Magdeburger Centurien

Magdeburger Centurien

Die Magdeburger Centurien gelten als erster Versuch einer umfassenden Kirchengeschichte aus Sicht der Reformation.

Exlibris der Zenturiatoren im - seit 1945 verlorenen - Widmungsexemplar für die Ratsbibliothek der Stadt Magdeburg

Initiator, aber wohl nicht Autor, war Matthias Flacius (1520-1575). Hauptbearbeiter war Johannes Wigand (1523-1587), späterer evangelischer Bischof von Pomesanien (Preußen) und Autor botanischer Studien. Beide waren Prediger an der Sankt-Ulrich-und-Levin-Kirche in Magdeburg, in deren Räumlichkeiten viele der Arbeiten stattfanden. Bei den ersten Bänden wurde Wigand von einer Gruppe Gelehrter unterstützt, die sich wie er in Magdeburg aufhielten, darunter vor allem Matthias Richter gen. Judex. Als Verleger fungierte der Basler Humanist Johannes Oporinus. Wegen der arbeitsteiligen Organisation spricht man auch von den Verfassern als Zenturiatoren.

Ziel der Darstellung war es, die lutherische Lehre als Wiederherstellung des wahren Glaubens und der Urkirche darzustellen und dementsprechend das Papsttum und seine Kirchenorganisation als Irrweg zu entlarven. Dies geschah jedoch auf der Grundlage umfassender Quellenkritik. So wurden unter anderem die unter dem Namen Pseudo-Isidor verbreiteten Canones, die unmittelbar in das Decretum Gratiani, also das katholische Kirchenrecht, einflossen, als Fälschung entlarvt.

Die Magdeburger Centurien legten erstmals einem historischen Werk eine Einteilung nach Jahrhunderten zugrunde. Sie schöpfen aus dem Wissen ihrer Zeit (insbesondere Bartolomeo Platina und Albert Krantz), aber auch aus bis dahin ungedruckten Manuskripten, die von eifrigen Zuträgern in ganz Europa gesucht und für die Zenturiatoren abgeschrieben wurden. Eine erschöpfende Würdigung des Gesamtwerkes fehlt.

Literatur

  • Steinmann, Martin: Aus dem Briefwechsel des Basler Druckers Johannes Oporinus. In: Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde 69 (1969), S. 104-203;
  • Schottenloher, Karl: Handschriftenschätze zu Regensburg im Dienste der Zenturiatoren 1554–1562. In: Zentralblatt für Bibliothekswesen, Bd. 34 (1917), S. 65-82;
  • Bibl, Viktor: Nidbruck und Tanner. Ein Beitrag zur Entstehungsgeschichte der Magdeburger Centurien und zur Charakteristik König Maximilians II. In: Archiv für österreichische Geschichte 85 (1898), S. 379-430;
  • Scheible, Heinz: Die Entstehung der Magdeburger Zenturien. Ein Beitrag zur Geschichte der historiographischen Methode. Gütersloh 1966( Schriften des Vereins für Reformationsgeschichte ; 183);
  • Myers, Edward: Centuriators of Magdeburg. Catholic Encyclopedia Bd. 3 (1908), S. 534-535.
  • Burkhardt, Johannes: Die Entstehung der modernen Jahrhundertrechnung : Ursprung und Ausbildung einer historiographischen Technik von Flacius bis Ranke. Göppingen 1971 (Göppinger akademische Beiträge ; 43);
  • Hartmann, Martina: Humanismus und Kirchenkritik. Matthias Flacius Illyricus als Erforscher des Mittelalters. Stuttgart 2001 (Beiträge zur Geschichte und Quellenkunde des Mittelalters ; 19)
  • Catalogus und Centurien. Interdisziplinäre Studien zu Matthias Flacius und den Magdeburger Centurien. Hrsg. v. Arno Mentzel-Reuters u. Martina Hartmann. Tübingen 2008 (Spätmittelalter, Humanismus, Reformation ; 45)

