Masse und Macht

Masse und Macht

Masse und Macht ist das 1960 erschienene Hauptwerk des späteren Literaturnobelpreisträgers Elias Canetti. „Nichts fürchtet der Mensch mehr als die Berührung durch Unbekanntes. […] Es ist die Masse allein, in der der Mensch von seiner Berührungsfurcht erlöst werden kann.“ Diese ersten Sätze aus Masse und Macht besagen nichts anderes, als dass der Mensch von Natur aus kein soziales Wesen ist. Nicht Empathie charakterisiert den Menschen, sondern die Furcht vor der Berührung diktiert sein Leben. Befindet sich der Mensch in der Öffentlichkeit, verlangen zufällige Berührungen mit anderen Menschen nach einer Entschuldigung. Steht der Mensch im Aufzug, drängt er sich in eine Ecke, um nicht in Kontakt mit den Anderen zu geraten. Und das Einschließen in die Häuser ist nichts anderes als ein Versuch des Menschen, sich dem bedrohlichen Fremden der Welt zu entziehen.

Einzig in der Masse, diesem von „Affekten“ geleiteten Gebilde verliert der Mensch seine Furcht vor der Berührung, kann es zu einem Zustand der „Entladung“ kommen, zu dem Moment, an dem alle „ihre Verschiedenheiten loswerden und sich als gleiche fühlen“. Der Verlust jeder Individualität wird dabei als befreiender Akt betrachtet, da der Einzelne nicht mehr alleine der chaotischen Welt gegenüber steht. Jetzt, da sich alle gleich fühlen, ist die Furcht vor dem Fremden innerhalb der Masse zwar aufgehoben, doch das Andersartige der Welt da draußen wird der Masse umso deutlicher bewusst. Das Andersartige gefährdet das „Überleben“ der Masse, da es Alternativen zu dem Zustand der Gleichheit aufzeigt. Und so ist die auffälligste Eigenschaft einer Masse die „Zerstörungssucht“. Um ihr eigenes Überleben zu sichern, will sie das Andere vernichten.

Inhaltsverzeichnis

Massenpsychologie

Masse und Macht ist nicht nur das Hauptwerk des späteren Nobelpreisträgers für Literatur, Elias Canetti, es ist seine Obsession, an der er über zwanzig Jahre arbeitet. Masse und Macht ist ein ausuferndes Werk, angesiedelt zwischen Anthropologie, Sozialpsychiatrie, Ethnologie, Philosophie, Mythenüberlieferung und vermeidet einzig den von Gustave Le Bon und Sigmund Freud geprägten Begriff der klassischen Massenpsychologie. Mit Hilfe der Massenpsychologie versuchten Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts vorwiegend bürgerliche Kräfte das Phänomen der politisierten Volksmasse zu neutralisieren. Die Masse interpretierten sie nicht wie Karl Marx und Friedrich Engels ideologisch als aktives Revolutionsheer, sondern kulturkritisch als „Gesamtheit der nicht besonders Qualifizierten“ (José Ortega y Gasset).

Persönlich von den Septemberunruhen 1870 in Paris geprägt begründete der französische Arzt Gustave Le Bon 1895 mit seiner Studie „Psychologie des foules“ die Massenpsychologie. Le Bon erkannte in der Volksmasse die „jüngste Herrscherin der Gegenwart“. Ihn beschäftigte die Frage, welche destruktiven Kräfte durch ihre Herrschaft freigesetzt werden können. So wie zwei Jahrzehnte später Sigmund Freud in seiner 1921 veröffentlichten Studie „Massenpsychologie und Ich-Analyse“ sah Le Bon in der Masse den Sieg des triebhaft Unbewussten über den menschlichen Geist. Die Beeinflussbarkeit einer Masse führe dazu, dass sie sich einer höheren Idee oder einem vermeintlich höheren Wesen unterwerfe. Irrationalität und Pseudo-Religiosität erhalten somit eine entscheidende politische Komponente.

