Masernparty

Masernparty

Masernparty bezeichnet die bewusste Zusammenführung gesunder, nicht gegen Masern geimpfter Kinder mit Kindern, die akut an Masern erkrankt sind. Ziel ist die Ansteckung der nicht geimpften Kinder mit Masernviren, damit diese die Krankheit und somit die nahezu immer der Erkrankung folgende Immunität gegen Masern entwickeln.

Sogenannte „measles parties“, zu deutsch „Masernpartys“, waren in den 1950er und 1960er Jahren in den Vereinigten Staaten vor der Einführung der Impfung gegen Masern populär. Die Partys erlebten eine Wiederauferstehung insbesondere in Großbritannien, als die Masern-Mumps-Röteln-Impfung (MMR) fälschlicherweise mit Autismus in Zusammenhang gebracht wurde.[1] Diese Vermutung konnte eindeutig widerlegt werden.

Impfgegner und Impfskeptiker begründen Masernpartys damit, dass Masern eine „harmlose Kinderkrankheit“ seien und eine als „natürlich“ bezeichnete Infektion Vorteile gegenüber der Impfung aufweise. Insgesamt ist jedoch die Masernerkrankung deutlich riskanter als die Masernimpfung, insbesondere da schwere und tödliche Verläufe wesentlich häufiger auftreten.[2] (siehe auch: Hauptartikel Masern)

Nach deutschem Recht erfüllt das vorsätzliche Beibringen von Krankheitserregern – also auch von Masernviren – den Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt. StGB) oder der versuchten gefährlichen Körperverletzung.[3] Ob eine Masernparty auch dann eine Straftat sein kann, wenn die Erziehungsberechtigten mit der Teilnahme ihrer Kinder einverstanden sind, ist bislang nicht geklärt.

Masern sind eine nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 lit. h IfSG meldepflichtige Krankheit. In der medizinischen Literatur wird vertreten, dass Masernpartys deshalb auch nach §§ 74, 75 IfSG strafbar sein könnten.[4][5][6]

In Österreich kommt eine Strafbarkeit wegen vorsätzlicher Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten nach § 178 StGB in Betracht.[7] Nach dem Schweizerischen Strafgesetzbuch kommt eine Strafbarkeit nach Körperverletzung,[8] Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht[9] und Verbreiten menschlicher Krankheiten[10] in Betracht.

Entsprechende Treffen gibt es auch bei anderen Erkrankungen, etwa den Windpocken („Pockenparty“).[11]

Quellen

  1. Dillner L: The return of the measles party. In: Guardian, 26. Juli 2001. Abgerufen am 8. August 2011. 
  2. Masern. RKI-Ratgeber Infektionskrankheiten – Merkblätter für Ärzte. Stand 01/2006
  3. Vgl. Kühl in Lackner/Kühl, StGB, 24. Aufl. München 2001, § 224 Rn. 1a.
  4. Nicole Schaenzler, Brigitte Strasser-Vogel: 300 Fragen zum Impfen. 1.Auflage. Graefe und Unzer Verlag, München 2008, S.149. ISBN 978-3-8338-1145-6.
  5. Zylka-Menhorn: Deutsches Ärzteblatt: Masern Vermeintlich harmlose Viruserkrankung. Jg. 103, Heft 23, 9. Juni 2006, A 1586.
  6. Dorothea Habicht: Masernimpfung versus Masernparty. In: Bayerisches Ärzteblatt 11/2005, S.760. Text online hier einsehbar, zuletzt zugegriffen am 8. August 2011.
  7. Verdacht auf "Masern-Party"?, ORF-Beitrag vom 3. April 2008
  8. Art. 123.2 Schweizerisches Strafgesetzbuch
  9. Art. 219 Schweizerisches Strafgesetzbuch
  10. Art. 231 Schweizerisches Strafgesetzbuch
  11. Shannon Henry: A Pox on My Child: Cool! The Washington Post, 20. September 2005. Text online hier erhältlich, zuletzt eingesehen am 8. August 2011.

Weblinks

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