Inhaltsübersicht

Weblinks

  • Eintrag in der Catholic Encyclopedia (englisch, Ausgabe 1913)
  • Ronald E. Diener:THE MAGDEBURG CENTURIES. A Bibliothecal and Historiographical Study. Überarbeitete Diss. Cambridge (Mass.), Harvard Divinity School 1978/79: http://rondiener.com/MCBK01.htm
  • Ecclesiastica Historia (sog. Magdeburger Centurien) integram ecclesiae Christi ideam quantum ad locum, propagationem, persecutionem, tranquillit., doctrin., haereses, ceremonias, gubunationem, schismata, synodos, personas, miracula, martyria, religiones extra ecclesiam : singulari diligentia et fide ex vetustissimis et optimis historicis, patribus et aliis scriptoribus congesta per aliquot studiosos et pios viros in urbe [Hrsg.: Matthias Flacius, Johann Wigand, Mattheus Judix, Martin Köppe]. Basileae: Oporinus 1559-1574. Digitale Version des Exemplars der Universitätsbibliothek München, 4° H Eccl. 108 bei den "Quellen zur Geistesgeschichte des späten Mittelalters" der Bibliothek der Monumenta Germaniae Historica (http://www.mgh-bibliothek.de/digilib/centuriae.htm)
  • Martina Hartmann und Arno Mentzel-Reuters: Die "Magdeburger Centurien" und die Anfänge der quellenbezogenen Geschichtsforschung : eine Ausstellung der Monumenta Germaniae Historica. München : Monumenta Germaniae Historica 2005. 28 S. PDF-Version

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Magdeburger Centurien — Magdeburger Centurien, s. Centurien …   Herders Conversations-Lexikon

  • Magdeburger Frühjahrsmesse — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Johann Wigand — Johannes Wigand (* 1523 in Mansfeld; † 21. Oktober 1587 in Liebemühle, Kreis Osterode) war Theologe. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werke 3 Weblinks 4 Literatur // …   Deutsch Wikipedia

  • Johann Wigand. — Johannes Wigand (* 1523 in Mansfeld; † 21. Oktober 1587 in Liebemühle, Kreis Osterode) war Theologe. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werke 3 Weblinks 4 Literatur // …   Deutsch Wikipedia

  • Johannes Herbst — Johannes Oporinus Zeitgenössischer Kupferstich Druckermarke des Johannes Oporinus Johannes Oporinus (* 25. Januar 1507 in Basel; † …   Deutsch Wikipedia

  • Johannes Oporin — Johannes Oporinus Zeitgenössischer Kupferstich Druckermarke des Johannes Oporinus Johannes Oporinus (* 25. Januar 1507 in Basel; † …   Deutsch Wikipedia

  • Oporinus — Johannes Oporinus Zeitgenössischer Kupferstich Druckermarke des Johannes Oporinus Johannes Oporinus (* 25. Januar 1507 in Basel; † …   Deutsch Wikipedia

  • Johannes Wigand — Johann Wigand (* um 1523 in Mansfeld; † 21. Oktober 1587 in Liebemühl) war ein evangelischer Theologe und Reformator. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werke 3 Weblinks 4 …   Deutsch Wikipedia

  • Flacianer — Matthias Flacius Matthias Flacius (genannt Illyricus (der Illyrier), eigentlich Matija Vlačić; * 3. März 1520 in Albona an der Südostküste von Istrien; † 11. März 1575 in Frankfurt am Main) war ein lutherischer Theologe …   Deutsch Wikipedia

  • Flacius — Matthias Flacius Matthias Flacius (genannt Illyricus (der Illyrier), eigentlich Matija Vlačić; * 3. März 1520 in Albona an der Südostküste von Istrien; † 11. März 1575 in Frankfurt am Main) war ein lutherischer Theologe …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”