Sigmund Freud baute auf Le Bons Überlegungen auf. Die Masse, so deutete er, werde zweifach libidinös gebunden. Einmal verbänden sich die Individuen durch den Herdentrieb miteinander, des anderen brauche eine Masse immer auch einen Führer, dem sie bedingungslos folgen könne. Freud verglich dieses Phänomen mit dem Zustand der Verliebtheit. Der Führer sei das idealisierte Sexualobjekt der Masse, das unerreichte Ich-Ideal, in dessen Person all die unerfüllten Wünsche der Masse projiziert werden.

Während der Philosoph und Soziologe Theodor W. Adorno (1903-1969) in Freuds Studie eine geniale Vorausdeutung des Nationalsozialismus sah, war für Elias Canetti Freuds psychoanalytische These völlig unzureichend. Weder unterschied Freuds Analyse zwischen spontanen Massenbewegungen und hierarchisch strukturierten Gruppen, noch war die Libido-Bindung an den Führer eine ausreichende Erklärung für autoritäre Machtstrukturen.

Canettis prägende Massenerlebnisse

Nicht die Erkenntnisse Le Bons und Freuds stellen Canettis Zugang zum Massenphänomen dar, es sind seine eigenen mythisch überhöhten Massenerlebnisse, die ihn ergründen lassen wollen, was die Masse ist. Anhand persönlicher Erfahrungen kommt Canetti der Gedanke, dass es im Menschen einen Massentrieb gibt, der im Widerstreit zum Persönlichkeitstrieb steht. Rückblickend erinnert er sich in seiner Lebensgeschichte: „Daß etwas die Menschen dazu zwinge, zu Masse zu werden, schien mir offenkundig und unwiderlegbar, daß die Masse zu Einzelnen zerfiel, hatte nicht weniger Evidenz, ebenso daß diese Einzelnen wieder Masse werden wollten. [...] Was die Masse aber selbst wirklich war, das wußte ich nicht, es war ein Rätsel, das zu lösen ich mir vornahm.“

Die Entstehungsgeschichte von Masse und Macht beginnt 1922 zu Anfangszeiten der Weimarer Republik. Anlässlich eines Demonstrationsmarsches nach der Ermordung des deutschen Außenministers Walther Rathenau hat der junge Elias Canetti sein erstes Massenerlebnis. Prägender wird ein Jahr später die erniedrigende Erfahrung der Inflation sein, von der er rückblickend in Masse und Macht schreiben wird: „Die Inflation ist ein Massenphänomen im eigentlichsten und engsten Sinne des Wortes. In diesem Vorgang findet sich jene Eigenschaft wider, die ich als besonders wichtig und auffallend bezeichnet habe: die Lust am rapiden und unbegrenzten Wachstum. Aber dieses Wachstum ist ins Negative gewendet.“

Gegen den eigenen Willen von einer Entwicklung mitgerissen zu werden, dieses Gefühl kehrt vier Jahre später in Wien leibhaftig zu Canetti zurück. Während eines Arbeiteraufstandes am 15. Juli 1927 wird der an sich unbeteiligte Canetti vom Strom der Demonstranten mitgerissen. Jahrzehnte später erinnerte er sich wie folgt an diesen Aufstand: „Es sind 53 Jahre her, und die Erregung dieses Tages liegt mir noch heute in den Knochen. Ich wurde zu einem Teil der Masse, ich ging vollkommen in ihr auf, ich spürte nicht den leisesten Widerstand gegen das, was sie unternahm.“

Canetti in Abgrenzung zu Le Bon und Freud

Canetti als Schriftsteller treibt nicht so sehr die Neugierde, was die Masse ist, sondern wie sie ist. Dabei zerfällt das ‚wie’ in zahlreiche Nuancen. Canetti untersucht neben den menschlichen auch imaginäre Massen. Le Bons und Freuds ausschließlich soziologische Fragestellung erweitert Canetti somit um elementare Untersuchungen.

