Mariaviten

Mariaviten
Darbringung des Messopfers durch einen mariavitischen Priester vor dem ausgesetzten Allerheiligsten

Der Ursprung des Mariavitismus als religiöser Erneuerungsbewegung – zunächst innerhalb der römisch-katholischen Kirche, später außerhalb derselben – liegt in Polen.

Inhaltsverzeichnis

Anfänge

Seit 1883 war die Nonne Feliksa Kozłowska (* 27. Mai 1862; † 23. August 1921) Mitglied der Kongregation, die von dem durch Papst Johannes Paul II. selig gesprochenen Kapuzinermönch Honorat Koźmiński gegründet worden war. 1887 gründete sie die Kongregation nach der Regel der hl. Clara, die später Orden der Mariaviten genannt wurde. Sie nahmen

  • die erste Regel des Heiligen Franziskus von Assisi an,
  • für die Schwestern die zweite Regel der Klarissen,
  • für die Laien die franziskanischer Tertiarenregel.

Polen war zur Zeit der Entstehung der Mariavitenbewegung zwischen Russland, Preußen und Österreich aufgeteilt. Die zaristischen Behörden verboten nach den polnischen Januaraufständen 1863 die Errichtung von polnisch-nationalen Organisationen sowie alle nichtorthodoxen Klöster und Gemeinschaften. Da sie nach russischem Gesetz rechtswidrig waren, wurden viele römisch-katholische Klöster aufgelöst. In dieser Epoche war die aufkeimende Mariavitenbewegung eine von vielen römisch-katholischen Kongregationen. Für die polnischen Bischöfe war die Autorität, die diese aufgrund ihrer Privatoffenbarungen genoss, ein willkommener Anlass, gegen sie einzuschreiten und verheimlichten die Existenz der Kongregation. Bis 1903 stritt die römisch-katholische Kirche insgesamt so die Existenz der Mariaviten ab. Ihre Liturgie ist eine polnische bzw. litauische Übersetzung des römischen.

Die Privatoffenbarungen Feliksa Kozłowskas

1893 hatte Feliksa Kozłowska, bekannt unter dem Klosternamen Maria Franciszka, Visionen. Am 2. August 1893 wurde die Bewegung der „Mariaviten“ gegründet. Damit entstand die Mariavitische Kirche. Der Name „Mariaviten“ leitet sich aus dem lateinischen Mariae vitam imitans (dem Leben Marias nacheifernd) ab bzw. vom ebenfalls lateinischen Mariae vitae cultores (Verehrer des Lebens der Maria).[1]

Kozlowskas Visionen zwischen 1893 und 1918 wurden 1922 im Sammelband „Dzieło Wielkiego Miłosierdzia“ – „Werk der großen Gnade“ – veröffentlicht. Diese „Offenbarungen“ sind neben der Bibel die religiöse Quelle der Mariaviten. In den Visionen kämpft Feliksa Kozłowska gegen den moralischen Niedergang der Welt, besonders den des Klerus. In der ersten Vision wurde ihr aufgetragen, die Ordnung des katholischen Klerus neu zu organisieren und damit die bisherige Doppelmoral zu beenden. Die heilige Kommunion wurde zum wichtigsten Sakrament für getaufte Christen erkoren. Die Mariaviten verpflichteten sich, genau diese Form der Frömmigkeit zu verbreiten.

Kirchliche Verurteilung

Für Feliksa Kozłowska und die Priester war die Bewegung der Mariaviten ein Werkzeug Gottes zur inneren Mission und Reform in der katholischen Kirche. Dieses Unternehmen gestaltet sich jedoch schwieriger als angenommen. Der Bischof von Płock leitete die Approbation der Mariaviten ein und beauftragte deren Leitung, die Dokumente nach Rom zu senden. Einen Monat später empfing Papst Pius X. deren Delegation. Zeitgleich wählten die Mariaviten Jan Maria Franciszek Kowalski zum ersten Generalminister. Im Juni 1904 reiste dann eine weitere Delegation nach Rom, trug der Kurie erneut die Wichtigkeit und Dringlichkeit ihrer Mission vor, sodass Pius X. die Anerkennung der Kongregation versprach.

