Mary Jane Kelly

Mary Jane Kelly
Mary Jane Kelly

Mary Jane Kelly (* 1863; † 9. November 1888 in Whitechapel, London) gilt als das fünfte Opfer der Jack the Ripper zugeschriebenen Mordserie im Jahre 1888.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

Mary Jane Kelly war zum Zeitpunkt ihres Todes 25 Jahre alt und verarmt.

Berichte aus dieser Zeit schätzten ihre Körpergröße auf 1,70 Meter. Die Angaben über ihre Haarfarbe sind widersprüchlich. In einigen Berichten wird sie sowohl als blond als auch als rothaarig bezeichnet. Einige Zeitungen behaupteten, Mary Jane Kellys Spitzname sei aufgrund ihrer rötlich-braunen beziehungsweise rötlich-gelben (im engl. ginger) Haare „Ginger“ gewesen. Allerdings ist auch dies nicht belegt. Ihre Augenfarbe war blau. Melville Macnaghten von der Londoner Polizei berichtete, dass Mary Jane Kelly als vergleichsweise ansehnlich und attraktiv nach den Maßstäben jener Zeit bekannt war. Außerdem soll sie fließend Walisisch gesprochen haben.

Früheres Leben

Im Vergleich zu den anderen Opfern des Frauenmörders ist die Herkunft von Mary Jane Kelly unklar und nicht dokumentiert. Vieles wurde möglicherweise beschönigt. Nach Angaben von Joseph Barnett, mit dem sie in der letzten Zeit vor ihrem Tod zusammenlebte, hatte Mary Jane Kelly ihm erzählt, dass sie in Limerick, Irland, geboren worden war. Ob damit das County oder die Stadt gemeint war, ist nicht bekannt. Ihre Familie zog um 1863 nach Wales, als Mary Jane Kelly noch jung war.

Joseph Barnett berichtete, dass Mary Jane Kelly ihm erzählte, ihr Vater heiße John Kelly und arbeite in den Eisenhüttenwerken. Angeblich arbeitete er entweder im Landkreis Caernarfonshire oder Carmarthenshire. Barnett erinnerte sich, dass Mary Jane Kelly erwähnte, sechs oder sieben Brüder und zumindest eine Schwester zu haben. Ein Bruder namens Henry Kelly hat vermutlich im 2. Bataillon der Scots Guards gedient. Ihrer persönlichen Freundin Lizzie Albrook teilte sie mit, dass ein Familienmitglied bei der Londoner Theaterbühne angestellt sei. Mary Jane Kellys Vermieter, John McCarthy (* 1851; † 16. Juni 1934), behauptete, dass sie bis 1888 selten Post von ihrer Mutter in Irland erhalten habe. Dies wurde jedoch durch Joseph Barnett bestritten.

Sowohl Joseph Barnett als auch die frühere Mitbewohnerin Carthy behaupteten, Mary Jane Kelly sei aus einer besser verdienenden Familie gekommen. Carthy bezeichnete Kelly zudem als „eine ausgezeichnete Schülerin und eine Künstlerin von beachtlichem Ausmaß“ (orig. „an excellent scholar and an artist of no mean degree“).

Ehe und Kinder

Mary Jane Kelly soll um 1879 mit einem Grubenarbeiter Davies verheiratet gewesen sein, der zwei oder drei Jahre später bei einer Explosion in einer Mine getötet wurde. Kein Forscher war bisher in der Lage, die Richtigkeit dieser Angabe zu belegen.

Ein Londoner Zeitungsbericht aus dem Jahre 1888 über Mary Jane Kelly berichtet, dass sie Mutter war. Es wird daher vielfach angenommen, dass sie in der Zeit zwischen 1879 bis 1882 einen Sohn zur Welt brachte. Viele Quellen halten den Zeitungsbericht für zweifelhaft, zumal dieser einige Tatsachenfehler enthielt.

Ihr Leben in London

Eine Weile soll Mary Jane Kelly bei einem Cousin bzw. einer Cousine in Cardiff gelebt haben. Es wird angenommen, dass sie dort begann, als Prostituierte zu arbeiten. Es gibt jedoch keine Urkunden über ihren Aufenthalt in Cardiff. Kelly behauptete selbst, die meiste Zeit während ihres Aufenthaltes in einem Krankenhaus verbracht zu haben.

Mary Jane Kelly verließ Cardiff anscheinend im Jahre 1884 und fand Arbeit in einem Bordell im wohlhabenderen West End von London. Ein Kunde soll sie nach Frankreich eingeladen haben. Sie kehrte jedoch schnell zurück, da sie ihr Leben dort nicht mochte. Trotzdem nannte sie sich nach dieser Erfahrung gerne "Marie Jeanette Kelly".

Aus unbekannten Gründen zog es Kelly zum ärmeren East End von London. Dort soll sie mit einem Mann namens Morganstone in der Nähe der Gaswerke in Stepney und später mit dem Maurer Joe Flemming zusammengelebt haben.

Wenn Mary Jane Kelly betrunken war, hörte man sie entweder Irische Lieder singen oder sie wurde streitsüchtig und ausfallend.