Canetti besitzt einen variablen Erzählerstandpunkt. Er sitzt nicht auf dem Analytikerstuhl, sondern will in der Masse aufgehen, um eigene Erfahrungen zu sammeln. Er teilt nicht die negativen Betrachtungsweisen von Le Bon und Freud. Die von ihnen dargestellte Regression des Verstandes auf das Niveau von Wilden (Le Bon) ist für Canetti kein Argument gegen die Masse, sondern ein Erkenntnismittel, mit welchem er sich anhand einzelner Mythen von Naturvölkern einen weiteren Zugang zur Masse eröffnet. Im Eintritt in eine Masse sieht Canetti einen Zustand der Befreiung von den Ich-Grenzen, den er nicht verurteilt, sondern als anthropologischen Trieb versteht.

Vielfältige Massenphänomene

Vier allgemeingültige Eigenschaften einer Masse benennt Elias Canetti in Masse und Macht:

  1. Die Masse will immer wachsen.
  2. Innerhalb der Masse herrscht Gleichheit.
  3. Die Masse liebt Dichte.
  4. Die Masse braucht eine Richtung.

Doch die Masse an sich existiert nicht. Sie ist entweder tödlich als „Hetzmasse“ oder lebensbejahend als „Festmasse“. Sie flieht vor äußeren Gefahren als „Fluchtmasse“ oder erhebt sich als „Umkehrungsmasse“ revolutionär gegen bestehende Unterdrückung. Massen sind vielfältig und nicht immer real. Seine Masse-Untersuchung dehnt Canetti im Verlauf von Masse und Macht auf imaginäre „kollektive Einheiten aus, die nicht aus Menschen bestehen und dennoch als Masse empfunden werden“.

Canetti nennt sie „Massensymbole“. Zu ihnen zählt er das Feuer, das Meer, den Regen, den Fluss sowie den Wald. Spezielle Massensymbole finden sich ferner bei den einzelnen Nationen wieder. Eine Nation ist für Canetti weder über ihre Sprache, noch über ihr Territorium oder ihre Kultur oder ihre Geschichte definiert. In einer Nation sieht Canetti vielmehr eine Religion. Die Vorstellungen und Gefühle, die eine Nation von sich habe, seien als Massensymbole in tiefere Bewusstseinsebenen der Masse eingedrungen. Das Massensymbol der Deutschen ist für Canetti das Heer. „Aber das Heer war mehr als das Heer: es war der marschierende Wald“.

Im Gegensatz zu Freuds und Le Bons Analysen benötigt die Masse bei Canetti keinen Führer. Bindet ein Machthaber eine Masse trotzdem an sich, ist die Libidobindung an den Führer kein primärer Grund für ihren Zusammenhalt, so Canetti, sondern ein „erst aus der Erstehung der Masse hervorgegangenes Phänomen.“ Der „positiven“ Bindung an den Machthaber durch Hypnose oder Libido stellt Canetti eine „negative“ Bindung entgegen: die Todesdrohung.

Die Todesdrohung an die Masse

1938 marschierte Adolf Hitler triumphal in Wien ein und Canetti flüchtete ins Exil nach London. Er legte sich das Verbot weiterer schriftstellerischer Tätigkeit auf und widmete sich ganz seiner Arbeit zu Masse und Macht. Zehn Jahre nimmt das Quellenstudium in Anspruch, erst 1948 beginnt er mit der Niederschrift. Weitere elf Jahre vergehen, bis Canetti Masse und Macht 1959 fertigstellt und er es 1960 veröffentlichen kann.

