Medizinischer Dienst der Krankenversicherung

Medizinischer Dienst der Krankenversicherung

Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) ist der medizinische, zahnmedizinische und pflegerische Beratungs- und Begutachtungsdienst der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung in einem Bundesland. Darüber hinaus berät er die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) in System- und Versorgungsfragen, indem er dem GKV-Spitzenverband im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) zuarbeitet. Zur Bearbeitung von Grundsätzen der Begutachtung und Beratung zur Sicherstellung einer bundeseinheitlichen Begutachtungspraxis der Medizinischen Dienste sowie zur Systemberatung der GKV auf Bundesebene wurden verschiedene Kompetenz-Zentren (Kompetenz-Centrum für Psychiatrie und Psychotherapie (KCPP), für Onkologie (KCO), für Geriatrie (KCG) und für Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement (KCQ)) eingerichtet. Zusätzlich gibt es sechs länderübergreifend arbeitende sozialmedizinische Expertengruppen (SEG) der MDK-Gemeinschaft.

Der MDK hat die Aufgabe, die medizinischen und pflegerischen Fragestellungen der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen sowie deren Landesorganisationen sozialmedizinisch zu beantworten, damit von diesen eine leistungsrechtliche Entscheidung getroffen werden kann. Die Kranken- und Pflegekassen sind gesetzlich verpflichtet, den MDK bei wichtigen Leistungsentscheidungen mit Begutachtungen zu beauftragen. Eine Vorlage beim MDK durch die Krankenkasse erfolgt, wenn es nach Art, Schwere, Dauer und Häufigkeit der Erkrankung oder Behinderung erforderlich ist oder die gesetzlichen Bestimmungen des SGB, insbesondere des SGB V, SGB IX und SGB XI eine Begutachtung oder Beratung vorschreiben.

Die MDK führten im Jahre 2009 über 6,3 Millionen sozialmedizinische Begutachtungen und sozialmedizinische Fallberatungen im Auftrag der gesetzlichen Krankenkassen durch. Stationäre Leistungen wurden in 2.326.306 Fällen bzw. zu 36,5 Prozent, Arbeitsunfähigkeit in 1.605.977 Fällen bzw. 25,2 Prozent, Leistungen zur Vorsorge / Rehabilitation in 1.159.071 Fällen bzw. 18,2 Prozent, Hilfsmittel in 515.936 Fällen bzw. 8,1 Prozent, ambulante Leistungen in 458.786 Fällen bzw. 7,2 Prozent, neue und/oder unkonventionelle Untersuchungs-und Behandlungsmethoden / Arzneimittel in 117.508 Fällen bzw. 1,8 Prozent, Ansprüche gegenüber Dritten in 40.229 Fällen bzw. 0,6 Prozent, zahnmedizinische Fragestellungen in 34.607 bzw. in 0,5 Prozent und sonstige Anlässe in 110.234 Fällen bzw. 1,7 für die GKV begutachtet.[1]

Der MDK soll als sozialmedizinisches Beratungsorgan der Kranken- und Pflegekassen medizinischen Sachverstand in das System einbringen und gleichzeitig sicherstellen, dass alle Versicherten der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen bei bestimmten Leistungsfällen medizinisch neutral und nach gleichen Kriterien beurteilt werden (Gleichbehandlungsgrundsatz). Der Gesetzgeber hat auf eine Einzelvergütung von Empfehlungen zu leistungsrechtlichen Entscheidungen der Krankenkasse verzichtet. Der MDK wird durch eine Umlage aller Krankenkassen im Land finanziert, die sich durch die Anzahl der Mitglieder einer Krankenkasse in dem Land errechnet. Damit ist der Medizinische Dienst der Krankenversicherung dem Wettbewerb der einzelnen Krankenkassen(-arten) entzogen.

Auf Bundesebene koordiniert und unterstützt der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS) die Aktivitäten der Medizinischen Dienste. Der MDS koordiniert die Systemberatung der Medizinischen Dienste für den GKV-Spitzenverband, koordiniert die Kompetenz-Centren und Sozialmedizinischen Expertengruppen (SEG) und berät die Bundesorganisationen der Krankenkassenverbände. Der MDS fördert die Umsetzung von beschlossenen Richtlinien über die Zusammenarbeit zwischen Kassen und den Medizinischen Diensten.

Inhaltsverzeichnis

Aufgaben für die Krankenversicherung

Aufgaben des MDK für die Krankenversicherung sind im § 275 SGB V geregelt. Demnach prüft der MDK bei bestimmten medizinischen Fragestellungen und er berät die Krankenkassen und ihre Verbände.

