Manuel Noriega

Manuel Noriega
Manuel Antonio Noriega (ca. 1990)

Manuel Antonio Noriega Moreno (* 11. Februar 1938, gemäß französischen Gerichtsakten, andere Quellen geben 1934, 1935 oder 1940 als Geburtsjahr an[1][2][3] in Panamá), Alias-Name: „Cara de Piña“, englisch auch „Pineapple Face“ [4] [5](deutsch: Ananasgesicht, in Lateinamerika eine pejorative Bezeichnung für [pocken]narbiges oder pickliges Gesicht[6]), war vom 12. August 1983 bis 20. Dezember 1989 de facto der Machthaber in Panama. Er wurde 1992 von einem US-Gericht wegen Drogenhandels, Schutzgelderpressung und Verschwörung zu einer Haftstrafe verurteilt und ist seither Strafgefangener.

Noriega wird oft fälschlicherweise als ehemaliger Präsident Panamas angesehen. Tatsächlich hatte er auf diesen Titel verzichtet und nannte sich nur „Chef der Nationalgarde“, die später in die Fuerzas de Defensa de Panamá umgewandelt wurde. Am 15. Dezember 1989 ernannte ihn die Nationalversammlung von Panama dennoch zum Regierungschef mit außerordentlichen und zeitlich unbeschränkten Rechten.

Inhaltsverzeichnis

Werdegang

Als uneheliches Kind kam er im Alter von fünf Jahren in ein kirchliches Pflegeheim und konnte später die High School besuchen. Nach deren Abschluss schlug er eine militärische Karriere ein und absolvierte die Militärakademie in Lima. Ab 1964 diente er in der Nationalgarde und wurde in den USA auch in psychologischer Kriegführung ausgebildet. Ende 1969 unterstützte er den späteren Präsidenten Omar Torrijos im Kampf um die Macht in Panama und wurde dafür mit dem Posten des Chefs des militärischen Geheimdienstes (G-2) belohnt. Er arbeitete eng mit CIA-Direktor William J. Casey zusammen, den er auch privat in Washington, D. C. besuchte, und half der CIA dabei, die Drogenkartelle u.a. in Kolumbien zu infiltrieren, wofür ihm die CIA zeitweise 200.000 Dollar pro Jahr zahlte. Im August 1983 wurde er Kommandant der Nationalgarde. Er unterstützte im Mai 1984 die Wahl von Nicolás Ardito Barletta Vallarino zum Präsidenten, wobei massive Vorwürfe von Wahlfälschung laut wurden.

Mitte der 1980er Jahre geriet Noriega ins Visier der amerikanischen Drogenfahndung. Seine offensichtlichen und vor allem in der amerikanischen Presse kolportierten Verbindungen zum organisierten Verbrechen machten ihn als Verbündeten für die USA untragbar. Zudem wollte Noriega die Politik Omar Torrijos’ fortsetzen. So verweigerte er die Verlängerung des Betriebs der School of the Americas und plante außerdem die Errichtung eines neuen Kanals mit japanischen Investoren und Baufirmen, was die Interessen der amerikanischen Baufirma Bechtel Corporation tangierte. Ehemalige Mitarbeiter des Konzerns saßen in der Regierung von George H. W. Bush. Letztlich strebten die USA erneut die Kontrolle über den Kanal an, den Jimmy Carter 1977 per Vertrag zum Jahr 2000 an Panama übergeben hatte.

Invasion Panamas und Verhaftung

Am 20. Dezember 1989 begann eine US-Invasion in Panama. Es war zu dem Zeitpunkt die größte Luftlandeoperation der USA nach dem Zweiten Weltkrieg mit der offiziellen Rechtfertigung, einen einzelnen Mann (Noriega) zu fassen. Die US-Armee verweigerte Medien, Rotem Kreuz und neutralen Beobachtern 3 Tage lang den Zutritt zu den bombardierten Gebieten. Verteidigungsminister Dick Cheney nannte 500 bis 600 Opfer, Menschenrechtsgruppen schätzen 3000 bis 5000 Tote und 40.000 Obdachlose.

Die Drug Enforcement Administration, „DEA”, wichtigste Drogenbekämpfungsbehörde der USA, warf Noriega vor, maßgeblich im Drogenhandel und -import nach den USA beteiligt gewesen zu sein, indem er Panama als scheinbar neutrale Basis für unkontrollierte Einfuhr von Drogen nach den USA bereitgestellt hatte und sich das entsprechend bezahlen ließ. 1986 enthüllten US-Medien, dass Noriega seit mindestens zehn Jahren auf der Gehaltsliste der CIA stand. Da Waffen über Panama an die Contra-Rebellen in Nicaragua gingen, die die linksgerichteten Sandinisten stürzen sollten, verschloss die CIA im Gegenzug die Augen davor, dass Noriega Geschäfte mit dem Medellín-Kartell machte.

