Apsis (Astronomie)

Apsis (Astronomie)
Apsiden (Hauptscheitel der Keplerellipse)
F: Gravizentrum (Brennpunkt)
A: Periapsis, d1: Periapsisdistanz
B: Apoapsis, d2: Apoapsisdistanz

Als Apsis (griechisch „Wölbung“, Plural Apsiden) bezeichnet man die beiden Hauptscheitel auf der elliptischen Umlaufbahn eines Himmelskörpers. Apoapsis ist dabei der Punkt mit der größten Entfernung zum Hauptkörper und Periapsis der mit der geringsten. Da die Ellipse genau zwei Hauptscheitel besitzt, wird der Begriff meist im Plural verwendet.

Inhaltsverzeichnis

Wortherkunft und abgeleitete Begriffe

Apsis ist das griechische Wort für „Wölbung, Bogen“ und leitet sich vom Begriff Apsis der Architektur ab, apo- und peri- sind die Vorsilben „fern“ und „nah“.

Hauptkörper: Ap(o)-, Peri-

Sonne: Perihel und Aphel
Perihel und Aphel, innere Planeten
Perihel und Aphel, äußere Planeten
Gesehen vom Himmelsnordpol, Frühlingspunkt unten;
Planeten bewegen sich gegen den Uhrzeigersinn;
 Perihel,  Aphel


Entfernung der Planeten und Zwergplaneten von der Sonne in Astronomischen Einheiten und Kilometern
Himmelskörper Perihel Aphel
Merkur 0,306 AE 45,9 Mio. km 0,4667 AE 69,7 Mio. km
Venus 0,718 AE 107,4 Mio. km 0,728 AE 109 Mio. km
Erde 0,9833 AE 147,1 Mio. km 1,0167 AE 152,1 Mio. km
Mars 1,381 AE 206,7 Mio. km 1,666 AE 249,1 Mio. km
Ceres 2,544 AE 380,5 Mio. km 2,987 AE 446,8 Mio. km
Jupiter 4,951 AE 740,9 Mio. km 5,454 AE 815,7 Mio. km
Saturn 9,008 AE 1.347 Mio. km 10,069 AE 1.507 Mio. km
Uranus 18,285 AE 2.735 Mio. km 20,088 AE 3.004 Mio. km
Neptun 29,800 AE 4.456 Mio. km 30,316 AE 4.537 Mio. km
Pluto 29,658 AE 4.425 Mio. km 49,305 AE 7.375 Mio. km
Eris 37,845 AE 5.662 Mio. km 97,545 AE 14.593 Mio. km
Planeten sind weiß, Zwergplaneten sind grau hinterlegt.

Für die Hauptkörper Sonne, Erde, Mond und Sterne haben die Apsiden eigene Namen, die aus den entsprechenden griechischen abgeleitet sind:

  • -hel zu helios „Sonne“: Das Perihel ist der sonnennächste, das Aphel (sprich „Ap-hel“ oder „Afel“[1]) der sonnenfernste Punkt einer Planetenbahn. Die Erde hat ihren Perihel-Durchgang um den 3. Januar (2.–4. Jan., je nach Zeit nach dem letzten Schaltjahr) bei 147,099 Mio. km, und ihren Aphel-Durchgang um den 5. Juli (3.–6. Juli) bei 152,096 Mio. km.
  • -gäum zu ge oder gaia „Erde“; siehe auch Erdnähe: Perigäum und Apogäum sind der erdnächste bzw. der erdfernste Punkt.
    • Beim Mond unterscheiden sich durch die merklich elliptische Form der Mondbahn (Exzentrizität 0,055) die beiden Entfernungen um über 13 Prozent. Sie betragen 356.410 und 406.740 km und die große Halbachse 384.405 km (zur Differenz siehe oben, Baryzentrum).
    • Künstliche Erdsatelliten: Bei künstlichen Erdsatelliten heißen die Apsiden ebenso wie beim natürlichen Erdmond. Gibt man sie als Höhe über der Erdoberfläche an, fällt ihr Unterschied natürlich mehr auf als bei geozentrischen Distanzen. Wird z. B. eine 300 km hohe Kreisbahn auf eine Exzentrizität von nur 0,001 geändert, ändern sich die zwei Höhen auf etwa 235 und 365 km. Russische Synchronsatelliten können sogar Werte von 500 bis ca. 80.000 km aufweisen, und eine sog. Übergangsbahn zum Mond noch extremere. Um stabile Satellitenbahnen zu erhalten, muss das Perigäum wegen der Bremswirkung der hohen Atmosphäre mindestens 200 km hoch liegen.
  • -selen zu selene „Mond“: Periselen und Aposelen bezeichnen den mondnächsten bzw. den mondfernsten Punkt in der Bahn eines den Mond umkreisenden Körpers (englisch ist Perilune bzw. Apolune üblicher). Zum Beispiel hatte der dritte Lunar Orbiter (1967) zunächst ein Periselen von 210 km Höhe und ein Aposelen von 1790 km. Nach 4 Tagen wurde die Bahn auf 45 und 1850 km umgewandelt, um mehr hochauflösende Fotos zu gewinnen.
  • -astron „Stern“: Periastron und Apastron: Der Punkt auf der Umlaufbahn eines Doppelstern-Partners, auf dem dieser am nächsten bzw. am weitesten von seinem Begleiter entfernt ist.
  • -galaktikum zu galaxisMilchstraße“: Perigalaktikum und Apogalaktikum sind die Punkte auf der Umlaufbahn eines Sterns um das Zentrum des Milchstraßensystems, auf dem er am nächsten bzw. am weitesten von diesem entfernt ist.
  • -jovum zu lat. iupiter: nur beim Jupiter sagt man Perijovum und Apojovum (englisch Peri-, Apojove, vom lateinischen Genitiv Iovis für des Jupiters).
  • Weitere Planeten: Konsequenterweise wäre an Peri- bzw. Apo- die griechischen Namem der anderen Planeten anzuhängen. Da diese aber oft nicht bekannt sind, wird hier allerdings meistens umschrieben. Die Definition für Exoplaneten bei ihrem Umlauf um ihren Zentralstern erfolgt analog.

