Mary Pickford

Mary Pickford
Mary Pickford (1913)

Mary Pickford (* 8. April 1892 in Toronto, Ontario; † 29. Mai 1979 in Santa Monica, Kalifornien; gebürtig Gladys Louise Smith) war eine kanadische Schauspielerin und Filmproduzentin der Stumm- und frühen Tonfilmzeit.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Mary Pickford (um 1916)

Mary Pickford war das älteste von drei Kindern von John Charles Smith, einem Sohn methodistischer britischer Einwanderer, und dessen Frau Elsie Charlotte Printer, die unter den Pseudonymen Charlotte Hennessy und Charlotte Pickford als Schauspielerin tätig war. Sie hatte eine Schwester, Charlotte „Lottie“ Smith (* 1895) und einen Bruder, John Charles „Jack“ Smith, Jr. (* 1896). Als Mary fünf Jahre alt war, starb ihr Vater, und Mary fand sich in der Rolle der Ernährerin für ihre Mutter und ihre Geschwister wieder. Ihre Mutter verdiente Geld für die Familie hinzu, indem sie Untermieter aufnahm.

Unter dem Namen Baby Gladys tourte sie mit verschiedenen Vaudeville-Truppen durch Kanada und die USA. Um 1907 feierte sie bereits Erfolge am Broadway, wo sie mit 14 Jahren in das Büro von Impresario David Belasco stürmte und ihn überredete, ihr eine Rolle in dem Stück The Warrens of Virginia zu geben. 1909, im Alter von 16 Jahren, gelang es ihr, David Wark Griffith zu überzeugen, ihr Rollen in seinen Filmen zu geben. Sie begann ihre Filmkarriere bei der Biograph im selben Jahr. Bis 1912 spielte sie bereits in über 140 Filmen, zumeist kurze Einakter.

D.W. Griffith, Mary Pickford, Charlie Chaplin und Douglas Fairbanks unterzeichnen den Gründungsvertrag von United Artists

Pickford trug entscheidend zur Entwicklung des Starsystems bei. Zunächst bekannt als The Girl with the Curls, verlangte das Publikum nach immer neuen Filmen mit der populären Darstellerin, die unter dem Namen Little Mary die Kinosäle füllte. Als sie nach einem hektischen Wechsel von Gesellschaft zu Gesellschaft schließlich zur I.M.P. ging, konnte man dort stolz verkünden: Little Mary is an I.M.P. now. Während sie bei Biograph noch 40 $ die Woche verdiente, steigerte sie ihre Gage 1910 auf 175 $ und durch den Wechsel zu Majestic im Jahre 1911 auf 275 $ die Woche. Ein Jahr später zahlte ihr Adolph Zukor für den Wechsel zu seiner Famous Players Company schon eine wöchentliche Vergütung von 500 $. Nach weiteren Wechseln verdiente sie 1916 10.000 $ wöchentlich plus einen Bonus von 300.000 $; durch die Gründung einer eigenen Produktionsgesellschaft war sie zudem prozentual an deren Einspielergebnissen beteiligt. Schon im Folgejahr ging Pickford zur neugegründeten Gesellschaft First National für eine Gage von 350.000 $ pro Film. Sie erhielt volle Autonomie über ihre Filme vom Drehbuch bis zum Final Cut. 1919 gründete sie gemeinsam mit Charlie Chaplin, David Wark Griffith und ihrem späteren Ehemann Douglas Fairbanks senior die Filmgesellschaft United Artists.

Pickfords Stellung war durchaus mit der von Chaplin zu vergleichen. Sie überwachte jedes Detail bei ihren Filmen und arbeitete nur mit den besten Fachleuten zusammen. Die Kameraleute Charles Rosher und Karl Freund waren an vielen ihrer späteren Erfolge beteiligt. Sie arbeitete in der Zeit oft mit dem Regisseur Marshall Neilan und der Drehbuchautorin Frances Marion zusammen.

Für die Produktion von Little Lord Fauntleroy, bei dem sie 1920 sowohl den kleinen Lord als auch dessen Mutter spielte, setzte sie in einer Szene Maßstäbe, in der die Schauspielerin als kleiner Lord die Mutter und damit sich selbst umarmt. Gemeinsam mit Charles Rosher arbeitete sie über 16 Stunden an der Einstellung, die selbst nur einige Sekunden dauerte. In dem Film Stella Maris übernahm sie ebenfalls sowohl die Rolle der Stella als auch die des hässlichen Waisenmädchens Unity, und die fertigen Szenen, die Mary sozusagen mit sich selbst im Dialog zeigen, waren für die damalige Zeit revolutionär.

Pickford war schon früh unzufrieden damit, auf die Darstellung kleiner Mädchen festgelegt zu sein. Sie versuchte 1922 einen radikalen Imagewechsel, als sie Ernst Lubitsch engagierte, bei der Verfilmung von Faust Regie zu führen. Pickfords Mutter riet dringend davon ab, eine Kindsmörderin zu spielen, und Pickford ließ sich umstimmen. In späteren Jahren bedauerte sie diese Entscheidung sehr und machte sich Vorwürfe, dem Rat gefolgt zu sein. Mit Lubitsch kam die sehr autokratische Pickford nicht gut aus. Nachdem beide sich nicht auf das Kostümdrama Dorothy Veron of Haddon Hall einige konnten, schlug Lubitsch einen populären Roman der Zeit vor, der unter dem Namen Rosita schließlich in den Verleih kam. Pickford war von der Zusammenarbeit nicht angetan, obwohl die meisten Kritiker wohlwollend waren. Sie kehrte nach einem zweiten missglückten Ausflug für die nächsten Jahre zum bewährten Image ins Erwachsenenfach zurück, und das Publikum fand dem Anschein nach wenig dabei, wenn eine über dreißigjährige Frau zwölfjährige Mädchen spielte.

