Matthias Flacius

Matthias Flacius
Matthias Flacius

Matthias Flacius (genannt Illyricus (der Illyrier), eigentlich Matija Vlačić; * 3. März 1520 in Albona (heute Labin) an der Südostküste von Istrien; † 11. März 1575 in Frankfurt am Main) war ein lutherischer Theologe.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Flacius erwarb sich in Venedig eine gründliche humanistische Bildung. Anstatt wie ursprünglich geplant in den Franziskanerorden einzutreten begab er sich 1539 nach Basel, dann nach Tübingen und 1541 nach Wittenberg. Hier waren Martin Luther und Philipp Melanchthon seine Lehrer. Ihm wurde 1544 eine außerordentliche Professur der hebräischen Sprache verschafft, die er von Ende 1545 bis März 1549 versah. Daneben erwarb er sich am 25. Februar 1546 den akademischen Grad eines Magisters und fand am 1. Mai 1546 Aufnahme in den Senat der Philosophischen Fakultät.

Als Melanchthon 1548 die sogenannten Leipziger Artikel gebilligt hatte, verfasste Flacius von Magdeburg aus verschiedene Streitschriften gegen ihn und seine Schule (sog. Adiaphoristischer Streit). In den fünfziger Jahren setzte sich Flacius vor allem mit Kaspar Schwenckfeld auseinander. Hauptstreitpunkt war die Bedeutung des Wortes Gottes. Dazu verfasste Flacius die Schrift Von der heiligen Schrift und ihrer Wirkung / wider Caspar Schwenckfeld (1553).

Als er 1557 zum Professor an die streng lutherische Universität Jena berufen und Superintendent geworden war, bekämpfte er sofort mit seinen dortigen Kollegen den philippistischen oder kursächsischen sogenannten „Synergismus“. Auf ihn geht das im Namen der herzoglich sächsischen Regierung als Glaubensbekenntnis gegen alle Abweichungen von der lutherischen Lehre formulierte sogenannte Konfutationsbuch (Solida confutatio et condemnatio praecipuarum corruptelarum, sectarum etc., 1559) zurück. Als an der Jenaer Universität mit Viktorin Strigel selbst ein Verteidiger des Synergismus auftrat, bewirkte Flacius dessen Verhaftung, konnte jedoch auf einem Kolloquium in Weimar keine Verurteilung Strigels durchsetzen.

Im sog. osiandrischen Streit stand Flacius zumindest inhaltlich auf der Seite Melanchthons. Durch die Teilnahme Flacius’ nahm der synergistische Streit an Heftigkeit zu.

1561 wurde Flacius seines Amtes enthoben; daraufhin begab er sich zunächst nach Regensburg, später nach Antwerpen, von wo er nach Straßburg fliehen musste. Dort geriet er jedoch mit den Geistlichen schließlich in einen so heftigen Streit, dass der Rat ihn 1573 aus der Stadt verwies. Wegen seiner in Weimar geäußerten Ansicht, dass die Erbsünde zum Wesen des Menschen gehöre, wurde er nun auch von den strengen Lutheranern des Manichäismus bezichtigt und bis zu seinem Tode überall vertrieben.

Das Wort „Fläz“, im Sinne von Rüpel oder Flegel erschien zuerst 1611 bei Helvig und wird auf Matthias Flacius und seine heftig geführten Dispute, der „sich wie ein Fläz aufführte“, zurückgeführt.

Schüler

Von den Anhängern Flacius' wurden in den gnesiolutherischen Streitigkeiten verschiedene Bekenntnisschriften formuliert, etwa

Nach dem Tod von Flacius

  • das österreichische „Einfeltig Bedencken“ von 1580[10]; unterzeichnet von 28 Predigern, darunter Josias Udenius[11] und Martin Wolf,
  • die niederösterreichische „Repetitio“ von 1581[12]; 40 Unterzeichner,
  • die oberösterreichische „Formula veriatis“ von 1582[13], wesentlich verfaßt von Hieronymus Haubold († 1579) und Andreas Lange in Eferding unter dem Schutz von Rüdiger von Starhemberg (1534–1582); 11 bereits exilierte Unterzeicher (darunter Joachim Magdeburg) und 28 Unterzeicher in österreichischen Gemeinden (darunter Josias Udenius, Martin Wolf), oder
  • das niederösterreichische „Christlich Bekandtnuß“ von 1582[14].

Nach dem Tod von Rüdiger von Starhemberg 1582 konnten sich die Anhänger Flacius' in Österreich nicht länger halten.