Masse und Macht ist auch ein Buch über den Nationalsozialismus und doch meidet Canetti diesen Begriff. Ebenso bleibt der Name Hitler in weiten Teilen des Buches unerwähnt und doch demaskiert Masse und Macht Hitler als paranoiden Machthaber. Canetti geht es nicht darum, den Nationalsozialismus als Zivilisationsbruch zu erklären, er will elementare Machtstrukturen in totalitären Systemen aufdecken. Canetti sieht in der Person Hitlers kein einzigartiges Phänomen, sondern lediglich einen Typus.

In totalitären Systemen ist die Macht in der Hand des Machthabers gebündelt. Für Canetti ist Macht eine Chiffre für Gewalt. So schreibt er in Masse und Macht, dass die Macht sich in ihrem archaischsten Moment als „Augenblick des Überlebens“ offenbare, immer dann wenn ein Lebender triumphierend einem Toten gegenüberstehe.

Macht zu besitzen bedeutet zu überleben. Das Recht, über Leben und Tod zu entscheiden, ist folgerichtig das sicherste Instrument zur Macht- und Lebenserhaltung. Dieses Instrument des Schreckens, so Canetti, komme in totalitären Systemen nun als Recht daher und verleihe dem Diktator den Anschein einer Gottesähnlichkeit.

Doch ein Diktator ist kein Gott. Stattdessen definiert Canetti ihn als paranoiden Machthaber. Die Wahrung seiner Macht sei ihm das Wichtigste und gleichzeitig sei in ihm das permanente Gefühl der Bedrohung präsent. Die Masse seiner Untertanen könne der paranoide Machthaber nur dadurch unter Kontrolle halten, dass er exzessiv über ihr Leben und ihren Tod entscheide. „Seine sichersten, man möchte sagen seine vollkommensten Untertanen sind die, die für ihn in den Tod gegangen sind“ – ob im Krieg, in Schauprozessen oder in Vernichtungslagern.

Die Macht der Befehle

Macht äußert sich in Befehlen. Und der Mensch, so sieht es Canetti, sei nicht nur „von klein auf an Befehle gewöhnt, aus ihnen besteht zum guten Teil, was man Erziehung nennt“. Canetti, der sich selbst als Erwachsener nie ganz von der autoritären Macht seiner Mutter hat befreien können, sieht im Befehl und dessen Ausführung die natürliche Verhaltenskonstante – für Canetti ist der Befehl etwas Grundlegendes, etwas, was älter als die Sprache ist.

Totalitäre Machtsysteme basieren auf dem Gesetz des Stärkeren. Und Umkehrungen gegen dieses totalitäre System sind deswegen so schwierig, weil die Ausführung eines Befehls im Verhaltensmuster des Menschen elementar verankert ist. Was aber macht einen Befehl so unumstößlich?

Wird ein Befehl ausgesprochen, so wird die Handlung, die auf ihn folgt, vom Handelnden als fremd empfunden. Sie ist ihm auferlegt worden. Der Handelnde spürt die Macht, die im Befehl inne liegt. Für Canetti bedeutet Macht, über Leben und Tod entscheiden zu können. In jedem Befehl schwingt so noch die ursprüngliche Todesdrohung mit.

Um die Abhängigkeit des Menschen vom Befehl zu verstehen, zerlegt Canetti den Befehl in einen „Antrieb und einen Stachel“. Der Antrieb, die Angst vor der Bestrafung, erzwingt beim Menschen die Ausführung des Befehls. Danach bleibt im Inneren des Menschen ein Befehlsstachel als „Fremdkörper“ zurück. In diesem schmerzenden Stachel erhält sich die Erinnerung an den von außen angeordneten Befehl.

Da die Stacheln Fremdkörper sind, trachten die Menschen nach deren Auflösung. Die Auflösung eines Stachels könne nur durch die Umkehrung der ursprünglichen Befehlssituation bewirkt werden, dann wenn der Befehlsempfänger denselben Befehl als Befehlsgeber weitergibt. Eine Machtspirale, die sich immer weiter nach unten zieht bis zum endgültigen Opfer, welches niemanden mehr hat, an den es den Befehl weitergeben kann.

