Marshall Rosenberg

Marshall Rosenberg

Marshall B. Rosenberg (* 6. Oktober 1934 in Canton, Ohio) ist Gründer und Direktor des gemeinnützigen Center for Nonviolent Communication. Er hat das Konzept der Gewaltfreien Kommunikation (GFK), englisch Nonviolent Communication (NVC), entwickelt.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Beeinflusst ist seine Arbeit u. a. von den Erkenntnissen seines Lehrers Carl Rogers (Humanistische Psychologie) aus der klientenzentrierten Gesprächstherapie und Überlegungen Gandhis zur Gewaltfreiheit. Er selbst sagt, dass sein Konzept nichts Neues beinhalte, „alles, was in die GFK integriert wurde, ist schon seit Jahrhunderten bekannt. Es geht also darum, uns an etwas zu erinnern, das wir bereits kennen – nämlich daran, wie unsere zwischenmenschliche Kommunikation ursprünglich gedacht war.“[1]

1961 promovierte er als klinischer Psychologe an der University of Wisconsin-Madison. 1966 wurde er zum offiziellen Prüfer in klinischer Psychologie von der amerikanischen Prüfungsbehörde für klinische Psychologen ernannt.

1984 gründete Rosenberg das Center for Nonviolent Communication in Sherman, Texas, um seine Ideen und Ansätze allen Interessierten zugänglich zu machen. Diese Einrichtung ging aus seiner jahrelangen Arbeit hervor, die er mit Bürgerrechtlern in den frühen sechziger Jahren geleistet hat. Mit ihnen hatte er Mediationsprogramme und Trainings zur Verbesserung der Kommunikationsfähigkeit durchgeführt, um Gemeinden zu unterstützen, die die Rassentrennung an Schulen und anderen öffentlichen Einrichtungen überwinden wollten.

Er ist Mitglied des Ehrenschutzkomitees der Internationalen Koordination für die Dekade für eine Kultur des Friedens und der Gewaltfreiheit für die Kinder der Welt (2001-2010).

Rosenberg versteht die Gewaltfreie Kommunikation als eine Methode zur Verbesserung des zwischenmenschlichen Miteinanders.

Über sich selbst und die Ursprünge seiner Arbeit sagt er:

Weil ich glaube, dass die Freude am einfühlsamen Geben und Nehmen unserem natürlichen Wesen entspricht, beschäftige ich mich schon viele Jahre meines Lebens mit zwei Fragen: Was geschieht genau, wenn wir die Verbindung zu unserer einfühlsamen Natur verlieren und uns schließlich gewalttätig und ausbeuterisch verhalten? Und umgekehrt, was macht es manchen Menschen möglich, selbst unter den schwierigsten Bedingungen mit ihrem einfühlsamen Wesen in Kontakt zu bleiben?
Ich begann, mich mit diesen Fragen in meiner Kindheit, während des Sommers 1943 zu beschäftigen, als unsere Familie nach Detroit, Michigan, umzog. In der zweiten Woche nach unserer Ankunft brach wegen eines Zwischenfalls in einem Park ein Rassenkrieg aus. Mehr als vierzig Menschen wurden in den nächsten Tagen getötet. Unser Viertel lag im Zentrum der Gewalt, und wir sperrten uns drei Tage lang zu Hause ein. Nachdem der Rassenkrawall zu Ende war und die Schule wieder anfing, entdeckte ich, dass ein Name genauso gefährlich sein kann wie eine Hautfarbe. Als der Lehrer bei der Anwesenheitskontrolle meinen Namen aufrief, starrten mich zwei Jungs an und zischten: „Bist du ein ‚kike’?“ Ich hatte dieses Wort noch nie gehört und wusste nicht, dass es eine abfällige Bezeichnung für Juden ist. Nach der Schule warteten die beiden auf mich. Sie warfen mich zu Boden, traten und verprügelten mich.[2]

Er ist überzeugt, dass die Art und Weise unseres Sprechens eine entscheidende Rolle bei unserer Fähigkeit spielt, einfühlsam zu bleiben.

