Martin Schulz

Martin Schulz
Martin Schulz 2009

Martin Schulz (* 20. Dezember 1955 in Hehlrath, damals Gemeinde Kinzweiler im Kreis Aachen, heute Stadt Eschweiler) ist ein deutscher Politiker (SPD) und seit 1994 Mitglied des Europäischen Parlaments. Seit der Europawahl 2004 ist er hier Vorsitzender der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE). Diese Fraktion trägt seit der Europawahl 2009 den Namen Progressive Allianz der Sozialisten und Demokraten im Europäischen Parlament (S&D). Er wurde am 13. November 2009 zum neuen Europabeauftragten der SPD gewählt.[1]

Inhaltsverzeichnis

Ausbildung und Beruf

Nach dem vierjährigen Besuch der Grundschule zwischen 1962 und 1966 besuchte Schulz neun Jahre das Heilig-Geist-Gymnasium im Broichweidener Ortsteil Broich (heute Würselen). Im Anschluss, von 1975 bis 1976, machte er eine Ausbildung zum Buchhändler.[2]

In den folgenden fünf Jahren war er in verschiedenen Verlagen und Buchhandlungen tätig, bis er im Jahre 1982 seine eigene Buchhandlung in Würselen gründete, die er bis 1994 führte.

Politischer Werdegang

Martin Schulz im Europawahlkampf 2009

Im Jahre 1974 trat Schulz im Alter von 19 Jahren in die SPD ein und engagierte sich bei den Jusos und wurde 1984 in den Würselener Stadtrat gewählt, dem er knapp zwei Wahlperioden bis 1998 beiwohnte, ab 1987 im Amt des Bürgermeisters. Mit seinen 31 Jahren war er damals der jüngste Bürgermeister Nordrhein-Westfalens. Dieses Amt hatte er bis 1998 inne.

Während seiner Amtszeit als Bürgermeister in Würselen war Martin Schulz insbesondere für den Bau des Spaßbades Aquana verantwortlich. Angesichts der Haushaltslage der Stadt wird diese Entscheidung des SPD-Mitgliedes seit Jahren kritisch gesehen.

Bei der Europawahl 1994 wurde Schulz ins Europäische Parlament gewählt, wo er zwischen 2000 und 2004 den Abgeordneten der deutschen SPD-Landesgruppe vorsaß. Seit der Europawahl 2004 hat er den Fraktionsvorsitz der SPE inne. Er folgte in dieser Position dem Spanier Enrique Barón Crespo. Seit dem 13. November 2009 ist er neuer Europabeauftragter der SPD, um die Koordinierung der Parteiarbeit mit der EU-Politikebene zu verbessern. Er ist ferner Mitglied der überparteilichen Europa-Union Deutschland.[3]

Konflikt mit Berlusconi

Am 2. Juli 2003 kam es im Europaparlament zu einem Eklat, als der einfache Abgeordnete Schulz den anwesenden italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi in dessen Doppelfunktion als Regierungschef und Medienunternehmer scharf kritisierte und dabei von einem „Virus der Interessenskonflikte“ sprach. Berlusconi schlug ihm daraufhin vor, er solle die Rolle des Kapo in einem KZ-Film übernehmen, der in Italien gedreht würde. In der daraufhin entstandenen Diskussion im Europa-Parlament wollte Berlusconi diese Äußerung als Witz verstanden wissen. Er habe auf die Namensähnlichkeit zwischen Schulz und dem gutmütigen Kriegsgefangenenlager-Aufseher Schultz aus der Fernsehserie Ein Käfig voller Helden anspielen wollen.[4][5]

