Max Wladimir von Beck

Max Wladimir von Beck
Max Wladimir Freiherr von Beck

Max Wladimir Freiherr von Beck (* 6. September 1854 in Wien; † 20. Jänner 1943 ebenda) war ein österreichischer Politiker und Ministerpräsident.

Inhaltsverzeichnis

Biografie

Der Vater Anton von Beck (1812–1895) stammte aus einfachen Verhältnissen, die Eltern betrieben ein kleines Wirtshaus im südmährischen Butsch, wurde schließlich Direktor der k.k. Hof- und Staatsdruckerei.[1] Er gehörte dem Kremsier Reichstag an und betrachtete sich stets als Tscheche. Max Wladimir hatte vier Schwestern und besuchte das Akademische Gymnasium in Wien, wo Tomáš Garrigue Masaryk zu seinen Mitschülern zählte. Er maturierte mit Auszeichnung und studierte bis 1878 Rechtswissenschaften an der Universität Wien. Er trat in den Staatsdienst ein, zuerst in der Finanzprokuratur, gehörte er lange Zeit dem k.k. Ackerbauministerium an.[2]

Max Beck wurde Lehrer für Rechts- und Staatswissenschaft des Thronfolgers Erzherzog Franz Ferdinand. Später war er dessen Berater in juristischen und politischen Fragen, unter anderem auch in dessen komplizierten Eheangelegenheiten. Von 1880 bis 1906 war Beck, seit 1898 als Sektionschef im Ackerbauministerium im cisleithanischen Teil Österreich-Ungarns tätig. Als Vorstand der legislativen und organisatorischen Abteilung bereitete er wichtige Gesetze zur Agrarreform vor.[1] Zeitgenossen und Biografen fiel es stets schwer ihn weltanschaulich-politisch einzuordnen.[3]

Ministerpräsident

Während der Staatskrise von 1906, nach dem Rücktritt von Konrad zu Hohenlohe-Schillingsfürst wurde Beck am 2. Juni zum Ministerpräsidenten berufen. Als ehemaliger Erzieher des Thronfolgers, sah Kaiser Franz Joseph in ihm einen Mittelsmann zwischen sich und seinem widerspenstigen Neffen.[4]

In seiner Antrittsrede im Reichsrat vom 7. Juni 1906 beschrieb Beck seine schwierige Aufgabe:

„Uns hat die Vorsehung ein Problem auf den Weg gegeben, wie keinem anderen Staate Europas. 8 Nationalitäten, 17 Länder, 20 parlamentarische Körperschaften, 27 parlamentarische Parteien, zwei verschiedene Weltanschauungen, ein kompliziertes Verhältnis zu Ungarn, die durch beiläufig achteinhalb Breiten- und etwa ebensoviel Längengrade gegebenen Kulturdistanzen – alles das auf einen Punkt zu vereinigen, aus alldem eine Resultierende zu ziehen, das ist notwendig, um in Österreich zu regieren.[5]

Beck wurde zu einem der „fähigsten“ Ministerpräsidenten Cisleithaniens. Begünstigt durch die wirtschaftliche Hochkonjunktur, gelang es ihm eine parlamentarische Mehrheit, mit dem Kern der Liberalen Parteien der wichtigsten cisleithanischen Nationalitäten, zu bilden.[6] Die Regierungen davor hatten durch den Zusammenbruch des Parlamentarismus mit Notverordnungen regiert. Beck machte nicht den Versuch wie seine Vorgänger über die Parteien hinweg zu regieren oder eine neutrale Beamtenregierung zu bilden. Er nahm ohne ein förmliches Abkommen deutsche, tschechische und polnische Abgeordnete in sein Kabinett auf, das er als „Ausgleichskonferenz in Permanenz“ bezeichnete.[7]

Obwohl er das Amt nur bis 1908 innehatte, brachte er entscheidende Reformen auf den Weg. Vor allem führte er gegen den Widerstand Franz Ferdinands in Österreich am 1. Dezember 1906 mit der Reichratswahlreform das allgemeine gleiche Wahlrecht (für Männer) ein. Dies führte zum Zerwürfnis zwischen Beck und Franz Ferdinand. Ob es eine versteckte Zusammenarbeit mit den Sozialdemokraten unter Victor Adler gegeben hat, die Beck offiziell bestritten hat, ist umstritten.[8] Jedenfalls konnte Beck durch ein umfassendes sozialpolitisches Programm mit Reform der Arbeiterversicherung und Einführung der Alters- und Invalidenversicherung neben den Sozialdemokraten auch die Christlichsozialen gewinnen.[9] Begünstigt wurde die Einführung des allgemeinen und gleichen Wahlrechts, an der schon Ministerpräsident Eduard Taaffe Jahre zuvor gescheitert war, durch die Russische Revolution 1905, die Sozialdemokraten und slawische Parteien nachdrücklich beeinflusste. Dabei musste neben Franz Ferdinand auch die Gegnerschaft der konservativ-ständisch denkenden Adeligen im Herrenhaus, letztlich mit Unterstützung des Kaisers überwunden werden.[7]