Sozialmedizinische Begutachtung oder sozialmedizinische Beratung

Die Krankenkassen sind in gesetzlich bestimmten Fällen, oder wenn bestimmte Auffälligkeitskriterien erfüllt sind, verpflichtet eine gutachterliche Stellungnahme des MDK einzuholen. Handelt es sich um Fragen der Arbeitsunfähigkeit, Krankenhausbehandlung, häuslichen Krankenpflege von mehr als vier Wochen, Auslandsbehandlungen oder der Versorgung mit Zahnersatz, sind sie dazu verpflichtet. In Fragen zur Bewilligung von Hilfsmitteln und Dialysebehandlung können die Krankenkassen den MDK zur Prüfung der medizinischen Voraussetzung beauftragen. Bei Vorsorgeleistungen, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sollen die Krankenkassen in Stichproben die medizinische Voraussetzung prüfen lassen.[2]

Häufig werden die MDK bei folgenden Fragen um eine gutachterliche Stellungnahme gebeten:

  • Arbeitsunfähigkeit,
  • Notwendigkeit, Art, Umfang und Dauer von Rehabilitationsleistungen bzw. -maßnahmen,
  • Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln,
  • Notwendigkeit und Dauer von häuslicher Krankenpflege sowie
  • Prüfung der Notwendigkeit und Dauer einer Krankenhausbehandlung sowie der korrekten Kodierung von Krankenhausfällen.

Der Gesetzgeber gesteht dem MDK in großem Umfang Einsicht in Patientenunterlagen zu. Ein Einverständnis des Patienten ist dafür nicht erforderlich. Nach § 17c Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) kann der MDK auch Stichprobenprüfungen in den Räumen des Krankenhauses durchführen. In diesem Zusammenhang wird geprüft, ob die durchgeführten Leistungen dem Bedarf der Patienten entsprechen und keine sogenannte Fehlbelegung erfolgte, d. h., keine Patienten behandelt wurden, die nicht zwingend stationär behandelt werden mussten. In der Psychiatrie und Psychotherapie können die Einstufungen nach der Psychiatrie-Personalverordnung (Psych-PV) überprüft werden und es kann überwacht werden, inwieweit das mit dem Fachpersonal umgesetzte Behandlungskonzept eine ausreichende Qualität aufweist.

Beratung der Krankenkassen und ihrer Verbände

Der MDK berät die gesetzlichen Krankenkassen und ihrer Verbände in grundsätzlichen Fragen der präventiven, kurativen und rehabilitativen Versorgung sowie bei der Gestaltung der Leistungs- und Versorgungsstrukturen. Hierzu gehören unter anderem die Qualitätssicherung in der ambulanten und stationären Versorgung, die Beratung in Fragen der Krankenhausplanung, die Weiterentwicklung der Vergütungssysteme in der ambulanten und der stationären Versorgung und die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden. Außerdem unterstützt der Medizinische Dienst die Krankenkassen bei Vertragsverhandlungen mit den Krankenhausgesellschaften, Kassenärztlichen Vereinigungen sowie anderen Leistungserbringern.

Aufgaben für die Pflegeversicherung

Die Aufgaben des MDK für die Pflegeversicherung sind in § 14 sowie den §§ 114ff des Elften Sozialgesetzbuch (SGB) Elftes Buch (XI) Sozialgesetzbuches geregelt.

Pflegebegutachtung

Im Auftrag der Pflegekassen stellt der MDK fest, ob jemand pflegebedürftig ist. Insbesondere prüfen die Gutachter des MDK

  • das Vorliegen der Voraussetzungen für Pflegebedürftigkeit
  • das Vorliegen einer erheblichen Einschränkung der Alltagskompetenz (PEA)

und geben eine Empfehlung zur Pflegestufe ab. Außerdem schlagen sie Maßnahmen zur Prävention und Rehabilitation vor und formulieren Hinweise zu einem individuellen Pflegeplan.

Qualitätsprüfungen von Pflegeeinrichtungen

Bei ambulanten Pflegediensten und in stationären Pflegeeinrichtungen (Pflegeheimen) überprüft der MDK im Auftrag der Landesverbände der sozialen Pflegekassen, ob die Pflegeeinrichtungen die vereinbarten Qualitätsstandards einhalten. Seit dem 1. Juli 2009 bilden die Ergebnisse der MDK-Qualitätsprüfungen von Pflegeeinrichtungen die Grundlage für die Ermittlung und Veröffentlichung von Pflegenoten. Nach welchen Kriterien die Einrichtungen bewertet werden, haben der GKV-Spitzenverband, die überörtlichen Sozialhilfeträger und die kommunalen Spitzenverbände in gemeinsamen Verhandlungen mit den Verbänden der Leistungserbringer festgelegt. Die Pflegenoten bzw. die so genannten Transparenzberichte werden von den Spitzenverbänden der Krankenkassen auch im Internet veröffentlicht.[3] Seit dem 1. Juli 2008 haben die MDK ca. 30.000 Qualitätsprüfungen nach § 114 SGB XI in den ca. 23.000 ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen in Deutschland durchgeführt.[4][5][6]

