MIM-14 Nike Hercules

MIM-14 Nike Hercules
MIM-14 Nike Hercules
MIM-14 Nike Hercules
MIM-14 Nike Hercules
Grunddaten
Funktion Boden-Luft-Lenkwaffensystem
Hersteller Western Electric, Bell, Douglas
Erstflug 1955
Entwicklung 1952
Weitere Leistungsmerkmale
Triebwerk
 Erste Stufe Hercules M42 Feststoffbooster
 Zweite Stufe Thiokol M30 Feststoff Raketentriebwerk
Gefechtsgewicht 4.850 kg
Länge 12,53 m
Durchmesser 1. Stufe: 80,0 cm
2. Stufe: 53,0 cm
Spannweite 1. Stufe: 350,0 cm
2. Stufe: 180,3 cm
Geschwindigkeit Mach 3,65
Reichweite 6 km bis 140 km
Service ceiling 1.000 m bis 45.700 m
Gefechtskopf 272 kg Splittergefechtskopf oder W31 Nuklearsprengkopf
Zielerkennung Radar (mit Kommandolenkung des LFK)
Waffenplattformen ortsfeste Raketenstellung

Nike Hercules war eine amerikanische Langstrecken-Flugabwehrrakete. Das System war zur Bekämpfung von Flugzielen in großen Flughöhen vorgesehen. Die letzten Exemplare wurden 1999 ausgemustert.

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung

Im Jahr 1952 bekam Western Electric den Auftrag zur Entwicklung eines Nachfolgesystems der Nike Ajax. Am 13. Januar 1955 fand der erste Testflug der Nike Hercules statt. Die ersten Systeme wurden 1958 an die US Army ausgeliefert. Insgesamt wurden 25.500 Lenkflugkörper produziert. Für drei Jahrzehnte stellte die Nike Hercules das Rückgrat der NATO-Luftverteidigung dar. Nachdem sie für die US Army und US Air Force entwickelt worden war, wurde sie ab etwa 1960 in großer Zahl an die Streitkräfte der verbündeten Staaten ausgeliefert, darunter die Bundeswehr.

Technik

Die Raketen waren, nachdem sich das Vorgängermodell „Nike Ajax“ mit konventionellen Splittergefechtsköpfen als wenig zielgenau erwiesen hatte, für den Einsatz nuklearer Sprengköpfe vom Typ W31 konzipiert. Das neue Antriebssystem, das eine Vervierfachung der Leistung des Ajax-Antriebes ermöglichte, bestand aus einem Bündel von vier Feststoffraketen (Boostern) als erste Stufe und einem weiteren, deutlich vergrößerten Feststofftriebwerk als zweite Stufe, das den Gefechtskopf zum Ziel transportierte.

Durch den Nuklearsprengkopf sollte die Rakete befähigt werden, feindliche Bomber-Pulks anzugreifen und dabei den sogenannten „dead man effect“ zu verhindern: Beim Angriff mit konventionellen Sprengköpfen, deren Navigation mit den damals zur Verfügung stehenden Steuerungstechniken nicht präzise genug vorgenommen werden konnte, wurde meist nur das Flugzeug selbst zerstört, nicht die Atombomben, die es im Falle einer Ost-West-Konfrontation mit hoher Wahrscheinlichkeit getragen hätte. Die Bomben wären nach der Zerstörung des Flugzeuges durch eine standardmäßige Kopplung des Zündmechanismus an die integrierten Höhenmessgeräte, die beim Überfliegen der Grenze aktiviert wurden, zur Zündung gebracht worden.

Der W31-Sprengkopf der Nike Hercules, der durch Unterdrückung der „boosted reaction“ wahlweise verschiedene Sprengkraftäquivalente zwischen 2 und 40 Kilotonnen (kT) TNT entfalten konnte, sollte die gegnerischen Flugzeuge im näheren Trefferumkreis vollständig zerstören und Flugzeuge in größerer Entfernung zum Absturz bringen.

Die Nike Hercules verfügte über keine eigene sensorische Ausrüstung, sondern wurde durch analoge Radarfunkbefehle der dazugehörigen Bodeninstrumente in das Ziel gelenkt (Kommandolenkung). Erst seit Beginn der 1980er Jahre wurden die zur Berechnung des Abfangkurses verwendeten Analogrechner durch digitale Prozessoren ersetzt; das System übermittelte seine Steuerungsbefehle weiterhin mit Hilfe analoger Funksignale andie an die Lenkflugkörper.

Die wichtigste Schwachstelle des Systems war die Tatsache, dass jede Batterie mit der ihr zu Verfügung stehenden Radarausrüstung nur ein Ziel zur selben Zeit bekämpfen konnte. Daher konnte das ganze System durch einen Angriff mehrerer Flugzeuge schnell „gesättigt“ werden.

Ab 1975 wurde das System für die Bekämpfung ballistischer Raketen ausgerüstet. Im Verbund mit einer vorgelagerten Abwehrlinie aus Flugabwehrraketen vom Typ HAWK wurde die Verteidigung gegen tieffliegende Angreifer erweitert. Eine Modifikation der Zündkreisläufe erlaubte schließlich den Einsatz als taktische Nuklearwaffe gegen Bodenziele.

Stationierung in Taiwan

Während des zweiten Konflikts um die Küsteninseln in der Taiwan-Straße (sogenannte Zweite Quemoy-Krise) verlegten die USA von Oktober 1958 bis August 1959 ein Raketenbataillon des 71. US-Artillerieregiments mit etwa 700 Soldaten und rund 48 Flugabwehrsystemen vom Typ Nike Hercules nach Taiwan.

Stationierung in der Bundesrepublik Deutschland und Europa

In der Bundesrepublik Deutschland standen die Batterien, die typischerweise über 30 Lenkflugkörper und neun Starteinrichtungen (sogenannte „Launcher“) verfügten, unter amerikanischem, belgischem, britischem, niederländischem und deutschem Befehl und waren in das Luftverteidigungssystem NADGE der NATO integriert. Die Stellungen waren in einem mittleren Abstand von 30 Kilometern entlang der beabsichtigten Rückzugslinie der NATO-Truppen entlang des Rheins und des Nordseeküstenbereiches stationiert und konnten von dort den Luftraum im Radius von etwa 120 Kilometern überwachen.

In nördlicher und südlicher Richtung setzte sich dieser Sperrriegel bis Grönland und in die Türkei fort. Etwa ein Viertel der Stellungen erhielt den nuklearen Status. Diese Stellungen wurden seit 1979 im Rahmen des „Long Range Security Program“ mit Erdwällen, Perimeterzaunanlagen, Wachtürmen und zusätzlichen Flugabwehrmitteln ausgestattet. In jeder dieser Stellungen war neben den Kräften der Bündnisstaaten ein amerikanisches Wachkontingent stationiert, das den Zugang zur Umgebung der Hangargebäude mit jeweils vier nuklear bestückten Lenkflugkörpern regelte und alle Arbeiten an diesen beaufsichtigte.

Das Einsatzprofil der Nike Hercules wird heute von dem Raketensystem PATRIOT wahrgenommen. Einige der Stellungen waren zunächst für die Umrüstung auf das PATRIOT-System vorgesehen. Nach dem Ende des Kalten Krieges jedoch wurden alle Teil der Konversionsmasse. Viele der oftmals auf erhöhten Positionen errichteten und abgelegenen Stellungen sind bis heute keiner neuen Nutzung zugeführt und verwildern.

Verbreitung

Weblinks

Siehe auch


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