Lymphödem

Lymphödem
Klassifikation nach ICD-10
I89.0 Lymphödem, anderenorts nicht klassifiziert
I97.2 Lymphödem nach Mastektomie
Elephantiasis
Q82.0 Hereditäres Lymphödem
ICD-10 online (WHO-Version 2011)

Das Lymphödem ist eine sicht- und tastbare Flüssigkeitsansammlung im Interstitium (Zwischenzellraum). Es wird durch mechanische Insuffizienz des Lymphgefäßsystems hervorgerufen. Es handelt sich um eine Symptombeschreibung, nicht um eine Diagnose. Zugrunde liegt ein chronisch-entzündliches Krankheitsbild, das nicht nur die Extremitäten sondern auch das Gesicht, den Hals, Rumpf und auch die Genitalien betreffen kann. Durch mechanische Insuffizienz kann die interstitielle Flüssigkeit nicht mehr ausreichend über die Lymphgefäße abtransportiert werden. Dies führt zu einem Rückstau und zur Ansammlung von Flüssigkeit in den Zellzwischenräumen (Ödem).

Inhaltsverzeichnis

Lymphödemstadien

  • Stadium 0, Latenzstadium (unterschwelliges Ödem): Es treten noch keine Symptome in Erscheinung.
  • Stadium 1, Reversibles Stadium: Eiweißreiches Ödem, nur wenige, kleine, lokal begrenzte fibrosklerotische Gewebsveränderungen. Das Ödem ist noch teigig-weich, es kann mit dem Finger noch leicht eine „Delle“ eingedrückt werden. Ein Hochlagern des Ödems (soweit möglich) reduziert in gewissem Maße die Schwellung. Das Stemmersche Zeichen ist (meist) positiv.
  • Stadium 2, Spontan irreversibles Stadium: In diesem Stadium finden fibrosklerotische Veränderungen sowie eine Fettgewebsproliferation statt. Das Ödem ist hart und reagiert auf Hochlagern nicht mehr mit Abschwellung. Mit dem Finger lässt sich keine oder nur noch eine sehr flache Delle in die Haut drücken.
  • Stadium 3, Elephantiasis: Ausgedehnte fibrosklerotische Veränderungen sowie Fettgewebsproliferationen haben stattgefunden. Das betroffene Körperteil ist möglicherweise bis zur Unförmigkeit geschwollen. Durch die Schwellung ist die Beweglichkeit stark eingeschränkt. Die Haut neigt zu Bläschen und Fisteln, Ekzemen und schlecht heilenden Wunden.

Ätiologische Klassifikation

Man unterscheidet das Lymphödem in eine primäre und eine sekundäre Form.

  • Bei der primären Form sind die Lymphgefäße und/oder Lymphknoten aufgrund einer Entwicklungsstörung nicht oder nur teilweise oder mit einer Fehlbildung angelegt. Ganze Extremitäten oder Körperregionen können hier betroffen sein. Das völlige Fehlen der Lymphgefäße einer ganzen Körperregion ist nicht mit dem Leben vereinbar und führt schon im Mutterleib oder kurz nach der Geburt zum Tod.

Diagnostik

Stemmersches Zeichen
  • Stemmersches Zeichen: Lässt sich eine Hautfalte über der 2. und 3. Zehe überhaupt nicht oder nur sehr schwer abheben, ist das ein eindeutiges Zeichen für ein Lymphödem. Dasselbe gilt für Arme und Hände. Man spricht von einem positiven Stemmerschen Zeichen. Es kommt im weiteren Verlauf zu einer Verdickung der Zehen mit annähernd 4-kantigem Aussehen.
  • Ultraschall (Duplexsonografie): Mit einer Ultraschalluntersuchung können die Veränderungen des Haut- und Unterhautgewebes genau beurteilt werden. Sie gibt Aufschluss darüber, ob es sich um eine Erkrankung der Lymphgefäße oder der Venen handelt.
  • Lymphografie/Isotopenlymphografie

Eine Darstellung der Lymphbahnen und -knoten mit Kontrastmittel oder Röntgenstrahlung (direkte Lymphographie) wird heute nicht mehr durchgeführt.