Konflikt mit Godfrey Bloom

Am 24. November 2010 sorgte der britische Europaabgeordnete Godfrey Bloom für einen Eklat im Europäischen Parament, weil er Martin Schulz mit dem nationalsozialistischen Propagandaspruch „Ein Volk, ein Reich, ein Führer“ ins Wort fiel und ihn als „undemokratischer Faschist“ bezeichnete. Schulz hatte in der Debatte über die Zukunft des Euro-Stabilitätspaktes die Sonderrolle des nicht zur Eurozone gehörenden, aber trotzdem an der Diskussion teilnehmenden Vereinigten Königreichs kritisiert und gesagt, einige Euroskeptiker würden sich über den Zerfall der EU freuen. Der Parlamentspräsident Jerzy Buzek verwies Bloom nach dem Zwischenfall aus dem Saal.[6] Dagegen wiederum protestierte der niederländische Abgeordnete Barry Madlener von der rechtspopulistischen Partij voor de Vrijheid (PVV), denn Schulz selbst habe in der jüngeren Vergangenheit den PVV-Abgeordneten Daniël van der Stoep als Faschisten bezeichnet, sei danach aber nicht des Saales verwiesen worden.[7]

Parlamentspräsident ab 2012

Nach der Europawahl 2009 erreichte Schulz Aufmerksamkeit, als er eine schnelle Zustimmung seiner Fraktion zu einer zweiten Amtszeit der Kommission Barroso verhinderte und stattdessen zusammen mit dem grünen Fraktionsvorsitzenden Daniel Cohn-Bendit den belgischen Liberalen Guy Verhofstadt als Kandidaten für das Amt des Kommissionspräsidenten ins Spiel brachte.[8] Später lockerte Schulz jedoch seinen Widerstand und forderte nur noch, dass Barroso auf bestimmte politische Bedingungen der Sozialdemokraten eingehen müsse.[9] Im Gegenzug kam es zu einer informellen Einigung zwischen der konservativen EVP und der SPE, nach der Schulz im Jahr 2012 dem polnischen EVP-Mitglied Jerzy Buzek als Präsident des Europäischen Parlaments nachfolgen soll.[10] Anfang Juni 2011 kündigte Schulz auch formell an, dass er für dieses Amt kandidieren wolle.[11]

Mitgliedschaften

Schulz ist Mitglied der Europa-Union Parlamentariergruppe Europäisches Parlament.

Auszeichnungen

  • 2006: Bundesverdienstkreuz (1. Klasse)
  • Am 18. Mai 2009 erhielt Martin Schulz die Ehrendoktorwürde der Kaliningrader Staatlichen Technischen Universität (KSTU). Die Universität zeichnete ihn damit für sein langjähriges Engagement für die Verbesserung der europäisch-russischen Beziehungen und für seine Unterstützung beim Aufbau des bislang einzigen, interdisziplinären und interkulturellen Europastudiengangs in Russland aus.
  • 2010: Offizier der französischen Ehrenlegion[12]

Familie und Freizeit

Martin Schulz ist verheiratet und hat zwei Kinder. Seine Leidenschaft gilt neben den Büchern auch dem 1. FC Köln.

Weblinks

 Commons: Martin Schulz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. http://www.spd.de/de/aktuell/pressemitteilungen/2009/11/Martin-Schulz-gewaehlt.html
  2. martinschulz's profile on Micandidate.eu
  3. Parlamentariergruppe im Europäischen Parlament
  4. Meister der Fettnäpfchen in: Focus, 15. April 2008
  5. „Ich schlage Sie für die Rolle des Lagerführers vor“ in: Der Spiegel, 2.Juli 2003
  6. Eklat im Europaparlament: Brite attackiert SPD-Abgeordneten mit Nazi-Parole, Spiegel Online, 24. November 2010
  7. elsevier.nl, 24. November 2010: Europarlementariër uit debat gezet na nazi-uitspraak (niederländisch).
  8. EurActiv, 10. Juni 2009: Unterstützung für Verhofstadt als Nachfolger Barrosos wächst.
  9. EurActiv, 2. Juli 2009: SPE uneins über Namensänderung, Barroso.
  10. EurActiv, 9. Juli 2009: Liberale sollen im neuen EP bedeutenden Ausschüssen vorsitzen.
  11. Spiegel Online, 7. Juni 2011: SPD-Mann Schulz will Präsident in Straßburg werden.
  12. Mitteilung des SPD-Parteivorstandes

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