Beratung der Landesverbände der Pflegekassen

Der MDK berät die Pflegekassen in den Bundesländern auch bei der Weiterentwicklung des pflegerischen Versorgungsangebots. Ein Beispiel dafür ist die Entwicklung spezieller Wohnformen für Menschen mit Altersdemenz. Ferner ist der MDK an der Gestaltung von Rahmenverträgen für eine wirtschaftliche und wirksame pflegerische Versorgung beteiligt. Er ist Mitglied im Landespflegeausschuss nach § 92 SGB XI und wirkt auf kommunaler Ebene in den Pflegekonferenzen mit. Als Mitglied der Arbeitsgemeinschaft nach § 20 Heimgesetz kooperiert er mit der jeweiligen Heimaufsichtsbehörde der Länder.

Organisation

Der MDK ist eine auf Landesebene von den Landesverbänden der Krankenkassen gegründete Arbeitsgemeinschaft (§ 278 SGB V). Die Medizinischen Dienste von Berlin und Brandenburg haben zum MDK Berlin-Brandenburg fusioniert, die Medizinischen Dienste von Hamburg und Schleswig-Holstein zum MDK Nord. In Nordrhein-Westfalen gibt es den MDK Nordrhein und den MDK Westfalen-Lippe. Die Zahl der MDK beläuft sich somit auf 15. Diese Arbeitsgemeinschaften sind in den alten Bundesländern mit Ausnahme Berlins rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts, in den neuen Bundesländern sind die Medizinischen Dienste als eingetragene Vereine, also in einer privatrechtlichen Rechtsform organisiert. Der MDK unterliegt der staatlichen Aufsicht (§ 281 Abs. 3 SGB V). Die Ärzte des MDK sind jedoch bei der Wahrnehmung ihrer medizinischen Aufgaben nur ihrem ärztlichen Gewissen unterworfen (§ 275 Absatz 5 SGB V).

Finanzierung

Der MDK wird ausschließlich von den Kranken- und Pflegekassen zu je 50 % über eine Umlage bezahlt. Dieser Betrag berechnet sich dabei nach der Anzahl der Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung des jeweiligen Bundeslandes. Im Jahr 2007 betrugen die Gesamtausgaben der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherungen für alle Medizinischen Dienste der Krankenversicherung 547 Millionen Euro (1999: 895 Millionen DM), dies entsprach einem Anteil von 0,18 % der Gesamtausgaben der gesetzlichen Krankenversicherungen und 1,49 % der Gesamtausgaben der gesetzlichen Pflegeversicherungen (1999: 0,17 % und 1,4 %).[7]

Literatur

  • Bernhard van Treeck (2006): MDK – Beratung und Begutachtung in der Psychiatrie, Neurotransmitter 12, 42–44

Weblinks

  • mdk.de – Bundesweites MDK-Portal mit Informationen zur Arbeit des Medizinischen Dienstes sowie Links zu allen MDK und dem MDS
  • MD-Campus – die virtuelle Akademie für die MDK-Gemeinschaft
  • In der „Sozialmedizinischen Informationsdatenbank für Deutschland – SINDBAD“ steht eine Sammlung von Dokumenten zur Verfügung, die sämtliche Basisinformationen zur Tätigkeit der MDK / des MDS (Gesetze, Richtlinien, Empfehlungen u.v.m.) beinhaltet.
  • Pflegenoten, Informationen des GKV-Spitzenverbands zu den Pflegenoten

Einzelnachweise

  1. Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e. V., Leistungen der MDK für die Gesetzliche Krankenversicherung, http://www.mds-ev.de/2411.htm
  2. § 275 SGB V http://bundesrecht.juris.de/sgb_5/
  3. AOK Pflegenavigator,http://www.aok.de/bundesweit/gesundheit/pflege-navigator-12846.php
  4. Pressemitteilung des MDS vom 18. April 2011: [1]Externe Qualitätssicherung in der Pflege - Perspektiven für die Zukunft
  5. Gesundheitsberichterstattung des Bundes Pflegeheime (Anzahl) [2]
  6. Gesundheitsberichterstattung des Bundes Ambulante Pflegedienste und von ambulanten Pflegediensten betreute Pflegebedürftige (Anzahl und Dichte) [3]
  7. Kosten und Finanzierung der MDK: (online)
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