Joseph Barnett

Ihren letzten Lebensgefährten, Joseph Barnett, traf Mary Jane Kelly erstmals am 8. April 1887. Seit ihrem zweiten Treffen am 9. April 1887 lebten sie zusammen. Seit Beginn des Jahres 1888 lebten sie unter der Anschrift Nr. 13 Miller's Court, an der Dorset Street in Spitalfields. Joseph Barnett war Fisch-Träger im Hafen. Als er aus seiner festen Anstellung entlassen wurde und versuchte, Geld als Träger auf dem Markt zu verdienen, wandte sich Mary Jane Kelly wieder der Prostitution zu. Zwischen den beiden kam es zum Streit, als Mary Jane Kelly ihr Zimmer mit einer anderen Prostituierten teilte. Am 30. Oktober 1888, mehr als eine Woche vor ihrem Tod, verließ Joseph Barnett sie daraufhin. Er besuchte sie aber weiterhin.

Über ihre Aktivitäten in der Dorset Straße in den späten Stunden des 8. und den frühen Stunden des 9. November 1888 gibt es verschiedene Augenzeugenberichte. Joseph Barnett besuchte Mary Jane Kelly das letzte Mal am 8. November 1888 in der Zeit zwischen 19:30 und 19:45 Uhr. Er traf sie in Begleitung einer anderen Frau. Die Begleitung könnte entweder Lizzie Albrook oder Maria Harvey gewesen sein. Beide waren Freunde von Mary Jane Kelly. Joseph Barnett ging gegen 20:00 Uhr, um zu seiner Wohnung zurückzukehren und Whist zu spielen. Er spielte Karten, bis er gegen 00:30 Uhr zu Bett ging. Die Quellen sind sich unsicher, wo sich Mary Jane Kelly in den folgenden Stunden aufhielt. Nach einem unbestätigten Bericht hielt sie sich im Britannia Wirtshaus auf, wo sie in Begleitung von Elizabeth Foster trank.

Die Gefährtin und Prostituierte Mary Ann Cox berichtete, sie habe Mary Jane Kelly gegen 23:45 Uhr mit einem Mann nach Hause zurückkehren sehen. Mary Ann Cox wünschte Mary Jane Kelly eine gute Nacht. Mary Jane Kelly erwiderte den Gruß und begann das Lied A Violet from Mother's Grave (engl. Ein Veilchen vom Grab der Mutter) zu singen. Sie sang noch immer, als Mary Ann Cox gegen Mitternacht losging, um nach Kunden Ausschau zu halten. Mary Jane Kelly hörte wahrscheinlich mit dem Singen auf, als sie wenig später ein Fischgericht mit Kartoffeln aß.

Ihre oberhalb von ihr lebende Nachbarin, Catherine Picket, fühlte sich gestört, als Mary Jane Kelly gegen 00:30 Uhr wieder mit dem Singen begann. Sie wollte sich beschweren, doch überzeugte ihr Ehemann sie, Mary Jane Kelly in Ruhe zu lassen. Gegen 01:00 Uhr nachts begann es zu regnen. Mary Ann Cox kehrte zurück, um sich einen Regenschirm zu holen. Zu diesem Zeitpunkt hörte sie noch immer Mary Jane Kelly singen.

Ein George Hutchinson berichtete, dass Mary Jane Kelly ihn gegen 02:00 Uhr traf und ihn um ein Darlehen bat. Er behauptete pleite zu sein und sah, wie Mary Jane Kelly einen „jüdisch-aussehenden“ Kunden fand. George Hutchinson gab der Polizei später eine äußerst detaillierte Beschreibung von diesem Mann, inklusive der Farbe von dessen Augenwimpern. Mary Jane Kelly und dieser Mann begaben sich zu ihrem Zimmer. George Hutchinson behauptete, er sei ihnen gefolgt, konnte dafür jedoch keinen Grund angeben. Er berichtete, er habe deren Gespräch vor der Tür belauscht. Mary Jane Kelly soll sich über ihr verlorenes Taschentuch beklagt und der Mann ihr eines von seinen eigenen, ein rotes Taschentuch, gegeben haben. Die Schilderung von George Hutchinson wird heute von vielen Experten angezweifelt, da unter anderem die Dunkelheit der Nacht nur wenig Gelegenheit gab, derartige Details zu bemerken.

Mary Ann Cox kam gegen 03:00 Uhr zurück. Sie berichtete, dass kein Geräusch oder Licht aus Mary Jane Kellys Raum drang. In dieser Nacht litt Mary Ann Cox anscheinend unter Schlaflosigkeit. Sie gab an, in der gesamten Nacht Menschen in und aus dem Hof gehen gehört zu haben. Zudem meinte sie, gegen 05:45 Uhr gehört zu haben, wie jemand die Wohnung verließ. Die zwei Nachbarinnen Elizabeth Prater und Sarah Lewis berichteten, gegen 04:00 Uhr den schwachen Schrei „Mord!“ gehört zu haben. Sie werteten den Schrei jedoch als eine allgemeine Bemerkung.