Therapie

Als Therapie der Wahl kommt, um die überschüssige Flüssigkeit aus dem Interstitium abtransportieren zu können, die Komplexe Physikalische Entstauungstherapie (KPE) infrage.

Unter Komplexer Physikalischer Entstauungstherapie werden zusammengefasst:

  1. manuelle Lymphdrainage: Die manuelle Lymphdrainage ist eine spezielle Massagetechnik mit der das Lymphgewebe erweicht und die gestaute Lymphflüssigkeit in Richtung Bauch- und Brustraum befördert wird. Mit unterschiedlichem Druck werden die Haut und das Unterhautfettgewebe massiert. Mit speziellen Griffen regt der Therapeut die Eigenbewegung der Lymphgefäße an, womit er den Transport der Lymphe begünstigt. Bei konsequenter Anwendung – je nach Schweregrad ein- oder mehrmals pro Woche – wird das Ödemvolumen gemindert. Der therapeutische Effekt hält etwa 24 Stunden an. Deshalb muss ergänzend eine Kompressionsbehandlung erfolgen.
  2. Hautpflege
  3. Kompressionsbandage/Kompressionsstrümpfe: Mit Kompressionsbandagen werden die betroffenen Arme oder Beine umwickelt. Der äußere Druck unterstützt den Abtransport der Lymphflüssigkeit und damit den Abbau des Lymphstaus. Eine fachgerechte Bandagierung umfasst neben Kompressionsbinden auch Vliespolster und Schaumstoffplatten zur Abpolsterung. Wenn die Schwellneigung abnimmt, können die Bandagen durch Kompressionsärmel oder -strümpfe ersetzt werden. Das sind speziell angefertigte Handschuhe, Kompressionsärmel oder Fußkappen und Beinstrümpfe aus festem Flachstrickmaterial, das nur für die Behandlung von Lymphödemen und nicht für die von Venenerkrankungen geeignet ist.
  4. spezielle Bewegungstherapie in Kompression: Regelmäßige Bewegungsübungen fördern den Lymphfluss und bauen den Lymphstau ab. Dabei werden Kompressionsbandagen oder -strümpfe getragen, um die Wirkung der entstauenden Übungen zu steigern. Der Therapeut entwickelt für den Patienten ein geeignetes Übungsprogramm, das u. a. davon abhängt, an welcher Stelle das Lymphödem ist.
  • Zusammenspiel Arzt, Lymphtherapeut, Sanitätshaus, Betroffener

Die Komplexe Physikalische Entstauungstherapie ist eine erprobte und erfolgreiche Therapie auch des chronischen Lymphödems. Keine alleinige Therapieoption sind Diuretika (entwässernde Medikamente). Eine alleinige Behandlung mit Diuretika vermindert zunächst und primär das vaskuläre Flüssigkeitsvolumen. Der onkotische Sog des Plasmas wird nur kurzzeitig aufgebaut und verändert die Eiweiß- und Proteinkonzentration des Ödems nicht positiv. So wird man einen Jo-Jo-Effekt beobachten können. Um die gewünschte Wirkung des Diuretikums zu erhalten, wird man das Diuretikum ständig und in steigender Konzentration verabreichen müssen. Weiterhin beachte man, dass ein Diuretikum den Lymphtransportmechanismus beeinträchtigt.

Vorsichtsmaßnahmen

Als Vorsichtsmaßnahmen werden alle jene Tätigkeiten verstanden, die die Entstehung eines Lymphödems verhindern. Jedwede Verletzung des betroffenen Armes/Beines muss unbedingt vermieden werden. Dazu gehört auch das Vermeiden von Injektionen, Blutabnahmen, Mückenstichen, Sonnenbränden usw. Selbst einschnürende Kleidung kann ein Lymphödem auslösen. Leider gilt bei dieser Erkrankung: „Einmal Lymphödem, immer Lymphödem“. Umso mehr ist den Verhaltensregeln bzw. Vorsichtmaßnahmen Achtung zu schenken.

Weblinks

Literatur

  • S1-Leitlinie: Diagnostik und Therapie der Lymphödeme, AWMF-Registernummer 058/001 (online: Volltext), Stand 4/2009
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