Darüber hinaus erneuerte Beck den Finanzausgleich mit Ungarn mit einer neuen, geringeren Quote von 63,6 % für Österreich gegenüber 36,4 % für Ungarn.[10] In seiner Politik stieß er vor allem auf den Widerstand der aristokratisch dominierten konservativen Parteien und des auf Konfrontation setzenden Außenministers Alois Lexa von Ährenthal. Beck war ein Mann der Innenpolitik und kein außenpolitischer Hasardeur, weshalb er während der Bosnischen Annexionskrise, auch auf Druck der alten Gegner der Wahlreform, am 15. November 1908 zurücktreten musste.[11]

Er war 1907 bis 1918 Mitglied des Herrenhauses des Wiener Reichsrats, 1915 bis 1934 Präsident des Obersten Rechnungshofs und 1919 bis 1938 Präsident der Österreichischen Gesellschaft vom Roten Kreuz.[12][1]

1949 benannte man die Beckgasse in Wien-Hietzing nach ihm.

Schriften

  • Der Kaiser und die Wahlreform. In: Eduard Ritter von Steinitz (Hrsg.): Erinnerungen an Franz Joseph I. Kaiser von Österreich, apostolischer König von Ungarn. Verlag für Kulturpolitik, Berlin 1931, S. 197-225.

Einzelnachweise

  1. a b c Beck Max Wladimir von. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 1, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1957, S. 61.
  2. Johann Christoph Allmayer-Beck: Ministerpräsident Baron Beck. Ein Staatsmann des alten Österreich. Verlag für Geschichte u. Politik, Wien 1956, S.17ff.
  3. Alfred Ableitinger: Max Vladimir Freiherr von Beck. In: Walter Pollak (Hrsg.): Tausend Jahre Österreich. Eine Biographische Chronik. Band 3: Der Parlamentarismus und die beiden Republiken. Verlag Jugend und Volk, Wien 1974, ISBN 3-7141-6523-1, S. 28-33, hier S. 31f.
  4. Eduard Winkler: Wahlrechtsreformen und Wahlen in Triest 1905-1909. Eine Analyse der politischen Partizipation in einer multinationalen Stadtregion der Habsburgermonarchie. Verlag Oldenbourg, München 2000, ISBN 3-486-56486-2, S. 117.
  5. Johann Christoph Allmayer-Beck: Ministerpräsident Baron Beck. Ein Staatsmann des alten Österreich. Verlag für Geschichte u. Politik, Wien 1956, S. 127.
  6. Jan Křen: Die Konfliktgemeinschaft. Tschechen und Deutsche. 1780–1918. Verlag Oldenbourg, München 1996, ISBN 3-486-56017-4, S. 252.
  7. a b Alfred Ableitinger: Max Vladimir Freiherr von Beck. In: Walter Pollak (Hrsg.): Tausend Jahre Österreich. Eine Biographische Chronik. Band 3: Der Parlamentarismus und die beiden Republiken. Verlag Jugend u. Volk, Wien 1974, ISBN 3-7141-6523-1, S. 28-33, hier S. 28ff.
  8. Peter Schöffer: Der Wahlrechtskampf der österreichischen Sozialdemokratie 1888/89–1897. Vom Hainfelder Einigungsparteitag bis zur Wahlreform Badenis und zum Einzug der ersten Sozialdemokraten in den Reichsrat. Verlag Steiner, Stuttgart 1986, ISBN 3-515-04622-4, S. 702 und 727.
  9. Hellmuth Rößler: Beck, Max Wladimir Freiherr von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 1, Duncker & Humblot, Berlin 1953, S. 706 f.
  10. Eduard Winkler: Wahlrechtsreformen und Wahlen in Triest 1905-1909. Eine Analyse der politischen Partizipation in einer multinationalen Stadtregion der Habsburgermonarchie. Verlag Oldenbourg, München 2000, ISBN 3-486-56486-2, S. 244.
  11. Rudolf Sieghart: Die letzten Jahrzehnte einer Großmacht. Menschen, Völker, Probleme des Habsburger-Reichs. Verlag Ullstein, Berlin 1932, S. 120ff.
  12. Alfred Ableitinger: Max Vladimir Freiherr von Beck. In: Walter Pollak (Hrsg.): Tausend Jahre Österreich. Eine Biographische Chronik. Band 3: Der Parlamentarismus und die beiden Republiken. Verlag Jugend u. Volk, Wien 1974, ISBN 3-7141-6523-1, S. 28-33, hier S. 32f.

Literatur

  • Johann Christoph Allmayer-Beck: Vom Gastwirtssohn zum Ministermacher. Anton Beck und seine Brüder. Böhlau, Wien 2008, ISBN 978-3-205-78181-3.
  • Franz Bauer: Beamte als Ministerpräsidenten in der ausgehenden Habsburgermonarchie. Dr. Ernst v. Koerber, Paul Freiherr Gautsch v. Frankenthurn, Dr. Max Vladimir Freiherr v. Beck. Ungedruckte Dissertation, Wien 2006.
  • Heribert Sturm (Hrsg): Biographisches Lexikon zur Geschichte der böhmischen Länder. Verlag Oldenbourg, München 1997, ISBN 3-486-49491-0, Band 1: S. 64.

Weblinks


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