Seitdem habe ich einen spezifischen Zugang zur Kommunikation entdeckt - zum Sprechen und zum Hören -, der uns dazu führt, von Herzen zu geben, indem wir mit uns selbst und mit anderen auf eine Weise in Kontakt kommen, die unser natürliches Einfühlungsvermögen zum Ausdruck bringt. Ich nenne diese Methode Gewaltfreie Kommunikation und benutze den Begriff Gewaltfreiheit im Sinne von Gandhi: Er meint damit unser einfühlendes Wesen, das sich wieder entfaltet, wenn die Gewalt in unseren Herzen nachlässt. Wir betrachten unsere Art zu sprechen vielleicht nicht als ‚gewalttätig’, dennoch führen unsere Worte oft zu Verletzung und Leid – bei uns selbst oder bei anderen.[3]

Seit mehr als drei Jahrzehnten bietet er seine Seminare überall in der Welt an, sein Konzept wird inzwischen angewandt in Familien, Schulen, in Therapie, Psychotherapie und Beratung, Organisationen und Firmen und bei diplomatischen und geschäftlichen Verhandlungen. Selbst in den Krisen- und Kriegsgebieten greift man auf Rosenberg zurück, um gewaltfreie Kommunikation, selbst zwischen verfeindeten Volksgruppen, zu fördern (z. B. in Israel, Palästina, Ruanda und Kroatien). So haben 1994 serbische Pädagoginnen und Psychologen, unterstützt von Unicef, ein dreibändiges Werk zum Erlernen gewaltfreier Kommunikation nach Rosenbergs Methode für Kindergärten und Schulen entwickelt.

Derzeit lebt Dr. Rosenberg in der Schweiz. Im Jahr 2001 erschien sein Hauptwerk auch auf Deutsch: Gewaltfreie Kommunikation: Aufrichtig und einfühlsam miteinander sprechen.

Was ich in meinem Leben will, ist Einfühlsamkeit, ein Fluss zwischen mir und anderen, der auf gegenseitigem Geben von Herzen beruht.[4]
Instead of being habitual, automatic reactions, our words become conscious responses based firmly on an awareness of what we are perceiving, feeling, and wanting. We are led to express ourselves with honesty and clarity, while simultaneously paying others a respectful and empathic attention. In any exchange, we come to hear our own deeper needs and those of others. NVC trains us to observe carefully, and to be able to specify behaviors and conditions that are affecting us. We learn to identify and clearly articulate what we are concretely wanting in a given situation.[5]

Rosenberg will unsere Kommunikation also dahingehend verändern, dass aus unseren gewohnheitsmäßigen, automatischen Reaktionen bewusste Antworten werden, „die fest auf dem Boden unseres Bewusstseins über das stehen, was wir wahrnehmen, fühlen und brauchen.“[6]

Rosenbergs Anspruch:

  • Auflösung unserer alten Muster von Verteidigung, Rückzug und Angriff (siehe Wilhelm Reich)
  • Reduzierung von Widerstand, Abwehr und gewalttätigen Reaktionen
  • Förderung der Wertschätzung, Aufmerksamkeit und Einfühlung und des Wunsches, von Herzen zu geben
  • Lenkung der Aufmerksamkeit in eine Richtung, in der die Wahrscheinlichkeit steigt, das zu bekommen, wonach wir suchen
  • Entdeckung des Potentials unseres Einfühlungsvermögens durch die Klärung von Beobachtung, Gefühl und Bedürfnis - statt Diagnose und Verurteilungen[7]

