Marktfrühschoppen

Marktfrühschoppen
Besucher des Marktfrühschoppens, darunter Protestierer, Korporierte und Polizisten, auf dem Marktplatz

Der Marktfrühschoppen in Marburg ist eine jährlich stattfindende Veranstaltung auf dem Marburger Marktplatz und gehört mittlerweile wie das Maieinsingen zu den Feiern der in der Stadt ansässigen Studentenverbindungen. Seinen Ursprung hat der Marktfrühschoppen hingegen im 19./20.Jahrhundert als allgemeine sommersemesterliche wechselseitige Danksagung der Stadt und der Studenten mit dem Ausschank von Freibier. Da Studenten in dieser Zeit fast ausnahmslos Männer waren und sich viele dieser in Verbindungen engagierten, erklärt dies den traditionellen Bezug zu heutigen Korporationen. Der Marktfrühschoppen findet an jedem ersten Sonntagvormittag im Juli statt. Es wird von den Veranstaltern als das „kürzeste Volksfest Deutschlands“ bezeichnet und hat dazu sogar einen Eintrag im Guinness-Buch der Rekorde. [1]

Das Fest besteht im Wesentlichen aus einem geselligen Beisammensein mit Bier und Blasmusik. Es treten neben den Marburger Bürgern auch Verbindungsstudenten in Couleur auf.

Die heutige Veranstaltung geht auf den Frühschoppen der Marburger Studenten in der Oberstadt zurück, der schon seit 1903 üblich war. Von 1951 bis 1998 war die Oberstadtgemeinde Veranstalter des Marktfrühschoppens in der heutigen Form. Nach einer Übergangsphase tritt seit 2000 ein Marktfrühschoppen-Verein aus Einzelpersonen und Stadtteilgemeinden als Veranstalter auf.

Inhaltsverzeichnis

Proteste gegen den Marktfrühschoppen

Luftbildaufnahme des Marburger Marktfrühschoppens aus dem Jahre 2007.

In den letzten Jahren organisieren linke Gruppen, der DGB-Sekretär und das „Bündnis gegen Rechts“ [2] auch zur ähnlichen Zeit Gegenveranstaltungen, bei denen sie Kritik am aktuellen und historischen Verbindungswesen, vor allem an deren damaliger Haltung zum Nationalsozialismus allgemein und besonders seinen Vertretern in Marburg, artikulieren. Von diesen Gruppen wird insbesondere die Teilnahme von Mitgliedern der Deutschen Burschenschaft bemängelt, in der vier der über 30 Marburger Verbindungen organisiert sind. Die Burschenschaften Rheinfranken, Normannia Leipzig und Germania gehören nach Ansicht der Kritiker zum rechtsradikalen Flügel der DB, da sie nach Ansicht der Verbindungsgegner regelmäßig Veranstaltungen mit Referenten aus dem rechten Spektrum durchführen. Auch die größte Regionalzeitung sprach in ihrer Berichterstattung über den Marktfrühschoppen 2007 von einem wegen der Teilnahme rechtsextremer Burschenschaften umstrittenen Fest.[3] In den vergangenen Jahren hat sich der Fokus der Kritik erweitert; seitdem steht auch der Vorwurf des männerbündischen Charakters der Korporationen im Blickfeld der Protestierenden. 2009 verlief die Veranstaltung allerdings wieder friedlich und ohne Störungen sowie unter Teilnahme Marburger Bürger und Bürgerinnen. Auch haben sich zwischenzeitlich mehrere Marburger Verbindungen von dem Gedankengut rechtsradikal denkender Gruppierungen öffentlich distanziert und betonen ihren offenen Charakter.

Der Marktfrühschoppen hat nach Auffassung der Veranstalter mit politischen Inhalten nichts zu tun und steht allen zur friedlichen Teilnahme offen.

Nach Ansicht der Veranstalter geht es den Protestierenden nicht um die konkreten vorgegebenen Punkte, sondern vielmehr darum, einen Anlass zu finden, Studentenverbindungen im Allgemeinen anzugreifen und ihre Integration in die Marburger Bürgerschaft zu untergraben.

Blick auf die Festbühne vor dem Rathaus.

In früheren Jahren kam es im Rahmen der Veranstaltungen zu handgreiflichen Übergriffen auf die dort versammelten Verbindungsstudenten, Honoratioren, Geschäftsleute und Bürger der Stadtteilgemeinden. Höhepunkt war das Jahr 2002, als Frauen des gegnerischen Lagers von Korporierten geschlagen worden sein sollen.[4] Im Jahr 2005 sollen im Vorfeld des Marktfrühschoppens 2 Verbindungsstudenten und 2 "Alte Herren" mit Baseballschlägern geschlagen worden sein. Im Jahr 1999 wurde eine Veranstaltung "Alter Herren" im Marburger "Sorat-Hotel" überfallen, was zu einem Polizeieinsatz führte, bei dem ein Schusswaffeneinsatz seitens der Polizei gegen die Angreifer unmittelbar bevorstand aber letzten Endes durch das Verhalten aller Beteiligten abgewendet werden konnte.[5] Daher gehörte seit Ende der Neunziger Jahre bis 2007 ein immer größer werdendes Polizeiaufgebot im Oberstadtbereich zum Marktfrühschoppen. Auch 2007 soll es nach Aussagen des Veranstalters im Vorfeld zu vier Übergriffen auf Burschenschafter gekommen sein [6]. Aber auch Gegner des Marktfrühschoppens behaupten, Opfer von Gewalt durch Festbesucher geworden zu sein [7].

In den letzten Jahren wurde die Gegenwart der Frühschoppengegner auf dem Marktplatz nicht mehr geduldet, so dass das Fest ohne ständige Pfiffe und Sprechchöre ablief.

Verbunden mit dem Aufruf, friedliche Toleranz zu üben, wenden sich die Veranstalter gegen „Radikale von rechts und links“.

Die Justiz und der Marktfrühschoppen

Die Justiz in Marburg geht nach Kritikermeinung in Strafverfahren gegen Marktfrühschoppengegner befangen und hart vor. Zudem wird die Rolle der Justiz und insbesondere die des damaligen Oberstaatsanwaltes Wölk, einem Mitveranstalter einiger Marktfrühschoppen, immer wieder kritisiert. Er und die Justiz allgemein versuchten laut den Kritikern, die Marktfrühschoppengegner zu kriminalisieren.[8]

Von 2008 bis 2010 verlief der Marktfrühschoppen wieder in friedlicher und harmonischer Atmosphäre [9].

Anmerkungen

  1. Artikel der Oberhessischen Presse vom 4. Mai 2002
  2. Oberhessische Presse vom 27. Juni 2007
  3. Oberhessische Presse vom 27. Juni 2007
  4. Artikel aus dem Marburger Express auf www.marktfruehschoppen.de
  5. Oberhessische Presse vom 5.Juli 1999
  6. Oberhessische Presse vom 27. Juni 2007
  7. Webseite der linken Fachschaft an der Universität Marburg
  8. www.marktfruehschoppen.de
  9. Oberhessische Presse 5. Juli 2010

Weblinks


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