Werke

  • Antilogia Papae: hoc est de corrupto ecclesiae statu, et totius cleri Papstici perversitate. Basel 1555 (Nachdruck durch Edward Brown im Fasciculus rerum expetendarum et fugiendarum London 1690)
  • Catalogus testium veritatis, Basel 1556 Digitalisat der UB Mannheim (zweite, erheblich erweiterte Aufl. Straßburg 1562)
  • Clavis Scripturae Sacrae, Basel 1567
  • Varia doctorum piorumque virorum de corruptu ecclesiae statu poemata Wittenberg 1557
  • Anregung und Mitarbeit an der Redaktion der Magdeburger Centurien

Literatur

  • Arno Mentzel-Reuters, Martina Hartmann (Hrsg.): Catalogus und Centurien. Interdisziplinäre Studien zu Matthias Flacius und den Magdeburger Centurien; Spätmittelalter, Humanismus, Reformation, 45; Tübingen: Mohr Siebeck 2008; ISBN 978-3-16-149609-7 [1]
  • Martina Hartmann: Humanismus und Kirchenkritik. Matthias Flacius als Erforscher des Mittelalters. Stuttgart: Thorbecke 2001 (Beiträge zur Geschichte und Quellenkunde des Mittelalters 19) (Rezension)
  • Oliver K. Olson: Matthias Flacius and the survival of Luther’s reform. Wiesbaden: Harrassowitz 2002 (Wolfenbütteler Abhandlungen zur Renaissance-Forschung 20)
  • Walther Killy: Literaturlexikon: Autoren und Werke deutscher Sprache, Band 3; Gütersloh, München: Bertelsmann-Lexikon-Verlag 1988-1991; CD-ROM Berlin 1998; ISBN 3-932544-13-7; S. 404
  • Heinz Scheible: Melanchthons Briefwechsel: Personen 12; Stuttgart-Bad Cannstatt 2005; ISBN 3-7728-2258-4
  • Wolfgang Klose: Das Wittenberger Gelehrtenstammbuch: das Stammbuch von Abraham Ulrich (1549–1577) und David Ulrich (1580–1623); Halle: Mitteldeutscher Verlag, 1999; ISBN 3-932776-76-3
  • Wilhelm Preger: Flacius, Matthias. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 7, Duncker & Humblot, Leipzig 1877, S. 88–101.
  • Wilhelm Preger: Matthias Flacius Illyricus und seine Zeit, 2 Bd., Erlangen: Theodor Bläsing 1859/61 (Online-Ressource, abgerufen am 14. Oktober 2011)
  • Günter Moldaenke: Flacius, Matthias. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 5, Duncker & Humblot, Berlin 1961, S. 220–222.
  • Friedrich Wilhelm Bautz: FLACIUS (eigentlich: Vlacich), Matthias. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 2, Hamm 1990, ISBN 3-88309-032-8, Sp. 43–48.
  • Oliver K. Olson: Flacius, Matthias. In: Theologische Realenzyklopädie (TRE). Band 11, de Gruyter, Berlin/New York 1983, ISBN 3-11-008577-1, S. 206–214.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Bekentnis Vnterricht vnd vermanung der Pfarrhern vnd Prediger der Christlichen Kirchen zu Magdeburgk. Anno 1550. Den 13. Aprilis / Confessio et apologia pastorum et reliquorum ministrorum ecclesiae Magdeburgensis. Anno 1550. Idibus Aprilis, Magdeburg: Michael Lotter 1550 (Online-Ressource, abgerufen am 13. Oktober 2011).
  2. Joachim Mörlin / Valentin Curtius / Peter von Friemersheim u. a.: Erklerung aus Gottes Wort, vnd kurtzer bericht, der Herrn Theologen, Welchen sie der Erbarn Sechsischen Stedten Gesandten, auff den Tag zu Lüneburgk, im Julio dieses 61. Jars gehalte[n], fürnehmlich auff drey Artikel gethan haben, Jena: Richtzenhain 1561 (Online-Ressource, abgerufen am 13. Oktober 2011).
  3. Vgl. Lothar Berndorff: Die Prediger der Grafschaft Mansfeld. Eine Untersuchung zum geistlichen Sonderbewusstsein in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, Potsdam: Universitätsverlag 2009 (Online-Ressource, abgerufen am 13. Oktober 2011).
  4. Kurtzer Bericht, Wes sich die Prediger, In der Graff, und Herrschafft Mansfelt, in jrem Synodo zu Eisleben dieses 1562. Jares, den 24. Februarij ... der ... Confession halben wider alle Secten ... vergliechen haben, Eisleben: Urban Gaubisch 1562 (Online-Ressource, abgerufen am 13. Oktober 2011). .