Zitate

  • „Als ich diese Arbeit der Gewaltfreien Kommunikation begonnen habe, wusste ich, ich würde dieser Arbeit nicht trauen können, wenn sich diese Grundsätze nicht auch auf Hitler anwenden ließen. Ich dachte, die Methode ist nur etwas wert, wenn ich auch für Hitler Verständnis und Empathie würde aufbringen können. Deshalb habe ich alles über Hitler gelesen was ich finden konnte. Ich wollte verstehen, was in diesem Mann vorging. (...) Die Indoktrination, mit der er aufgewachsen ist und die, mit der ich aufgewachsen bin, liegen übrigens gar nicht so weit voneinander weg. Hilter hat gelernt, dass Juden schlechte Menschen sind, und mir ist eingeimpft worden, dass die meisten Menschen um mich herum keine Juden mögen und deshalb schlechte Menschen sind. Und deshalb waren Nicht-Juden grundsätzlich böse. Mit anderen Worten: Mir wurde eine ähnliche Denkweise vermittelt wie Hitler – der Unterschied lag nur in der Identifikation des Bösen. (...) Aus seiner Sicht hat Hitler überhaupt nichts Schlimmes getan, sondern er hat heldenhaft dafür gesorgt, dass die Welt von „Ungeziefer“ befreit wird. (...) Ich weiß, wie schwer das für die Deutschen ist. Seit ich auch in Deutschland arbeite, bin ich immer wieder mit den massiven Schuldgefühlen der Deutschen konfrontiert worden. In jedem Workshop kommt dieser Schmerz zur Sprache, den so viele Menschen spüren, in deren Familien Nazis waren. Und ich muss mir jedesmal auf die Zunge beißen, um nicht zu sagen: „Aber warum fühlt ihr euch denn dafür schuldig?! Ihr wart doch nichtmal dabei!“ Aber es reicht, dass ihre Vorfahren dabei waren. Es reicht ihnen oft sogar, dass sie Deutsche sind, um sich schuldig zu fühlen. (...) Wissen Sie, Schuldgefühle führen dazu, dass die Menschen denken, sie seien nicht in Ordnung so wie sie sind – und das hilft niemanden. Aber ich wünschte sie könnten Traurigkeit spüren, Traurigkeit und Trauer über das was sie, bzw. ihre Vorfahren, getan haben.“[8]

Literatur

  • Marshall B. Rosenberg: Gewaltfreie Kommunikation: Eine Sprache des Lebens.. Junfermann, 8. veränd. Auflage 16.02.2009. ISBN 978-3-87387-454-1
  • Marshall B. Rosenberg: Das Herz gesellschaftlicher Veränderung. Wie Sie Ihre Welt entscheidend umgestalten können. Paderborn: Junfermann, 2004. ISBN 978-3-87387-567-8
  • Marshall B. Rosenberg: Erziehung, die das Leben bereichert. Gewaltfreie Kommunikation im Schulalltag. Paderborn: Junfermann, 3. Auflage 2007. ISBN 978-3-87387-566-1
  • Marshall B. Rosenberg: Die Sprache des Friedens sprechen. Paderborn: Junfermann, 2006. ISBN 978-3-87387-640-8
  • Marshall B. Rosenberg: Das können wir klären! Paderborn: Junfermann, 2. Auflage 2007. ISBN 978-3-87387-568-5
  • Marshall B. Rosenberg: Wie ich dich lieben kann, wenn ich mich selbst liebe. Paderborn: Junfermann, 2006. ISBN 978-3-87387-624-8
  • Marshall B. Rosenberg: Den Schmerz überwinden, der zwischen uns steht. Paderborn: Junfermann, 2005. ISBN 978-3-87387-576-0
  • Marshall B. Rosenberg: Kinder einfühlend unterrichten. Erfolg durch gegenseitiges Verständnis. Paderborn: Junfermann, 2005. ISBN 978-3-87387-575-3
  • Marshall B. Rosenberg: Lebendige Spiritualität. Paderborn: Junfermann, 2005. ISBN 978-3-87387-600-2
  • Marshall B. Rosenberg: Kinder einfühlend ins Leben begleiten. Paderborn: Junfermann, 2. Auflage 2007. ISBN 978-3-87387-573-9
  • Marshall B. Rosenberg: Was deine Wut dir sagen will: überraschende Einsichten. Paderborn: Junfermann, 2. Auflage 2007. ISBN 978-3-87387-625-5
  • Marshall B. Rosenberg: Konflikt lösen durch gewaltfreie Kommunikation. Ein Gespräch mit Gabriele Seils. Freiburg: Herder, 2004. ISBN 3-451-05447-7

Fußnoten

  1. Marshall B. Rosenberg: Gewaltfreie Kommunikation, S. 18
  2. Marshall B. Rosenberg: Gewaltfreie Kommunikation, S. 17
  3. Marshall B. Rosenberg: Gewaltfreie Kommunikation, S. 18
  4. Marshall B. Rosenberg: Gewaltfreie Kommunikation, S. 15
  5. Literaturhinweis fehlt
  6. Marshall B. Rosenberg: Gewaltfreie Kommunikation, S. 18
  7. Marshall B. Rosenberg: Gewaltfreie Kommunikation, S. 19
  8. Marshall B. Rosenberg: “Konflikte lösen durch gewaltfreie Kommunikation. Ein Gespräch mit Gabriele Seils”. Herder Verlag, 2004. ISBN 978-3-451-05447-1, S. 64-66

Weblinks


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