Nicht aufgelöste Befehlsstachel können zur Selbstverleugnung führen: „Es ist bekannt, daß Menschen, die unter Befehl handeln, der furchtbarsten Taten fähig sind. Wenn die Befehlsquelle verschüttet ist, und man sie zwingt, auf ihre Taten zurückzublicken, erkennen sie sich selber nicht“. Mit anderen Worten, ist der Machthaber tot, bleibt der Masse nur die kollektive Selbstverleugnung.

Wo bleibt die Erkenntnis?

Die Rezeptionsgeschichte von Masse und Macht verlief im deutschsprachigen Raum unglücklich. Was Masse und Macht zu einem verstörenden Werk macht, ist das Fehlen der Kategorie der Vernunft. In Masse und Macht sind die menschlichen Ur-Instinkte zwar zivilisatorisch domestiziert, doch brechen sie immer wieder hervor und bestimmen das Leben des Menschen. Aus diesem Konstrukt gibt es augenscheinlich kein Entkommen. Canetti zeigt keinen Ausweg auf, wie der Todesgewalt des simplen Befehls entgegengetreten werden kann, außer dem Hinweis, dass man nur dann ein freier Mensch ist, wenn man sich allen Befehlen entzieht. Das hieße, der Mensch muss asozial werden. Ethisches Handeln ist ausgeschlossen. Interaktion ist tatsächlich nur noch in der Masse möglich.

Canetti ist Dichter, kein Wissenschaftler. Masse und Macht sprengt nicht nur sämtliche universitären Schubladen, es weigert sich auch auf gängige wissenschaftliche Begriffe zurückzugreifen. Für Theodor W. Adorno lag das Skandalon von Masse und Macht in der nicht präzise getroffenen Unterscheidung zwischen Wirklichkeit und Imagination. Die von Canetti leibhaftig empfundenen Massensymbole sind es, die Adornos Unwillen erregen, wie auch die zahlreich eingearbeiteten mythischen Überlieferungen der afrikanischen, asiatischen, amerikanischen und australischen Ureinwohner.

Doch gerade dieser komplexe Realitätsbegriff prägt das gesamte Werk des Dichters. Es ist die Grundhaltung im schriftstellerischen Wirken Canettis, Mythen und Vorstellungen als etwas Erlebbares zu begreifen. Dieses Ethos, das verlangt, den Blickwinkel auf die Realität immer wieder neu zu verschieben, ist die besondere Qualität des Werkes, selbstverständlich ist dies auch die besondere Problematik. Masse und Macht ist keine empirisch überprüfbare soziologische Analyse. Masse und Macht deutet nicht, sondern beschreibt nur.

Vielfalt kennzeichnet Masse und Macht. Vielfalt der Quellen, wie auch Vielfalt der Darstellung. Als Dichter übersetzt Canetti Massenphänomene ebenso in Bilder wie Machtstrukturen. Canetti, dessen legendäre Todesfeindschaft nicht daher rührte, dass er den Tod per se bekämpfen wollte, sondern der in der gesellschaftlichen Akzeptanz der Banalisierung des Todes eine der Hauptursachen für das Zustandekommen von totalitären Machtstrukturen entdeckte, leistet also primär eine Übersetzungsarbeit.

Dabei offenbart Masse und Macht beträchtliche Mängel. Wer verstehen will, wie ganz normale Männer und Frauen an Judenvernichtung, an Folter und Massenerschießungen teilnehmen können, wird Canettis Befehlsstachelmodell als ungenügend empfinden. Canettis anthropologische Betrachtungsweisen können geschichtliche Vorgänge in ihrer Komplexität nicht vollständig erfassen.

