Martin Mutschmann

Martin Mutschmann
Martin Mutschmann
Martin Mutschmann mit Adolf Hitler auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1934
Mutschmann links neben Goebbels

Martin Mutschmann (* 9. März 1879 in Hirschberg; † 14. Februar 1947 in Moskau) war ein mittelständischer Unternehmer und Politiker der NSDAP, NSDAP-Gauleiter von Sachsen von 1925 bis 1945. Ab 1930 war er Mitglied des deutschen Reichstags, ab 1933 Reichsstatthalter in Sachsen und zudem ab 1935 sächsischer Ministerpräsident.

Inhaltsverzeichnis

Biographie

Von 1894 bis 1896 absolvierte Mutschmann eine kaufmännische Lehre und besuchte die Handelsschule in Plauen. Danach arbeitete er in verschiedenen Spitzen- und Wäschefabriken in Plauen, Herford und Köln. Von 1901 bis 1903 absolvierte er seinen Militärdienst. 1907 gründete Mutschmann eine eigene Spitzenfabrik in Plauen, zu der später noch mehrere Fabriken hinzukamen.

Er wechselte 1922 nach seiner Teilnahme am Deutschen Tag von Coburg endgültig vom Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbund, wo er im Vogtland tätig war, zur NSDAP (vorher war er gleichzeitig in beiden Organisationen tätig).[1]

Mutschmann wurde 1925 bei der Neugründung der NSDAP Gauleiter von Sachsen. Angeblich finanzierte er mit den Erlösen seiner Firma den Wahlkampf der Partei. Mit angeblichen weiteren großzügigen Geldspenden sicherte er sich eine Karriere in der NSDAP. Der Gau Sachsen wurde nach der Mitgliederzahl einer der größten der NSDAP. Die Finanzhilfe versiegte 1931, als sein Plauener Betrieb Bankrott anmelden musste. Doch bald darauf bescherte ihm die Machtergreifung wieder ein auskömmliches Dasein.

Am 5. Mai wurde Mutschmann neben seinem Posten als Gauleiter der NSDAP auch Reichsstatthalter von Sachsen. Zwischen ihm und dem aus dem Freikorps stammenden redegewandten SA-Führer und sächsischen Ministerpräsidenten Manfred von Killinger entstand bald ein Machtkampf um die Führungspositionen innerhalb Sachsens, den Mutschmann mit Hilfe von Denunziationen und dem Ausnutzen der Schwäche des SA-Führers nach dem Röhm-Putsch für sich entscheiden konnte. So wurde Mutschmann 1936 auch Ministerpräsident.

Seit dem 1. August 1930 gab Mutschmann die Parteizeitung Der Freiheitskampf heraus. Er war ein besonderer Verfechter der nationalsozialistischen Ideologie. Besonderen Hass entwickelte er gegen die Vertreter des demokratischen Systems und Juden. Er setzte alle Kraft für deren Vertreibung oder Vernichtung ein. Dies galt auch Menschen, die er persönlich kannte. So ließ er Hermann Liebmann, den ehemaligen sächsischen Innenminister und SPD-Vorsitzenden von Leipzig, 1933 in Haft nehmen und sorgte dafür, dass er ständig misshandelt wurde. Liebmann starb direkt nach der Entlassung an den Folgen dieser Folterungen im September 1935. Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, wurde Mutschmann zusätzlich zu seinen zahlreichen Posten auch noch Reichsverteidigungskommissar. Vorher war er schon für die Umstellung aller sächsischen Industriebetriebe auf die Produktion von kriegswichtigen Gütern zuständig gewesen.

Seine untersetzte Gestalt, sein uncharismatisches, mitunter jähzorniges Auftreten sowie seine sächsische Mundart bildeten eine Grundlage für Spötteleien und Karikaturdarstellungen, gegen die er sich vehement wehrte. Mutschmann galt als selbstherrlich und egozentrisch. Er wurde vom Volk als König Mu(h) bezeichnet. Auf sein Betreiben hin galt aber paradoxerweise Sächsisch als unheldisch.

