Martin Gauger

Martin Gauger

Martin Gauger (* 4. August 1905 in Elberfeld; † 14. Juli 1941 auf Schloss Sonnenstein in Pirna) war ein deutscher Jurist und Pazifist.

Gauger wurde als Sohn eines Pfarrers in einer pietistischen Familie geboren und studierte Rechtswissenschaften. 1933 begann er als Rechtsassessor bei der Staatsanwaltschaft am Landgericht Wuppertal. Als er aufgrund der Rechtsänderung 1934 einen Treueid auf Adolf Hitler bei der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach ableisten sollte, lehnte er dies als einziger namentlich bekannter Jurist ab und schied daraufhin bei der Staatsanwaltschaft aus. Gauger schrieb, dass es ihm unerträglich gewesen wäre,

„wenn ich jenen uneingeschränkten Eid der Treue und des Gehorsams gegenüber jemandem geleistet hätte, der seinerseits an kein Recht und kein Gesetz gebunden ist.“

1935 fand er eine Anstellung bei der Ersten Vorläufigen Kirchenleitung der Bekennenden Kirche in Berlin als deren Rechtsberater. 1936 wechselte er zum Rat der Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (Lutherrat). Als sich dieser jedoch dem nationalsozialistischen Rassegedanken unterwarf, musste Gauger seine Beschäftigung aufgeben.

Seiner Musterung zum Wehrdienst widersetzte er sich:

„Ich kann diesen Krieg nicht fördern, ich kann nicht helfen, dass das Meer von Blut und Tränen noch andere Länder überflutet.“

Als er sich im April 1940 der bevorstehenden Musterung nicht länger verweigern konnte, flüchtete er durch den Rhein schwimmend in die Niederlande, von wo er weiter nach Großbritannien flüchten wollte. Doch schon am nächsten Tag, dem 18. Mai 1940, besetzte die deutsche Wehrmacht die Niederlande. Gauger wurde bei Wyler verwundet und verhaftet.

Ein Jahr wurde Gauger in der Düsseldorfer Strafanstalt festgehalten. Dort äußerte er sich über das Verhältnis von Notwehr und Verteidigung:

„Nach meiner Meinung kann ein Krieg nur als Verteidigungskrieg gerechtfertigt werden, also in echter Notwehr … Die Auswertung des strengen Notwehrbegriffs auch auf internationale Streitfälle … lehne ich ab.“

Gauger wurde am 12. Juni 1941 in das Konzentrationslager Buchenwald überstellt. Die Bischöfe Hans Meiser und Theophil Wurm weigerten sich, sich für Gauger einzusetzen. Dennoch gelang es ihm, einen Abschiedsbrief an seinen Bruder Siegfried zu richten:

„Wenn einmal der Nebel sich zerteilt hat, in dem wir leben, dann wird man sich fragen, warum nur einige, warum nicht alle sich so verhalten haben.“

Am 14. Juli 1941 wurde Gauger mit dem Tarnwort 14f13 einem sogenannten „Invalidentransport“ der Nazis für Häftlinge zugeteilt zur Ermordung. Der Transport brachte Gauger zur Vergasungsanstalt Sonnenstein, wo er ermordet wurde. Sein Tod wurde eine Woche später, am 23. Juli 1941, mit „Herzschlag“ beurkundet.

Im Gedenken an Martin Gauger verleiht der Bund der Richter und Staatsanwälte in Nordrhein-Westfalen alle zwei Jahre den Martin-Gauger-Preis. Der Preis wird im Rahmen eines landesweiten Schülerwettbewerbs ausgelobt und ist dem Gedanken der Menschenrechte verpflichtet. Die Preisverleihung findet daher um den internationalen Tag der Menschenrechte am 10. Dezember statt.

Literatur

  • Boris Böhm: „Die Entscheidung konnte mir niemand abnehmen“ Dokumente zu Widerstand und Verfolgung des evangelischen Kirchenjuristen M.G. Reihe Lebenszeugnisse – Leidenswege; Stiftung Sächsische Gedenkstätten zur Erinnerung an die Opfer politischer Gewaltherrschaft, Dresden 1997; ISBN 3980552748
  • Hartmut Ludwig: Gradlinig und unbeugsam. Ein Staatsanwalt und Kirchenjurist verweigerte sich dem NS-Regime. In: Nachrichten der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern Nr.10, Oktober 2007, S. 322–325

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