Der Streifen Sparrows von 1926, der Mary gemeinsam mit anderen Waisen auf der Flucht aus einer Babyfarm in den Sümpfen von Florida zeigt, erregte Aufsehen durch Szenen, in denen die Kinder auf einem Baumstamm einen Sumpf voller Alligatoren überqueren. Dabei wurden die Sequenzen mit den Reptilien zuerst gedreht und später in die Szenen mit Mary und den Kindern hineinmontiert. Lubitsch nannte den Film begeistert das Achte Weltwunder.

Mit der Komödie My Best Girl (1927) versuchte Pickford endgültig, ihr Image als America's Sweetheart zu verlassen und Rollen zu übernehmen, die mehr ihrem Alter entsprachen. Sie schnitt unter großem publizistischen Aufwand ihre Locken ab und ließ sich einen damals modernen Flapper-Haarschnitt, den Bubikopf, verpassen. Das Publikum nahm den Wechsel halbherzig an. 1929 gewann sie für ihre Rolle in ihrem ersten Tonfilm Coquette den Oscar als beste Hauptdarstellerin, eine Entscheidung, die von der Presse nicht geteilt wurde. Nach der wenig erfolgreichen Komödie Kiki, die aus Pickford einen französischen Vamp zu machen versuchte, hatte die Schauspielerin auch kein Glück bei dem Versuch von Walt Disney, 1933 mit Mary eine Version von Alice im Wunderland zu drehen. Ihr letzter Film wurde schließlich Secrets, der 1933 unter der Regie von Frank Borzage entstand.

Die Schauspielerinnen Janet Gaynor und Shirley Temple spielten in der Folgezeit in etlichen Remakes von Pickford-Filmen.

In den Folgejahren sollte es nicht an Versuchen fehlen, Pickford zu einem Comeback zu verhelfen. Zu den bekannteren Projekten gehörten Angebote für Miss Susie Slangle’s, Life with Father, The Library, der schließlich mit Bette Davis realisiert wurde, und die Rolle der Norma Desmond in Sunset Boulevard. 1937 gründete sie die Mary Pickford Cosmetic Company. Ihre letzten Anteile an United Artists verkaufte sie 1953. Ihre Memoiren Sunshine and shadow erschienen 1955. 1976 erhielt Pickford einen Ehrenoscar.

Die Schauspielerin überließ die Negative zu den meisten ihrer Stummfilme 1970 dem American Film Institute.

Privates

Mary Pickford war dreimal verheiratet, von 1911 bis 1920 mit Owen Moore, von 1920 bis 1936 mit Douglas Fairbanks Sen. und von 1937 bis zu ihrem Tod mit Charles Buddy Rogers. Während ihrer Ehe mit Douglas Fairbanks Sen. war Pickford zeitweise die Stiefschwiegermutter von Joan Crawford.

Pickford adoptierte mit Ihren dritten Mann zwei Kinder. 1943 einen Jungen namens Ronald und das zweite Kind in folgenden Jahr namens Roxanne. Laut einer Dokumentation über Mary Pickford (Titel:The Mary Pickford Story) war ihr die Mutterrolle allerdings nicht gelegen.

Ihre Geschwister Lottie (1895 - 1936) und Jack Pickford hatten ebenfalls Karrieren beim Film. Jack war 1920 in den Skandal um den Tod seiner Ehefrau, der Schauspielerin Olive Thomas, verwickelt.

Am 29. Mai 1979 verstarb Mary Pickford an einer Hirnblutung und wurde im Garten der Erinnerung des Forest Lawn Memorial Park Friedhof in Glendale, Kalifornien begraben. Begraben neben ihr im privaten Grundstück sind ihre Mutter Charlotte, ihre Geschwister und Lottie und Jack Pickford.

Im Jahr 1988 erregte der Kauf des Pickford-Anwesens durch Pia Zadora Aufsehen. Diese ließ es kurz darauf abreißen und wurde daraufhin öffentlich stark kritisiert.

Filme (Auswahl)

Daddy Long Legs Mai 1919 im Verleih der „Mary Pickford Company“
  • 1917: The Little Princess
  • 1920: Pollyanna
  • 1920: Suds
  • 1921: The Love Light
  • 1921: Through the Back Door
  • 1921: Little Lord Fauntleroy
  • 1922: Tess of the Storm Country: Rosita
  • 1923: Rosita
  • 1924: Dorothy Vernon of Haddon Hall
  • 1925: Little Annie Rooney
  • 1926: Sparrows
  • 1927: My Best Girl
  • 1929: The Taming of the Shrew
  • 1929: Coquette
  • 1930: Forever Yours
  • 1931: Kiki
  • 1933: Secrets

Literatur

  • Kevin Brownlow: Mary Pickford Rediscovered. Rare pictures of a Hollywood legend. Abrams, New York 1999, ISBN 0-8109-4374-3.
  • Lee Raymond: The Films of Mary Pickford. Barnes, New York 1970, ISBN 0-498-07380-7.
  • Eileen Whitfield: Pickford. The Woman Who Made Hollywood. University Press of Kentucky, Lexington 1997, ISBN 0-8131-2045-4.
  • Robert Windeler: Sweetheart. The Story of Mary Pickford. Praeger, New York 1973, ISBN 0-491-01210-1.

Sonstiges

2007 veröffentlichte die Sängerin Katie Melua einen Song mit dem Namen "Mary Pickford", in dem auch Douglas Fairbanks und Charlie Chaplin erwähnt werden.

Weblinks

 Commons: Mary Pickford – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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