Mutschmann war Jäger und bekleidete das Amt des Landesjägermeister in Sachsen. Im Tharandter Wald wurde auf seinen Befehl hin im Jagdschloss Grillenburg 1936 der Sächsische Jägerhof eingerichtet und dazu 1938–1939 als Gästehaus das Neue Jägerhaus gebaut. Weil Mutschmann dieses Gebäude bis 1945 mitunter auch gern privat nutzte, wurde es im Volksmund ebenso betitelt wie auch sein Dresdner Wohnsitz „Mutschmann-Villa“.

Während des Krieges vernachlässigte er den Bau von Luftschutzbunkern, ließ sich allerdings 1943 an seinem Dresdner Wohnsitz Comeniusstraße 32 einen Privatbunker errichten. Im Dezember 1944 erklärte er Dresden, noch vor den Luftangriffen, zum Verteidigungsbereich. Im April 1945 befahl er Schüler zum Stellungsbau in der Altstadt und erklärte am 14. April 1945 Dresden zur Festung. Seine Order angesichts der Trümmer lautete: „Halten bis zum Letzten!“

Im Mai 1945 floh Mutschmann über Grillenburg ins Westerzgebirge, wo er sich bei einem Bauern versteckte. Am 16. Mai 1945 wurde er in Tellerhäuser bei Oberwiesenthal durch Polizeieinheiten aus dem unbesetzten Landkreis Schwarzenberg festgenommen. Mutschmann wurde an die sowjetischen Besatzungstruppen in Annaberg übergeben. Danach wurde er über Chemnitz nach Moskau in das Gefängnis Lubjanka gebracht.

Dort wurde er am 22. Juni 1946 vor einem Militärgericht angeklagt, am 30. Januar 1947 zum Tode verurteilt und am 14. Februar 1947 im Gefängnis erschossen.

Literatur

  • Agatha Kobuch: Mutschmann, Martin. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 18, Duncker & Humblot, Berlin 1997, S. 659 f.
  • Walter Bachmann: Grillenburg. In: Mitteilungen des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz. Band XXV, Heft 5–8, Dresden 1936
  • Oskar Kramer: Der Sächsische Jägerhof Grillenburg, Mitteilungen des Landesvereines Sächsischer Heimatschutz, Heft 9-12, Band XXV, Dresden 1936
  • Andreas Wagner: Mutschmann gegen von Killinger. Konfliktlinien zwischen Gauleiter und SA-Führer während des Aufstiegs der NSDAP und der Machtergreifung im Freistaat Sachsen. Sax-Verlag, Beucha 2001, ISBN 3-934544-09-6
  • Mike Schmeitzner, Andreas Wagner (Hrsg.): "Von Macht und Ohnmacht. Sächsische Ministerpräsidenten im Zeitalter der Extreme 1919-1952", Sax-Verlag, Beucha 2006, ISBN 3-934544-75-4
  • Erich Stockhorst: 5000 Köpfe – Wer war was im Dritten Reich. Arndt, Kiel 2000, ISBN 3-88741-116-1. 
  • Oliver Reinhard: Tod in der Lubjanka, In: Sächsische Zeitung (Kultur), 4. Oktober 2011
  • Mike Schmeitzner: Der Fall Mutschmann. Sachsens Gauleiter vor Stalins Tribunal., Sax-Verlag, 1. Auflage 2011, ISBN 978-3-86729-090-6

Film

  • Gnadenlos mächtig – Sachsens Gauleiter Martin Mutschmann. Dokumentation, Deutschland, 2002, 30 Min., Buch und Regie: Ernst-Michael Brandt, Produktion: MDR, Erstsendung: 28. Oktober 2007, Inhaltsangabe vom MDR

Weblinks

 Commons: Martin Mutschmann – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Uwe Lohalm: Völkischer Radikalismus. Die Geschichte des Deutschvölkischen Schutz- und Trutz-Bundes 1919–1923. (= Hamburger Beiträge zur Zeitgeschichte, Band 6). Leibniz-Verlag, Hamburg 1970, S. 317, ISBN 3-87473-000-X

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