Die Entdeckung des Leichnams

Der Totenschein für Mary „Jeanette“ Kelly

Am Morgen des Freitags, den 9. November 1888, dem jährlichen Tag der Feierlichkeiten zu Ehren des Londoner Bürgermeisters, schickte der Vermieter von Mary Jane Kelly seinen Gehilfen Thomas Bowyer, um die Miete abzuholen. Kelly war mit ihrer Miete einige Wochen im Rückstand. Thomas Bowyer klopfte an die Tür und erhielt keine Reaktion. Er griff durch ein zerbrochenes Fenster, schob einen Mantel beiseite, der als Vorhang diente, und spähte in das Zimmer hinein. Dort entdeckte er den grausam verstümmelten Leichnam.

Mary Jane Kelly wurde kurz nach 10:45 Uhr gefunden. Ihr Leichnam lag auf dem Bett in ihrem Zimmer. Die Kehle war durchschnitten, ihr Gesicht stark verstümmelt und ihr Brustkorb sowie ihr Unterleib aufgeschnitten. Viele ihrer inneren Organe waren entfernt worden und lagen verstreut. Von ihren Gliedmaßen und anderen Körperteilen war das Muskelfleisch abgeschnitten worden. Ihr Herz wurde nicht gefunden. Es wird vermutet, dass es vom Mörder mitgenommen, im Kamin verbrannt oder vielleicht gekocht und gegessen wurde. Aufgrund der Aussagen der Nachbarn, die von einem einzelnen Schrei in der Nacht berichteten, wird der Todeszeitpunkt auf 4:00 Uhr morgens geschätzt.

Eine Frau namens Caroline Maxwell behauptete, sie habe Mary Jane Kelly lebend gegen 08:30 Uhr auf der Straße gesehen. Sie gestand jedoch ein, sie erst ein oder zweimal zuvor getroffen zu haben, und ihre Beschreibung passte nicht zu den Darstellungen derjenigen, die Mary Jane Kelly näher kannten. Der Schneider Maurice Lewis berichtete, er habe Mary Jane Kelly gegen 10:00 Uhr in der Kneipe gesehen. Beide Angaben wurden von der Polizei zurückgewiesen, da sie nicht zum festgestellten Todeszeitpunkt passten und sie an den angegebenen Orten niemanden finden konnten, der diese Angaben bestätigen konnte. Dabei waren an den angegebenen Orten viele Menschen unterwegs.

Der Leichnam von Mary Jane Kelly wurde durch Dr. Thomas Bond und Dr. George Bagster Phillips obduziert. Ihr Totenschein wurde am 17. November 1888 registriert. Darin wurde sie als „Marie Jeanette Kelly womöglich Davies“ (orig. „Marie Jeanette Kelly otherwise Davies“) benannt. Mary Jane Kelly wurde am 19. November 1888 auf dem römisch-katholischen Friedhof von Saint Patrick in Leytonstone beerdigt.

Eine Minderheit([1].) ist der Ansicht, dass Mary Jane Kelly wahrscheinlich nicht das Opfer desselben Mörders wie bei den anderen Morden in Whitechapel war. Begründet wird dies mit dem deutlich jüngeren Alter von Mary Jane Kelly im Vergleich zu den anderen Opfern. Mary Jane Kelly war zirka 25, die anderen Opfer über 40 Jahre alt. Die ihr zugefügten Verstümmelungen waren weit ausgeprägter und von anderer Art als bei den anderen Opfern. Zudem war sie das einzige Opfer, das abgeschieden in einem Zimmer statt im Freien getötet wurde. Der Mord an Mary Jane Kelly fand zudem erst fünf Wochen nach den früheren Morden statt. So wird teilweise angenommen, dass ihr Lebensgefährte Joseph Barnett der Mörder von Mary Jane Kelly wäre [2].

Der Mord an Mary Jane Kelly scheint andererseits jedoch in das Schema des Frauenmörders zu passen. Dafür sprechen die Zeit, die Mordart, die soziale Schicht des Opfers und vor allem die Annahme, dass der Frauenmörder mit jedem Mord immer stärkere Verstümmelungen an seinen Opfern vornahm. Der immer stärkere öffentliche Aufschrei, die Warnungen und Vorsichtsmaßnahmen nach den vorangegangenen Morden machten es dem Mörder unzweifelhaft immer schwieriger, seine Taten in der Öffentlichkeit auszuführen. Mit einem Opfer in einem privaten Zimmer hatte er genug Zeit und Ruhe für weitaus umfangreichere Verstümmelungen.

Literatur

  • Philip Sugden: The Complete History of Jack the Ripper. Carroll & Graf Publishing, New York NY 1995, ISBN 0-7867-0276-1, gilt weithin als eines der besten Bücher über das Thema.
  • Hendrik Püstow, Thomas Schachner: Jack the Ripper. Anatomie einer Legende. Militzke Verlag, Leipzig 2006, ISBN 3-86189-753-9.

Belege

  1. Karyo Magellan, in by ear and eyes - the Whitechapel Murders, Jack the Ripper and the murder of Mary Jane Kelly (ISBN 0-9550240-0-5)
  2. Bruce Paley, in Jack the Ripper: The Simple Truth (ISBN 0-7472-5218-1)

Weblinks


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