  5. Aus Eger, 1562 Pfarrer in Sylda und Harkerode sowie Hofprediger am Schloss Arnstein, 1566 aus Chemnitz vertrieben, Prediger in Klagenfurt, zusammen mit Haubold auch von dort vertrieben.
  6. Joachim Magdeburg u. a.: Confessio oder: Christliche Bekandnus des Glaubens ettlicher evangelischen Prediger inn Oesterreich, o.O. [Regensburg: Johann Burger] 1566. Grafenwörth war ein Schloss des Hans Rueber zu Pixendorf (1529–1584), als dessen Garnisionsprediger in Raab Magdeburg fungierte.
  7. Bekenntnuß Deren Kirchen binnen Antorff, so der waren Augspurgischen Confession zugethan. Aus dem Lateinischen ins hoch Deutsch gebracht. Samt einer vorrede M. Cyriaci Spangenberg, o. O. 1567.
  8. Aus Rochlitz, * um 1515, 1540 Rektor in Rochlitz, 1543 ordiniert in Wittenberg, 1545 Pfarrer, 1547 Hofprediger und Superintendent in Colditz, 1553 nach einer Predigt auf Befehl des Kurfürsten August von Sachsen verhaftet und zum Tode verurteilt, abgesetzt, Pfarrer in Gößnitz, 1559 Superintendent in Kahla, 1562 abgesetzt und Pfarrer in Helfta, 1566/67 nach Antwerpen gesandt, 1568 nach Kahla zurückgerufen, wieder vertrieben, Pfarrer in den liechtensteinischen Patronaten Lichtenwarth und 1576 Dobermannsdorf, † nach 1585.
  9. Simon Musaeus / Georg Autumnus u. a.: Confeßionsschrifft Etlicher Predicanten in den Herrschafften Graitz, Geraw, Schönburg vnd anderer hernach Vnterschriebenen Gestellet zu notwendiger Ablehnunge vieler Ertichten Calumnien vnd Lesterungen vnd dagegen zu erklerunge vnd beföderung der Warheit... Anno Domini 1567, Mense Martio, Eisleben: Andreas Petri 1567; die Konfession diente in Reuss auch noch nach Einführung des Konkordienbuches als Bekenntnisgrundlage. Vgl. auch Johann Gottfried Hauptmann: Nachricht von den Predigern, welche die Reußische Confeßionsschrift, vor dem ersten Abdrucke, mit unterschrieben haben, Gera: Heinrich Gottlieb Rothen o. J. [1769] (Online-Ressource, abgerufen am 13. Oktober 2011).
  10. Peter Peck / Philipp Barbatus Gerlich u. a: Einfeltig Bedencken und kurtzer Bericht etlicher Rein Evangelischen und gut Lutherischen Prediger in Osterreich, ob man ... deß ... streits von der Erbsünde ... mit gutem gewissen geschweigen könne oder nicht, o. O. 1580.
  11. Aus Spier (Niederspier und Oberspier) bei Sondershausen, * 1536, 1562 Pfarrer in Sand, 1567 bis 1578 in Rheinbischofsheim, 1580 als Flacianer abgesetzt, weil er als einziger unter den 66 Pfarrern der Grafschaft Hanau-Lichtenberg die Unterschrift unter die Konkordienformel verweigert, 1582 Pfarrer in Zelking.
  12. Repetitio. Widerholung der Norma Christlicher Lere, dazu die reinen Euangelischen Kirchen in Nider Österreich durch Gottes gnade sich bißher bekennet haben, vnnd noch bekennen. Sampt notwendiger Erinnerung der richtigen warhafftigen Lere und Bekentniß, von dem Menschen und von der Sünde oder Erbsünde..., o. O. 1581.
  13. Formula veritatis. Warhafftige un[d] gründliche Außführung des hohen vnnd wichtigen Religionsstreits von der Erbsünde. Sampt einer vorgehenden Supplication und Erbieten an alle Christliche Hohen und Niderstands der Augsp. Confeßion verwandten Personen, von etlichen Theologen, so vorgemelter Confeßion zugethan. Psalm 119..., o. O. 1582 (Online-Ressource, abgerufen am 13. Oktober 2011).
  14. Christlich Bekandtnuß, Einhelliger Consens, Bedencken und Rathschlag: Wie in dem Hochwichtigen Glaubens Artickel von der Erbsunde, Seyd der Propheten und Apostel zeither, in der christlichen Kirchen biß auff unser zeit geleret... Auff begeren der ... Stände von Herrn vnd der Ritterschafft in Österreich vnter der Enß, Von etlichen ... Theologen vnd Predigern, im 1582. Jar verfasset, o. O. 1586.

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