Weitere Begriffe

Perizentrum und Apozentrum (lateinisch centrum „Achspunkt“) bezeichnen dabei speziell Punkte in einem Mehrkörper-System und beziehen sich auf dessen Schwerpunkt (Baryzentrum). Ein Beispiel ist der Punkt auf der Umlaufbahn eines Partners in einem Doppelsternsystem, auf dem dieser am nächsten bzw. am weitesten vom Baryzentrum des Systems entfernt ist. Ist in einem allgemein himmelsmechanischen Zusammenhang von den Apsiden einer Bahn die Rede, ohne dass ein bestimmter Zentralkörper spezifiziert werden soll, dann können sie ebenfalls als Perizentrum und Apozentrum, aber auch als Perifokus und Apofokus (lateinisch focusBrennpunkt“) bezeichnet werden.

Der Abstand zwischen System-Schwerpunkt und Apside ist die Apsisdistanz (Apsidendistanz), oder Apsisabstand, also Periheldistanz (Perihelabstand, oft auch kurz nur „Perihel“), Apheldistanz (Aphelabstand, „Aphel“), Perizentrumsdistanz usw. Zu beachten ist, dass „Periapsisdistanz“ („Periapsisabstand“) manchmal auch als Bahnelement den Winkel Argument der Periapsis bezeichnet.

Die Verbindungslinie der beiden Apsiden ist die Apsidenlinie.

Grundlagen

Exzentrizität und Apsisdistanz

Der Zusammenhang zwischen (numerischer) Exzentrizität und den Apsisdistanzen ist

\mathrm{Exzentrizit\ddot at} = \frac{\text{Apoapsisdistanz} - \text{Periapsisdistanz}}{\text{Apoapsisdistanz} + \text{Periapsisdistanz}}

Apsiden und Apsidenlinie

Übersicht über die Referenzlinien der Erdbahn

Die Gerade durch die beiden Apsiden wird Apsidenlinie genannt. Sie entspricht der Hauptachse der Ellipse. Für die Bahnberechnung wird häufig die halbe Größe der Apsidenlinie als „große Halbachse“ oder „mittlere Entfernung“ angegeben. Aufgrund von Schwerkraftseinflüssen anderer Himmelskörper ist die Apsidenlinie nicht fest, sondern dreht sich langsam in Richtung des umlaufenden Himmelskörpers. Dieser Vorgang wird Apsidendrehung genannt.

Bahnellipsen und Baryzentrum

Wenn man Bahndaten näher betrachtet und die zwei Apsidendistanzen mittelt, fällt manchmal auf, dass sich diese mittlere Entfernung von der großen Halbachse unterscheidet. Wenn der Hauptkörper nicht wesentlich größer als der zweite ist, wird daran der Effekt des Baryzentrums deutlich gemacht. Denn nicht der Mittelpunkt des Hauptkörpers steht im Brennpunkt der Bahnellipse, sondern der gemeinsame Schwerpunkt der Himmelskörper.

Beim System Erde-Mond liegt das Baryzentrum (der Erde-Mond-Schwerpunkt) fast 5000 km außerhalb des Geozentrums, also im mondzugewandten Bereich des Erdmantels. Der Erdmittelpunkt beschreibt daher monatlich eine Ellipse von 10.000 km Durchmesser.

Bei Doppelsternen (siehe unten) ist dieser Effekt noch wesentlich größer und kann vielfach sogar astrometrisch erfasst werden. So wurde beispielsweise schon um 1800 eine periodische Ortsveränderung des hellen Sterns Sirius festgestellt, aber erst 1862 sein kleiner Begleiter optisch nachgewiesen.

Bei dem Nachweis von Exoplaneten mit der Radialgeschwindigkeitsmethode wird dieser Effekt ausgenutzt, um aus dem radialen Bewegungsanteils des Muttersterns um das Baryzentrum auf Masse und Umlaufdauer der Planeten zu schließen.

Während des Durchgangs eines Körpers durch seine Periapsis besitzt er seine größte Bahngeschwindigkeit, weil er bis dorthin – aufgrund des abnehmenden Bahnradius – auf das Gravizentrum zufällt; während seines Durchgangs durch die Apoapsis seine geringste Umlaufgeschwindigkeit, weil er sich bis dorthin vom Gravizentrum entfernt. Die Winkelgeschwindigkeit (scheinbare Geschwindigkeit) im Umlaufzentrum ändert sich noch mehr, weil sich zusätzlich zu dem im gleichen Zeitabschnitt durcheilten Bogen auch die Distanz (der Radius) verkürzt – dieser Effekt ist etwa bei der Beobachtung der täglichen Bewegung des Mondes oder eines Satelliten auffallend.

Siehe auch

Quellen

  1. a'fe:l – M. Mangold: Duden Aussprachewörterbuch. Bibliographisches Institut AG, Mannheim 1974, 2. Aufl., ISBN 3-411-00916-0

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