Und trotz oder gerade wegen seiner Schwächen leistet Masse und Macht eine erstaunlich feinfühlige Betrachtung kollektiver Vorgänge und Machtstrukturen. Gerade in seinen eigenen Übersetzungen fernab vom wissenschaftlichen Vokabular liefert Canetti erhellende Einsichten. Canetti, der Ideologien verabscheut, teilt seine Weltanschauung nicht offen mit. Erkenntnis muss der mündige Leser selbst gewinnen. So wie sich Canetti der Masse immer wieder neu nähert, muss dieses Werk auch immer wieder neu erschlossen werden.

Ausgaben

  • Erstausgabe: Claasen, Hamburg 1960.
  • Neuausgabe in: Werke Bd. 10. Hanser, München 1994, ISBN 3-446-17019-7.
  • Taschenbuch: Fischer, Frankfurt a. Main 1995, ISBN 3-596-26544-4.
  • Hörbuch: Masse und Macht. Lesung von 1959 (NDR) mit Elias Canetti. 3 CDs. Hoffmann-und-Campe, Hamburg 2003, ISBN 3-455-32017-1.

Literatur

  • Johann P. Arnason, David Roberts (Hrsg.): Elias Canetti's Counter-Image of Society: Crowds, Power, Transformation. Camden House, New York 2004, ISBN 1-57113-160-4.
  • Penka Angelova: Elias Canetti – Spuren zum mythischen Denken, Paul Zsolnay Verlag 2005, ISBN 978-3-552-05327-4.
  • Dagmar Barnouw: Anthropologische Phantasie: Canetti und Freud zum Phänomen der Masse. in: Canettis Masse und Macht oder die Aufgabe des gegenwärtigen Denkens, hrsg. v. John Pattillo-Hess, Wien 1988, S. 37-51.
  • Dies.: Elias Canetti zur Einführung. Hamburg 1996.
  • Dies.: Masse, Macht und Tod im Werk Elias Canettis. in: Zu Elias Canetti, hrsg. v. Manfred Durzak, S. 72-91.
  • Peter Friedrich: Die Rebellion der Masse im Textsystem. Die Sprache der Gegenwissenschaft in Elias Canettis "Masse und Macht". München 1999.
  • Georgiev, Plamen: Elias Canettis Werk "M.u.M". Eine Reflexion des Humanismus und der philosophischen Intention. in; Pattillo-Hess, John, Hg. Canettis M.u.M. oder die Aufgabe des gegenwärtigen Denkens, Bundesverlag, Wien 1988.
  • Sven Hanuschek: Elias Canetti. Biographie. München 2005.
  • Fransisco Budi Hardiman: Die Herrschaft der Gleichen. Masse und totalitäre Herrschaft. Eine kritische Überprüfung der Texte von Georg Simmel, Hermann Broch, Elias Canetti und Hannah Arendt. Frankfurt/ M. [u.a.] 2001.
  • Petra Kuhnau: Masse und Macht in der Geschichte. Zur Konzeption anthropologischer Konstanten in Elias Canettis Werk Masse und Macht. Würzburg 1996.
  • Gerhard Melzer: Der einzige Satz und sein Eigentümer. Versuch über den symbolischen Machthaber Elias Canetti. in: Experte der Macht. Elias Canetti, hrsg. v. Kurt Bartsch u. Gerhard Melzer, Graz 1985, S. 58-72.
  • Pattillo-Hess, John (Hg): siehe Georgiev oder Piel
  • Edgar Piel: Im Gehäuse der Hörigkeit lässt sich nicht leben. Canettis "Masse und Macht": Wissenschaft oder Mythos? in: Canettis Masse und Macht oder die Aufgabe des gegenwärtigen Denkens, hrsg. v. John Pattillo-Hess, Wien: Bundesverlag, 1988, S. 52-65.
  • Schmid-Bortenschlager, Sigrid: Der Einzelne und seine Masse. Massentheorie und Literaturkonzeption bei Elias Canetti und Herm. Broch in: Bartsch, Kurt , u.a. Hg., Experte der Macht. Elias Canetti, Graz 1985.

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