Marian Rejewski

Marian Rejewski
Marian Rejewski 1932
Marian Rejewski 1943/44
Das Sächsische Palais (poln. Pałac Saski) in Warschau beherbergte in den 1930er-Jahren die polnische Dechiffrierstelle Biuro Szyfrów

Marian Adam Rejewski?/i (* 16. August 1905 in Bromberg; † 13. Februar 1980 in Warschau) war ein polnischer Mathematiker und Kryptologe. Er legte 1932 die Grundlagen zur Kryptoanalyse der deutschen Schlüsselmaschine ENIGMA und damit zur Entzifferung der Funksprüche, die die deutschen Militärs im Zweiten Weltkrieg damit verschlüsselten.

Inhaltsverzeichnis

Biographie

Studentenleben

Rejewski begann nach Beendigung der Schule Mathematik und Statistik an der Universität in Posen zu studieren. Im Sommer 1929 wechselte er nach Göttingen, wo er ein Jahr blieb. Während Rejwskis Abwesenheit hielt das Chiffrierbüro des polnischen Generalstabs einen Kurs für zwanzig ausgewählte Studenten ab. Der Geheimdienst hatte Posen für diesen Sonderkurs ausgewählt, da die Stadt von 1793 bis 1918 zu Deutschland gehört hatte und daher viele deutschsprachige Studenten beherbergte. Man hatte die Hoffnung, so neue Kryptologen zu gewinnen. Rejewski wurde kurze Zeit später eine Assistentenstelle an seiner Heimatuniverstät angeboten, woraufhin er aus Göttingen zurückkehrte. Nach dem Kurs des Geheimdienstes war an der Posener Universität ein Chiffrierbüro eingerichtet worden, in dem die beiden jüngeren Studenten Henryk Zygalski und Jerzy Różycki arbeiteten. Nun begann auch Rejewski, sich mit der Kunst der Verschlüsselung zu beschäftigen.

Arbeit im Chiffrierbüro

Das Zyklometer (1934)


Im Jahr 1932 wurde er von der polnischen Dechiffrierstelle Biuro Szyfrów (deutsch: „Chiffrier-Büro“) in Warschau angeworben, und der Dienststelle "BS4" (Biuro Szyfrów 4), der für Deutschland zuständigen Abteilung, zugeteilt. Dort gelang ihm zusammen mit seinen beiden Kollegen Różycki und Zygalski bereits 1932 die Kryptoanalyse und der erste Einbruch in die deutschen ENIGMA-Funksprüche. Hierzu nutze er speziell dafür konstruierte elektromechanische Maschinen, die als Zyklometer beziehungsweise Bomba bezeichnet wurden. Hiermit konnte innerhalb von wenigen Stunden der Tagesschlüssel gefunden werden, der zum Verschlüsseln der Nachrichten diente und von den Deutschen im täglichen Wechsel geändert wurde.

Mit seinem Wissen über die ENIGMA war Rejewski allen anderen Analytikern, die die ENIGMA für „unbrechbar“ hielten, viele Jahre voraus. Auf polnische Initiative hin wurden der französische und der britische Geheimdienst ab dem 24. Juli 1939 während eines dreitägigen Treffens im Wald von Pyry etwa 30 km südöstlich von Warschau über die polnischen Methodiken zum Bruch der ENIGMA vollständig in Kenntnis gesetzt. Dabei übergaben die Polen auch Nachbauten der deutschen Schlüsselmaschine an ihre Verbündeten.

Denkmal für Marian Rejewski in seiner Geburtsstadt Bydgoszcz (Bromberg), das im Jahr 2005 anlässlich seines 100. Geburtstags dort enthüllt wurde. Links neben ihm ist eine ENIGMA zu sehen.

Der polnische Geheimdienst, besonders das Biuro Szyfrów, arbeitete ab 1928 an der Entzifferung des deutschen Nachrichtenverkehrs. Ab dieser Zeit verbesserten die Deutschen das Design sowie die Handhabungsvorschriften der ENIGMA. Das Wissen um die Schwachstellen, ein Konstruktionsplan der Bomba und zwei Kopien der ENIGMA konnten zwei Wochen vor dem deutschen Überfall auf Polen nach England gerettet werden. Rejewski selbst nahm mit Teilen des Biuro Szyfrów im Oktober 1939 seine Arbeit in Frankreich auf und wurde dort der Abteilung Bruno zugeteilt. Als auch dort die deutsche Wehrmacht 1940 einmarschierte, wurden er und einige ehemalige Biuro Szyfrów-Mitarbeiter erst nach Südfrankreich und dann, im Oktober 1940, nach Algerien (französisch) evakuiert, um der Abteilung Cadix zugeteilt zu werden. Am 30. August 1943 wurden sie nach Großbritannien gebracht, wo sie ihre Forschungsarbeiten in Boxmoor durchführten. Die Erkenntnisse des Biuro Szyfrów wurden von den Alliierten, vor allem in England, weiter genutzt und verbessert. Die Erfolge der englischen Kryptoanalytiker in Bletchley Park zum Bruch der ENIGMA basieren auf den Arbeiten von Rejewski und dem Biuro Szyfrów.

Militärzeremonie am Grab Marian Rejewskis anlässlich seines 100. Geburtstags.

Nach dem Krieg kehrte Rejewski nach Polen zurück, wo er seine Frau und seine beiden Kinder wiederfand. Er verfasste ein Buch über seine Arbeit, das jedoch nie veröffentlicht wurde. Die Polnische Gesellschaft für Mathematik ehrte ihn mit einer speziell für ihn kreierten Medaille. Rejewski verstarb 1980 in Warschau und ist dort auf dem Powązki-Friedhof bestattet. 2000 wurde ihm posthum das Großkreuz des Ordens Polonia Restituta verliehen.

Literatur

  • Rudolf Kippenhahn: Verschlüsselte Botschaften, Geheimschrift, Enigma und Chipkarte. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1999. ISBN 3-499-60807-3
  • Władysław Kozaczuk: Geheimoperation Wicher. Bernard u. Graefe, Koblenz 1989, Karl Müller, Erlangen 1999. ISBN 3-7637-5868-2, ISBN 3-86070-803-1
  • Władysław Kozaczuk: Im Banne der Enigma. Militärverlag der Deutschen Demokratischen Republik, 1987, ISBN 3-327-00423-4
  • Władysław Kozaczuk & Jerzy Straszak: Enigma – How the Poles Broke the Nazi Code. Hyppocrene Books, New York 2004. ISBN 0-7818-0941-X
  • Marian Rejewski: An Application of the Theory of Permutations in Breaking the Enigma Cipher. Applicationes Mathematicae, 16 (4), 1980, S. 543–559 PDF; 1,7 MB.
  • Gordon Welchman: From Polish Bomba to British Bombe: The Birth of Ultra. Intelligence and National Security, 1986.

Weblinks

 Commons: Marian Rejewski – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien



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