Mailüfterl

Mailüfterl
Das Mailüfterl steht heute im Technischen Museum Wien.
Kontrollpult des Mailüfterls

Mailüfterl ist der Spitzname des ersten vollständig mit Transistoren arbeitenden Computers auf dem europäischen Festland. Die ersten Rechner dieser Art weltweit waren der TRADIC und der TX-0.

Das Mailüfterl wurde ab 1955 an der TU Wien von Heinz Zemanek gebaut. Der Erbauer spielt dabei in einem Zitat auf die in den USA in Betrieb genommenen Röhrenrechner an: „Wenn es auch nicht die rasante Rechengeschwindigkeit amerikanischer Modelle erreichen kann, die ‚Wirbelwind‘ oder ‚Taifun‘ heißen, so wird es doch für ein Wiener ‚Mailüfterl‘ reichen.“ Die offizielle Bezeichnung lautete Binär dezimaler Volltransistor-Rechenautomat.

Der Rechner besteht aus 3.000 Transistoren, 5.000 Dioden, 1.000 Montageplättchen, 100.000 Lötstellen, 15.000 Widerständen, 5.000 Kondensatoren und 20.000 Metern Schaltdraht. Mit einer Breite von 4 Metern, einer Höhe von 2,5 Metern und einer Tiefe von 50 Zentimetern war die Anlage gegenüber den zeitgenössischen Röhrenrechnern vergleichsweise klein. Das Mailüfterl hatte eine damals beachtliche Taktfrequenz von 132 kHz.

Zemanek sagte über sein Projekt später, es sei ein halb illegales Unterfangen eines kleinen Hochschulassistenten gewesen, das er ohne offizielle Genehmigung und somit auch ohne finanzielle Unterstützung der Universität mit einer Gruppe von Studenten realisierte. Er reiste 1954 zu Philips nach Holland, um dort wegen einer Sachspende vorzusprechen. Die Menge von 1.000 Transistoren und deren Einsatzzweck waren nur sieben Jahre nach Erfindung des Transistors schwer zu vermitteln.

Zemanek erhielt aber dennoch eine Zusage über 1.000 eher langsame Hörgerät-Transistoren[1] und bekam schließlich von Philips insgesamt 4.000 hochwertige Transistoren (lediglich vier waren defekt, sie waren vermutlich beim Löten beschädigt worden).[2]

Zemanek arbeitete ab 1961 für IBM, das den Rechner 1966 ausmusterte und 1973 dem Technischen Museum Wien übergab.[3]

Weblinks

 Commons: Mailüfterl – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Interview mit Heinz Zemanek, Telepolis, 8. August 1999 (online).
  2. OC 71 Beschreibung von Germanium-Transistoren des verwendeten Typs OC 71.
  3. Technisches Museum Wien, Text auf der Schautafel des Exponats.

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