Die Kongregation für die Glaubenslehre aber entschied dann gegen die Mariaviten und im Dezember 1904 verwehrte Pius X. entgegen vorherigen Zusagen die Anerkennung. Die Offenbarungen der Feliksa Kozłowska wurden als Halluzinationen gewertet. Pius X. löste die Bewegung auf und verbot jeden Kontakt zwischen den Priestern und Feliksa Kozłowska. Zwei weitere Delegationen nach Rom blieben erfolglos. Die Mariaviten rebellierten, da sie ihr Vertrauen nach irreführenden Versprechungen missbraucht sahen. Im Februar 1906 kündigten sie Pius X. die Zusammenarbeit mit den römisch-katholischen Bischöfen in Polen auf. Rom reagierte mit der Enzyklika „Tribus circiter“, wobei Pius X. die Anerkennung der Mariaviten von der Ablehnung der Privatoffenbarungen Feliksa Kozłowskas abhängig machte. Aus diesen Offenbarungen leitet sich aber der Auftrag der Mariaviten ab und so lehnten sie die Forderung ab, woraufhin Pius X. den großen Kirchenbann aussprach.[2]

Feliksa Kozłowska und Jan Maria Franciszek Kowalski wurden daraufhin am 5. April 1906 exkommuniziert. Feliksa Kozłowska ist die erste Frau, die der Vatikan exkommunizierte. 1972–1974 wurde der Jesuitenpater Stanislaw Bajko durch den Päpstlichen Rat zur Förderung der Einheit der Christen beauftragt, den Mariavitenorden zu überprüfen. Der Anlass und das Ergebnis der Überprüfung sind derzeit unbekannt.

Verselbstständigung

Ab 1909 war die „Altkatholische Kirche der Mariaviten“ Mitglied der Utrechter Union, wurde aber – aufgrund der von der Union nicht tolerierten Tendenzen – 1924 aus der Union ausgeschlossen. Der Grund waren sogenannte mystische Ehen zwischen Priestern und Nonnen. 1935 spaltete sich die Kirche in die beiden Zweige:

Orden der Mariaviten in Deutschland – Auslandsjurisdiktion

Der sogenannte „Orden der Mariaviten in Deutschland – Auslandsjurisdiktion“ mit Sitz in Köln, dessen Leiter der Vagantenszene zugerechnet wird, wird weder von der Altkatholischen Kirche der Mariaviten (AKM) noch von der Katholischen Kirche der Mariaviten (KKM) anerkannt. Der Orden der Mariaviten in Polen, der Angehörigen beider Kirchen offen steht, unterhält keinerlei Beziehungen zu der sogenannten Auslandsjurisdiktion[3], deren Leiter zugleich der „Gemeinde zum Guten Hirten“ vorsteht. Hier werden auch ohne Kirchenmitgliedschaft „Zeremonien“ (zu Geburt und Taufe, zu Ehe und Partnerschaft und zu Tod und Trauer) angeboten.

Das Bistum Limburg warnte 2004 in seinem Amtsblatt vom November 2004,[4] das Erzbistum Köln im Amtsblatt vom Mai 2007 vor „Aktivitäten der in Köln ansässigen Auslandsjurisdiktion des ‚so genannten Ordens der Mariaviten in Deutschland‘.“[5] Die Diözese Rottenburg-Stuttgart warnte ebenfalls im Mai 2007 vor einem angeblichen Prälaten der Mariaviten, der um Spenden für eine Tätigkeit in Paraguay warb.[6] Alle kirchlichen Amtsblätter betonen, dass zwischen der Katholischen Kirche und den Mariaviten keine Verbindung besteht.

Oberhäupter des Ordens der Mariaviten – Auslandsjurisdiktion

  • 1938–1951 Maria Marc Fatôme, Nantes, * 31. Dezember 1875; † 27. August 1951
  • 1951–1988 Maria Norbert Paulus Maas, * 25. August 1918; † 16. August 1992
  • 1988–0000 Maria Udo Norbert Szuwart (Pater Norbert), * 15. Januar 1942

Literatur

  • Konrad Algermissen: Konfessionskunde; Celle: Giesel, 19577; S. 746, 752, 759
  • Karol Karski: Art. Mariaviten; in: Evangelisches Kirchenlexikon, 3. Auflage, Band 3; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1992; ISBN 3525501374; Sp. 282f.
  • Arthur Rhode: Bei den Mariaviten. Eindrücke von einer neuen romfreien katholischen Kirche; Lichterfelde-Berlin: Runge, 1911

Weblinks

Quellen

  1. Altkatholisches Kirchenblatt Nr.12/72, Seite 7, Verfasser Hans A. Frei (Bern)
  2. Einsicht : Das Utrechter Schisma und der Altkatholizismus, Römisch-katholische Zeitschrift, München, S.97, (4) 1997/5
  3. Dariusz P. Bruncz: 100 Jahre faszinierende Geschichte. Die Mariaviten in Polen
  4. Amtsblatt des Bistums Limburg (Online pdf) Nr.11 vom 01. November 2004, Nr. 550 (Abgerufen am 21. Juli 2008)
  5. Amtsblatt des Erzbistums Köln: Warnung, Köln, 1. Mai 2007, S. 138 (pdf)
  6. Kirchliches Amtsblatt für die Diözese Rottenburg-Stuttgart: Warnung vor einem angeblichen Prälaten der Mariaviten; Rottenburg am Neckar, Band 51, 15. Mai 2007; S.121.

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