Manuel Noriega mit zwei Agenten der Drug Enforcement Administration (DEA) an Bord eines Flugzeug der US Air Force

Noriega stellte sich am 3. Januar 1990 den US-Invasionstruppen, nachdem er sich elf Tage lang ungebeten in der Nuntiatur des Vatikans aufgehalten hatte.[7] Am 10. Juli 1992 wurde er von einem US-amerikanischen Gericht in Miami zu 40 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Später wurde das Strafmaß wegen guter Führung auf 17 Jahre reduziert. Nach der Entscheidung eines amerikanischen Bundesrichters erhielt Noriega den Status eines Kriegsgefangenen. Er saß bis zu seiner Auslieferung an Frankreich in einem Bundesgefängnis in Miami, Dade County, Florida ein, in dem er ein Appartement mit Büroräumen bewohnte.

Ende der US-Haft

Als sich das Ende seiner Haftzeit in den USA im Jahr 2007 abzeichnete, begann ein juristisches Tauziehen über seinen weiteren Verbleib, da internationale Haftbefehle vorhanden waren.

  • In Panama wurde er 1993 in Abwesenheit wegen des Mordes an dem Dissidenten Hugo Spadafora zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt.
  • In Frankreich war Noriega 1999 in einem Geldwäscheverfahren in Abwesenheit zu zehn Jahren Gefängnis[8] und einer Geldstrafe von umgerechnet 11,2 Millionen Euro verurteilt worden. Es ging dabei um Geldwäsche in Höhe von 3,15 Millionen US-Dollar aus Drogengeschäften.

Das Geld legte der frühere Machthaber nach Auffassung der französischen Strafverfolgungsbehörde teilweise in Luxusimmobilien in Paris und an der Cote d'Azur an. Noriega bestritt den Geldwäschevorwurf. Es habe sich um Gelder aus seinem Privatvermögen und Zahlungen des US-Geheimdienstes CIA gehandelt, für den er als Informant tätig gewesen sei. Der ehemalige General wollte unbedingt in sein Heimatland ausgeliefert werden, wovon er sich eher einen Hausarrest als einen Gefängnisaufenthalt versprach. In Panama hätte der Ex-Diktator wegen Korruption und Morden an politischen Gegnern Haftstrafen von 60 Jahren zu verbüßen.[9]

Auslieferung und Prozess in Frankreich

US-Richter entschieden am 17. Juli 2007, dass Noriega im September desselben Jahres an Frankreich ausgeliefert werde. Dagegen kämpften seine Anwälte.

Nachdem sämtliche juristischen Mittel gegen seine Auslieferung erfolglos blieben, wurde Noriega am 26. April 2010 an Frankreich überstellt. Seine Anwälte strebten hier die Annullierung seiner Verurteilung und einen neuen Prozess an, damit sich ihr Mandant angemessen verteidigen könne.[10] Die Verhandlung in der französischen Hauptstadt begann am 28. Juni.

Am 7. Juli 2010 verurteilte ein Pariser Strafgericht Noriega wegen Geldwäsche zu sieben Jahren Haft.[11]

Siehe auch

Literatur

  • Frederick Kempe: Aufstieg und Fall Noriegas. Panama-Poker - gefährliches Spiel mit den USA, Hannibal, Wien 1990 ISBN 3-85445-059-1
  • Manuel Noriega, Peter Eisner: America's Prisoner. The Memoirs of Manuel Noriega. Random House, New York 1997, ISBN 0-679-43227-2
  • John Perkins: Bekenntnisse eines Economic Hit Man. Unterwegs im Dienste der Wirtschaftsmafia. Originaltitel: Confessions of an economic hit man. übersetzt von Hans Freundl, Heike Schlatterer. 4. Auflage, Riemann, München 2005, ISBN 978-3-570-50066-8 / ISBN 978-3-442-15424-1 (als Goldmann-Taschenbuch 15424, München 2007)

Quellen

  1. Ex-Diktator Noriega an Frankreich ausgeliefert, Focus Online vom 27. April 2010
  2. Munzinger-Archiv online, abgerufen 27. September 2008
  3. Online-Artikel der Nachrichtenagentur EFE über Noriega
  4. Allan Metz: Manuel Noriega and the “Panama Crisis”. An Annotated Bibliography. In: Reference Services Review. Band 19, Nr. 3, MCB UP Ltd, 1991, ISSN 0090-7324, S. 7-44.
  5. Youtube. Abgerufen am 4. Januar 2010.
  6. Spanisch: piña = Kieferzapfen (von pino = Kiefer), ev. auch (Tannen-)zapfen, in der Neuen Welt aber vor allem die Ananas(-Frucht), in Lateinamerika auch noch ananá(s) genannt
  7. handelsblatt.de – wo Despoten gefasst wurden
  8. AFP: US seeks to extradite Panama's Noriega to France. MIAMI, July 18, 2007
  9. Augsburger Allgemeine vom 26. Juni 2010: Abschied vom Luxus
  10. USA liefern Ex-Diktator Noriega an Frankreich aus, Der Standard vom 27. April 2010
  11. Noriega zu sieben Jahren Haft verurteilt, FAZ vom 7. Juli 2010

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