt, um die Auswertungsarbeit so gering wie möglich zu halten. Jedoch leidet dadurch wiederum die Repräsentativität der Ergebnisse. Insbesondere dann, wenn Untergruppen gebildet werden, kann die Anzahl der tatsächlich dazu Befragten Personen bei nur 20 oder noch darunter liegen, was kaum mehr valide Schlüsse erlaubt.

Beispiel

Insbesondere bei der Bundestagswahl in Deutschland im Herbst 2005 hat sich gezeigt, dass die Demoskopen deutlich falsche Vorhersagen mit Fehlern von 5 % und mehr machen. Im konkreten Fall ist noch unklar, wo genau die Ursache lag, es wird jedoch angenommen, dass die traditionell sehr hohe Parteibindung in der Bundesrepublik Deutschland allmählich auf die Werte absinkt, wie sie in den USA schon länger beobachtet werden und daher die Korrekturfaktoren, mit denen die Primärdaten gewichtet werden, ihre Gültigkeit allmählich verlieren und an die veränderte gesellschaftliche Wahrnehmung angepasst werden müssen.

Meinungsforschungsinstitute

Die Meinungsforschungsinstitute versuchen mit unterschiedlichen methodischen Ansätzen diese bekannten Fehlerquellen mittels statistischer Interpretation auszugleichen.

Die größten bzw. bekanntesten Meinungsforschungsinstitute in Deutschland sind:

Die größten bzw. bekanntesten Meinungsforschungsinstitute in Österreich sind:

  • GfK Austria
  • Österreichisches Gallup-Institut
  • IFES
  • IMAS
  • Österreichische Gesellschaft für Marketing (OGM)
  • Spectra
  • market

Anwendungsbereiche

Meinungsforschung wird in der Politik, den Medien, der Wirtschaft und der Sozialforschung oft eingesetzt.

In der Politik wird Meinungsforschung zum Einen in der Wahlforschung verwandt, zum Anderen in der Befragung zu spezifischen Politikthemen. Demokratietheoretisch stößt dies oft auf Kritik: die Ausrichtung der Politik an der Meinungsforschung höhle traditionellere und bewährte Formen der politischen Willensbildung aus. Die Orientierung der Politik an der durch unsichere Konzepte erhobenen wankelmütigen Meinung werde populistische an Stelle inhaltlich richtigerer Lösungen bevorzugen.

Die Wirtschaft verwendet die Meinungsforschung vor allem im Gebiet der Marktforschung.

Literatur

  • Albrecht, Richard (2007): Demoskopie als Demagogie. Kritisches aus den achziger Jahren, Aachen: Shaker Verlag, ISBN 978-3-8322-6324-9
  • Bourdieu, Pierre (1993): Die öffentliche Meinung gibt es nicht, in: Bourdieu, Pierre, Soziologische Fragen, Frankfurt: Suhrkamp, S. 212-223.
  • Champagne, Patrick (1991): Die öffentliche Meinung als neuer Fetisch, in: Berliner Journal für Soziologie 1, S. 517-526.
  • Keller, Felix (2001): Archäologie der Meinungsforschung. Mathematik und die Erzählbarkeit des Politischen, Konstanz: UVK-Verlagsgesellschaft, ISBN 3-89669-981-4.
  • Kruke, Anja (2007): Demoskopie in der Bundesrepublik Deutschland. Meinungsforschung, Parteien und Medien 1949-1990, Düsseldorf: Droste Verlag, ISBN 978-3-7700-5281-3.

Weblinks

Fußnoten


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